31. Oktober 2018

'Wir können alles sein' von Johanna Kramer

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Ist es besser, von einer traurigen Liebe zerrissen zu werden, als überhaupt nicht zu lieben?

Carolina ist achtundzwanzig Jahre alt und auf der Suche nach sich selbst, als sie Brida begegnet, einer Heilerin, die vor den Trümmern ihrer zweiten Ehe steht. Zwanzig Jahre trennen die beiden Frauen, doch während Carolina vom ersten Augenblick an erkennt, welche Liebe sie verbindet, hat Brida nicht nur Angst, sich auf die Beziehung einzulassen, auch ihr Mann verhindert einen Neuanfang. Ohne Hoffnung bricht Carolina alleine nach Schottland auf, um ihren Weg als Schriftstellerin zu gehen.

Ein Roman über die Macht der Liebe, die Angst davor und den Mut, den man braucht, um seiner inneren Stimme zu folgen.

»Bri, ich glaube das Meer fließt zwischen uns. Ein Gefühl, als bewegten sich all die Wassermassen in allen Weltmeeren gleichzeitig.« - Carolina

Eine illustrierte Ausgabe mit Kohlezeichnungen, die Lust auf eine Reise nach Schottland machen.

Leseprobe:
EDINBURGH
Die Gummiabsätze meiner Stiefel klangen dumpf auf den abgewetzten Pflastersteinen, und die Fensterscheiben des Pubs, auf das ich zusteuerte, warfen ihr warmes Licht auf die nasse Straße. Ich öffnete die schwere Tür des White Hart Inn und ein Schwall warmer, feuchter Luft strömte mir entgegen. Ein verschlissener grüner Vorhang grenzte den Eingang vom Hauptraum des Lokals ab. Ich schob ihn zur Seite und trat ein wie in eine andere Welt. Es roch nach Menschen und feuchten Wintermänteln, nach Rauch und Alkohol, nach gebackenem Fisch. Im Stimmengewirr klirrten Gläser und aus irgendeiner Ecke, verborgen im Halbdunkel, erklang ein lautes, gegröltes »Slainté«, das schottische »Prost«. Das Licht war dumpf, und mit seinen dunklen Balken an der Decke wirkte der Raum einladend.
Ich schob mich an Gästen vorbei und erspähte einen freien Tisch hinten rechts in der Ecke am Fenster. Auf den Bänken lagen keine Kissen und auf dem dunklen Holztisch gab es außer verklebten Whiskyresten keine Dekoration. Von hier aus hatte ich einen guten Blick auf die lange Bar gegenüber. Leider machten sich die Schotten nicht die Mühe, ihre Gäste zu bedienen. Meinen Whisky musste ich mir selbst holen und auch gleich bezahlen. Ich bestellte zwei Gläser Dalwhinnie und fragte mich, wo Brida blieb. Gedankenverloren drehte ich das Glas zwischen meinen Händen und roch an der goldenen Flüssigkeit darin. Sie duftete sanft und würzig, fast sinnlich nach Honig und Heide mit etwas Rauch. Die Stimmen der Menschen und ihre Sprache hatten etwas Beruhigendes, etwas Sehnsuchtsvolles an sich, etwas, das sich nach uralten, längst vergangenen Zeiten anfühlte.
Ich ließ die letzte Nacht noch einmal in meinem Kopf aufleben, in meinem Mund, auf meiner Haut. Mit einem Lächeln leckte ich mir über die Lippen und nahm noch einen Schluck.
»Danke, dass du mir auch gleich einen bestellt hast.«
Brida stand grinsend vor mir und legte ihren Mantel ab. Sie wusste genau, worüber ich gerade nachgedacht hatte. Das sah ich an ihrem Blick, der ebenfalls die Erinnerung an die letzten Wochen in sich trug.
»Puh, ist das wieder ein schottisches Wetter. Ich brauche dringend etwas, das mir den Magen wärmt.« Sie setzte sich auf die Bank gegenüber.
»Auf uns.« Ich hob das Glas.
»Slainté«, antwortet sie mit einem Leuchten in den Augen. Unsere Gläser trafen sich klangvoll in der Mitte. In diesem Moment ertönte eine Gitarre neben uns, laut und kraftvoll. Eine Geige schloss sich an, fast so, als würde sie mit uns feiern. Die Töne flogen mir schnell und rhythmisch entgegen und zusammen mit ihnen wanderte mein Herz in die Höhe. Der Sänger war ein junger Schotte, er hatte dunkles Haar und eine kräftige Stimme. Es war derselbe, den wir an unserem allerersten Abend hier gehört hatten.
Ich wandte den Blick von ihm ab und richtete ihn wieder auf Brida. Sie war gerade dabei, sich eine Zigarette aus dem verschnörkelten Silberetui zu nehmen, steckte sie sich in ihren lippenstiftroten Mund und sah mir in die Augen, während sie ihre zu Schlitzen zusammenkniff und die Flamme des Feuerzeugs mit einem Ratsch aufflammte. Als sie den Rauch aus ihrem Mund blies, ruhte mein Blick auf ihren Lippen, wie noch wenige Stunden zuvor ihre warme Haut an meinem Körper. Ich wandte mein Gesicht ab und versuchte, meine Gedanken auf etwas anderes zu lenken.
Manchmal bekam ich Panik, man könnte mir meine Leidenschaft von den Augen ablesen. Das trieb mir eine Röte in die Wangen, auf die ich lieber verzichten wollte. Schottland hatte einen mystischen Einfluss auf meine Gefühle. Etwa so, als riefen mich alte Erinnerungen zu sich, als wollte mir das Land von meiner Vergangenheit erzählen. Ein Gefühl, das eine Melancholie in mir hervorrief, die am ganzen Körper spürbar war. Ich nahm noch einen Schluck Whisky. Wir hatten schon einmal hier gelebt. Da war ich mir sicher. Ich konnte es in den Wolken lesen und im Heidekraut riechen. Es schien überall präsent zu sein, wenn wir in Edinburgh durch die Gassen der Altstadt gingen, wenn wir mit dem Auto über die schmalen Straßen, durch die Täler und über die Berge der Highlands rollten.
Plötzlich schien jemand meinen Namen zu rufen. Ich war so weit zurückgereist, dass ich zuerst nicht bemerkte, dass es eine Stimme aus der Gegenwart war.

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27. Oktober 2018

'SOLIJON' von Giuseppe Alfé

Amazon | Tolino | Taschenbuch
Ulysses Magnus, ein alter Wissenschaftler und Kriegsheld, befreit auf einem entlegenen Planeten einen namenlosen Jungen aus den Fängen von Menschenhändlern. Dem Jungen fehlt jegliche Erinnerung an seine eigene Vergangenheit. Gemeinsam bereisen sie die Welten des Hexagons, eines intergalaktischen Staatenbundes, das von Menschen und verbündeten Alien-Völkern bewohnt wird.

Ulysses, der in den lange zurückliegenden Maschinenkriegen maßgeblich zum Sieg der Menschen beigetragen hatte, verweigert dem Militär sein Wissen über den alten Feind und fällt in Ungnade, sodass ihm ständig nachgestellt wird und er sich gezwungen sieht, nie zu lange an einem Ort zu verweilen. Auf Almaranah, einer Felseninsel, die Ulysses als Refugium dient, trifft er auf den Deserteur Brent Carpico und seine Familie. Gemeinsam brechen sie zur Verbotenen Zone auf, um Hinweisen über die mysteriöse Herkunft des Jungen nachzugehen, der sie begleitet.

Am anderen Ende der Sechs Welten erhält Matthew Miles, Captain der Astroflotte, vom Hexagon den Auftrag, im Grenzgebiet der Verbotenen Zone das verschollene Kriegsschiff Tide aufzuspüren. Sehr bald wird klar, dass eine technisch überlegene, unbekannte Macht für das Verschwinden der Tide verantwortlich sein muss. Ulysses und seine Freunde geraten ins Visier des Captains, als beide Gruppen kurz vor der Verbotenen Zone aufeinandertreffen. Die Begegnung ist von gegenseitigem Misstrauen geprägt. Ihre Lage spitzt sich zu, als der unbekannte Feind seinen ersten offenen Angriff startet …

Mit seinem neuen Roman erweitert der Autor Giuseppe Alfé den Einblick in das Universum, das man bereits im Vorgänger-Roman HOVOKK kennenlernen durfte. Kritiker loben die ungewöhnliche Mischung aus Space Opera und Fantasy und die detailreichen Welten in seinen Geschichten.

Leseprobe:
DER MANN MIT DEN TOTEN AUGEN
Womöglich war Persaniole die Rettung, sofern das Schicksal Ulysses Magnus gnädig gestimmt blieb. Vielleicht war der entlegene Planet, den Ulysses um jeden Preis zu erreichen gedachte, eine sichere Zufluchtsstätte. Alle Kräfte des alten Raumfahrers waren nur noch darauf ausgerichtet, Persaniole lebend zu erreichen. Vielleicht konnte er in den dichten, größtenteils noch unerforschten, dampfenden Dschungeln jener Welt dem letzten Verfolger entkommen, der ihm bis auf den Liner gefolgt war. Seit Stunden schlich Ulysses im Unterdeck des Passagierschiffs, fernab der Wohnunterkünfte durch verwaiste Korridore.
Ulysses hatte es schon lange kommen sehen. Er, der alternde Kriegsheld, der den verheerenden Maschinenkriegen durch den entscheidenden Sieg ein Ende bereitet hatte, war nun ein gejagter Mann. Wer auch immer der Initiator dieser Hetzjagd war, hatte einen ganzen Trupp auf ihn angesetzt. Ulysses hatte sie alle erfolgreich abhängen können. Nur ein einzelner Mann war ihm nach wie vor dicht auf den Fersen.
»Ich muss Persaniole erreichen; koste es, was es wolle!«, dachte Ulysses verbissen.
Sein Verfolger war nicht leicht zu täuschen. Er ließ sich auch nicht davon abschrecken, dass Ulysses zuvor auf der Sternenbasis Nova einem seiner Komplizen den Arm ausgekugelt hatte. Dass ein Mann seines Alters noch dazu fähig war, hätte bei seinen Jägern mächtig Eindruck machen müssen. Niemand konnte schließlich beim ersten Hinsehen damit rechnen, dass Ulysses für sein Alter immer noch erstaunlich kräftig und flink war. Er hatte die entsprechenden Merkmale, die in der Regel dazu führten, dass ihn seine Gegner unterschätzten: Schlohweißes Haar, das früher einmal kräftig und gewellt gewesen war, runzlige Haut und eine gemächliche Art, die Dinge anzugehen. Doch wehe, wenn man Ulysses Magnus reizte oder in die Ecke drängte.
Von all dem ahnte sein Verfolger nichts. Er konnte auch nicht wissen, dass Ulysses seine Präsenz ganz deutlich spüren konnte. Der alte Raumfahrer eilte durch einen spärlich beleuchteten Versorgungskorridor der Frachträume. Sein Verfolger glich einem lautlosen Schatten, den Ulysses nicht abzuschütteln vermochte.
Es war klar, dass Ulysses sich geschwind etwas einfallen lassen musste, um ihn auszuschalten.
Dies musste er bewerkstelligen, bevor sie Persaniole erreichten.
Auf jenem Planeten waren die echsenähnlichen Perssa beheimatet. Gemeinsam mit den Menschen und zwei weiteren Spezies zählten sie zu den Mitbegründern des interstellaren Staatenbunds - dem Hexagon. Die Perssa waren friedliche, hochentwickelte Zeitgenossen. Ulysses besuchte ihre Welt nicht zum ersten Mal. Doch es war rund vierzig Jahre her, seit er den Planeten zum letzten Mal besucht hatte. Seitdem war vieles geschehen.

Hinter sich vernahm Ulysses plötzlich kräftig auftretende Schritte. Der Verfolger ließ jegliche Vorsicht und Zurückhaltung fahren und setzte zum offenen Angriff an. Die letzte Etappe der Jagd begann. Ulysses rannte los, schwenkte um die nächste Ecke, in den nächsten Korridor. Er erblickte einen verwaisten Seitengang, der wesentlich heller ausgeleuchtet war. Die Laufschritte des Verfolgers kamen näher und näher. Beinahe hätte die Verzweiflung Ulysses‘ eigenen Lauf ausgebremst. Er rannte schnurstracks in eine Sackgasse. Ulysses saß in der Falle.
»Verfluchter Mist!«, jagte es ihm durch den Kopf. Ulysses verlangsamte seinen Tritt, drehte sich um. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Keuchend beäugte er den Kerl, der ebenso sein Lauftempo drosselte und augenblicklich eine Pistole zückte. Der Verfolger war einer von der diskreten Sorte. Auf dem Lauf der Pistole war ein Schalldämpfer aufgeschraubt.
Wutentbrannt starrte Ulysses auf den Mann, der einen schwarzen Overall und schwarze Stiefel trug. Bis auf einen schmalen Schlitz in der Augenpartie war sein Gesicht komplett in schwarzes Tuch gehüllt.
Die Klangfarbe seiner Stimme, die abgedämpft durch den schwarzen Stoff drang, passte zu seiner Erscheinung. Ohne Umschweife kam der Mann zur Sache: »Entweder kommst du freiwillig mit oder ich betäube dich an Ort und Stelle.«
»Wer schickt dich, Dreckskerl?«, fragte Ulysses trotzig. Ihm war völlig klar, wie hoffnungslos seine Lage war. Er trug keine Waffe, noch nicht einmal ein Messer bei sich.
Der Mann antwortete nicht, sondern machte Anstalten, seine Waffe abzufeuern. Dass der Mann offensichtlich ein Betäubungsmittel und keine todbringende Kugel zu verschießen gedachte, minderte die Bedrohlichkeit keineswegs.
»Wie du willst!«, knurrte Ulysses. Er sah sich gezwungen, seine biokinetischen Kräfte einzusetzen. Noch bevor der schwarze Kerl schießen konnte, schnürte Ulysses ihm mit bloßer Gedankenkraft die Kehle zu. Der Mann erstarrte. Hinter dem schmalen Sehschlitz seiner Maskierung trat das Weiß seiner Augen, vor Überraschung weit aufgerissen, deutlich hervor. Er konnte sich nicht mehr vom Fleck rühren. Sein ausgestreckter Arm verkrampfte. Hilflos rang er nach Luft. Mit triumphierendem Lächeln wiederholte Ulysses seine Frage: »Also? Wer schickt dich? Antworte!«
Immer noch stieß der Mann würgende Geräusche aus. In seinen dunklen Augen war nicht das geringste Anzeichen von Furcht zu erkennen. Er schien vielmehr immer wütender zu werden.
Ulysses sah sich gewarnt. Er hatte es mit einem schweren Brocken zu tun.
»Du beantwortest meine Frage lieber wahrheitsgemäß. Andernfalls töte ich dich.«
Sein Gegner erwies sich als verdammt zäher Bursche. Anstatt Ulysses' Frage zu beantworten, presste er mühsam hervor: »Fahr zur Hölle, du Feigling! Ich plaudere nie!«
Das war beileibe nicht das, was Ulysses hören wollte. Fieberhaft begann er zu überlegen. Er konnte ihn auf der Stelle töten und damit sein Problem vorerst lösen. Aber wenn man ihm bis auf das Schiff gefolgt war, konnte es nicht lange dauern, bis man die nächsten Verfolger auf ihn hetzte. Seine Flucht würde nie ein Ende finden; es sei denn, Ulysses fand heraus, wer der Auftraggeber war. Dieser ganz in schwarz gekleidete Typ, dessen Augen ihn durch den Sehschlitz hindurch widerspenstig ansahen, war der Schlüssel dazu.
Ulysses hatte noch andere, bemerkenswerte Fähigkeiten. Er war in der Lage, die Gedanken eines Menschen zu lesen. Aber dazu musste er diesen Kerl erst einmal mit Medikamenten ruhigstellen, da er offenkundig eine große Willensstärke besaß. So etwas mitten im Gang eines großen Liners durchzuführen, wo in jedem Augenblick andere Leute auftauchen konnten, war keine sonderlich gute Option. Es war nicht der richtige Ort dafür. Also musste Ulysses ihn vorläufig am Leben lassen.
»Lass die Pistole fallen. Sofort!«
Trotz seiner misslichen Lage brachte der Mann es fertig, zu grummeln. Immerhin gehorchte er. Polternd schlug die Pistole auf dem Boden auf.
Ulysses lockerte den Würgegriff um eine winzige Nuance. Den Rest des gegnerischen Körpers hielt Ulysses weiter unter Spannung. Ulysses trat nahe an ihn heran. Doch er musste keinen Angriff fürchten. Der Mann blieb unter seinem Bann. Hastig durchsuchte er die Hosentaschen und die Innenseite der enganliegenden Jacke des Mannes. Ulysses ertastete mehrere, kalte Gegenstände aus Metall, die er nach und nach hervorholte. Am Rücken trug der Kerl ein Kurzgewehr. Zwei weitere Pistolen und zwei Messer staken an den Wadenpartien seiner hohen Stiefel. Aus den Schenkeltaschen zog Ulysses ein Stilett und einen Wurfstern hervor. Er legte die Waffen der Reihe nach auf dem Boden außerhalb der möglichen Reichweite seines Gegners ab.
Nur mit Mühe verbarg Ulysses sein Entsetzen. Er hatte einen mustergültigen Auftragsmörder vor sich.

Im Kindle-Shop: SOLIJON.
Für Tolino: Buch bei Thalia
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26. Oktober 2018

'Hovokk' von Giuseppe Alfé

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
So lange Brent Carpico zurückdenken kann, plagt ihn eine undefinierbare Furcht, die tief in seinem Bewusstsein verankert ist. Selbst als kampferprobter Lieutenant der Astrotroops, der Bodenarmee der Streitkräfte des interstellaren Völkerbundes „Hexagon“, erschüttern ihn wiederkehrende Albträume, die aus seiner Jugend zu rühren scheinen.

Was der Grund hierfür sein könnte, schwant ihm erst, als er bei einer Mission zum ersten Mal paranormale Fertigkeiten entdeckt, über die er verfügt. Woher stammen die Kräfte, die das starke Interesse seiner Vorgesetzten wecken? Und was ist ihm als Waisenkind in den Wirren der Maschinenkriege widerfahren?

Von seinem Oberkommando in dieser Frage bedrängt, sieht Brent sich gezwungen, nach einem chaotisch ablaufenden Kampfeinsatz zu desertieren. Bei diesem Vorhaben unterstützt ihn die Truppenärztin Polianna Reed. Begleitet werden sie von dem Mädchen Rona, deren Eltern auf dem Planeten Markkis I, der Heimatwelt der kriegerischen „Markkya“, als Siedler lebten und bei dem Kampfeinsatz ums Leben kamen. Ihre gemeinsame Flucht verschlägt sie in die Wildnis von Markkis I, wo sie von den Einheimischen aufgenommen werden und eine völlig neue Welt kennenlernen. Die Idylle ihres neuen Zuhauses gerät in Gefahr, als Brents Vergangenheit ihn wieder einholt …

Weitere Bücher von Giuseppe Alfé auf seiner Autorenseite.

Leseprobe:
November im Jahr 2201, auf der Aidon–Markkis–Achse
7506 Tage ohne Zwischenfall. Diese Zeitspanne entsprach knapp 21 Standard-Jahren. Diese Information war den Randnotizen der Hyperflow-Meldung zu entnehmen, die vor wenigen Stunden an Bord der Eco eingetroffen war. Noch einen Tag zuvor, am 7505. Tag seit der letzten kriegerischen Handlung auf der Aidon-Markkis-Achse, war vieles einfacher für Major Felix Ilomavis gewesen. Er hatte lediglich die Aufgabe verantwortet, von seiner intrastellaren Militärbasis aus Patrouillen zu koordinieren, die Sektoren zwischen dem Planeten Tarvia und der Sternenbasis Nativia zu überwachen und die meiste Zeit bloß mit dankbar stimmender Routine auszufüllen. Dies war nun vorbei.
Lock 1701, der Stützpunkt von Ilomavis‘ Bataillon, lag auf halber Strecke zwischen Tarvia und der Basis Nativia. Auf eben jener Basis war ein Zwischenfall eingetreten, der die makellose Friedensbilanz dieses Gebiets mit einem Schlag wieder zunichte gemacht hatte. Nativia war von einem Aggressor überfallen worden. Die Kunde von dem Überfall auf die Sternenbasis verfehlte nicht ihre Wirkung und sorgte für großes Entsetzen im Territorium des Hexagons.
Die anwesenden Soldaten, denen Major Ilomavis in einer eilig einberufenen Einsatzbesprechung jene Kunde vortrug, waren hartgesottene Zeitgenossen. Entsprechend gefasst verarbeiteten sie das soeben Gehörte. Die Angreifer waren bei ihrem schnellen Angriff rücksichtslos und gewaltsam vorgegangen. Die Verteidigung des wichtigsten Außenpostens im Terranischen Gürtel hatte viele Opfer gefordert. Am Ende hatten sie nicht verhindern können, dass die Basis fiel.
Der Verdacht, dass Aufständische von Markkis I etwas mit dem Angriff zu tun hatten, hatte sich weiter erhärtet. Späher der Astroflotte und der Geheimdienste hatten in den Sektoren des Roten Gürtels drei Kriegsschiffe der markkisianischen Republik Temarkk gesichtet. Des Weiteren erreichte eine Notmeldung des Frachters Sibawan den Flottenstützpunkt der interplanetaren Raumstation Nova, die besagte, dass ein Schiff des Temarkk–Geschwaders das Feuer auf sie eröffnet hatte. Was dort weiter geschehen war, wusste man nicht. Von der Sibawan gingen seitdem weder weitere Meldungen ein, noch reagierte sie auf Funksprüche von Nova.
In der jüngsten Meldung aus Nova hieß es, dass die Botschaften von Temarkk auf den Planeten Tarvia und Markkis V geschlossen worden waren. Die Botschafter waren in der vorherigen Nacht nach Markkis I aufgebrochen. Offiziell hieß es, dass sie zwecks dringender Konsultationen in die Heimat bestellt worden waren. Doch inoffiziell galt dieses Vorgehen als eindeutiger Beleg für die schon länger gehegte Vermutung des Hexagon-Oberkommandos, dass die markkisianische Teilrepublik einen offenen Krieg zu führen gedachte. Ihre Bewohner waren eine radikale Gruppierung, die sich von den Bashkerr, der markkisianischen Kriegerkaste, abgespaltet hatte. Bereits vor Jahrzehnten hatte Temarkk endgültig mit seinem restlichen Volk gebrochen und im Nordosten des Südkontinents auf Markkis I eine eigene Republik gegründet. Seitdem war es immer wieder zu Konflikten zwischen Temarkk und der markkisianischen Republik gekommen. Seit jeher hatte sich Temarkk durch die Präsenz der Menschen auf ihrem Heimatplaneten bedroht und bevormundet gefühlt. Die von der traditionellen Kriegerkaste der Bashkerr losgelöste Gruppe erkannte die Menschen als Verbündete nicht an, vielmehr waren sie davon überzeugt, die einzigen, echten Krieger ihrer Spezies zu sein. Sie bezeichneten sich selbst als Kertekk. In die Sprache der Menschen übersetzt bedeutete das Wort „Todesverächter“. Allmählich wurde klar, dass die Kertekk das Hexagon und somit das Bündnis herauszufordern gedachten, dem eigentlich auch ganz Markkis I angehörte.

All das war den anwesenden Soldaten bekannt. Jeder Bürger der Sechs Welten kannte die Geschichten aus der goldenen Ära der Planetenbesiedlung durch das Menschengeschlecht. In jener Epoche waren die ersten Vertreter der Menschen auf die markkisianische Spezies und ihre Heimatwelt gestoßen.
In dem abgedunkelten Besprechungsraum trug Major Felix Ilomavis seinem Bataillon der Tarvia–Division weiteres Hintergrundwissen vor, das wichtig für den bevorstehenden Einsatz war: „Wie Sie alle wissen, geht der aktuelle Konflikt mit Temarkk auf das Ende der Maschinenkriege zurück. Damals äußerten die Kertekk erstmals ihren Herrschaftsanspruch über ganz Markkis I. Am Anfang waren sie zuversichtlich, dieses Ziel ohne große Hürden zu verwirklichen, da sie im Verlauf des Krieges enorm an Ansehen in der Bevölkerung gewonnen hatten. Aber es kam anders. Markkis I trat nach Kriegsende dem neugegründeten Hexagon bei und wollte die Kertekk-Bewegung nicht länger dulden. Und so kam es seitdem immer wieder zu politischen Debatten mit den Anführern der Kertekk. Dies sorgte für Unruhe im Grenzgebiet zu den übrigen Staaten der Markkisianer. Eines Tages erklärten die Kertekk ihr Herrschaftsgebiet zur freien Republik. Daraufhin kam es vermehrt zu Übergriffen auf die in den Bashkerr-Kolonien lebenden Menschen seitens von Anhängern der Kertekk-Bewegung. Ihrer Ansicht nach haben die Maschinen die Markkya nur wegen ihrer unglückseligen Verbindung zu den Menschen angegriffen. Eine Schulddebatte, die seit Ende dieses Krieges immer hitziger geführt wurde, eskalierte. Die meisten Bashkerr, die Seite an Seite mit den Menschen gekämpft haben, lehnen diese Haltung bis zum heutigen Tage ab. Die fanatischen Kertekk verleumden ihre Artgenossen seit diesen Tagen als Verräter.“
Major Ilomavis ließ seinen Blick durch die Reihen der anwesenden Soldaten schweifen. Im ernsten Ton fuhr er fort: „Die Zahl der Übergriffe auf menschliche Siedler nimmt auf Markkis I stetig zu. Ich muss Sie wohl nicht an die Lynchmorde erinnern, die dort an Menschen begangen wurden. Danach reagierte unsere Regierung endlich. Tarvia entsandte zwei Kriegsschiffe nach Markkis I; auch, um Druck auf die markkisianische Staatsmacht auszuüben. Die Initiatoren der aufständischen Bewegung wurden daraufhin verhaftet. Es kam zu Prozessen und Verurteilungen. Allein vierundzwanzig Kertekk-Führer verbüßen mittlerweile ihre Haftstrafen auf Douis. Die Lage hat sich seitdem schon etwas beruhigt. Doch im Untergrund hat der Schwelbrand offenkundig nie gänzlich aufgehört. Der vorübergehende Rückzug der Kertekk hat darüber hinweggetäuscht, dass die Bewegung allem Anschein nach heimlich wiedererstarkt ist. Aus der neuesten Meldung unserer Nachrichtendienste geht eindeutig hervor, dass die Kertekk den Angriff auf Nativia verantworten. Aus diesem Grund sind Sie hier, ehrenwerte Soldaten und Offiziere: Wir werden uns Nativia zurückholen.“

Major Felix Ilomavis beendete seinen Vortrag. Im nur schwach beleuchteten Saal hatten alle Anwesenden seinen Ausführungen aufmerksam zugehört. Nun schwoll in der versammelten Menge das obligatorische Gemurmel an, das nach einer solch geballten Fülle an Informationen zu erwarten gewesen war. Der Major ließ sie geduldig gewähren. Nachdenklich betrachtete er sein Bataillon. Es bestand aus rund fünfhundert Mann. Hone-Krieger bildeten das Gros der einfachen Soldaten. Der Rang eines Sergeant war das Höchste, was man einem Hone zu gewähren bereit war. Sie ähnelten nur entfernt einem Menschen: Im Durchschnitt zwei Meter groß, bullig und mit ausgeprägter Muskulatur versehen. Die gänzlich haarlose Haut war schneeweiß und verstärkte die Andersartigkeit dieser künstlich erschaffenen Supersoldaten. Die blassblauen Augäpfel, stets ausdruckslos und unergründlich, schimmerten schwach im Zwielicht des dämmrigen Raums. Hones wurden zu einem einzigen Zweck gezüchtet: Um im Dienste der Menschen in den Krieg zu ziehen und selbstlos bis zum Tode zu kämpfen.

Wegen der Vorfälle auf Nativia war die Truppe des Majors von Lock 1701 abgezogen worden und an Bord des Troop Carriers Eco unterwegs zur überrannten Sternenbasis. Dieser Schiffstyp war wie geschaffen dafür. Wie der Begriff es schon andeutete, bestand der Hauptzweck der Troop Carrier im Transport großer Astrotroop–Verbände durch den Weltraum. Ihr Aufbau war daher vorrangig darauf ausgerichtet, möglichst viele Soldaten befördern zu können. Aus diesem Grund waren die Quartiere an Bord möglichst klein gehalten, das Interieur und sonstiger Komfort waren recht spartanisch. Scherzhaft bezeichneten Soldaten das Innenleben eines Carriers als „Bienenstock“. All die möglichen Vorzüge und Anlagen, die den Passagieren beispielsweise auf Kriegsschiffen zur Verfügung standen, ordneten sich auf einem Troop Carrier dem Ziel des Massentransports unter.

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'Ball der Hoffnung' von Emilia Doyle

Kindle (unlimited)
Die attraktive Ashley Callahan träumt in ihrer jugendlichen Unschuld von rauschenden Bällen und zahlreichen Verehrern, in der Hoffnung baldmöglichst einen Ehemann zu finden, um dem freudlosen Elternhaus zu entfliehen. Aber ihr strenger Vater hat eigene Pläne. Er will sie mit dem Sohn seines verstorbenen Freundes Arthur Fulgham verheiraten.

Ashley ist verzweifelt. Unter keinen Umständen will sie den Sohn dieses Teufels zum Gemahl. Ihrem selbstgefälligen Bruder kann sie nicht trauen, oder ihn gar um Hilfe bitten. Sie schmiedet einen Plan.

Unverhofft bekommt sie Unterstützung von ihrer Tante Tawinia, die sie kurzerhand entführt. Aus alten Schuldgefühlen heraus, will sie Ashley helfen, einen liebevollen Gentleman kennenzulernen, um der arrangierten Ehe zu entkommen. Doch das Unterfangen gestaltet sich schwieriger als erwartet, und die Zeit sitzt ihnen im Nacken. Zudem muss Ashley erkennen, das nichts ist, wie es scheint.

Leseprobe:
Schockiert hielt sie ihre Hand auf die brennende Wange. Er hatte sie geschlagen, sie, seine eigene Schwester. Vor den Augen aller! Sie war so fassungslos, dass ihr die Worte fehlten. Tränen verschleierten ihren Blick.
»Wage es nie wieder, mich zu kritisieren! Geh zurück ins Herrenhaus und sei gewiss, dass dein Verhalten ein Nachspiel haben wird.«
Dieses Mal gehorchte sie. Ihre Knie waren von dem Schock wie Gummi. Erst nach einigen Schritten konnte sie den Beinen wieder vertrauen und rannte los.
In ihrem Zimmer angekommen, warf sie sich aufs Bett und ließ den Tränen freien Lauf. Als sie sich einigermaßen beruhigt hatte, klingelte sie nach Neema.
Ihre Wange war geschwollen und glühte. In kleinen dunkelrot gesprenkelten Linien zeichnete sich deutlich der Abdruck dreier Finger ab.
Neema erblasste bei ihrem Anblick und schlug entsetzt die Hand vor den Mund. Sie eilte aus dem Zimmer und kehrte kurz darauf mit einer Schale Wasser, einem Leinentuch und einer Kräutertinktur zurück. Wortlos ließ Ashley die Behandlung über sich ergehen. Die Kräutermischung prickelte auf der gereizten Haut, doch das feuchte, kalte Leinen verschaffte Ashley ein wenig Linderung. Neema stellte keine Fragen, wahrscheinlich ahnte sie, wer ihr diese Ohrfeige zugefügt hatte.
Sie hingegen konnte es noch immer nicht fassen. Nie hätte sie angenommen, dass er so weit gehen würde. Irgendetwas in ihr war zerbrochen. Mit leeren Augen starrte sie die weiße Wand an und bat die Sklavin, sie ein Weilchen allein zu lassen.
»Soll ich Ihnen etwas vom Dinner heraufbringen, Miss Ashley?« Zaghaft lugte Neema etwa zwei Stunden später ins Zimmer.
Ashley tat einen tiefen Atemzug und erhob sich schwerfällig von ihrem Bett. »Nein, ich werde hinuntergehen«, antwortete sie tonlos.
In dem Spiegel an ihrem Frisiertisch betrachtete sie ihr Gesicht.
Neema eilte an ihre Seite. »Ich denke, mit ein wenig Puder ließe sich das Mal kaschieren.«
»Nicht nötig!«
Rodney sollte ruhig sehen, was er angerichtet hatte. Niemals, so schwor sie sich, würde sie ihm diese Tat verzeihen. Sie wollte ihm gegenübertreten und beobachten, ob er wenigstens den Ansatz von Reue verspürte.
Vater saß bereits an der Tafel, nahm aber außer einem knappen Gruß keine Notiz von ihr. Rodney stolzierte herein, kaum dass sie Platz genommen hatte. Er wirkte überrascht, sie im Speiseraum zu erblicken. Vermutlich hatte er angenommen, dass sie sich tagelang in ihrem Zimmer verkriechen würde, doch den Gefallen tat sie ihm nicht. Kühl begegnete sie seinem gefühllosen Blick.
Das Mahl verlief, als wäre sie nicht anwesend. Vater und Bruder diskutieren über Baumwollpreise, Kursschwankungen und Frachttermine.
Im Grunde verspürte Ashley keinerlei Hunger, mühsam nahm sie einige Bissen zu sich, um den Schein zu wahren. Fast bedauerte sie, nicht ins Internat zurückzukönnen. Es gab keine Möglichkeit mehr, dem Leben hier zu entfliehen. Sie schielte zu Rodney, der mit kauendem Mund Zahlen herunter ratterte, die den Bedarf an Rohbaumwolle der Nordstaaten betrafen.
Während sie ihn betrachtete und darüber nachdachte, in seiner Begleitung Festlichkeiten zu besuchen, um sich einen Ehemann zu angeln, lief es ihr kalt den Rücken hinunter. Wie konnte sie sichergehen, dass er sie nicht dem erstbesten Lustmolch versprach, um sie vom Hals zu haben? Und wie sollte sie reagieren, wenn einer von Rodneys Freunden ihr den Hof machte?
Sie brauchte eine verlässliche Unterstützung, jemanden, auf dessen Urteil sie vertrauen konnte. Es ging schließlich um ihr Leben und sie fasste einen Entschluss. Vater würde an die Decke gehen, wenn er davon erführe, aber das würde sie in Kauf nehmen.

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25. Oktober 2018

'Sündenrächer: Ein Aachen Krimi' von Frank Esser

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Hansens 2. Fall

Der Wachmann Herbert Neumann und der Mediziner Michael Lessing werden innerhalb weniger Tage brutal gefoltert und anschließend ermordet. Doch die Todesumstände sind nicht die einzigen Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Männern. Schnell finden Hansen und sein Team heraus, dass die Opfer eine gemeinsame Vergangenheit in der DDR verband. Deshalb reisen Hansen und Riedmann nach Dresden, der Heimatstadt der ermordeten Männer, wo sie bei ihren Ermittlungen tatkräftig von Oberkommissar Marcus Dohms unterstützt werden.

Die Indizien deuten darauf hin, dass das Mordmotiv mit einem Ereignis vor dem Mauerfall zusammenhängen könnte. Dann geschieht ein weiterer Mord ...

Leseprobe:
Samstag, 16. September 2017
Herbert Neumann freute sich schon seit Tagen auf seinen freien Samstag. Den Ersten seit drei Wochen. Neumann arbeitete als Wachmann bei der WUSA, der Wach- und Schließgesellschaft Aachen. Er bevorzugte seit einigen Monaten Nachtschichten oder die Wochenenddienste, weil er dadurch mehr Geld verdienen konnte. Da seine Frau Sonja vor gut einem Jahr gestorben war und er seitdem alleine lebte, machte ihm das auch nicht viel aus. So konnte er immerhin den einen oder anderen Euro sparen. Von dem Ersparten, der Rente seiner verstorbenen Frau sowie der eigenen Rente konnte er sich in ein paar Jahren sicherlich einen angenehmen Lebensabend gönnen.
Den heutigen freien Tag hatte er bisher in vollen Zügen genossen. Er war früh aufgestanden, hatte seine Wocheneinkäufe erledigt und den Rasen gemäht. Nach dem Mittagessen war er dann in den Aachener Stadtwald gefahren, um einen langen, ausgedehnten Spaziergang zu machen. So wie er es früher auch gerne mit Sonja getan hatte.
Jetzt, am frühen Abend, freute er sich auf die Sportschau. Bis zum Beginn der Sendung hatte er noch knapp zehn Minuten Zeit. Die nutzte er, um sich schnell ein paar Butterbrote zu schmieren. Er hatte es sich in seinem Fernsehsessel gemütlich gemacht und eine Flasche Bier geöffnet, als die Sendung begann. Er wollte gerade in sein mit Salami belegtes Brot beißen, da glaubte er, ein Geräusch zu hören. Er hielt kurz inne, schaltete den Ton am Fernseher mit der Fernbedienung leiser und lauschte. Aber da war nichts. Offensichtlich hatte er sich geirrt. Neumann schaltete den Ton an seinem Fernseher wieder lauter und widmete sich wieder der Sportsendung.
In der ersten Werbepause brachte er das schmutzige Geschirr in die Küche. Im Flur stutzte er kurz. Er hätte schwören können, dass er die Küchentür vorhin geschlossen hatte. Aber vielleicht hatte er sich auch nur geirrt. Er wurde langsam vergesslich, wie er sich eingestehen musste. Als er die Küche betrat, nahm er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Dann spürte er auch schon einen heftigen Schlag auf seinem Hinterkopf. Jäh wurde es dunkel um ihn herum. Als Neumann wieder zu sich kam, drehte sich das Zimmer um ihn herum. Nur schemenhaft nahm er wahr, wo er sich befand. Er saß mitten in seinem Wohnzimmer. Sein Kopf schmerzte fürchterlich.
Diverse Fragen gingen ihm durch den Kopf. Wie lange war er bewusstlos gewesen? Und was war überhaupt passiert? War er von einem Einbrecher niedergeschlagen worden? Erst jetzt bemerkte er, dass er an einen Stuhl gefesselt war. Mit Kabelbindern. Er war absolut bewegungsunfähig. Sein Mund war mit Klebeband zugeklebt. Und sein Oberkörper war nackt. Die Rollläden waren heruntergelassen. Nur die Leselampe neben der Couch spendete spärliches Licht. Und er war nicht allein. In seinem Fernsehsessel, etwa zwei Meter von ihm entfernt, saß ein Mann. Etwa dreißig Jahre alt. Übergewichtig und irgendwie unscheinbar. Er hatte ihn noch nie gesehen. Der Fremde saß einfach nur da und beobachtete ihn. Nach schier endlosen Sekunden stand er langsam auf und kam einen Schritt auf Neumann zu. Ihm fiel auf, dass der Eindringling nicht maskiert war. Auch wenn er den Mann nicht kannte, er würde ihn beschreiben und der Polizei genaue Angaben machen können.
Neumann geriet allmählich in Panik. Er war kein reicher Mann. Das wenige Geld, das er angespart hatte, konnte den Mann wohl kaum ernsthaft interessieren. Eine beängstigende Stille lag in dem Raum. Was immer der Unbekannte von ihm wollte, er sagte kein Wort. Er stand einfach nur da und starrte Neumann an. Es war offensichtlich, dass er die Angst des gefesselten Mannes genoss. Dann nestelte er plötzlich an seiner Hosentasche, holte ein Päckchen Zigaretten und ein Feuerzeug hervor und zündete sich eine Zigarette an. Genüsslich zog er zweimal daran. Das Päckchen samt Feuerzeug verschwand wieder in seiner Hosentasche. Dann machte er einen Schritt auf Neumann zu und blies ihm den Zigarettenrauch mitten ins Gesicht. Dabei lächelte er sein Opfer an. Anschließend zog er ein weiteres Mal an seiner Zigarette und ohne Vorwarnung näherte er sich und drückte die glühende Zigarettenkippe ganz langsam auf dem Handrücken der rechten Hand, die an die Stuhllehne gebunden war, aus.
Ein stechender Schmerz durchfuhr Neumann. Er hätte lauthals aufgeschrien, hätte das Klebeband auf seinem Mund das nicht verhindert. Erst langsam klang der Schmerz wieder ab und ging über in ein dumpfes, brennendes Gefühl. Aber viel Zeit zum Verschnaufen blieb ihm nicht, denn der Unbekannte setzte erneut an, eine Zigarette auf seiner Haut auszudrücken. Diesmal war es der Handrücken der linken Hand.
Dieser Vorgang wiederholte sich mehrere Male, nun auch auf dem entblößten Oberkörper. Sobald eine Kippe abgebrannt war, zündete er auch schon die nächste an. Die Schmerzen, die Herbert Neumann auszuhalten hatte, waren unerträglich. Aber sein Peiniger kannte keine Gnade. Erst nach der vierten Zigarette hatte diese Tortur ein Ende. Noch ehe er gänzlich das Bewusstsein verlor, traf ihn ein harter Schlag mitten ins Gesicht. Die Nase brach mit einem lauten Knacken und Blut lief ihm aus der Nase.
»Es wird nicht geschlafen, Neumann. Du sollst schließlich genießen können, was hier mit dir passiert«, verhöhnte ihn der Mann auf einmal.
Neumann versuchte zu antworten, aber das war natürlich nicht möglich mit dem zugeklebten Mund.
»Wirst du um Hilfe schreien, wenn ich das Klebeband entferne?«
Herbert Neumann schüttelte den Kopf.
»Also gut. Ich entferne es jetzt. Aber ich warne dich. Ein Mucks von dir und es knallt.«
Keine Sekunde später riss der Unbekannte ihm das Klebeband mit einer fließenden Bewegung vom Mund. Neumann schnappte nach Luft. Schreien war ohnehin sinnlos, hier hörte sie niemand.
»Ich gebe Ihnen mein ganzes Geld, aber bitte hören Sie mit dieser Quälerei auf«, war das Erste, was Neumann flehend von sich gab. Der Mann verfiel sogleich in ein langes, herzhaftes Lachen.
»Du glaubst also ernsthaft, dass ich das hier wegen Geld mache?«
Genau solch eine Antwort hatte Neumann befürchtet. Das, was hier mit ihm geschah, war geplant und nicht einfach nur spontane Willkür. Wie sollte er nur aus dieser Situation wieder herauskommen? Er setzte alles auf die Fortsetzung des Gesprächs.

Im Kindle-Shop: Sündenrächer: Ein Aachen Krimi (Hansens 2. Fall).
Mehr über und von Frank Esser auf seiner Autorenseite bei Lovelybooks.

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23. Oktober 2018

'Germanischer Bärenhund' von Jörg Krämer

Kindle | Tolino | Taschenbuch
Die Rückkehr des Germanischen Bärenhundes.

Als Hof-, Hirten- und Jagdhunde setzten die Germanen robuste, ausdauernde und wachsame Hunde, sogenannte Germanische Bärenhunde, ein. Diese mussten in einer harten, lebensfeindlichen Umwelt überleben und ihre Sippe verteidigen. Im Laufe der Zeit verlor sich die Spur dieser Hunde. In den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelten sich aus einem Fehlwurf zwischen Bernhardiner und weißem Hirtenhund Welpen, die dem alten Germanischen Bärenhund nahekamen. 1994 wurde der moderne Germanische Bärenhund schließlich vom Deutschen Rassehunde Club anerkannt.

Jörg Krämer schildert die Geschichte der Geburt dieser Hunderasse, illustriert die historischen Details mit kleinen Geschichten und Anekdoten sowie Bildern und gibt Ratschläge zu Haltung und Erziehung der sanften Riesen.

Leseprobe:
Über die Geschichte des Germanischen Bärenhundes
Bereits Ende des 2. Jahrhunderts vor Chr., lange vor dem Beginn der eigentlichen Völkerwanderung gab es Wanderbewegungen der Germanen. 375/376 begann dann die Völkerwanderung, vor allem germanischer Völker.
Als Haustier der Germanen dominierte das kleinwüchsige Rind. Dazu kamen dann noch Schwein, Schaf, Ziege und nicht zuletzt auch Geflügel.
Die Germanen hielten auch mittelgroße und große Hunde, die als Hof-, Hirten- und Jagdhunde eingesetzt wurden. Diese Hunde mussten in einer harten, lebensfeindlichen Umwelt überleben. Während der Jagd bekamen sie es oft mit überlegenen Gegnern zu tun. Bei Gefahr mussten sie ihre Sippe verteidigen. Das konnten sie nur, wenn sie robust, ausdauernd und wachsam waren.
Diese großen, bärigen Hunde gelangten als Beutestücke bei Kämpfen in das gesamte römische Reich. Im Gegenzug wurden Zwerghunde aus den römischen Provinzen bei den „Barbaren“ eingeführt.
Im Lauf der Zeit verlor sich die Spur dieser germanischen Hunde.
Bärenhundrüde Dagur
Knapp 1600 Jahre später, in den 80er Jahren des 20.Jhd`s wurden einige Welpen geboren, die genau so aussahen, wie der Züchter, Carsten Kieback, sich die Hunde der alten Germanen vorstellte.
Die Welpen stammten aus einem Fehlwurf zwischen Bernhardiner und weißem Hirtenhund. Von diesem Zeitpunkt an begann er konsequent die Zucht der Germanischen Bärenhunde. Besonderen Wert legte er auf Charakter, Gesundheit und Aussehen der Hunde. Nachdem sich einige Bärenhundefreunde zusammen fanden bildete sich der "Erstzüchterverein Germanischer Bärenhunde e.V.".

1997 wurde der “Germanische Bärenhund“ vom Deutschen Rassehunde Club (DRC e.V.) anerkannt.
Da Herr Kieback den weißen Hirtenhund nie genau definiert hat, muss der Germanische Bärenhund als Hunderasse ohne eindeutig definierte Urahnen gelten, wie es zum Beispiel auch der Bernhardiner der Fall ist.

Anfang der Reinzucht
Nachdem Ende der 80`er Jahre des 20. Jahrhunderts mit dem Fehlwurf zwischen Bernhardiner und weißem Hirtenhund die Geburtsstunde des modernen Germanischen Bärenhundes markiert war, begann Carsten Kieback in Brandenburg gezielt mit der Zucht des Germanischen Bärenhundes. Ziel dabei war ein kinderlieber, gutmütiger Riese von bärigem Aussehen, geeignet als Familienhund, der charakterfest und gesund sein sollte.
Um welche Rasse es sich bei dem weißen Hirtenhund handelt hat Herr Kieback nicht bekannt gegeben. Ausgeschlossen hat er jedoch, dass es sich dabei um Kuvasz, Kangal, Kaukase, Leonberger oder Neufundländer handelt.
Einstein, der erfolgreichste Bärenhund
aller Zeiten! Er wurde auf 85 Hundeschauen
Er hat alle Championate gewonnen,
die es gibt.
In der Folge kam es dadurch zu zahlreichen Spekulationen, bei denen selbsternannte Fachleute mit absoluter Sicherheit sagten, um welche Rasse es sich handelt. Das Ergebnis war eine Verunsicherung aller, die sich für die Germanischen Bärenhunde interessierten.
Carsten Kieback vollendete die Zuchtlinie der Bärenhunde, so dass sie im Jahre 1997 von Deutschen Rassehunde Club e.V. als Rasse anerkannt wurde. Seitdem wird der Germanische Bärenhund reinrassig gezüchtet. Die Einzucht von Grundrassen ist nur durch den Erstzüchter gestattet.
Bei der Rasseanerkennung hat es Herr Kieback bei der Anerkunng durch den DRC e.V. und der IKU (Internationale Kynologische Union) belassen. Eine Anerkennung durch den FCI hielt er bisher, aufgrund der Anerkennung durch die genannten Verbände, nicht für notwendig. Inzwischen ist aber die Beantragung der Rasseanerkennung durch den FCI in naher Zukunft geplant.
Nach Vollendung der Zuchtline wurde die Verbreitung des Germanischen Bärenhundes durch Streitereien und persönliche Differenzen einiger Züchter wieder zurück geworfen.
Mehrere Züchter gingen dazu über, bei der Zucht des Germanischen Bärenhundes Leonberger mit einzukreuzen. Abgesehen davon, dass sie damit den Rassestandard untergruben, kam durch die Einkreuzung vermehrt die Kritik auf, bei dem Germanischen Bärenhund handele es sich nur um einen zu teuer verkauften Leonbergermischling. Es dauerte lange, diese negative Tendenz wieder zu berichtigen.
Wohl wissend, dass die Tierzucht und insbesondere die Zucht der großen, mächtigen Germanischen Bärenhunde ein Bereich intensiver Arbeit ist, finden sich immer mehr begeisterte Züchter dieser Rasse, die nach dem anerkannten Rassestandard züchten.

Die Geburtsstunde der Germanischen Bärenhunde
Carsten Kieback erzählt von der Geburtsstunde der Germanischen Bärenhunde:
„1975 wurde 'Wuschel', der Vorläufer der Bärenhunde geboren. Entstanden aus einem Fehlwurf zwischen weißem Hirtenhund und Bernhardiner. Zu diesem Zeitpunkt fuhr ich noch LKW und mein Zwingername lautete 'von Damnarz'.
'Wuschel' weilte von 1975 bis 1989 auf dieser Erde. Eine Woche nach seinem Tod gebar meine Bernhardinerhündin 'Krümel' den ersten Wurf Germanischer Bärenhunde. An diesem Tag tobte ein schweres Gewitter. Als am Himmel ein wunderschöner Regenbogen erschien wurden fünf zauberhafte Welpen geboren. Am 19.07.1989 gab es den historischen, ersten Eintrag Germanischer Bärenhunde im Zuchtbuch. Die Welpen hießen: Balu, Troll, Jilly, Gila und Maja."

Im Kindle-Shop: Germanischer Bärenhund: Portrait einer außergewöhnlichen Hunderasse.
Für Tolino: Buch bei Thalia
Mehr über und von Jörg Krämer auf seiner Website.

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22. Oktober 2018

'Paartherapie' von Jean P.

Kindle | Tolino | Taschenbuch
Vier Paare, wie sie gegensätzlicher nicht sein können, haben ein Problem: Sie wollen, aber sie können nicht – miteinander! Eine Therapie soll Abhilfe schaffen. Das Konzept der Therapie sorgt allerdings nicht nur für Verwirrung, sondern erzeugt delikate Turbulenzen, an denen schließlich sogar die aus Ruinen wiederauferstandene SPD Anteil hat.

Reibt sich da jemand schon jetzt verwundert die Augen?

Es kommt noch dicker, wird doch der therapeutische Prozess immer wieder von allerlei denkwürdigen Ereignissen und obskuren Gestalten durcheinandergewirbelt. Da tauchen Darth Vader und Prinzessin Leia auf, selbsternannte Treuetesterinnen treiben ihr Unwesen und am Ende gibt es sogar ein neues Kommunistisches Manifest. In der Nacht von Samhain tritt ein Dirndlballett auf, nachdem die Bäuerin die Frau gesucht und gefunden hat und die allgegenwärtige Carla Columna wittert Schlagzeile um Schlagzeile.

Ob unsere Paare dabei glücklich werden? Und wenn ja, wer mit wem? Eins sei versprochen: Am Ende unseres Liebesreigens ist - wie bei Shakespeare - nicht alles „Verlorene Liebesmüh“.

Leseprobe:
Während eines Dorffestes gibt es eine Junggesellinnenversteigerung ...

Oje, hätte Teresa sich wirklich nichts anderes aussuchen können, dachte Eva bei sich. Die wollten vielleicht nur dem Pfarrer eins auswischen, der diesem sündigen Treiben selbstverständlich ferngeblieben war. Der hatte schon vor der Junggesellenversteigerung die Flucht ergriffen. Doch im Gegensatz zum Auge des Gesetzes, dem wohl entgangen war, dass der dicke Jungbauer wieder in den Saal gekommen war, sah das Auge Gottes alles. Just in dem Moment, in dem die Kapelle Joe Cockers You Can Leave Your Hat On anstimmte, um Teresas Präsentation zu begleiten, hörte man die Kirchenglocke zur Mitternacht schlagen. Vollends gespenstisch wurde es, als der Pfarrer, nachdem die Tausender-Marke schon überschritten war und Eva hoffte, dass ihre Geldbörse nicht allzu sehr geschmälert wurde, wieder auftauchte und sich zu dem torkelnden Jungbauern gesellte. Es machte den Anschein, als redete er ihm gut zu, doch lieber schlafen zu gehen. Als der jedoch wieder in die Auktion einstieg, konnte Eva sich des Eindrucks nicht erwehren, dass auch der Herr Pfarrer ein Schacherer vor dem Herrn war und den betrunkenen Jungbauern nur als Motor benutzte, um möglichst viel für seinen Glockenturm herauszuschlagen.
Mach mal halblang, hätte sie Teresa am liebsten zugerufen, der es offensichtlich Spaß bereitete, sich zu zeigen und den Schlag des Auktionshammers bei jedem weiteren Gebot zu hören. Eine exhibitionistische Ader hatte die ja schon immer gehabt. Der Aufforderung Joe Cockers Baby Take off your dress folgte sie zwar nicht, aber dem Raise your arms up into the air schon und really slow zog sie auch ihre Schuhe aus und gewährte bei ihrem Tanz zu Joes Song einige Blicke auf ihre purpurroten Strapse. You give me a reason to live ... Eva hatte das Gefühl, rot zu werden. Teresa war bezaubernd schön und Eva ertappte sich bei dem Gedanken, dass es doch toll wäre, wenn Teresa am Ende nur noch den von Joe besungenen Hut aufhätte. Hüte hatten ihr immer gut gestanden. Schade, dass sie jetzt keinen trug. Als sie sich zusammen 9 ½ Wochen angesehen hatten, hatte Teresa sich extra für sie einen aufgesetzt.
„Tausendneunhundert wurden geboten für unsere fesche Almhirtin“, riss der Polizist sie aus ihrer Erinnerung. „Bietet jemand mehr?“
Verdammt! Wann hatte das ein Ende? Reflexartig hob Eva die Hand, besorgt Richtung Jungbauer nebst Pfarrer schauend. Sie konnte Teresa ja wohl schlecht diesem Dorftrottel überlassen, der kaum noch etwas mitzukriegen schien! War das wahr, was sie da zu sehen glaubte? Versuchte der Pfarrer doch tatsächlich, den Arm des Jungbauern noch mal hochzuhiefen? Gott sei Dank kriegte der aber keinen mehr hoch, sondern sank volltrunken auf dem Tisch zusammen! Erleichtert atmete Eva durch. Nicht das Gesetz, nicht die Kirche, Gott hatte ihr geholfen.

Im Kindle-Shop: Paartherapie: Ein Liebesreigen.
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18. Oktober 2018

'Urologie für Anfänger: Eine Abenteuerreise durch die Ambulanz' von Peter Waldbauer

Kindle | Taschenbuch
Patrick Wagner, ein 45-jähriger Wirtschaftslehrer, erlebt skurrile Abenteuer in der urologischen Ambulanz. Er muss sich mit körperlichen wie geistigen Problemen herumschlagen. Warum treibt ein kastaniengroßes Organ Männer in den Wahnsinn? Bedeutet Blut im Urin das Ende aller Tage? Was haben Blasenbeschwerden mit Mathe zu tun? Weshalb wird nach dem Katheterziehen die Differentialrechnung angewandt und wieso ist es hilfreich, während des Pinkelns die erste Ableitung zu bilden? Vor allem aber: welche Nachteile hat es, wenn man den Anordnungen der Schwester uneingeschränkt folgt?

Darüberhinaus setzt sich Wagner mit dem Zustand in deutschen Notaufnahmen auseinander, mit der Arbeitsbelastung von Ärzten und Schwestern, mit der Rolle des Arztes in der Gesellschaft, mit dem richtigen Arzt-Patienten-Verhältniss, mit der Frage: gesetzlich oder privat versichert?, mit krankheitsverhütender Ernährung und Lebensweise sowie mit dem Thema Früherkennung.

Er sinniert über die Vor- und Nachteile einer hightechbasierten Apparatemedizin und befürchtet, dass das klassische Anamnesegespräch zu kurz kommt. Er stöhnt über die juristisch perfekt ausgefeilten Aufklärungsbögen und erfährt die positiven Auswirkungen einer gelungen Integrationspoltik am eigenen Leib, da er mit deutsch-türkischen Ärzten die besten Erfahrungen macht.

Leseprobe:
Nun lag ich ausgeliefert auf dem Untersuchungstisch.
Im Gegensatz zum Röntgen von letzter Woche hatte ich keine Angst. Es schien mir, als seien der freundliche junge Urologe und die vertrauenser- weckende Anästhesistin heute morgen eigens aufgestanden und in die Klinik gekommen, um mir zu helfen. Der Arzt mit seinem Fachwissen und seinem manuellen Geschick und die Narkoseärztin mit ihrem Wissen und den Errungenschaften der modernen Pharmakologie. Diese Vorstellung fand ich grandios. Diese Leute waren extrem gut ausgebildet. Egal, was bei der Untersuchung herauskommen würde, es würde gut gehen. Wo soviel Kompetenz, Fürsorge und Sympathie walteten, konnte nichts Schlimmes passieren. Ich war ein Glückspilz, dass ich an diese wunderbaren Menschen geraten war. Der Urologe erschien wieder in meinem Sichtfeld, blieb links neben mir stehen und blickte hinüber zur Narkoseärztin.
„Und, können wir?“, fragte er.
Es war klar, was er meinte. Es würde jetzt losgehen.
Die Anästesistin würde das Propofol in meine Adern leiten und für mei- nen Schlummer sorgen. Eine Antwort der Frau, die an meinem Kopfende stand und über mein Leben wachen würde, hörte ich nicht. Doch ich meine, die freundlichen Schwingungen ihres zunickenden Lächelns im Raum wahrgenommen zu haben. Dann war ich weg.

Im Kindle-Shop: Urologie für Anfänger: Eine Abenteuerreise durch die Ambulanz.
Mehr über und von Peter Waldbauer auf seiner Amazon-Autorenseite.



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17. Oktober 2018

'Wem Ehre gebührt: Kriminalroman' von Rainer Kottke

Kindle | Tolino | Taschenbuch
Spätherbst 2016 - Weihnachten steht vor der Tür: Diesen Auftrag hat Jo Buskohl unmöglich ablehnen können - erstmals ermittelt der Detektiv auf internationalem Parkett.

Zusammen mit Partnerin Constanze ist Jo unterwegs an die französische Opalküste. Sie wollen den abgetauchten Schwiegersohn des Bürgermeisterkandidaten Siefken zur Rede stellen. Der junge Mann hat Fotos der verstorbenen Tochter des Politikers veröffentlicht. Private Fotos. Online und außerordentlich unanständig …

Zur selben Zeit fliegen daheim in Ostfriesland Tortenstücke durch die Luft. Präzise geschleudert, treffen die sahnigen Geschosse Bestsellerautor Nikesch ins Gesicht. Dessen Auftritt im Leeraner Modehaus Göttberg findet ein jähes Ende.

Was zunächst nach Routine aussieht, eskaliert innerhalb von Tagen. Blut fließt. Als Jo nicht ausschließen kann, durch seine Ermittlungen einen Mord ermöglicht zu haben, ist endgültig Schluss mit lustig.

Leseprobe:
Wie gelähmt klebte Jo eine Weile im Ledersitz des Camaros.
Die ersten Minuten bereute er, zu King ins Auto gestiegen zu sein. Auf dessen Hinweis, dass sie das Lovemobil nicht wieder blockieren und das Mädchen von der Arbeit abhalten konnten, hatte der Detektiv spontan keine Erwiderung gefunden. Dem Zuhälter eine Spritztour im klapprigen Bandbus vorzuschlagen wäre kaum infrage gekommen.
Jo schielte ins Cockpit des Chevrolets. Die Tachonadel kratzte an 210 und das Instrument reichte noch rauf bis 330. Sie flogen über den nassen Asphalt Richtung Oldenburg.
Jo räusperte sich zweimal, bevor er tonlos hervorpresste: »Bin seit dem Sommer nicht mehr schneller als 120 gefahren.«
»Ohne Scheiß?« King zog die Oberlippe herauf bis an die sich kräuselnde Nase und präsentierte eine Kauleiste, die dem Ermittler keineswegs original erschien.
»Ganz ohne Scheiß«, antwortete Jo etwas fester.
»Soll ich langsamer fahr’n?«, fragte der Zuhälter belustigt.
»Bin bei einer Verfolgungsjagd von der Straße gerempelt worden«, erklärte Jo.
»Alter! Is’ doch geil!«
»Nee, eigentlich gar nich’.«
Der Detektiv berichtete in kurzen Sätzen vom furiosen Showdown in seinem letzten Fall. Während er sprach, spürte er, dass die Beklommenheit nachließ.
King forcierte noch einmal das Tempo. 220. 230.
Jo fragte sich, ob der Kauf des wenig spritzigen Citroën Jumpys nicht ein Fehler gewesen sei.
Unerwartet trat der Zuhälter brachial auf die Bremse und nahm im allerletzten Moment die Ausfahrt kurz vor Westerstede.
»Wir besuchen eben ’nen Kumpel. Is’ mir zwei Riesen schuldig, der Gute«, kommentierte King trocken, während Jo beim Hineinflug in die lang gezogene Kurve Mühe hatte, dem speckigen Luden nicht auf den Schoß zu rutschen.
An der Querstraße bog King rechts ab. Sie folgten einer von Eichen gesäumten Straße durch das im Dezember trostlose, flache Land. Es war kurz nach vier, der Himmel, schmutzige Pampe, erschien zum Greifen nah und es dämmerte bereits.
»Schlimme Sache, das mit Miriam«, tastete sich Jo an den Grund seines neuerlichen Treffens mit Ecki King heran.
»Wenn wir gleich da sind, dann steigst du aus, lässt die Tür offen stehen und stellst dich gut sichtbar vor ’n Wagen. Aber setz dich ja nich’ auf die Motorhaube!«
»Also, hör mal, King ...«, versuchte Jo zu protestieren.
Der Zuhälter schnitt ihm das Wort ab. »Bleib mal einfach geschmeidig. Ich brauch dich nur als Zeugen. Damit die Jungs nich’ auf so dumme Ideen kommen.«
Jo schluckte seinen Ärger herunter und startete einen zweiten Anlauf, das Gespräch auf den Vermisstenfall zu bringen. »Wer ist eigentlich der Vater von Miriams Kind? Gibt’s den noch?«
»Quatsch! Hat’s auch nich’ gegeben. Also, drei Minuten oder was hat’s den natürlich wohl gegeben«, feixte King. »Das war ’n Betriebsunfall von ’er Kleinen. Und abtreiben wollt sie nich’. Die Mädels waren damals beide voll von ’er Rolle, haben sich gegenseitig verrückt gemacht, die beiden. Die eine hatt’ nur noch Heiraten im Kopp gehabt und die andere wollt auf mal ’n Balg großziehen.«
Sie erreichten ein winziges Kaff, eine rumpelige Straße mit ein paar Häusern drum herum.
»Ist der Nikesch Miriams Kunde gewesen?«
»Ich hab dir und dem Bullenkumpel neulich schon gesagt, dass ich null Schimmer hab, warum sie diese Tortensache angestellt hat. Stammgast war der Nikesch nich’. Da hätt ich garantiert was von mitbekommen.«
King bog in einen Schotterweg ein. Sie fuhren auf eine frei stehende, ehemals landwirtschaftlich genutzte Scheune zu. Durch das offene Tor im brüchigen Ziegelsteinbau konnte Jo eine Hebebühne erkennen. Zwei mächtige Kerle in Overalls traten heraus, noch bevor der Zuhälter den Wagen auf dem großen Vorplatz abgestellt hatte. Die beiden Männer mochten vom Alter her Vater und Sohn sein. In den Händen hielten sie kiloschwere Schraubenschlüssel, die Jo eher zur Mähdrescherreparatur geeignet erschienen als zum gängigen Inventar einer Schrauberwerkstatt gehörend.
Der Zuhälter ging breitbeinig auf die Männer zu. Sie begannen sofort zu streiten. Aus der Entfernung konnte Jo verstehen, dass die Mechaniker Ratenzahlung verlangten.
Wie vereinbart hatte sich der Detektiv vor dem Camaro in Position gebracht.
[...]

Im Kindle-Shop: Wem Ehre gebührt: Kriminalroman (Jo Blueskohl 2).
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15. Oktober 2018

'Broken Wide - Gefährliche Freiheit (Mindjack #6)' von Susan Kaye Quinn

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Er kämpft mit allem was er hat für den Frieden. Doch die Hoffnung darauf schwindet drastisch ...

Sein halbes Leben lang hat Zeph verheimlicht, was er wirklich ist. Er verbarg seine Jackingkräfte vor gefährlichen Männern und lief sogar von zu Hause fort, um all jene zu beschützen, die er liebt. Und jetzt, wo sein Leben endlich wieder zusammenwächst – seine Mutter und Schwester sind in Sicherheit und das Mädchen seiner Träume an seiner Seite – bricht der Rest der Welt auseinander. Die Unterdrückung durch die Gedankenleser wird für die Jacker von Tag zu Tag schlimmer. Jackerhassende Politiker schüren Ängste und ernten noch mehr Macht. Und alle Jacker, die auf der Reinheitsliste der Fronter auftauchen, enden tot in den Straßen vor Jackertown.

Selbst die Jacker Freedom Alliance wird durch innere Streitereien zerrissen.

Dabei will Zeph nichts mehr, als sich ein Leben mit Tessa aufzubauen – aber selbst sie verliert den Glauben daran. Wenn es keinen Frieden zwischen Lesern und Jackern gibt, wie können sie dann eine gemeinsame Zukunft haben? Nachdem eine Demonstration eskaliert, beginnt der Präsident eine Belagerung Jackertowns vorzubereiten und ein MINDWARE Unternehmer macht sich daran, eine Technologie zu perfektionieren, die den Verstand von Jackern zerstören soll. Eine friedliche Lösung scheint nahezu aussichtslos, aber eines steht fest – die Welt kann nur wieder zusammengesetzt werden, indem Zeph die mächtigen Leute zu Fall bringt, die sie auseinanderreißen.

Das große Finale zu Zephs Geschichte in der Mindjack-Bestsellerreihe: In dem es keinen radikaleren - oder gefährlicheren - Gedanken gibt, als sich für den Frieden einzusetzen.

Leseprobe:
Eine Welle von Flüchen schwappt durch die Köpfe der Freidenker.
Anna und Hinckley führen die JFA-Einheiten an und deuten der Gruppe jetzt, stehen zu bleiben. Major John Scott ist kein Jacker, aber er hat mehr militärische Erfahrung als alle anderen hier. Außerdem hat er einen undurchdringbaren Verstand, also flankiert er die Gruppe auf der anderen Seite von mir. Kira hat sich geweigert mitzukommen, aber das ist wohl auch besser so – sie ist das Gesicht der JFA und ihre Wahlniederlage ist den Leuten noch zu frisch im Gedächtnis. Denn falls – und ich hoffe, wenn – sich die Welt wieder beruhigt und normal wird, brauchen wir jemanden, der für uns in die Politik geht.
Die Fronter brüllen uns mit wutroten Köpfen an. Ihre Gesichter sind genauso unverhüllt wie die der Freidenker – niemand von ihnen trägt eine Zweite-Haut-Maske, wie ich sie habe, um sich und ihren Rassismus dahinter zu verstecken. Was irgendwie der Kern des Ganzen ist. Unverhüllter Hass und unverhüllte Liebe. Leser sind daran gewöhnt, dass all ihre Gedanken und Gefühle offenliegen, das Gute sowie das Schlechte. Das ist einer der Gründe, warum Leser Angst vor Jackern haben – nicht bloß, weil wir Gedanken kontrollieren können. Weil wir ihnen ein Rätsel sind. Unergründlich. Nicht vertrauenswürdig. Es spielt keine Rolle, wie gesetzestreu oder friedlich du bist … wenn du ein Jacker bist, bist du ein Schreckgespenst, das die Albträume der Leser heimsucht.
Und die Fronter nutzen diese Albträume für ihre Zwecke aus.
Es sind alles Männer mit einem rauen Aussehen, die ganz offenbar an Gewalt gewöhnt sind. Ich habe es in den Clans gesehen, die Jüngeren haben eine Gier danach, während die Clanführer die eiskalten Mienen derer haben, die verstehen, welche Macht Gewalt mit sich bringt. Beide Arten sind hier vertreten – wild dreinblickende Heißsporne und ältere Fronter mit toten Augen, und gerade bei letzteren läuft es mir eiskalt den Rücken runter.
Ich weiß, warum die Freidenker hier sind – um ihre Prinzipien zu vertreten. Das ist alles. Um vor den Kameras zu protestieren. Aber diese Typen… wollen mehr. Die jungen Wilden sind bloß auf einen Kampf scharf, aber die älteren, durchtriebeneren …
Ich fange an zu bereuen, dass wir bloß Pfeilpistolen dabei haben. Anna hatte vorgeschlagen, dass die JFA Scharfschützen in Position bringt, doch ich konnte sie davon überzeugen, dass dies die falsche Botschaft senden würde. Aber von den Frontern abgeschlachtet zu werden, wäre ebenfalls kein erstrebenswerter Ausgang.
Mein Magen zieht sich zusammen. Ich kann gerade nicht daran denken, was alles passieren könnte, sollte ich Unrecht haben.
Beide Seiten stehen sich jetzt gegenüber, nur eine Kluft von weniger als zehn Metern Asphalt zwischen sich. Kameradrohnen schwirren so dicht über uns, dass ich neben den einseitigen Beleidigungen auch ihr ständiges Summen in den Ohren habe. Die JFA ist still und die Freidenker unterhalten sich nur in Gedanken – welche kurz davor sind, sich in Tessas Verstand zu synchronisieren. Synchronität ist eine schräge Sache, die unter Lesern entsteht, bei der sie eine Art Resonanz mit ihren Gedanken erzeugen. Als würde man harmonisch zusammen singen, nur mit Gedankenwellen. Es ist eine demokratische Sache, wo jeder Verstand eine Stimme bekommt, aber schlussendlich alle in einem finalen Gedankenkonsens zusammengefasst werden.
Der Sprechchor echot bereits in Tessas Kopf, bevor sie ihn laut ausrufen. Keine Stille! Keine Angst! Jacker und Leser SEITE AN SEITE! „Keine Stille! Keine Angst! Jacker und Leser SEITE AN SEITE!“ Tessas Stimme ist klar und kräftig und unsere Seite ist definitiv in der Überzahl. Da sind vielleicht drei Dutzend Fronter, aber wir haben mehr Freidenker und fast genau so viele von der JFA. Die Jacker beteiligen sich nicht an den Rufen und ich bleibe ebenfalls still, beobachte die Fronter und warte auf ihre Reaktion. Ein paar von ihnen schleudern uns immer noch Beleidigungen entgegen, aber der Rest beginnt Handsignale zu nutzen, um irgendetwas zu koordinieren. Mehrere Fronter scheren aus, gehen zum Feuer und ziehen brennende Holzlatten heraus. Was zur… Ich spanne mich an und sehe zu Scott. Er fängt meinen Blick ein und schüttelt den Kopf. Nein. Ich habe die Hand bereits auf der Waffe an meinem Gürtel, aber er hat recht. Wir wollen nicht diejenigen sein, die als erste das Feuer eröffnen, besonders angesichts dessen, dass die Pistolen der Fronter keine Betäubungspfeile abschießen.
Tessa ist so sehr mit den anderen Freidenkern synchronisiert, ich glaube, sie sieht die beiden Fronter gar nicht, die mit brennenden Holzscheiten in der ersten Reihe stehen. Gemeinsam mit den anderen schleudern sie Beleidigungen herüber und beginnen bald, einen neuen Sprechchor zu formen. „Reinheit jetzt! Keine Lügen! Sperrt Jacker weg! Wir werden siegen!“
Die Freidenker antworten mit ihrem eigenen Slogan. „Niemand ist frei, bis ALLE frei sind!“
„Jacker sind entartet! Die Welt gehört den Lesern!“
„Jackerrechte JETZT SOFORT!“
„Blutsverräter!“
Rasch arten die Rufe wieder in Beleidigungen aus. Die Typen mit den Fackeln – oder brennenden Knüppeln, je nachdem wie man es sehen will – schieben sich näher zu uns und die ganze Reihe bewegt sich mit ihnen. Ein Typ mit einer komplett schwarzen Flagge, mit einem einzigen „reinen“ Blutstropfen darauf, macht einen Ausfallschritt, als würde er jemanden mit der Fahnenstange aufspießen wollen. Hinckley gibt der Frontreihe der JFA ein Signal. Sie rücken ebenfalls ein Stück nach vorne und schaffen eine Lücke zwischen sich und den Lesern.
Eine Pufferzone. Falls die Fäuste fliegen sollten.
Die Kameradrohnen summen und schwirren umher. Sie bekommen eine ziemliche Show geboten.
Die Polizisten vom CJPD sehen bloß zu, ohne irgendwelche Anstalten zu machen, einzuschreiten. Ich bin mir nicht einmal sicher, warum sie hier sind. Um Jacker zu verhaften, falls die Dinge außer Kontrolle geraten? Vermutlich.
Und es gibt nur einen Ort, an den verhaftete Jacker gebracht werden. Die Jacker-Haftanstalt. Der Ort, wo Tiller sein geheimes Jacker-Konvertierungsprogramm weiterentwickelt hat, indem er mit Insassen experimentierte. Heutzutage sorgt die Chicagoer Jackerpolizei dafür, dass eine Einweisung dort eine Reise ohne Rückkehr ist. Ich mache mir eine mentale Notiz, den Polizisten einen Betäubungspfeil in die Brust zu verpassen, wenn die Sache hier schieflaufen sollte.
Die Frontlinie der JFA zieht sich zusammen und die Lücke zu den Frontern schließt sich langsam. Ein paar der Schläger aus der Hauptgruppe ziehen sich vor der bevorstehenden Konfrontation zurück. Feiglinge? Ich glaube nicht. Es wirkt eher so, als führten sie etwas im Schilde. Sie rennen zurück zum Feuer. Mehr brennende Knüppel? Gerade als mir dieser Gedanke durch den Kopf fährt, fängt die erste Reihe der Fronter an, nach den JFA Leuten zu schlagen und zu treten und ihre Fackeln zu benutzen, um sie entweder zu provozieren oder auf Abstand zu halten. Schwer zu sagen.

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5. Oktober 2018

'KETOGA: Ketogene Ernährung und Yoga' von Fabrizio P. Calderaro

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Was passiert im Organismus, wenn man zwei auf ihren Ebenen mächtige Systeme miteinander vereint und ihre Wirkungsweisen aufeinander abstimmt?

Diese Frage stellte sich Fabrizio P. Calderaro, der mit seinem „Handbuch der ketogenen Ernährung“ bereits ein Standardwerk für Fachleute und Laien erstellt hat, und schuf ein System auf ganzheitlicher Ebene, das eine der ältesten Philosophien und wohl bekannteste Übungssystem der Welt mit einem mächtigen Instrument in der Ernährung vereint. Hieraus entstand KETOGA.

In täglichen Übungen vermittelt der Autor seine Erkenntnisse und führt den Leser so in eine neue „ketogische“ Praxis ein, angefangen bei einer sinnvollen, adäquaten Zusammensetzung der Makronährstoffe über das „ketogische Nidra“, der „ketogischen Zungenreinigung“, den „Asanas“, dem „Pranayama“ bis hin zum „Karma“ oder den „Darshanas“ u.v.m.

Leseprobe:
Was ist Ketoga?
In meinem ersten Buch »Das Handbuch der ketogenen Ernährung« habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass sich die ketogene Ernährungsform und der Yoga, sehr zum Vorteil für den Praktizierenden, symbiotisch ergänzen und sich hervorragend miteinander kombinieren lassen. In ihren Grundzügen entstand die gesamte Ketoga-Idee bereits bei der Erstellung des Manuskriptes »Das Handbuch der ketogenen Ernährung«. Allerdings war mir damals noch nicht ganz klar, wie genau ich die einzelnen Elemente auf einen Nenner bringen sollte. Das Wort »Ketoga« ist eine Wortneuschöpfung und verbindet sowohl die Ketose als auch den Yoga miteinander. Mir gefiel diese Idee, ein neues Wort zu kreieren, und ich glaube, dass diese Idee auch meiner Verlegerin sehr gut gefiel. Hinter Ketoga steht ein wohldurchdachtes Gesamtkonzept und ich bin stolz darauf, es geschafft zu haben, alle wichtigen Elemente miteinander zu verbinden. Ketoga ist keine Diät, es ist auch kein neuer Yoga-Zweig. Ketoga ist eine Strategie und sie ermöglicht die persönliche Entwicklung.
In einem meiner ersten Blogbeiträge aus dem Frühjahr 2017 beschrieb ich die Kombination der Ketose mit dem Yoga als eine »mächtige Allianz«. Ich glaube, dass es eben diese Bezeichnung auf den Punkt bringt und deutlich macht, was hinter Ketoga wirklich steckt. Doch wenden wir uns nun dem Yoga zu, immerhin ist er einer der wesentlichen Komponenten hinter dem Ketoga-Konzept.
Die Bezeichnung »Yoga« wird zum ersten Mal im indischen Katha-Upanischad (Devanagari: कठ उपनिषद्) (Kaṭhopaniṣad, auch Kāṭhaka) erwähnt. Dabei wurde der Yoga als eine Art Technik zur Säuberung des Verstandes und als Kontrolle eigener Emotionen und Gefühlen beschrieben. Die Katha-Upanischad ist nichts anderes als eine der allerersten Upanishaden, versehen mit diversen Kommentaren von Adi Shankara (* um 788 in Kalady/Kerala; † um 820). Adi Shankara war Sohn eines Brahmanen, religiöser Lehrer und Philosoph des Hinduismus. Der Upanishad muss etwa im vierten oder fünften Jahrhundert vor Christus entstanden sein, eine frühere Datierung ist aber ebenfalls möglich.
Wenn der Yoga ursprünglich als eine Form der Reinigung konzipiert wurde, um Gefühle und Emotionen besser zu kontrollieren und den Verstand zu schärfen, dann lassen sich durchaus Parallelen zur ketogenen Ernährung ziehen. Den Scharfsinn unseres Verstandes finden wir auch in dieser Ernährungsweise wieder, denn die ketogene Ernährung führt zu einem gesteigerten mentalen Fokus. Sie kann, genau wie der Yoga, als eine Art »Reinigungstechnik« verstanden werden. Der Verstand wird auch durch die ketogene Ernährung »gesäubert«, der Körper entledigt sich krankmachender Kohlenhydrate (Zucker) und konzentriert sich auf die Energiegewinnung unter Zuhilfenahme der Ketogenese. Vergessen wir auch an dieser Stelle nicht, dass die Fähigkeit zur Ketogenese unseren Vorfahren einst das Überleben sicherte. Einen klaren Geist kann man sowohl durch den Yoga als auch durch die ketogene Ernährung schaffen. Einen noch klareren Geist schafft man, indem man beides gekonnt miteinander verbindet. Ein klarer Geist setzt ein unbändiges Energiepotenzial frei.

Die Vorteile, die sich aus dem Ketoga-Konzept ergeben, liegen ganz klar auf der Hand:
- positive Wirkung auf das gesamte Nervensystem
- Herz- und Lungentätigkeit werden gestärkt und gefördert
- bereits bestehende Depressionen können gelindert und weiteren depressiven Episoden kann entgegengewirkt werden
- das Immunsystem wird gestärkt
- Herz-Kreislauf-Funktionen werden unterstützt und positiv beeinflusst
- das eigene Selbstbewusstsein wird gestärkt und gefördert
- die Leistungsfähigkeit auf mentaler Ebene wird gestärkt
- eine arterielle Hypertonie wird günstig beeinflusst
- Rückenschmerzen, innerer Unruhe, Stress und Schlafstörungen wird entgegengewirkt
- Angststörungen können spürbar gelindert werden
- klimakterielle Beschwerden können gelindert werden
- die eigene Ausdauer wird verbessert
- die Konzentrationsfähigkeit wird verbessert
- Vitalität und Zufriedenheit werden geschaffen
- Migräne kann wirkungsvoll bekämpft werden
- Nackenverspannungen und Kopfschmerzen können effizient gelindert werden
- Ketoga »entschleunigt« und lässt uns langsamer altern
- das Sexualleben wird verbessert
- Übergewicht, Adipositas und Diabetes mellitus Typ II werden bekämpft
- Ketoga hemmt entzündliche Aktivitäten im Organismus
- Gewichtsreduktion
- Asthma bronchiale und COPD können positiv beeinflusst werden
- chronische Schmerzen werden gelindert und man lernt, besser mit ihnen umzugehen
- Ketoga wirkt sich positiv auf chronische Erkrankungen aus
- es hilft bei Vorliegen einer Arthritis und verbessert die Symptomatik
- fördert das Wohlbefinden
- hilft bei pharmako-resistenter Epilepsie

Über die Auswirkungen der Ketose auf unseren Organismus habe ich ausführlich in meinem Handbuch der ketogenen Ernährung berichtet.
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wird Yoga bereits wissenschaftlich unter die Lupe genommen und erforscht. Welche Veränderungen Yoga auf physischer Ebene bewirkt, wurde in unzähligen physiologisch-wissen­schaftlichen Studien erforscht. Zum heutigen Zeitpunkt wissen wir um die Auswirkungen des Yoga auf die Gesundheit, die Heilung bei Erkrankungen, die Psyche, die Leistungsfähigkeit, das Glück und das Wohlbefinden.
Aktuell praktizieren in Deutschland etwa 2,6 Millionen Menschen Yoga, dabei überwiegt der Anteil der Frauen. Die Beweggründe für das Praktizieren von Yoga sind oftmals die gleichen: Fast immer dreht es sich um den Wunsch nach einer gesteigerten Leistungsfähigkeit und der Verbesserung des körperlichen und geistigen Wohlbefindens.

Im Kindle-Shop: KETOGA: Ketogene Ernährung und Yoga.
Für Tolino: Buch bei Thalia
Mehr über und von Fabrizio P. Calderaro auf seiner Buchseite beim Franzius Verlag.



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2. Oktober 2018

'Boten der Schatten' von Carolin Rades und Maximilian Honig

Kindle | Tolino | Taschenbuch
Die abgelegene Stadt Fjiondar wird von Kreaturen der Dunkelheit heimgesucht. Sie töten und entführen die Bewohner. Der junge Baríth glaubt für die Überfälle verantwortlich zu sein. Um seine Schuld wieder gut zu machen, begibt er sich zusammen mit seinem Greif Parúh auf eine gefährliche Reise. Er will die Heimat der Monster ausfindig machen und ihren Angriffen ein Ende bereiten.

Unterdessen entdeckt der rachsüchtige Ugryòr neue Kräfte, die ihm erlauben, seinen Zielen endlich näher zu kommen: Rache zu nehmen für das, was man seiner Familie angetan hat, und seinen Bruder zu finden. Woher die Kräfte allerdings kommen, fragt er sich sehr spät.

Der frisch gewählte Ratsherr Mûtavéh muss feststellen, dass man seine Ideale in der Regierung nicht teilt. Scheinbar als einziger macht er sich Sorgen über das Verhalten des Königs, der immer drastischere Maßnahmen ergreift, um die Bürger zu schützen.

Niemand ahnt, dass im Hintergrund große, verborgene Kräte um die Vorherrschaft ringen.

Leseprobe:
Ein tiefes Schnaufen drang durch den düsteren Wald und vertrieb die lauernde Stille. Aus der dunklen Nacht erschien der große Umriss eines Wesens, das zwischen den knorrigen Bäumen mit verzweifelt im schlammigen Untergrund festgeklammerten Wurzeln herbeistapfte.
Sein Atem wurde zu weißem Nebel, der seine breite Schnauze zögerlich umschlang und sich unaufhörlich ins Nichts auflöste. Der Schattenhund streifte durch die dichte Uferböschung, suchte schnuppernd das eiskalte Wasser des leise plätschernden Ausläufers des reißenden und tobenden Râszhas. Die dicken Wolken gaben die Sicht für wenige Wimpernschläge frei auf das furchterregende Geschöpf. Seine Tatzen waren so breit wie die Felsbrocken im Fluss, die Krallen lang und scharf. Sein muskulöser Körper fiel nach hinten ab, die Hinterläufe waren kürzer als die vorderen und sahen trotz ihrer Stärke im Verhältnis schon fast schmächtig aus. Sein Hals war dick und undurchdringbar, sein Fell kurz und schwarz. Widerlich schleckend trank er, doch kürzer als er wollte. Ein innerer Trieb drängte ihn weiter.
Die Schnauze hob sich schnuppernd in die feuchtkalte Luft, sie witterte etwas. Die weiße Sichel in seinen schwarzen Augen bewegte sich auf ein Gebüsch jenseits des Wasserlaufs zu. Ein lautes Knacken zerschnitt wie ein Knall die Ruhe, gefolgt von zartem Hufgetrappel, verlaufend in der Ferne.
Er wollte ihm folgen, er war so hungrig, so ausgezehrt. Doch seinen Geist zog etwas zurück in den Wald. Er musste weiter nach Osten, tiefer in den Sumpf, die Stimme verlangte es und er konnte sich nicht wehren. Düster war sie, kaum fassbar, doch gewaltig genug, um ihn Mond um Mond weiter von seinem Rudel fortzutreiben. Seine breiten Pfoten schmerzten wie von Pfeilen durchbohrt.
Er wand sich zurück durch das hohe Gestrüpp und suchte weiter den Weg zu der verfallenen Stadt im höchsten Norden des Landes. Er sollte jagen, das sagte die Stimme ihm immer wieder, wie ein unaufhörliches Flüstern. Er musste töten.

Im Kindle-Shop: Boten der Schatten.
Für Tolino: Buch bei Thalia
Mehr über und von Carolin Rades und Maximilian Honig auf ihrer Website.



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1. Oktober 2018

'Maschinenengel' von Dominik A. Meier

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
„Mein Name ist Rah. Okay, das ist nicht mein richtiger Name. Der wurde mir genommen. Genau wie alles andere. Ich bin professioneller Dämonenjäger. Zumindest stelle ich mich so gerne vor. Mein genauer Titel ist Ritterbruder des Ordens des Weißen Raben. Ich habe nichts und niemanden auf dieser Welt und riskiere doch alles für sie. Naja, auch das stimmt nicht ganz. Ich neige zu Theatralik. Sorry. Ich habe Ira. Sie ist meine Freundin und gleichzeitig eine Adeptin, ein angehender Maschinenengel. Wir kämpfen füreinander und für unser Recht, zusammen zu sein. Gegen alle Widerstände und bis über den Tod hinaus – denn da geht es erst richtig los.“

"Maschinenengel" ist der zweite eigenständige Roman des "Tumor"-Universums. Jedes Buch der Serie kann für sich selbst gelesen werden und erfordert keine Kenntnisse der vorherigen Romane.

Leseprobe:
Ich fragte mich manchmal, warum der Mensch ein Bewusstsein besaß. Waren wir nicht viel zu oft kaum mehr als Schlafwandler, gefangen in der unbarmherzigen Gnadenlosigkeit der Wirklichkeit, unfähig, sie zu beeinflussen oder gar zu ändern? Warum gaukelten wir uns überhaupt vor, einen freien Willen zu haben, wenn wir doch nur kleine Rädchen in der kalten und präzisen Maschinerie des Schicksals waren? Vielleicht brauchten wir diese Illusion, um die unerträgliche Sinnlosigkeit unseres nutzlosen Alltags zu ertragen. Ich wusste es nicht. Schon oft hatte ich mir den Kopf darüber zerbrochen und war zu keiner Antwort gekommen. Ich hatte einzig die Erkenntnis gewonnen, dass wir vermutlich besser dran wären, könnten wir uns nicht hinterfragen und blinden Schlafwandlern gleich durch unser Leben stolpern, ohne Kenntnis unserer Umgebung, ohne Rücksicht auf uns oder andere, gefangen in einem bittersüßen Traum.
Ich hob den Kopf und sah dem dunkeln Rauch nach, der in dichten Schwaden langsam in den Himmel stieg und die goldene Morgendämmerung verdunkelte. Es war ein klarer, wolkenloser Tag. Das Gras glänzte noch vom letzten Regen und die Luft hatte diese angenehm kühle Temperatur, die eigentlich kalt sein sollte, im Sommer jedoch so unglaublich erfrischend wirkte. Ironisch, etwas so Schönes am Tag nach einer fürchterlichen Tragödie zu sehen. Aber so vieles auf dieser Welt war nicht gerecht. Man konnte versuchen, es zu ändern oder es akzeptieren. Letzteres war einfacher.
Schweigend standen wir um den Scheiterhaufen, nahmen Abschied von einem teuren Freund, einem geliebten Bruder. Das Ende war schnell gekommen, überraschend und unvermeidlich. Es hatte uns einmal mehr daran erinnert, wie klein und zerbrechlich wir eigentlich waren, wie schnell unser Dasein vorbei sein konnte und wie wenig Macht wir über das Schicksal hatten.
Das trockene, helle Holz knisterte, als die Flammen es nach und nach entzündeten. Immer höher und immer heller loderten sie, bis sie schließlich auch den toten Leib vollständig umschlossen und langsam verzehrten. Nun verging das wenige, was übrig war. Asche zu Asche und Staub zu Staub. Auch ein Mensch war nur Nahrung für das Feuer und am Ende eines jeden Lebens blieben stets nur Asche und Staub übrig. So war es immer gewesen und so würde es auch immer sein. Denn auch wir waren keine Ausnahme. Wir mochten Technologie haben, Medizin, Wissen und scheinbare Allmacht, wir beherrschten diesen Planeten und die Kreaturen darauf, doch wenn es mit uns zu Ende ging, zerfielen wir wie alles andere auch.
„Mach’s gut, Bruder“, flüsterte ich und spürte, wie mir eine einsame Träne über die Wange rann. Ich versuchte gar nicht, sie abzuwischen, denn wo sie herkam, warteten noch so viele mehr. „Wir werden dich vermissen.“
Der Tod war nichts Neues für uns. Nein, im Gegenteil. Er war ein treuer Begleiter und oft auch ein mächtiger Verbündeter. Doch er war nun mal der Tod. Wen er zu sich holte und wen nicht, wussten wir nie. Es war grausamer Zufall, höhnisches Schicksal. Mal waren es wenige Sekunden, mal wenige Worte und mal wenige Millimeter, die uns von ihm trennten und uns neues Leben schenkten. Dinge, die in ihrer unendlichen Bedeutungslosigkeit doch über alles entschieden. Und auch wenn wir uns das stets vor Augen führten und wussten, dass auch unser Leben jederzeit in einer infernalischen Stille enden konnte, so schmerzte der Abschied trotzdem jedes Mal aufs Neue.
Fen trat nach vorne und stimmte mit seiner tiefen Stimme das Vaterunser an. Ein altes Ritual, das ich schon viel zu oft hatte miterleben müssen. Wir hatten unsere Toten schon immer so verabschiedet und würden es auch immer tun. Es gab uns Halt, Sicherheit. Dieses Ritual war eines der wenigen Dinge auf dieser Welt, die wir beeinflussen konnten, denen wir nicht hilflos ausgeliefert waren. Ein Fels in der tosenden Brandung, ein Grashalm im Sturm. Ich empfand es als tröstend, zu wissen, dass auch ich eines Tages dort liegen und dass auch für mich dieses Ritual abgehalten werden würde. Vielleicht war es schon in wenigen Tagen soweit, vielleicht erst in vielen, vielen Monaten. Doch jeder hier wusste, dass der Tag kommen würde, an dem andere an unserer statt hier stünden und uns betrauerten.
Schweigend warf ich einen letzten Blick auf den brennenden Körper unseres Bruders, der langsam in den Flammen verschwand. Das Feuer machte uns alle gleich, unabhängig davon, wie gut oder schlecht wir in unseren Leben gewesen waren. Es hatte etwas Friedliches an sich, ihn da liegen zu sehen, gehüllt in seine schwarze Kutte. Ich wusste, dass niemand mehr etwas an seinem Tod ändern konnte und dass niemand ihn hätte verhindern können. Ich wusste nicht einmal, ob er sich nicht sogar den Tod herbeigesehnt hatte. Trotzdem fiel mir der Abschied schwer. Schwerer, als ich zugeben wollte. Noch eine Träne rann über meine Wange. Und noch eine. Ich zog meine Kapuze über, zog sie tief in mein Gesicht, bis es fast vollständig verhüllt war. Die anderen sollten nicht wissen, wie sehr es mich schmerzte. Ich musste stark sein.
„Ruhe in Frieden, Freund“, beendete Fen schließlich sein Gebet und damit die schmucklose Trauerfeier für einen Menschen, dessen Namen die Welt niemals erfahren würde. Auch wenn er so viel für sie geleistet und geopfert hatte. Es war nicht gerecht. Es war niemals gerecht. Wir waren zwar selten mehr als Blätter im Wind der Zeit, doch ich hatte meinen eigenen, kleinen Weg gefunden, der Stille des Vergessens ein Schnippchen zu schlagen. Es war nicht viel, aber es bedeutete mir dafür umso mehr. Ein Zeichen, dass es nicht ganz umsonst war. Und dieses Zeichen war eine große, alte Eiche, die einsam inmitten der Wiese stand, nur ein paar Meter von uns entfernt. Mit dem Respekt, der einem Monument der Erinnerung gebührte, ging ich auf sie zu und legte eine Hand auf die raue, von Wind und Wetter gezeichnete Rinde. Sie war ein alter Freund von mir, hatte so viele Menschen überdauert und würde auch mich überleben. Ich kam stets hierher, wenn ich nachdenken musste, wenn ich trauern oder allein sein wollte. Sie verstand mich, wie sie da stand, unberührt von den Leiden der Menschen, still und stumm. Doch noch lebte ich. Und so bückte ich mich und zog ein kleines Messer aus meinem Stiefel. Zu viele Namen schon hatte der kalte Stahl in diesen Baum ritzen müssen. Zu große Teile der Rinde bewahrten bereits die Erinnerung an zu viele gute Freunde. Aber so lange ich lebte, würde ich den Namen jedes Einzelnen hier bewahren. Zwar nicht für die Ewigkeit, aber für ein paar Jahrzehnte. Das war alles, was ich tun konnte. Ios. So hatte er geheißen.
Ich blieb einen Moment vor dem Baum stehen, senkte meinen Kopf und gedachte seiner. Er war ein guter Freund gewesen, ein tapferer, aufrichtiger Mensch. Pflichtbewusst und loyal. Klischees, das war mir klar, doch ein ehrliches Klischee war besser als so manche Lüge. Nicht alle waren zu Außergewöhnlichem bestimmt. Doch man hatte sich auf ihn verlassen können. Und er war sich nie um einen Spruch verlegen gewesen, egal, wie derb er auch gewesen war. Verdammt. Ich würde ihn vermissen. Ein paar Minuten verharrte ich so. Wenn auch nur ein kleines Detail anders verlaufen wäre, würde er heute hier stehen und nicht ich. Vielleicht auch keiner von uns. Das durfte ich nie vergessen. Und so zollte ich ihm den gleichen Respekt, wie ich ihn auch dem Schicksal zollte.
Irgendwann hörte ich schwere Schritte hinter mir. Ohne ihn zu sehen, wusste ich bereits, dass Fen auf mich zukam. Nur er schaffte es, so laut auf Gras zu gehen und die Stille dieses Morgens so grausam zu zertrümmern. Ich hätte gerne noch ein paar Augenblicke für mich gehabt, aber daraus wurde wohl nichts. Als er bei mir war, legte er seine große Hand auf meine Schulter und zwang mich recht unsanft zum Umdrehen. Ich schloss die Augen, unterdrückte eine letzte Träne und blickte auf.

Im Kindle-Shop: Maschinenengel.
Mehr über und von Dominik A. Meier auf seiner Website.



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