27. November 2020

'El Gustario de Mallorca und das tödliche Gemälde' von Brigitte Lamberts

Kindle | Tolino | Taschenbuch
Website Brigitte Lamberts
Sven Ruge ist auf Mallorca endgültig angekommen. Es läuft gut bei ihm: Er macht sich als Gastrokritiker einen Namen und unterstützt seinen Freund Manuel bei der Führung von dessen Restaurants. Zufällig lernt er in den Markthallen von Santa Catalina die Schweizerin Sara Füssli kennen und verliebt sich in sie. Sven ist im Glück, denn sie erwidert seine Zuneigung. Gemeinsam erkunden sie die schönsten Orte der Insel und genießen die mallorquinische Küche.

Sara möchte mehr über die letzten Wochen ihrer jüdischen Urgroßeltern erfahren. Denn die haben sich 1940 auf der Insel das Leben genommen, um ihrer Deportation zu entgehen. Svens journalistische Neugierde ist geweckt. Doch in seine Verliebtheit mischt sich nach und nach Irritation. Irgendetwas stimmt mit Sara nicht. Sie ignoriert seine Unterstützung. Schließlich stößt Sven auf ein geheimnisvolles Gemälde und ihm wird klar, dass nichts so ist, wie es scheint. Doch die Zeit läuft ...

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Anleser:
Cala Illetes. Gemeinde Calvià.
Der Himmel zeigt sich in einem satten Blau, das durch vereinzelte weiße Quellwolken noch intensiver leuchtet. Die Luft riecht nach Meer. Sven Ruge steht am Strand und betrachtet die neue Tapasbar seines Freundes Manuel Muñoz. Ein großes Schild mit der Aufschrift ‚Lucía’s‘ prangt über dem flachen Satteldach aus rötlichen Schindeln. Manuel und ihm war es wichtig gewesen, das neu erbaute Strandhaus genauso zu gestalten wie das nur einige Meter entfernt stehende Restaurant von Manuel: ein Holzhaus mit großen Fenstern und einer gemütlichen Terrasse. Sie haben es geschafft! Sven ballt die Hand zur Faust und ruft laut »Yeah!«.
Er strahlt. Endlich ist die Strandbar fertig. Der Weg bis dahin war anstrengend und lang. Er hält sein Gesicht in den Wind und genießt die Wärme der Sonne, dabei erinnert er sich: Nachdem Manuel ihm die geschäftliche Partnerschaft angeboten und das Grundstück oberhalb des Strandes erworben hatte, das an sein Restaurant grenzt, war es Svens Aufgabe, die Arbeiten am Neubau zu überwachen. Kein einfaches Unterfangen.
In Deutschland braucht es schon Geduld und Nerven für ein solches Projekt, aber auf Mallorca hat so etwas eine ganz andere Dimension – es geht viel schleppender voran. Schon die Baugenehmigung einzuholen war ein Abenteuer für sich, die Bürokratie auf der Insel ist unschlagbar langsam und zugleich so kreativ, dass man aufpassen muss, später nicht die Grundsteuer für ein benachbartes Grundstück zu zahlen. Doch die Gefahr besteht in diesem Fall nicht: Die zwei Restaurants sind die einzigen auf der kleinen felsigen Erhöhung vor dem Strand. Dem Besitzer einer nahegelegenen Imbissbude, einer chiringuito, hatte Manuel ein Angebot unterbreitet, das dieser nicht ablehnen konnte. Nun haben sie die Bucht zumindest gastronomisch ganz für sich.
Auch die Bauarbeiten waren ein Erlebnis. Wie oft war er allein auf der Baustelle – weit und breit kein Arbeiter in Sicht. Doch jetzt ist alles fertig, er ist glücklich und stolz. Morgen Abend steigt die große Eröffnungsparty. Und so wie es aussieht, wird es richtig voll.

Sven nimmt die Sonnenbrille ab und wischt sich über die Augen. Für Manuel war es selbstverständlich, ihn zum Kompagnon zu machen, nach allem, was sie gemeinsam durchgestanden hatten. Sein Freund würde ohne ihn wahrscheinlich nicht mehr leben und das Restaurant wäre schon längst geschlossen, hätten nicht so viele Menschen ihm und seiner Familie in der schlimmen Zeit beigestanden. Besonders freut es ihn, dass Lucía weiterhin mit dabei ist. Während Manuel im Krankenhaus lag, hatte sie die Küche übernommen und sich als exzellente Köchin erwiesen.
Nun führt Manuel sein Restaurant weiter und die neue Tapasbar hat er in Lucías Obhut gegeben. Sie kocht und Sven ist für das Marketing und die Events in beiden Häusern zuständig. Sie haben schon einige kulinarische Themenabende im ‚Manuel’s‘ veranstaltet, bei denen Sven als Gastrokritiker und mittlerweile sehr guter Kenner der typisch mallorquinischen Küche die Gäste erfolgreich unterhalten hat.

Sven lässt die frische Meeresluft bis tief in seine Lungenflügel gleiten. Dann marschiert er über den weißen Sand zu den kleinen Steinstufen, die ihn zur Terrasse von Lucías Bar führen.
Lucía steht mit Manuel in der Küche. Die beiden debattieren heftig. »Eine Auswahl von zehn unterschiedlichen tapas, zwei verschiedene Salatteller, zwei größere Gerichte und drei Nachspeisen reichen vollkommen aus«, sagt Lucía mit funkelnden Augen. Manuel ist damit nicht einverstanden. »Meine Gäste sind eine umfangreichere Karte gewöhnt«, entgegnet er aufgebracht.
»Mag sein, aber zu unserem Eröffnungsfest braucht es nicht mehr, es sind doch alles geladene Gäste und die wissen, dass ich nur mittags geöffnet haben werde.« Lucía tritt einen Schritt auf Manuel zu und bohrt ihm den Zeigefinger in die Brust. Bevor Sven, der gerade eintritt, ein Wort an sie richten kann, schiebt Lucía nach: »Wir waren uns einig. Du verantwortest deine Küche, ich meine.« Sie holt Luft und ergänzt: »Außerdem müssen wir uns voneinander abgrenzen. Es macht keinen Sinn, wenn beide Restaurants das Gleiche anbieten.«
»Das meine ich doch gar nicht.« Manuel legt ihr besänftigend seine Hand auf die Schulter.
Lucía verdreht die Augen. »Manuel, das hatten wir schon besprochen. Ich biete eine Vielzahl unterschiedlicher tapas an und immer eine Auswahl an Salaten und bei dir bekommen die Gäste ein ganzes Menü.«
»Ja, natürlich, so ist es geplant, aber gerade bei der Eröffnung …«
Sie unterbricht ihn. »Eben. Da biete ich zusätzlich zwei größere Gerichte an und fertig.«
»Nun beruhigt euch mal«, mischt sich Sven ein. Sofort drehen sich Lucía und Manuel zu ihm um und posaunen im Gleichklang heraus: »Du hältst dich da raus.« Als sie Svens erschrockenen Gesichtsausdruck sehen, müssen beide lachen.
»Okay, kommt, setzen wir uns und dann überlegen wir gemeinsam«, schlägt Manuel vor und zeigt zur Terrasse. Lucía greift nach einer Flasche palo und einem Teller mit Zitronenschnitzen, Sven bringt eine Flasche Soda und drei Gläser zum Tisch. Nachdem Lucía den Kräuterlikör in die Gläser gefüllt hat, prosten sie sich zu. Das, was sie gemeinsam durchgestanden haben, kann ihnen niemand nehmen. Nicht die Zuneigung zueinander, nicht das Verständnis füreinander und schon gar nicht das Vertrauen ineinander.

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26. November 2020

'Schneekugelliebe: Waterkant-Liebesroman' von Nati Gilbert

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Website Nati Gilbert
Ein Roman über Stalking und eine romantische Liebe.

Sie: Annabelle Wilson, 31 Jahre, dunkelbraune, lockige Haare, schokoladenbraune Augen, Übersetzerin, Journalistin, Radiomoderatorin. Familienstand: Single oder doch noch verheiratet? Sie muss unbedingt ihren Beziehungsstatus klären!
Ist der Mann auf Helgoland ihr Traummann?

Er: Magnus Johannsen, 35 Jahre, dunkelhaarig, braune Augen, ein kleines Bärtchen, Meeresbiologe, liebt Helgoland. Familienstand: Witwer, eine Tochter, wird von einer Stalkerin attackiert, muss sich selbst und seine Tochter schützen.
Ist Annabelle nach langer Zeit seine neue Traumfrau?

Wird die romantische Liebe, die auf Helgoland beginnt, eine Zukunft haben?

Anleser:
Annabelle Wilson, eine einunddreißigjährige Dolmetscherin und freie Mitarbeiterin von Radio Bremen und der Nordsee-Zeitung, schlenderte über den Weihnachtsmarkt in Cuxhaven. Weihnachtszauber am Schloss Ritzebüttel. Er war einzigartig und hatte eine außergewöhnliche Atmosphäre. Das Ambiente und der Glanz rund um das Ritzebüttler Schloss waren wirklich zauberhaft. Auch in diesem Jahr gab es wieder eine besondere Attraktion. Im vorderen Schlossparkbereich befand sich eine Lichtinszenierung, den ‚Park der Sterne‘.
Annabelle liebte diese weihnachtlich geschmückten Verkaufshütten und die Krippenlandschaft mit lebensgroßen Figuren. Hier gab es ganz gemütliche Sitzecken zum Verweilen mit Glühwein, Grog und Leckereien. Die Bratwurst und das Schmalzgebäck durften auch nie fehlen.
Dieser Lichterglanz und die romantischen Weihnachtsdekorationen erinnerten Annabelle immer an ihre Zeit als Kind. Ihr Vater war ebenso weihnachtsmarktverliebt wie sie selber. Sie und ihr Vater nahmen sich unendlich viel Zeit, jeden Marktstand genauestens zu betrachten. Heimisches Kunsthandwerk, Holz- und Wollarbeiten, Töpfer- und Bastelprodukte und so vieles mehr. Dann gab es noch die vielen musikalischen Darbietungen. Annabelle liebte es, wenn vor allem Kinder ihr Können zum Besten gaben. Auf Blockflöten und Blasinstrumenten, mit Akkordeon- und Gitarrenmusik. Auch Chöre mit Weihnachtsliedern waren stets zu hören. Leider gab es mittlerweile viel zu viel elektronische Musik.
Aber auch heute war es immer noch magisch, in die glänzenden Augen der Kinder zu schauen, wenn der Weihnachtsmann kam und kleine Überraschungen bereithielt. Doch was Annabelle außerdem noch liebte, das war der Duft, der über dem Weihnachtsmarkt schwebte. Früher so wie heute. Der Duft nach Zimt, Vanille, Zitrusfrüchten, Nelke und natürlich Tanne.
Wenn Annabelle auf einem Weihnachtsmarkt war, dann suchte sie immer nach einer ganz bestimmten Schneekugel. Nicht für sich selber, sondern für ihre Freundin Silke, die sie heute noch in einem italienischen Restaurant treffen wollte. Silke fehlte die Kugel mit dem Herbstbaum und den fallenden winzigen Blättern in ihrer Sammlung. Auf einer Abbildung hatte Annabelle diese schon gesehen. Leider gab es davon nur sehr wenige, die auch noch aus den sechziger Jahren stammen müssten. Nach einer Stunde suchte sie sich einen Platz in einer Sitzecke. Zwei Plätze waren schon besetzt.
„Darf ich mich zu euch setzen?“, fragte sie die beiden Teenager. „Aber klar doch. Wir gehen eh gleich.“
„Aber bitte nicht meinetwegen.“
„Nee“, gnickerten die beiden Mädchen und wurden rot. „Wir sind noch verabredet.“
Annabelle setzte sich mit einer heißen Waffel und einem Kinderpunsch, da sie noch Auto fahren musste, auf einen freien Platz.

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24. November 2020

'Rowan – Bewährung als Magier' von Aileen O'Grian

Kindle | Tolino
Website | Autorenseite
Rowan ist endlich im Sumpfland bei dem berühmten Magiermeister Zwandir, dem Freund seines Großvaters Obermagier Bunduar, angekommen, um seine Ausbildung zu vollenden. Er lernt die sumpfländischen Heilmethoden kennen und vervollständigt seine Fähigkeiten in der Gedankenübertragung und -beeinflussung. Nebenbei übt er sich in ritterlichen Kampftechniken wie dem Schwert- und Lanzenkampf sowie dem Bogenschießen. Den letzten Schliff erhält Rowan auf der heiligen Insel, auf der die Priester des Sumpflandes und des Magierreichs ausgebildet werden.

Auch in dem unwegsamen Sumpfland ist Rowan vor den Feinden nicht sicher, denn selbst hier greifen die Echsenkrieger gemeinsam mit den artverwandten Nordmännern die Menschen an. Doch geschickt verteidigen sich die magisch begabten Sumpfländer auf ihre Weise. Während es den Sumpfländern gelingt, die Gefahr abzuwenden und ihre Angreifer in die Flucht zu schlagen, droht dem Magierreich, Rowans Heimat, die völlige Vernichtung.

Band 5 der Reihe um den Magier Rowan.

Anleser:
Nach einer kleinen Erfrischung führte Zwandir Rowan zum nahen Palast. Es war ein buntes, reich verziertes Gebäude aus Holz, das auf einem kleinen Hügel stand. Am großen Tor mit geschnitzten Tierfiguren gab es keine Palastwache. Trotzdem fühlte sich Rowan beobachtet. Er ließ es auf sich beruhen, weil er nicht gleich am ersten Tag neugierig erscheinen wollte. Sicher würde er eines Tages dahinterkommen.
Sie stiegen eine breite Treppe in der Mitte der Eingangshalle hoch und liefen durch einen langen Gang. An dessen Ende befand sich eine doppelflügelige Tür, die mit bunten Ornamenten bemalt war. Hier klopfte Zwandir an, öffnete selbst und trat ein. Rowan folgte ihm. Der Magier verneigte sich tief vor einem Mann, der als Einziger auf einem gedrechselten Sessel saß, während die anderen Anwesenden vor ihm standen. Rowan folgte Zwandirs Beispiel. Empfing König Matrin seine Untergebenen immer auf dem Thron? König Wilhar in der Heimat besaß überhaupt keinen Königsstuhl. Fast jeder konnte ihn jederzeit ansprechen, während Matrin unnahbar wirkte und anscheinend Audienzen gewährte. Rowan fühlte sich beklommen bei diesem Machtschauspiel.
„Eure Majestät, ich möchte Euch meinen neuen Lehrling Rowan vorstellen“, erklärte Zwandir unterwürfig.
„Ich habe schon von seiner Ankunft erfahren“, nickte Matrin gnädig. „Ich wünsche ihm einen guten Aufenthalt bei uns.“ Dann blickte er Rowan direkt in die Augen. „Übe fleißig. Es ist eine hohe Auszeichnung, im Sumpfland zu lernen.“
Rowan verneigte sich. „Ich bin für diese Gunst sehr dankbar, Eure Majestät“, sprach er leise und schaute zu Boden. Trotzdem hatte er zwei Nordmänner in der Runde wahrgenommen. Er zwang sich, gelassen zu atmen und seinen Puls ruhig zu halten. Auch wenn der Geruch der Feinde ihm Übelkeit verursachte und ihre Anwesenheit ihn beunruhigte. Was wollten die Nordmänner im Sumpfland? War er hier wirklich sicher? Warum verhielt sich der König so kühl? Sein Großvater hatte ganz andere Dinge vom Sumpfland erzählt, von Offenheit und Herzlichkeit. Gab es erneut Spannungen zwischen den beiden Ländern? Er spürte eine beruhigende Hand auf seiner Schulter, obwohl er wusste, dass Zwandir ihn hier nicht körperlich berühren würde. Warte ab, beobachte und lerne, ermunterte ihn sein Meister durch seine Gedanken.
„König Matrin, darf denn jeder unbedeutende Untertan oder Fremde eine Unterredung mit wichtigen Gesandten unterbrechen?“, giftete der größere der beiden Fremden. Er trug einen mit vielen bunten Metallplättchen verzierter Umhang. Rowan schaute ihn unter fast geschlossenen Lidern an. Sein Gesicht besaß keine glatte Haut wie die der Sumpfländer oder der Magianer, sondern war von feinen hellen Schuppen überzogen und seine Pupillen waren senkrechte Schlitze. Der zweite Nordmann schien älter zu sein, aber einen niedrigeren Rang zu bekleiden, denn sein Gewand wies nur eiserne Verzierungen auf.
„Meine Untertanen dürfen mich am Vormittag und Nachmittag aufsuchen, das ist ein seit alters her verbürgtes Recht im Sumpfland. Aber jetzt habt Ihr Zeit, mir Euer Anliegen vorzubringen.“ König Matrin lächelte die Fremden verbindlich an.
„Wir möchten mit Euch Handelsbeziehungen aufbauen. Wir sind Fischer, außerdem besitzen wir erhebliche Erzvorkommen, mehr als wir selbst benötigen, und wünschen eine Handelsniederlassung in dieser Stadt aufzubauen.“
Rowan hatte das Gefühl, dass der Kerl vor Wichtigkeit bald platzen würde. Die Selbstsicherheit der erfolgreichen Eroberer, vermutete er.
„Was können wir Euch im Gegenzug verkaufen? Wir sind ein armes Volk und leben hauptsächlich vom Fischfang und von den Sumpfpflanzen, die in der Natur wachsen und die wir sammeln“, bedauerte Matrin, er hob dabei die Schultern mit nach oben geöffneten Händen.
„Ihr habt große Wissenschaftler, wir würden gern einige begabte junge Männer von uns an Eure Schulen schicken.“ Jetzt klang der Nordmann freundlicher, fast schmeichelnd.
König Matrin nickte. „Lernen ist immer gut. Ihr beherrscht unsere Sprache hervorragend, obwohl Ihr noch nie im Land wart.“
„Wir bemühen uns immer, die Sprache unserer Gastgeber zu lernen.“ Der Diplomat verbeugte sich geschmeidig.
„Wo habt Ihr sie gelernt? Gibt es bei Euch Schulen, in denen Fremdsprachen unterrichtet werden?“ König Matrin wandte seine ganze Aufmerksamkeit dem Gesandten zu.
„Ja, aber auch Knappen an fernen Höfen und Händler in fremden Häfen lernen sie, wenn sie Sumpfländern begegnen.“
„Euer Lerneifer ist achtenswert“, lobte König Matrin.
„Wir würden uns gern in der Stadt umschauen. Heute Morgen brachten Eure Palastwachen uns gleich zu Euch, als wir in der Stadt spazieren gingen.“ Es klang wie ein Vorwurf.
„Bei uns ist es üblich, die Gäste zuerst offiziell zu begrüßen“, erklärte Matrin freundlich. „Ich werde Euch einen Führer mitgeben, damit Ihr die Stadt kennenlernt und Euch nicht in einem Graben oder Sumpfloch in Gefahr bringt.“
„Euer Sohn wäre eine angemessene Begleitung. Wir sind schließlich Bruder und Cousin unseres Königs Wromlux.“ Sein Dünkel ließ Rowan einen Schauer über den Rücken laufen, trotzdem hatte er sich soweit in der Gewalt, dass seine Gesichtszüge unbeweglich blieben.
„König Wromlux schickt für eine erste Begegnung gleich seinen Bruder? Wir fühlen uns geehrt“, erklärte Matrin mit einem Lächeln.
„König Wromlux weiß, wie wichtig das Sumpfland ist, und ehrt Euch entsprechend. Wir wünschen, dass Ihr es ihm gleichtut.“
Erneut störte Rowan die Selbstherrlichkeit des Mannes. Er wirkte, als wäre er schon Herr des Sumpflands. Wahrscheinlich meinten diese Wesen, dass die Sumpfländer unerfahrene Hinterwäldler wären, die sie leicht überrumpeln konnten.
„Ich bedaure, meine Söhne weilen zur Ausbildung in der Ferne.“ König Matrin ließ seinen Blick über die Anwesenden gleiten, dann winkte er einen jungen Mann heran. „Roschur, mein weitgereister Neffe, wird Euch herumführen. Wenn es Euch recht ist, wird er gleichzeitig unseren neuen Freund mit der Stadt bekannt machen. Er ist nämlich erst seit kurzem bei uns und ich sehe ihn heute zum ersten Mal.“ Er nickte Rowan gnädig zu.
Rowan überlief es heiß und kalt. Mit diesen unheimlichen Fremden wollte er möglichst nichts zu tun haben. Aber der König verfolgte sicher einen klugen Plan, deshalb nickte er demütig und murmelte: „Ich wäre erfreut, wenn ich an der Stadtführung teilnehmen dürfte.“
„Nur wenn du deine Feinde gut kennst, kannst du sie besiegen“, hörte er in Gedanken Zwandir sagen. Rowan verzog keine Miene und ließ sich diese heimliche Mitteilung nicht anmerken.
Die Fremden musterten ihn herablassend. Dabei spürte er, dass sie genau wussten, wer er war. Sie wussten, dass er Bunduars Enkel und der Neffe des magianischen Königs war und dass die Drachen ihn mehrmals angegriffen hatten. Aber alle spielten ein Spiel, jeder mit einem anderen Hintergedanken. Hoffentlich war Roschur erfahren und konnte die Fremden in Schach halten. Doch dann fing er einen Blick von Zwandir auf. Der Magiermeister würde über sie wachen. Er senkte schnell seine Augenlider, um sich nicht zu verraten. Zwandir hatte recht, er musste wirklich noch viel lernen – vor allem seine Gefühle im Zaum halten.

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20. November 2020

'DER TOD KENNT DEIN GEHEIMNIS: Gordon Rabes vierter Fall' von H.C. Scherf

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Website | Autorenseite
Die Würde des Menschen ist unantastbar

Dieser wichtigste Artikel des Grundgesetzes wird in abstoßender Art und Weise von Menschenhändlern missachtet, als sie junge Frauen in Containern ins Land schmuggeln.

Das Team um Gordon Rabe muss nicht nur um das Leben von unschuldigen Frauen bangen, die von brutalen Händlern zur Prostitution gezwungen werden.

Ein scheinbarer Suizid wirft viele Fragen auf, deren Antworten ungeahnte Familiengeheimnisse preisgeben. Die Lösung scheint so einfach, bis eine unerwartete Wendung alle schockt.

Der vierte Band der Thriller-Reihe um den Ermittler Gordon Rabe.

Anleser:
Schon längst hatte die Nacht ihre Schleier über den Essener Stadthafen am Rhein-Herne-Kanal gedeckt, als am Anlegebereich Hektik aufkam. Container, die mit einem Kahn aus den Niederlanden transportiert worden waren, warteten darauf, gelöscht zu werden. Zwei der vier Brücken- und Portalkrane waren besetzt und griffen wie gewaltige Geisterfinger nach den schweren Behältern, die sofort auf wartende LKWs verladen wurden. Was in dieser Nacht für geübte Betrachter ungewöhnlich hätte erscheinen können, waren die beiden dunklen Limousinen, die in einiger Entfernung warteten. Ihre Insassen beobachteten genau, welchen Weg die einzelnen Container nahmen. Schließlich hängten sie sich an zwei bestimmte LKWs auf den Weg durch den Essener Norden.
Boris Bogdanow, was so viel bedeutete, wie Gottesgeschenk, verließ den großräumigen Mercedes und eilte auf den Fahrer des ersten Lastwagens zu, der schwerfällig vom Führerhaus auf den Schotter des Ladehofes stieg. Er rechnete nicht mit der Reaktion des heraneilenden Boris und musste die volle Wucht des Schlages gegen die rechte Niere hinnehmen. Er knickte in den Knien ein und konnte nur mit Mühe verhindern, dass seine Stirn gegen die Metallstufen des Wagens stieß. Als er sich am Boden wand, erwischte ihn abschließend die Fußspitze seines Auftraggebers in die Rippen. Während er sich schützend zusammenkrümmte, schrie er neben dem Schmerz die Frage heraus: »Was soll die Scheiße? Es hat doch alles hervorragend geklappt. Du bringst mich ja um.«
Mit in die Seiten gestemmten Fäusten stand Boris breitbeinig über dem Fahrer, wobei seine Augen zu schmalen Schlitzen geschlossen waren.
»Da liegst du nicht einmal falsch. Alles in Ordnung, sagst du? Nichts als Scheiße hast du im Hirn. Was glaubst du, hier zu transportieren, du Wahnsinniger? Du kannst diese Container nicht befördern, als wären da Stofftiere drin. Die Ware ist nur dann wertvoll und wirft hohe Gewinne ab, wenn sie gut erhalten ist. Geht das in deinen Schädel rein? Du heizt damit über die Straßen, als würdest du nach Zeit bezahlt. Ich sollte dir für diesen miesen Job keinen Rubel zahlen. Hörst du? Nicht einen Rubel. Wenn darin irgendwas beschädigt wurde, werfe ich dich ins Hafenbecken.«
Boris nahm den Stiefelabsatz wieder vom Ohr des Fahrers, den er dorthin gesetzt hatte. Als er schon mehrere Meter entfernt war, drehte er sich noch einmal um.
»Fahr die Kiste in die Halle und setz den Container vorsichtig auf dem Boden ab. Höre ich auch nur ein falsches Geräusch, bist du tot.«
Jewgeni, der Fahrer wusste genau, dass Boris meinte, was er sagte. Man hörte hier und da von den drakonischen Strafen bei Verrat oder Versagen. Der Boss hatte schon für weit weniger als das hier Leute beseitigen lassen. Er stieg wieder fluchend ins Führerhaus und rangierte rückwärts in die riesige Halle, wo eine Schar von Männern wartete. Betont vorsichtig senkte er den Behälter auf den Boden und beeilte sich damit, das Fahrzeug wieder nach draußen zu bewegen. Boris wirkte zufrieden und fasste mit an, als die Plomben entfernt und die Verschlüsse geöffnet wurden. Etliche Handlampen blitzten auf und beleuchteten den Innenraum des ersten Containers. Über dreißig Augenpaare richteten sich ängstlich auf die Männer, die neugierig die Ware betrachteten, die man ihnen angekündigt und nun mit Verzögerung endlich geliefert hatte.
Der Transport hatte sich durch unvorhersehbare Umstände um zwei Tage weiter hinausgezogen. So wunderte sich keiner darüber, dass die LED-Leuchten längst ihre Akkus aufgebraucht hatten und im Innenraum schon lange absolute Dunkelheit geherrscht haben musste. Sofort erkannte Boris, dass sämtliche Behälter, in denen man bei Transportbeginn Wasser bereitgestellt hatte, bis auf den letzten Tropfen geleert worden waren. Einige der Frauen hockten auf dem Boden und zeigten Wunden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit beim Kampf um das lebensnotwendige Nass entstanden waren. Nur mühsam erhoben sie sich in der Hoffnung, nun endlich in die versprochene Freiheit entlassen zu werden. Schützend hielten sie die Hände vor die Augen. Besondere Aufmerksamkeit brachte Boris Bogdanow einer Frau entgegen, um die sich zwei andere fürsorglich kümmerten. Um nach dem Rechten zu sehen, näherte er sich. Er stockte, als sich ihm eine fast gleichgroße dralle Frau mit wilden Augen in den Weg stellte.
»Fass sie bloß nicht an. Sie ist tot. Ihr habt sie umgebracht, ihr verfluchten Menschenschinder. Sie ist schon gestern gestorben. Niemand hat uns darauf vorbereitet, dass diese Teufelsfahrt so lange dauern würde. Habt ihr uns über Australien verschifft? Von der Ukraine bis Deutschland ist es doch nur ein Katzensprung.«
Die harte Faust traf Daria direkt hinter dem Ohr und ließ sie wortlos zusammensinken. Boris wusste, wo Schläge kaum Spuren hinterließen, aber dennoch wirksam waren. Er drehte sich um und winkte den erstbesten Helfer herbei.
»Ich brauche den Namen der Toten. Ruf in Odessa an und sage denen, dass ich für das Weib meine Kohle zurückhaben will. Für Kollateralschäden komme ich nicht auf. Dann ab mit ihr, lasst den Kadaver verschwinden. Ihr wisst, was zu tun ist. Die anderen Frauen in kleine Gruppen aufteilen und zur Erstversorgung in das Quartier. Sorgt dafür, dass sie sauber und satt sind, wenn die Kunden sie abholen. Gebt ihnen ordentliche Klamotten. Hier stinkt es wie in einem Ziegenstall. Und jetzt will ich den zweiten Container sehen.«
»Was soll das heißen – wenn die Kunden sie abholen? Wir wollen endlich wissen, wofür wir so viel Geld bezahlen mussten. Ist das mit den Arbeitspapieren geregelt?«
Diesmal war es der herbeigerufene Schläger, der die vorwitzige Natalya zur Ordnung rief, indem er ihr in die Mähne griff und den Kopf nach hinten riss. Boris wandte sich ihr zu.
»Ich mag das, wenn Frauen selbstbewusst sind. Ihr müsst die Natur einer Raubkatze besitzen. Das ist gut fürs Geschäft. Hör mir zu, du kleine Wildkatze – und das gilt auch für alle anderen – ihr werdet sehr schnell Arbeit und bulgarische Papiere dazu bekommen. Nicht jedem von euch wird das gefallen, aber das ändert sich mit der Zeit. Nun zu dem Geld, das ihr bezahlt habt. Die dreißigtausend Hrywnja, die ihr gelöhnt habt, reichen gerade einmal dazu, Leute zu schmieren, um euch über die Grenze zu kriegen. Transport und Unterbringung kosten hier ein Vermögen. Wir sind nicht mehr in der Ukraine. Eure paar Flöhe sind lediglich etwas mehr als neunhundertdreißig Euro wert. Ich habe viel Geld, sehr viel Geld investiert, um euch bis hierher zu transportieren. Das will ich zurück. Habt ihr mich verstanden? Jeden einzelnen Cent will ich zurück. Ich will an euch nichts verdienen. Nein, ich bringe euch legal in Lohn und Brot. Papiere müssen zusätzlich angeschafft werden. Wie ihr seht, geht es momentan noch darum, schnell das Geld wieder reinzuholen, das ich investiert habe, denn auch ich bin nicht auf Rosen gebettet.«
Boris drehte sich und blickte jeder Frau tief in die Augen. Kaum eine Frau war dabei, die den Blick nicht senkte – außer Natalya. Sie stellte trotzig eine weitere Frage.
»Wo bringt ihr uns hin und was müssen wir tun, um das Geld zu verdienen? Keine von uns wird auf den Strich gehen, damit das von vorneherein klar ist. Das haben wir schon vorher untereinander abgesprochen. Also, was geschieht mit uns?«
»Das wird erst entschieden, wenn die Kunden euch gesehen haben. Sie werden euch sagen, wo ihr arbeiten werdet. Ich bin nur für den Transport zuständig. Einen kleinen Obolus werde ich aufschlagen, da ich das größte Risiko trage. Wir werden euch jetzt in kleine Gruppen aufteilen und gut versorgen. Duschen, Essen, Trinken und ein bequemes Bett. Neue Klamotten bekommt ihr auch. Mit diesen Fetzen am Leib wird euch keiner haben wollen. Schlaft euch aus. Morgen sieht die Welt wieder besser aus. Das mit der Verzögerung tut mir leid, aber es war nicht unsere Schuld.«
Natalya schüttelte ihr Haar und half Daria auf die Beine, die langsam wieder zu sich fand und Boris mit hasserfüllten Augen verfolgte. Der nahm einen Mann zur Seite und flüsterte mit ihm.
»Nimm dir die beiden Drecksweiber in einer Sonderbehandlung vor. Die versauen uns die anderen und wiegeln sie gegen uns auf. Die gehen in Kostjas Puff. Der kriegt die schon zahm mit seinen Einreitern.«

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19. November 2020

'Alluran' von Jutta Schönberg

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Mona ist eine erfahrene Raumfahrerin. Sie hat schon viele Missionen auf fremden Planeten erfolgreich abgeschlossen. Auf Alluran soll sie Milith suchen, ein begehrtes Mineral, dessen Fund sie reich machen wird. Zur Vorbereitung hat sie eine speziell abgestimmte Ausbildung absolviert und ihren Körper und Geist den Verhältnissen des Planeten anpassen lassen. Sie freut sich auf das Abenteuer.

Aber auf Alluran angelangt, ist nichts so wie Mona es gelernt hat. Sie kommt weder mit dem Planeten noch mit dessen Bewohnern zurecht. Der riesige rote Mond bereitet ihr Albträume. Wasser und Nahrung ekeln sie an. Der Oberpriester Malik jagt ihr Schrecken ein. Zudem gibt es von Milith keine Spur. Doch Mona kämpft – um ihre körperliche und geistige Gesundheit sowie den Erfolg der Mission.

Die Anthologie enthält sechs Science-fiction-Kurzgeschichten von Jutta Schönberg, darunter der preisgekrönte Text »Zwei Spaziergänger«. Das übergreifende Thema aller Texte ist der Umgang mit dem Fremdartigen – mal spannend mal witzig ausgeführt.
Alluran – Sternenvolk – Die Mondanbeter – Die Außenseiterin – Zwei Spaziergänger – Frösche und Menschen

Anleser:
Sie erwachte aus dem Albtraum, nur um festzustellen, dass dieser Albtraum Wirklichkeit war. Der Mond hing rot und schwer über ihrem Kopf, füllte gut dreiviertel des Fensters. Gierig schien er, als wolle er sie in ihrer Kleinheit und Zerbrechlichkeit zerdrücken und ihren zu Brei gestampften Körper in sich aufsaugen.
Mühsam erhob sie sich von ihrem Bett, ließ sich einen Becher voll Wasser einlaufen und löste eine Tablette darin auf, um die Säure zu neutralisieren. Doch schon nach dem ersten Schluck musste sie ihren Widerwillen bekämpfen. Obwohl sie wusste, dass die Säure in dem Wasser ihr nun nicht mehr schadete, sondern darin ganz im Gegensatz zum irdischen Wasser eine Fülle weiterer Nährstoffe enthalten waren, schauderte sie zurück. Dieses Wasser war eigentümlich zähflüssig, machte die Zungenspitze pelzig und rann nur schwerfällig die Kehle hinab. Sie fühlte keine Erfrischung, nicht einmal die Minderung ihres Durstes.

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18. November 2020

'Wintertee ausverkauft' von Sylvia Filz und Sigrid Konopatzki

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
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Von wegen beschauliche Adventszeit!

Judith erhält das Angebot, die Leitung der umsatzstärksten Filiale des Konzerns in Hamburg zu übernehmen. Voraussetzung: Sofort!

Frisch in der Hansestadt angekommen, wartet schon das erste Problem auf sie, bevor sie überhaupt eine Nacht in ihrer neuen Wohnung verbracht hat. Aber Hausbewohner Marwin rettet sie und die beiden freunden sich an.

Im Geschäft läuft es auch nicht rund. Die Mitarbeiter untereinander sind sich nicht grün und es kommt zum Showdown. Unerwartet steht ihr gerade die Kollegin zur Seite, von der sie es am wenigsten erwartet hätte. Aber auch privat dreht sich das Karussell. Da ist der sympathische Marwin, sein anhänglicher Freund Frank, der elegante Immobilienmakler Bejo von Deckert und der attraktive Chauffeur des Konzernchefs.

Es sieht so aus, als verbringt sie das Weihnachtsfest allein. Tatsächlich?

Anleser:
Judith schlug das Herz bis in den Hals. Warum nur hatte der Konzernchef der Drogeriemarktkette sie in die Hauptverwaltung nach Hamburg beordert? Was war bloß schiefgelaufen? Hatte sie sich tatsächlich einen groben Schnitzer erlaubt, dessen sie sich nicht bewusst war?
Schon seit drei Tagen geisterten alle ungewöhnlichen Geschehnisse, die sich in den letzten Wochen im Geschäft zugetragen hatten, in ihrem Kopf herum und ließen sie nicht einschlafen. Aber da war doch nichts ... nichts, was groß anders gewesen wäre, verglichen mit den vergangenen vier Jahren. War sie etwa nur zu unsensibel, um das zu bemerken? Hatte sich eine ihrer Mitarbeiterinnen oder eine enttäuschte Kundin beschwert? Und wenn, warum nicht offen bei ihr?
Durch die nüchtern gestalteten Bürofenster mit den typischen Lamellenvorhängen zeigte sich der novembergraue Himmel von seiner trüben Seite. Dunkle Wolken bauschten sich auf, angetrieben von einem heftig pustenden, kalten Herbstwind.
Die Winterzeit schickte ihre Vorboten in den düsteren November und man schätzte wieder heiße Schokolade, Tee und Kaffee, kehrte man abends aus dem Geschäft nach Hause oder am Wochenende von einem Spaziergang zurück. Sie hätte jetzt gut einen warmen Schluck Kakao zur Beruhigung gebrauchen können, durch die kühle Sahnehaube genossen. Judith hatte nahezu den Duft in der Nase und den schokoladigen Geschmack auf der Zunge, als sie erste leise Stimmen auf dem Flur vernahm. Sie spitzte die Ohren.
Kam Herr Dr. Schiller nun hier in den Besucherraum? Ihr Herzschlag verdoppelte sich. Hoffentlich kippe ich nicht um, dachte sie, die nicht greifbare Angst herunterschluckend.
Die Tür öffnete sich und der Geschäftsführer trat ein.
Er ist schon eine beeindruckende Erscheinung, empfand Judith mit Respekt. Herr Dr. Schiller war ein großer, kräftiger Mann mittleren Alters und die Tatkraft leuchtete aus seinen wachsamen Augen. Sein sichtbar teurer Anzug und das blütenweiße Hemd in Kombination mit der Seidenkrawatte und passendem Einstecktuch untermauerte diesen Eindruck.
Er war bekannt als fairer Chef, allerdings war es auch besser für jeden der gut vierzigtausend Mitarbeiter, sein Bestes zu geben und seinen Anweisungen Folge zu leisten.
Mit drei schnellen Schritten war er bei Judith.
»Moin, Frau Jacobi, gehen wir in mein Büro.«
Judith wollte ein respektvolles »Moin« herausbringen, leider ähnelte es dann doch mehr einem kläglichen Piepsen.
»Na, wer wird denn da so aufgeregt sein?« Ein amüsierter Blick traf sie.
Oh Gott, jetzt hat er das auch noch gemerkt! Sie registrierte mit Schrecken, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss.
Er hielt ihr die Tür auf, ließ sie als Erste auf den Flur treten, um dann die Führung zu übernehmen.
Die Etage der Konzernspitze präsentierte sich eindrucksvoll. Hochwertige Drucke und Leinwandbilder schmückten den Gang bis zum Büro von Herrn Dr. Schiller. Im Vorzimmer saß seine Sekretärin, die Judith aufmunternd zuzwinkerte. Den angebotenen Kaffee lehnte sie ab.
Herr Dr. Schiller öffnete seine Bürotür, Judith trat ein und er schloss die Tür hinter ihnen. »Nehmen Sie Platz, Frau Jacobi.« Er deutete auf zwei schwarze Lederstühle vor seinem großen Schreibtisch, der mit allerlei Papierstapeln belegt war.
Judith sank fast ehrfürchtig in einen der mächtigen Stühle. Mit einem schnellen Blick hatte sie die exklusive Einrichtung gescannt, auch die Bilder an der Wand zeugten von teurem Geschmack. Es wirkte allerdings nicht kalt und unpersönlich, sondern durchaus einladend.
Noch bevor der Geschäftsführer sie ansprechen konnte, schellte sein Telefon. Mit einem knappen »Ja« meldete er sich, um dann ein »Jetzt nicht« anzufügen, aufzulegen – und Judith durchdringend anzusehen.
»Frau Jacobi, ich freue mich, Sie persönlich kennenzulernen. Sie leiten eine unserer Drogeriefilialen nun schon vier Jahre erfolgreich.«
Judith fiel automatisch ein Stein vom Herzen. Sein Tonfall war ruhig und sympathisch, da schien nichts allzu Negatives mehr zu kommen. Nur was wollte der Boss dann von ihr?
Das bekam sie sofort zu hören.
Herr Dr. Schiller faltete seine Hände und setzte die Ellenbogen auf den Schreibtisch auf. »Trotzdem werden wir die Filialleitung einer anderen Person übertragen.«
Judith musste aschfahl geworden sein, denn er beruhigte sie auf der Stelle. »Das hat natürlich einen triftigen Grund. In unserer umsatzstärksten Drogeriefiliale hier in Hamburg fällt Frau Küster aus. Sie war der gute Geist und die Seele des Geschäftes, die erfahrenste unserer Filialleiterinnen. Ihr Mann ist urplötzlich schwer erkrankt, sie wird uns verlassen und das bedauerlicherweise, allerdings durchaus verständlich, von heute auf morgen.«
»Das tut mir sehr leid«, stammelte Judith.
»Ihr Erbe ist nicht leicht auszufüllen, aber Ihr Ruf, Frau Jacobi, schallt Ihnen sozusagen voraus und da haben wir an Sie gedacht.«
»Äh ... ja ...«, Judith überlegte krampfhaft, wie sie antworten sollte, denn neue Aufregungen in ihrem Leben brauchte sie keinesfalls – und toughe Herausforderungen erst einmal auch nicht. Ihr fiel jedoch nichts Gescheites ein, ihr Kopf fühlte sich seltsam leer an.
»Ich verstehe«, fuhr Herr Dr. Schiller fort, »dass Sie sich ein bisschen überfallen fühlen, aber ich möchte Ihnen Folgendes vorschlagen ...«
Judith hörte den Ausführungen des Konzernchefs zu und es kam ihr zunehmend vor wie ein irrealer Traum. Fand sie das nun gut oder nicht? Und wieso wusste sie das jetzt nicht?

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'Deborahs Garten' von Kaja Linnegart

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Website Kaja Linnegart
Das Verderben entreisst ihm alles.
Deborah. Den Garten. Sein ganzes Leben ...


Eine Tote. Das Abbild einer griechischen Gottheit und ein gelbes Band.
Ein Mord erschüttert den Rhein-Sieg-Kreis.

Als die Ermittler Isolde Bachmann und Roman Pfaff zum Maibaum-See gerufen werden, stehen sie vor dem Rätsel einer vermeintlichen Botschaft. Während der fieberhaften Suche nach Antworten und dem Täter, wird Isolde das Gefühl nicht los, in die Sache verstrickt zu sein. Und der Mörder ist noch nicht fertig. Ein zweites Opfer macht aus dem Fall den Rachefeldzug eines Psychopathen, der die Kriminalhauptkommissarin in einen persönlichen Konflikt stürzt.

Als sie plötzlich verschwindet, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit ...

Anleser:
Der Alte war schon von Weitem zu hören, wenn er das Schlüsselloch wieder nicht traf. Schab, schab ...
Sein Geduldsfaden wurde immer kürzer, auch wenn das kaum mehr möglich schien. Andreas musste nicht lange warten, bis das gewohnte Poltern einsetzte, mit dem sein Vater um Einlass von innen verlangte. Er brauchte nicht aufzustehen, seine Mutter würde ohnehin schneller sein.
Einmal war sie aus der Waschküche gerannt und über einen Eimer Putzwasser gestolpert. Alles, damit sich der Alte nicht noch mehr aufregte.
Die Hoffnung, dass er hereinwankte und sich schimpfend in sein Bett fallen lassen würde, erfüllte sich damals nicht. Andreas’ Vater war über das ausgeschüttete Wasser derart in Raserei geraten, dass er seine Frau an den langen stumpfen Haaren packte und gegen die Wand schlug.
Das Geräusch konnten sie nie mehr vergessen, er und seine beiden Geschwister. Ein Knacken, welches den dumpfen Aufprall übertönte. Es war viel schlimmer gewesen als das dick aus dem braunen Gestrüpp auf Mutters Kopf hervorquellende Blut.
Sie schrie schon lange nicht mehr. Andreas machte das wütend, obgleich er wusste, warum sie still blieb.
Einmal hatte ein vorübergehender Passant wegen des Lärms die Polizei gerufen.
Die beiden Männer sagten, der Vater sollte das nicht wieder tun, die Mutter antwortete, der Vater sei das nicht gewesen mit dem Veilchen, und als die Bullen fort waren, schlug der Alte ihr noch ein zweites blaues Auge.
Natürlich waren Andreas und sein Bruder schon dazwischen gegangen, wenn ihr Vater nach seiner Frau langte. Das war zu Beginn, bevor es immer schlimmer wurde und irgendwann zur Tagesordnung gehörte.

Inzwischen lag sein Bruder seit einiger Zeit in einer Art Dämmerschlaf in der Klinik. Andreas wusste nicht, weshalb.
Zu Hause wurde nicht darüber gesprochen und es war besser, nicht danach zu fragen. Seine kleine Schwester fing an, wieder ins Bett zu machen, das erforderte viel mehr Aufmerksamkeit von seiner Mutter und ihm. Niemand musste es erwähnen, aber alle wussten, wenn der Alte das herausbekam, würde vielleicht jemand mit dem Leben bezahlen.
Seine Kinder machten nicht ins Bett! Überhaupt taten seine Kinder nichts, das nach Schwäche roch. Er mochte ein Trinker und Schläger sein, aber nach außen ließ er nichts auf seine Familie kommen. Familie ...
Andreas zählte zwar erst zehn Lenze, aber er glaubte nicht, dass der Alte sie alle als solche sah.
Dreck bedeuteten sie für ihn, eine Last und eine Schande!
Dabei war er nur nicht Manns genug, sich einzugestehen, welch Wicht er darstellte! Tagein, tagaus saß er morgens auf seinem Holzstuhl in der Küche und klagte über seinen eigenen Vater. Die Zeche, die Kohle ... Er fand fortwährend Gründe. Keine Kumpels mehr, die Lichter für immer aus ...
An manchen Tagen, wenn sein Vater weniger trank, was allerdings kaum noch vorkam, wirkten sie fast wie eine normale Familie. Dann kämmte seine Mutter sich die Haare und versuchte, freundlich zu sein. Eigentlich sah sie ganz hübsch aus.
Zumindest glaubte man das. So ausgezehrt und trostlos, wie sie immer wirkte, konnte man das nicht so genau erkennen. Manchmal gab sein Alter ihr einen Klaps auf den Po und neckte sie, nannte sie ‚meine Schöne‘ oder ‚scheues Reh‘. Andreas war das fast noch unangenehmer als die Raserei und die Schläge.
Die Anwandlungen der kurzweiligen Harmonie gaben nichts Verlässliches her. Er dachte dabei an eine leckere Mahlzeit, die man ihm kurz hinschob, damit er daran riechen konnte. Selbst wenn er sich trauen würde, von dem Essen zu probieren, so bliebe es ihm doch nur im Halse stecken.

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17. November 2020

'Mombel der Mutmacher: Der verflixte Kasten' von Beate Geng

Kindle | Hardcover | Taschenbuch
Autorenseite Beate Geng
Paule hasst den Sportunterricht. Nie schafft er es, über die blöden braunen Kästen zu springen. Jedes Mal blamiert er sich vor der ganzen Klasse. Alle lachen - immer! Das macht unseren Paule natürlich traurig. Eines Tages passiert etwas Unglaubliches. Ihm erscheint, schwuppdiwupp, ein kleines Gespenst. Das ist Mombel und der spricht in Reimen!

Zuerst ist Paule nicht begeistert. Aber dann bemerkt er etwas. Mombel taucht immer dann auf, wenn Paule sich nicht traut oder Angst hat. Das kleine Gespenst lacht nicht, sondern redet Paule gut zu. Und siehe da …

Ein Mutmachbuch zum Vorlesen für Kinder ab 4 Jahren und zum selbständigen Lesen für Kinder ab 8 Jahren. Mit Illustrationen von Ines Gölß, lektoriert von Carolin Olivares Canas.

Anleser:
Der kleine Paule wohnte mit seinen Eltern und seinem großen Bruder in einem kleinen Dorf namens Trötenheim. Das ist in der Nähe von Dingenshausen. Er besuchte die zweite Klasse der Grundschule Büffeltal. Eigentlich war Paule ein sehr aufgewecktes, frohes Kind und er ging gerne zur Schule – wäre da nur nicht der blöde Sportunterricht gewesen. Paule hasste Sport. Und deshalb war er natürlich auch nicht besonders gut. Da lief immer alles schief.
Und das war noch nicht alles! Nee, da gab es noch seine gemeinen Klassenkameraden. Die machten sich immer lustig über Paule und zogen ihn ständig auf. Martin sagte zum Beispiel: „Paule, Paule stolpere nicht, sonst hast du wieder Schrammen im Gesicht.“ Schon brach die ganze Klasse in Gelächter aus.
Deshalb wünschte sich Paule nichts sehnlicher, als es ihnen allen einmal so richtig zu zeigen. Martin und den anderen sollte die Spucke im Hals steckenbleiben.

An einem Montag aß Paule mit seiner Familie zu Abend. Eigentlich hätte er superglücklich sein müssen, denn seine Mama hatte extra Pfannkuchen für ihn gebacken. Die liebte er normalerweise über alles. Aber Paule saß mit einem mürrischen Gesicht am Tisch und stocherte im Essen herum.
„Was ist denn los mit dir, mein Schatz?“, fragte seine Mama.
„Nix“, brummelte Paule.
Aber seine Mama ließ nicht locker.
„Na gut“, stöhnte Paule, „morgen ist mal wieder dieser voll bescheuerte Sportunterricht. Wir sollen über diese dämlichen, blöden braunen Kisten – oder wie die Dinger heißen – springen. Aber meistens knalle ich gegen die Teile und haue mir die Haxen auf.“
Seine Mama schaute ihn mitfühlend an und sagte: „Diese dämlichen Dinger sind Kästen. Wenn du immer sagst, dass du es nicht kannst, wird es auch nie klappen. Man kann alles schaffen, wenn man nur will.“
Da brüllte sein großer Bruder Micha: „Morgen können wir den kleinen Dummkopf dann vom Holzkasten kratzen. Haha.“
Da stiegen Paule die Tränen in die Augen. Erstens aus Traurigkeit, weil Micha ihn auslachte, und zweitens vor Wut. Die Tränen bemerkte Micha natürlich und rief ganz fröhlich: „Pauli ist `ne Heulsuse, Pauli ist ein Mädchen!“
Die Mama ermahnte Micha, er solle aufhören, nun auch noch zu stänkern. Dann ging sie in die Küche.
Micha rannte, dumm grinsend, in den Garten und spielte mit Charly, dem Familienhund.
Nun saß Paule alleine und traurig am Tisch. Auf einmal spürte er einen leichten Luftzug neben sich und in der Luft, nanu, da schwirrte etwas.
Mit offenem Mund, ganz starr vor Schreck saß Paule auf seinem Stuhl. Er traute seinen Augen kaum.
Neben seinem Kopf schwebte so ein kleines Gespenst.



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'Das schwarze Gold des Südens' von Tara Haigh

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Website Tara Haigh
Die bewegende Geschichte zweier Schwestern eines Lakritzimperiums und das spannende Porträt einer faszinierenden Zeit.

Bamberg 1887: Das Süßholzimperium Imhoff ist in Schwierigkeiten. Nur eine Vernunftehe mit einem Bankier könnte das Familienunternehmen noch retten. Doch die freiheitsliebende jüngere Tochter Elise flieht mit ihrem Geliebten nach Paris. Um jeden Preis will sie ihren Traum von einer eigenen Confiserie verwirklichen – auch wenn sie damit das Verhältnis zu ihrer Schwester Amalie schwer belastet.

Die pflichtbewusste Amalie muss sich fortan in der heißen Ödnis Kalabriens um den Anbau von Süßholz kümmern, aus dem Lakritz gefertigt wird – das schwarze Gold. Bis auch sie sich in den falschen Mann verliebt und diese Liebe ihr ganzes bisheriges Leben infrage stellt …



Anleser:
Bamberg, Juni 1887
Amalie wusste, dass man ihrer Kundschaft nur die allerbeste Ware verkaufen konnte, um den guten Ruf der Firma zu wahren. Gerade in schwierigen Zeiten war das unabdingbar. Die Wurzelschneider scherten sich ja nicht darum, die Ernte sorgsam auszusortieren. Früher, als sie es sich noch hatten leisten können, ganzjährig eigene Arbeiter zu beschäftigen, war es nicht notwendig gewesen, die Ware vor der Auslieferung persönlich in Augenschein zu nehmen. Drei randvoll mit den schwarzen Pfahlwurzeln gefüllte Kisten standen neben dem Fabriktor. In einer Stunde würde sie Franz, ein Kurier, der regelmäßig für sie die Tabakfabriken, Brauereien und Gewürzhändler belieferte, abholen.
Amalie griff tief in eine der Kisten hinein und zog eine etwa fingerdicke Wurzel der kürzlich eingebrachten Frühjahrsernte heraus. Sie fühlte sich verkorkt an. Ihre Rinde ließ sich kaum noch abschälen. Auf den ersten Blick ein sicheres Anzeichen dafür, dass das Süßholz hochwertig war. Dann brach sie es am Wurzelende entzwei. Die Bruchstelle wies nur wenige dunkelgelbe Stellen auf. Das Innenleben war überwiegend schwarz wie Amalies Haar - Vaters treffender, wenngleich augenzwinkernder Vergleich, um festzustellen, ob es sich um beste Qualität handelte. Seiner Ansicht nach gab es aber schlussendlich nur eine Möglichkeit, um sich vom Süßegehalt zu überzeugen. Obwohl Amalie ihre traditionellen Imhoff-Lakritztaler seit Kindesbeinen an mochte und sogar Schokolade oder anderen Süßigkeiten vorzog, scheute sie sich vor dem Biss in das Holz, um dann die Süße mit dem Speichel zu lösen und sie herauszusaugen. Die Rinde mit den Zähnen abzuschaben, verursachte ihr Unbehagen, doch dafür wurde der Gaumen belohnt. Die Süße übertraf bei Weitem die von Zucker, was wiederum auf reichhaltige Inhaltsstoffe schließen ließ. Für die Apotheken war Letzteres naturgemäß am wichtigsten, weil sie kein Naschwerk aus Lakritz daraus fertigten, sondern der Kundschaft aus dem Rohlakritz gefertigte Pastillen insbesondere bei Magenverstimmung und Erkrankungen der Atemwege verabreichten. Eine zweite Lieferung für eine Apotheke lag ebenfalls zur Abholung bereit. Amalie überzeugte sich davon, dass die Lakritzblöcke fein säuberlich in Lorbeerblätter eingewickelt waren, um sie während des Transports vor Feuchtigkeit zu schützen.
War die Wurzel einmal von der Rinde befreit, konnte man gar nicht genug vom Saft der Glycyrrhiza bekommen. Amalie saugte erneut daran, um sich zu stärken. Die zähe Flüssigkeit vertrieb sogar das Hungergefühl eines knurrenden Magens, der noch auf das Frühstück wartete. Lebenssaft nannte Vater ihn. Immerhin hielt er ihre Firma seit Generationen am Leben. So gesehen hatte er recht. Die Vorräte an getrocknetem Süßholz im Lagerraum, der fast ein Drittel ihrer Manufaktur in Anspruch nahm, gingen allerdings wegen der dem Frost geschuldeten mageren letzten Ernte im Frühjahr langsam zur Neige. Die Felder mussten nun ruhen, die Sträucher neue Blätter austreiben, die abgeschnittenen Stalonen wieder nachwachsen. Vom Spätherbst bis zum Frühjahr, wenn die Wurzeln nach und nach aufs Neue schnittreif wurden, zöge hier wieder Leben ein. Dann würden die Wurzelschneider die Fabrik bis zur Decke mit dem schwarzen Gold füllen.
Um die momentan eher düsteren Aussichten gedanklich zu vertreiben, stellte Amalie sich vor, wie die Arbeiter die Wurzeln an den Trögen vor dem Haus wuschen, sie zum Trocknen in die Sonne legten, schnitten und die Mühlsteine sie zerkleinerten. Ein Teil der Wurzeln, der für die Weiterverarbeitung gedacht war, wurde dann in ihren holzbefeuerten Öfen ausgekocht, damit der wertvolle Sud zu Lakritz verdickte und in Formen gegossen werden konnte. Jetzt herrschte hier Totenstille. Sah man von wenigen Hilfsarbeitern, meist Tagelöhner, die ihre Ware zum Bahnhof brachten, ab, war die Zeit nach der Ernte eher besinnlich.
Amalie vernahm Schritte auf dem Kiesweg, der vom Haus zur Manufaktur führte. Sie warf das abgekaute Stück der Süßholzwurzel in einen Bottich neben der Tür und trat hinaus. Elise kam wie ein blonder Rauschgoldengel daher. Sie brachte es doch glatt fertig, im Morgenrock das Haus zu verlassen. Das geziemte sich nicht für eine junge Dame.
»Guten Morgen, Amalie. Kann Franz mich heute zum Seminar fahren? Mutter meinte, er müsse sowieso in die Stadt, zur Apotheke«, rief sie ihr vom Vorgarten aus zu. Es überraschte Amalie nicht, dass sie dank ihrer Schwester wieder einmal alle Pläne über den Haufen werfen durfte. Und das würde in Zukunft vermutlich öfters passieren, denn von nun an war Elise ja jeden Tag hier. Mit der Besinnlichkeit war es dann wohl vorbei.
»Er nimmt dich sicher mit.«
Elise wirkte erleichtert.
Wenigstens ein Gutes hatte es. Sie würden sich fortan die täglichen und nicht gerade kostengünstigen Kutschfahrten zum und vom Stephansberg zurück nach Hause sparen.
»Kann ich mir deine goldene Haarnadel ausleihen?«, wollte Elise dann noch wissen.
»Ist in der zweiten Schublade im Spind«, rief sie ihrer Schwester zu.
Gold? Nun ja, das würde wohl dem Anlass Rechnung tragen. Ob es an Elise, die sich nichts aus feiner Robe machte, auch glänzte, stand auf einem anderen Blatt.
»Danke, Schwesterherz«, antwortete Elise fröhlich, machte auf dem Absatz kehrt und huschte zurück ins Haus.
Amalie inhalierte die kühle Morgenluft und seufzte. Ja, Besinnlichkeit und Ruhe, zumindest tagsüber, das war einmal.

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10. November 2020

'Das schwarze Gold des Südens' von Tara Haigh

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Website Tara Haigh
Die bewegende Geschichte zweier Schwestern eines Lakritzimperiums und das spannende Porträt einer faszinierenden Zeit.

Bamberg 1887: Das Süßholzimperium Imhoff ist in Schwierigkeiten. Nur eine Vernunftehe mit einem Bankier könnte das Familienunternehmen noch retten. Doch die freiheitsliebende jüngere Tochter Elise flieht mit ihrem Geliebten nach Paris. Um jeden Preis will sie ihren Traum von einer eigenen Confiserie verwirklichen – auch wenn sie damit das Verhältnis zu ihrer Schwester Amalie schwer belastet.

Die pflichtbewusste Amalie muss sich fortan in der heißen Ödnis Kalabriens um den Anbau von Süßholz kümmern, aus dem Lakritz gefertigt wird – das schwarze Gold. Bis auch sie sich in den falschen Mann verliebt und diese Liebe ihr ganzes bisheriges Leben infrage stellt …



Anleser:
Bamberg, Juni 1887
Amalie wusste, dass man ihrer Kundschaft nur die allerbeste Ware verkaufen konnte, um den guten Ruf der Firma zu wahren. Gerade in schwierigen Zeiten war das unabdingbar. Die Wurzelschneider scherten sich ja nicht darum, die Ernte sorgsam auszusortieren. Früher, als sie es sich noch hatten leisten können, ganzjährig eigene Arbeiter zu beschäftigen, war es nicht notwendig gewesen, die Ware vor der Auslieferung persönlich in Augenschein zu nehmen. Drei randvoll mit den schwarzen Pfahlwurzeln gefüllte Kisten standen neben dem Fabriktor. In einer Stunde würde sie Franz, ein Kurier, der regelmäßig für sie die Tabakfabriken, Brauereien und Gewürzhändler belieferte, abholen.
Amalie griff tief in eine der Kisten hinein und zog eine etwa fingerdicke Wurzel der kürzlich eingebrachten Frühjahrsernte heraus. Sie fühlte sich verkorkt an. Ihre Rinde ließ sich kaum noch abschälen. Auf den ersten Blick ein sicheres Anzeichen dafür, dass das Süßholz hochwertig war. Dann brach sie es am Wurzelende entzwei. Die Bruchstelle wies nur wenige dunkelgelbe Stellen auf. Das Innenleben war überwiegend schwarz wie Amalies Haar - Vaters treffender, wenngleich augenzwinkernder Vergleich, um festzustellen, ob es sich um beste Qualität handelte. Seiner Ansicht nach gab es aber schlussendlich nur eine Möglichkeit, um sich vom Süßegehalt zu überzeugen. Obwohl Amalie ihre traditionellen Imhoff-Lakritztaler seit Kindesbeinen an mochte und sogar Schokolade oder anderen Süßigkeiten vorzog, scheute sie sich vor dem Biss in das Holz, um dann die Süße mit dem Speichel zu lösen und sie herauszusaugen. Die Rinde mit den Zähnen abzuschaben, verursachte ihr Unbehagen, doch dafür wurde der Gaumen belohnt. Die Süße übertraf bei Weitem die von Zucker, was wiederum auf reichhaltige Inhaltsstoffe schließen ließ. Für die Apotheken war Letzteres naturgemäß am wichtigsten, weil sie kein Naschwerk aus Lakritz daraus fertigten, sondern der Kundschaft aus dem Rohlakritz gefertigte Pastillen insbesondere bei Magenverstimmung und Erkrankungen der Atemwege verabreichten. Eine zweite Lieferung für eine Apotheke lag ebenfalls zur Abholung bereit. Amalie überzeugte sich davon, dass die Lakritzblöcke fein säuberlich in Lorbeerblätter eingewickelt waren, um sie während des Transports vor Feuchtigkeit zu schützen.
War die Wurzel einmal von der Rinde befreit, konnte man gar nicht genug vom Saft der Glycyrrhiza bekommen. Amalie saugte erneut daran, um sich zu stärken. Die zähe Flüssigkeit vertrieb sogar das Hungergefühl eines knurrenden Magens, der noch auf das Frühstück wartete. Lebenssaft nannte Vater ihn. Immerhin hielt er ihre Firma seit Generationen am Leben. So gesehen hatte er recht. Die Vorräte an getrocknetem Süßholz im Lagerraum, der fast ein Drittel ihrer Manufaktur in Anspruch nahm, gingen allerdings wegen der dem Frost geschuldeten mageren letzten Ernte im Frühjahr langsam zur Neige. Die Felder mussten nun ruhen, die Sträucher neue Blätter austreiben, die abgeschnittenen Stalonen wieder nachwachsen. Vom Spätherbst bis zum Frühjahr, wenn die Wurzeln nach und nach aufs Neue schnittreif wurden, zöge hier wieder Leben ein. Dann würden die Wurzelschneider die Fabrik bis zur Decke mit dem schwarzen Gold füllen.
Um die momentan eher düsteren Aussichten gedanklich zu vertreiben, stellte Amalie sich vor, wie die Arbeiter die Wurzeln an den Trögen vor dem Haus wuschen, sie zum Trocknen in die Sonne legten, schnitten und die Mühlsteine sie zerkleinerten. Ein Teil der Wurzeln, der für die Weiterverarbeitung gedacht war, wurde dann in ihren holzbefeuerten Öfen ausgekocht, damit der wertvolle Sud zu Lakritz verdickte und in Formen gegossen werden konnte. Jetzt herrschte hier Totenstille. Sah man von wenigen Hilfsarbeitern, meist Tagelöhner, die ihre Ware zum Bahnhof brachten, ab, war die Zeit nach der Ernte eher besinnlich.
Amalie vernahm Schritte auf dem Kiesweg, der vom Haus zur Manufaktur führte. Sie warf das abgekaute Stück der Süßholzwurzel in einen Bottich neben der Tür und trat hinaus. Elise kam wie ein blonder Rauschgoldengel daher. Sie brachte es doch glatt fertig, im Morgenrock das Haus zu verlassen. Das geziemte sich nicht für eine junge Dame.
»Guten Morgen, Amalie. Kann Franz mich heute zum Seminar fahren? Mutter meinte, er müsse sowieso in die Stadt, zur Apotheke«, rief sie ihr vom Vorgarten aus zu. Es überraschte Amalie nicht, dass sie dank ihrer Schwester wieder einmal alle Pläne über den Haufen werfen durfte. Und das würde in Zukunft vermutlich öfters passieren, denn von nun an war Elise ja jeden Tag hier. Mit der Besinnlichkeit war es dann wohl vorbei.
»Er nimmt dich sicher mit.«
Elise wirkte erleichtert.
Wenigstens ein Gutes hatte es. Sie würden sich fortan die täglichen und nicht gerade kostengünstigen Kutschfahrten zum und vom Stephansberg zurück nach Hause sparen.
»Kann ich mir deine goldene Haarnadel ausleihen?«, wollte Elise dann noch wissen.
»Ist in der zweiten Schublade im Spind«, rief sie ihrer Schwester zu.
Gold? Nun ja, das würde wohl dem Anlass Rechnung tragen. Ob es an Elise, die sich nichts aus feiner Robe machte, auch glänzte, stand auf einem anderen Blatt.
»Danke, Schwesterherz«, antwortete Elise fröhlich, machte auf dem Absatz kehrt und huschte zurück ins Haus.
Amalie inhalierte die kühle Morgenluft und seufzte. Ja, Besinnlichkeit und Ruhe, zumindest tagsüber, das war einmal.

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9. November 2020

'Selbstdisziplin für Unmotivierte' von Lisa Faustbrandt

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Wie Du Gewohnheiten ändern und ein großartiges Leben starten kannst

Du hast Ziele, möchtest etwas erreichen, aber deine Selbstdisziplin lässt zu wünschen übrig und deine Motivation ist nach einer Woche verpufft? Dann lerne die „Hängematten-Strategie“ kennen, die auch dann funktioniert, wenn du absolut nicht motiviert bist. Entspann dich. Es gibt keine Vorschriften, komplizierte Schritte oder Motivationstechniken. Es erwarten dich erprobte Lösungen, wie du ohne Stress disziplinierter, produktiver und erfolgreicher wirst.

Selbstdisziplin lernen und Gewohnheiten ändern mit der Hängematten-Strategie

Warst du schon mal so richtig aufgeregt, weil du beschlossen hast, etwas zu ändern oder zu erreichen? Dein Adrenalinspiegel stieg und nichts schien dich von deinem Vorhaben abhalten zu können. In Gedanken warst du schon am Ziel und es fühlte sich richtig gut an. Sicher kennst du dieses Gefühl. Doch was ist dann geschehen? Hast du deine Pläne umgesetzt und dein Ziel erreicht? Ungefähr 90% unserer Ziele geben wir auf. Vielleicht hast du auch schon vier, fünf oder sechs Mal eine Sache begonnen und sie auf halbem Weg wieder aufgegeben, weil es ja vorher auch nicht funktioniert hat.

Wenn du Selbstdisziplin lernen möchtest, brauchst du ein Konzept, das für dich funktioniert

Kennst du eines dieser Probleme? Von früh bis spät bist du beschäftigt, aber deine Resultate liegen weit unter deinen Erwartungen. Du hast gefühlte Tausend Sachen zu erledigen und kommst nicht vorwärts. Du verbringst viele Stunden am PC oder Smartphone und am Ende des Tages stellst du fest, dass du nichts geschafft hast. Und wenn du dich ausruhst, plagen dich Gewissensbisse. Das Leben ist echt kein All-Inklusive-Urlaub.

Gewohnheiten ändern, auch wenn du nicht bereit bist?

Wie wäre es, wenn du dieses Mal alles anders machen würdest? Wenn alles, was du planst und tust endlich die Resultate bringen würde, die du dir wünschst? Wenn du ab jetzt ein Ziel nach dem anderen erreichen und ganz nebenbei dein Selbstbewusstsein stärken könntest?

Suchst du Lösungen? Dann hol dir das Buch und überzeuge dich selbst. Du wirst staunen, wie effektiv die „Hängematten-Strategie“ ist.

Nach der Lektüre des Buches wirst du deine Selbstdisziplin in den Dauermodus versetzen und am Ball bleiben, bis du am Ziel ankommst. Du wirst verstehen, warum deine Motivation reine Nebensache ist und welche Fehler du vermeiden solltest, wenn du disziplinierter werden möchtest.

Hol dir das Buch. Selbstbewusst und mit einem Lächeln im Gesicht wirst du endlich den Lebensstil führen, den du dir wünschst. Lass deine Träume Realität werden.

Anleser:
Nehmen wir an, du hast deine *Motivation* gefunden. Du bist also bestens im Bilde, warum du dein Vorhaben (Fitness, Lernen, Projekt, Garten, Wohnungssuche, Berufsausbildung etc.) in Angriff nehmen solltest. Du kennst alle Schritte, welche dich deinem Ziel näherbringen. Du hast dir dein Ziel in den besten Farben ausgemalt. Du weißt also ganz genau, wohin du steuerst und was dich da am Ziel erwartet. Du weißt genau, warum du endlich loslegen solltest. Und? Legst du los? Bist du voller Elan? Springst du von der Couch, verlässt deine bequeme Komfortzone und nimmst motiviert die Aufgaben in Angriff? Nein! Das tust du nicht.

Du brauchst etwas, was dich gerade in der heutigen Zeit disziplinierter macht. Ein Instrument, welches dir dabei hilft, deine Ziele zu erreichen, und zwar auch dann, wenn du absolut nicht motiviert bist. Motivation hat oft eine kurze Lebensdauer. Sie ist gut als Initialzündung, aber dann verpufft sie schnell. Damit du trotzdem deine Ziele erreichen kannst, musst du einen Weg gehen, der zu dir und deinen Wünschen passt. Du brauchst ein System, welches dir trotz Zeitmangel und Bequemlichkeit dabei hilft, endlich aus dem Teufelskreis auszubrechen. Damit du effizienter arbeitest oder lernst, damit du mehr Energie hast und dich auf Dinge konzentrierst, die dich deinen Zielen wirklich näherbringen.

Wie wäre es, wenn du dieses Mal alles anders machen würdest? Wenn alles, was du planst und tust endlich die Resultate bringen würde, die du dir wünschst? Wenn du ab jetzt so richtig diszipliniert ein Ziel nach dem anderen erreichen und ganz nebenbei dein Selbstbewusstsein stärken könntest?

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5. November 2020

'Erkül Bwaroo fischt im Trüben' von Ruth M. Fuchs

Kindle | Tolino | Taschenbuch
Website | Autorenseite
Eigentlich wollte Erkül Bwaroo nur in Urlaub fahren. Doch dann trifft er unterwegs einen Fischer, der ihm eine geradezu unglaubliche Geschichte erzählt. Bwaroo wäre nicht Bwaroo, wenn er der Sache nicht auf den Grund gehen wollte. Und so findet er sich in einem Schloss wieder, das der Frau des Fischers gehört und allerlei, so illustre wie seltsame, Gäste beherbergt.

Als zu deren Unterhaltung ein Mörderspiel geplant wird, in dem der Elfendetektiv ermitteln soll, ist er wenig davon begeistert. Doch dann geschieht ein wirklicher Mord, und Bwaroos brillante kleine grauen Zellen sind gefragt.

Band 7 der Reihe 'Erkül Bwaroo ermittelt'.

Anleser:
Jetzt wurde es ernst. Jeder begab sich an den ihm von Saumweg zugewiesenen Ort. Bwaroo, der Prinz und der Schriftsteller selbst blieben zurück.
„Und was geschieht jetzt?“, wollte der Prinz wissen.
„Jetzt warten wir auf den Mord“, erklärte Saumweg. „Wie wäre es bis dahin mit einem kleinen Cognac?“ Er trat an ein Schränkchen, auf dem allerlei Flaschen standen, öffnete es und holte drei Gläser heraus.
„Ich bevorzuge einen Crème de Menthe“, erklärte Bwaroo.
„Einen was?“
„Pfefferminzlikör“, übersetzte der Prinz.
Bwaroo blinzelte. Er hätte schwören können, dass fast so etwas wie ein Lächeln um die Mundwinkel des Prinzen spielte.
„Nun, jeder, wie er will“, Saumweg zuckte die Achseln und holte ein Likörglas aus dem Schrank. „Ich nehme mal an, das ist das grüne Zeug … ja, da steht was von Pfefferminze ...“
Er reichte Bwaroo das gefüllte Glas. Der schnupperte misstrauisch, nickte dann aber zufrieden. Ja, das war sein Lieblingslikör. Warum man etwas Scharfes trinken wollte, wenn man auch etwas Süßes haben konnte, war ihm ein Rätsel.
Der Prinz schien diese Meinung jedenfalls nicht zu teilen, denn er umfasste den Glasballon, den Saumweg ihm reichte, und schwenkte den Cognac eine Weile in der Handfläche, ehe er einen kleinen Schluck nahm.
Monsieur le Prince“, sprach Bwaroo ihn an, nachdem die drei Männer eine Weile stumm beieinander gesessen hatten, „Sie sagten, Sie wären auf einer Art Pilgerreise. Wohin führen Sie Ihre Pläne?“
„Ich bin auf der Suche nach Spuren meiner Vorfahren“, erwiderte Prinz Isidor. „Meine Mutter stammt aus dem südlichen Königreich.“
„Von Sous-la-mer habe ich noch nie gehört“, schaltete sich da Saumweg ein. „Wo liegt das? Jenseits des Meeres?“
„Es ist … eine Insel“, antwortete der Prinz.
„Da kenne ich eigentlich nur Saragessa. Aber dort regiert Graf Alexander von und zu Saragessa, Hochwohlgeboren und gewählter Regent. Der ist ein Greif, also wohl kaum mit Ihnen verwandt …“
„Es gibt sehr viel mehr Inseln im Jaspischen Meer als nur Saragessa.“ Der Prinz warf dem Schriftsteller einen freundlichen und doch zugleich irgendwie verächtlichen Blick zu.
Da schreckte ein Schrei die drei Männer auf.
„Ah“, sagte Saumweg und rieb sich die Hände. „Es geht los.“
Sie traten in die dunkle Vorhalle.
Saumweg klatschte in die Hände.
„Licht an“, befahl er, und die Leuchtkugeln an der Decke, große magisch geladene Glaskugeln, flammten hell auf und tauchten die Halle in ein warmes Licht.
Am Fuß der weitgeschwungenen Treppe, die zu den Zimmern im ersten Stock führte, lag eine weibliche Gestalt in einem mit Schleifen übersäten Kleid, das Bwaroo nur zu gut kannte. Ihr langes dunkles Haar fiel offen über ihr Gesicht. Die Frau regte sich nicht.
„Aber Ilsebill“, rief Saumweg. „Also, so geht das nicht, Ilsebill! Du solltest dich doch in der Bibliothek ermorden lassen! Und warum hast du dich extra noch vorher umgezogen?“
Etwas wie ein Wimmern ließ die Männer nach oben blicken. Dort, mitten auf der Treppe, stand Ilsebill Timpetee.

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2. November 2020

'Das Lebkuchen-Geheimnis: Weihnachtsroman' von Zoey Hope Garcia

Kindle | Tolino | Taschenbuch
Maria ist Filialleiterin einer kleinen Bäckerei und alles andere als in Weihnachtsstimmung. Dies ändert sich jedoch als sie einen viel jüngeren Mann namens Jesus begegnet, in den sie sich verliebt. Jedoch soll das neue Glück nicht lange währen, denn Jesus verheimlicht ihr, dass er todkrank ist und wahrscheinlich den Heilig Abend nicht mehr erleben wird...

Anleser:
Erster Dezember
FÜR JEMANDEN DER WEISS, dass das Leben nicht nur aus reinem Zuckerschlecken besteht und die Erde auch kein Ponyhof ist, kann dieses „Friede-Freude-Eierkuchen-Getue“ an Weihnachten ein Schlag in die Fresse sein!
Auch ich war mal so ein Jemand, jedenfalls bevor ich das Lebkuchengeheimnis gelüftet habe …
Nach einer Scheidung die ich hinter mir hatte, litt ich total an Torschlusspanik. Mich quälte der Gedanke, dass ich eines Tages wohl kinderlos und einsam sterben werde.
Insgeheim hatte ich mich bereits schon mit dieser Tatsache abgefunden und das Einzige, was mir in diesem Leben noch Freude zu bereiten schien, waren ein paar Gläser Whiskey nach Feierabend, die ich mir für gewöhnlich noch reinpfiff und die mir dabei halfen, mir mein tristes Leben doch noch schönzureden.
Schließlich war ich als Frau in den Enddreißigern und mit Kinderwunsch eben keine allzu große Partie mehr für Männer, zumal mir auch durch meine tägliche Vollzeit-Arbeit als Filialleiterin kaum Zeit für neue Männerbekanntschaften übrig blieb.
Mittlerweile hatte ich auch noch Bindungsängste entwickelt.
Doch ich brauchte die Kohle eben, schon allein wegen der überteuerten Miete und den vielen Schulden, die ich während meiner unglücklichen Ehe und aus Naivität gemacht hatte!
Deshalb war ich ganz froh an einem richtig kalten und verschneiten Abend des ersten Dezembers nach getaner Arbeit mal wieder in meiner Lieblingskneipe zu sitzen und mich entspannt meinen eigenen Gedanken zu widmen.
Gleichzeitig ist es aber auch derselbe Dezemberabend gewesen, als ich diesen völlig durchgeknallten Typen namens „Jesus“ zum ersten Mal begegnet bin …
Ich war gerade dabei wie gewohnt gedankenverloren an meinem Whiskeyglas zu nippen, als er gerade das Lokal betrat.
Zuerst dachte ich, dass er darauf aus war jemanden zu verarschen. Wahrscheinlich stach ich ihm gerade deshalb sofort ins Auge, so dachte ich damals jedenfalls: Eine reife und einsame Frau, allein in einer Bar … Ein leichtes Opfer eben!
Er kam direkt auf mich zu mit seinem grinsenden Milchgesicht.
Aber das war ja noch längst nicht alles: Er starrte mich so richtig frech an, als er mir auch noch seine Hand entgegenstreckte und sagte: „Hi, ich bin Jesus! Darf ich mich zu dir setzen?“
Feindselig musterte ich ihn.
Dieser Spaßvogel musste schätzungsweise so um die Mitte Zwanzig sein und mit seinen blonden, halblangen Haaren, der großen Brille und seiner ausgefranzten Jeans tippte ich darauf, dass er zu diesen Studenten gehören musste, die gleich hier um die Ecke wohnten. Schließlich gab es ja gleich in der Nähe dieser Bar eine Universität.
Toll, dachte ich genervt, wieder so einer von diesen Ökofritzen! Wieder einer von diesen jungen Leuten, die nichts Besseres zu tun haben als Bafög zu beziehen und irgendwo herum zu hängen um abzufeiern und den fleißig arbeitenden Menschen, so wie ich einer bin, mit spätpubertierenden und vermeintlich oberklugen Sprüchen auf den Keks zu gehen!
Ich war nicht besonders erpicht darauf seine Bekanntschaft zu machen, denn meiner Meinung nach hatten solche Leute noch kaum Lebenserfahrung.
Warum also sollte ich mich mit so einem jungen Kerl überhaupt unterhalten nach einem so stressigen Alltag der endlich hinter mir lag?
Und noch dazu schien sich dieser Kerl ja für besonders witzig zu halten sich mir als „Jesus“ vorzustellen!
Obwohl ich keine große Lust dazu hatte mit diesem Fritzen überhaupt zu reden fühlte ich mich herausgefordert ihm zu beweisen, dass ich eine Nummer zu groß bin für ihn. Also wollte ich das Spielchen mitspielen, wäre doch gelacht, wenn ich mich in meinen Enddreißigern von so einem Bubi veräppeln lasse!
Ich grinste ihn frech an und versuchte dabei das schönste Lächeln aufzusetzen, zu dem ich fähig war.

Blick ins Buch (Leseprobe)

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