29. Oktober 2013

"Zeitgeist Alptraum-Phantasie" von Christian S. Schneeweiß

Eine Horrorgeschichte. Ein Mann in lebenslanger Sicherheitsverwahrung schreibt sich in seiner Zelle die Geschichte von der Seele, die ihn dort hinein gebracht hat. Er braucht nicht viel Platz und Zeit dafür. 53546 Wörter reichen ihm. Nur?, möchte man fragen. Und er hätte geantwortet: "Genau gelesen sind das mehr als genug. Wahre Teufel stecken immer in Details."

Ein Furcht einflößender und rätselhafter Roman.

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Leseprobe:
Es war Anfang November, damals, und viel zu kalt für diese Jahreszeit. Vereinzelte, eisige Schneeflocken, ich weiß es noch, wie Gespenster tanzten sie durch die Luft, als ich am Tatort vorfuhr. Die Nachhut des ersten leisen Schneefalls dieses Winters.
Ich stieg aus dem Wagen aus, kein leichtes Unterfangen für einen behäbigen, andere würden sagen leicht übergewichtigen Mann. Die Flocken tanzten, es roch nach Winter. Ein schöner Tag – eigentlich.
Wäre da nicht der Zerbrochene gewesen.
Nein, ein schöner Tag – ganz eigentlich. Der Tag kann schließlich nichts für die Toten, die sich in ihm tummeln. Tote allein, sie hätten mich allerdings nicht gestört, die kommen und gehen, wenn auch nicht buchstäblich. Dachte ich zumindest, nein, war ich mir sicher. Bis ich diesen Toten sah, diesen Zerbrochenen, und die Welt nicht mehr verstehen konnte. Ganz hab ich sie nie verstanden, natürlich. Aber bis zu einem gewissen Grad denkt man doch immer, man wüsste Bescheid, nach welchen Regeln wenigstens jene kleine Welt, die man sich selbst erschaffen hat, in der man selbst lebt und deren Verlauf man selbst ein Stück mitbestimmen kann, funktioniert. Und dann ist man vollkommen entsetzt, wenn etwas aus der Reihe tanzt…Oder, wie in meinem speziellen Fall, wenn ein Toter, der vorzeitig aus dem Reisezug des Lebens geworfen wurde, auch tatsächlich so aussieht, als wäre er aus einem Hochgeschwindigkeitszug geschmissen worden. Mehrmals. Aber der Tote, er lag in einem kahlen Raum. Das Blut an Wänden und Decke und Boden sprach dafür, dass er auch genau dort zu Tode gekommen war. Die große Frage war also: Wie war das möglich? Und die größere Frage: Wer konnte so etwas möglich machen, wer oder was? Und zu guter Letzt: Warum? Die dritte Frage im Bunde … alle guten Dinge sind doch zu dritt. Zumindest sagt man das, wer weiß, wieso? Aber was und wen frage ich überhaupt? Stelle hier Fragen, ohne eine Antwort erwarten zu können. Dumm, oder? Ja.
Der Tote zu dem ich gerufen worden war, war offensichtlich nicht unter so genannten normalen Umständen abgetreten (das heißt, wenn man etwas zumindest subjektiv dermaßen die Alltags-Norm Sprengendem wie dem Ende eines menschlichen Lebens mit dem Begriff „Normalität“ überhaupt beikommen kann.). Und er hatte sich auch sicher nicht selbst umgebracht.. Egal, wie man es und ihn drehte und wendete, es war klar, nie und nimmer hätte sich dieser Mann seine unzähligen Wunden und Verletzungen selbst zufügen können. Schon allein aus anatomischen Gründen nicht.
Der Raum war leer. Bis auf die Leiche. Sie war nackt. Kein Fetzen Stoff an ihr, kein Schmuck, kein gar nichts. Neben seiner Kleidung hatte man den Toten auch um sämtliche anderen Accessoires, die ein Mensch so an und in sich tragen kann, erleichtert. Um Zahnkronen etwa. Und um eine erst einige Monate zuvor in ihn eingepflanzte Herzklappe. Samt Herz.
All das sollte aber erst zu einem späteren Zeitpunkt ans Tageslicht kommen. Nämlich, nachdem man zum einen die in solchen Fällen übliche pathologische Untersuchung durchgeführt, und zum anderen (und zum Teil in einem Aufwasch) die Identität des Toten festgestellt haben würde.
Letzteres hätte bei dem Zustand der Leiche normalerweise natürlich einige Zeit gedauert. Dass allerdings an besagtem Tag genau eine Person ihrem Arbeitsplatz in dem Gebäude am Rande der Welt ferngeblieben war, und das unentschuldigt, obwohl eben deren Wagen schneebezuckert vor dem zum Tatort gewordenen Gebäude stand, das legte nahe, wessen Leiche da im Keller lag. Sicher konnte man sich natürlich trotzdem nicht sofort sein. Und man konnte die Identität des Toten auch nicht gleich ohne weiteres von einem seiner Anverwandten feststellen lassen. Der hätte ihn ohnehin nicht wieder erkannt … Dank DNA-Abgleich konnte man dann allerdings doch zweifelsfrei feststellen, wer er war:
Edgar Millstätter, neununddreißig Jahre alt, geliebter Ehemann einer bildhübschen Frau, Vater einer Tochter und eines Sohnes, selbst Sohn zweier noch lebender Eltern und großer Bruder zweier Schwestern.
Und jetzt? Edgar, der Mensch, gänzlich entmenschlicht. Nur ein zur Unkenntlichkeit zertrümmerter, nackter Körper. Ein Haufen Fleisch und Knochen, den die unverbesserlichen Romantiker unter uns, und das gar nicht mal so abwegig, „sterbliche Hülle“ nennen.
So lag er da, vor mir. In diesem sterilen Kellerraum, nunmehr durchflutet von der für Mordermittlungen so charakteristischen, morbiden Tatortatmosphäre ... die einem wie mir zugegeben gar nicht mehr so unangenehm war.

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23. Oktober 2013

'Hinter Türen' von Anja Ollmert

Das Leben schreibt Geschichten, die erzählt werden wollen. Wir Menschen sind versucht, einen Blick hinter verschlossene Türen zu wagen, einen Blick voller Interesse, Neugier, Mitgefühl und wohligem oder ängstlichem Schaudern.

Hinter den Türen dieses Buches - und nichts anderes ist der Buchdeckel für den Leser - verbirgt sich Verblüffendes, Geheimnisvolles, Kriminelles, Mörderisches, Unterhaltsames und Skurriles in 23 Kurzgeschichten.


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Leseprobe aus "Musik des Lebens":
Mit dem Fuß stieß das Mädchen den Koffer an, sodass der Deckel zuschlug. Dann nahm sie auf dem improvisierten Hocker Platz. Ihre Finger strichen über das Griffbrett, bevor sie fester zupackte. Der Akkord, den sie anschlug, klang wie ein weinerliches Wimmern, als habe sie jemandem die Kehle zugedrückt, der sich verzweifelt unter dem Griff wand, sich aber nicht befreien konnte.
Toms erster Impuls war, ihr die Gitarre aus der Hand zu reißen. Doch er bezwang sich und schalt sich einen Dummkopf. Das Regenwetter hatte ihm das Hirn aufgeweicht.

Die folgenden Töne, die Sylvie erklingen ließ, waren wie die sanfte einschmeichelnde Stimme einer Frau, die ihren Liebhaber umgarnt. In seinem Kopf sah Tom spitze, rotlackierte Fingernägel über einen nackten Rücken gleiten. Er sah die Kreise und Linien, die die Finger dort zeichneten, bis sie mit einem Mal zu roten Striemen wurden, die entsetzlich brennen mussten. Das Instrument schien aufzustöhnen in seiner Not. In Sekundenschnelle war auch das wieder vorbei.
Tom versuchte, sich von seinen morbiden Gedanken zu befreien.
„Und, macht es dir Freude, darauf zu spielen?“ Irgendetwas musste er einfach sagen, um seine Wahnvorstellungen zu vertreiben.
„Ja, hauchte sie. Es macht mir einen Höllenspaß.“ Was sie damit meinte, überließ sie Toms Fantasie. Und die startete mit den folgenden Akkorden gerade zum nächsten Horrortrip durch.

Die Saiten quietschten und schrien auf – jetzt voller Aggressivität – wie bei einem heftigen Streit, bei dem die Fetzen flogen. Synkopisch erklang das Staccato der Schläge auf den Seiten und Sylvies Hand trommelte dazwischen einen harten Rhythmus auf dem Holzkorpus.
Die Bilder in Toms Kopf zeigten einen Mann, der eine Frau hart gegen die Wand stieß, ausholte und ihr einen waschechten Kinnhaken verpasste, bevor die Getroffene in sich zusammenfiel und langsam blutüberströmt an eben-dieser Wand herunterrutschte. Ein letztes Auf-bäumen erklang aus ihrem Mund, ein dissonanter Ton, der urplötzlich erstarb. Ihre Augen brachen. Die Frau war tot. In einer Zimmerecke entdeckte Tom ein kleines Mädchen, das sich hinter der Gardine verbarg. Erstarrt wie eine lebensecht wirkende Puppe.

Sylvies Finger wechselten jetzt zu schnellen Läufen auf dem Gitarrenhals. Einzelne Melodie-folgen, die nach einer Flucht klangen, zeichneten sein magisches Kopfkino: Eine Frau, die der Gitarristin entfernt ähnelte, lief durch dunkle Straßen, hinter sich einen Verfolger, der sie bald einholen würde. Die Melodie geriet ins Stolpern und schon stürzte sie auf einem einsamen Waldweg zu Boden. Der Verfolger war über ihr. Ihre Lippen formten sich zu einem Schrei, der jedoch nicht erklang. Im gleichen Atemzug drang die Stille in der verregneten Fußgängerzone in Toms Bewusstsein.
Und wieder wurden neue Tonfolgen hörbar; sie vertrieben die Todesstille des verstrichenen Augenblicks. Musikalische Spannung baute sich auf.
Tom sah blitzlichtartige Bilder eines Mannes, der durch ein verlassenes Gebäude irrte. Irgend-wie kam er Tom bekannt vor. Fahles Licht schien durch zerbrochene Scheiben ins Innere des Hauses. Der Wind zog die zerfetzten Gardinen durch die Löcher im Glas. Es war, als würde jemand dem Haus den letzten Rest Lebendigkeit aus-saugen. Der Mann trat durch mehrere Türen und erreichte eine alte, schäbige Küche. Auch hier war niemand zu sehen. Im Staub auf dem Fußboden waren nur ein Paar Fußabdrücke sichtbar, die in die Küche hineinführten.
Der Mann drehte sich um und folgte den eigenen Spuren hinaus. Mit einem grausamen Aufschrei erschien eine weibliche Hand aus dem Nichts. Der Mann bemerkte sie nicht und Tom wollte einen Warnruf ausstoßen, aber kein Laut drang über seine Lippen. Dann stieß die Hand mit dem Messer kraftvoll zu. Der Mann starb innerhalb weniger Sekunden. Das Messer hatte ihn von hinten durchbohrt.
Mit sphärischen Klängen begleitete Sylvie die Imagination der sich am Boden weit ausbreitenden Blutlache, die sich mit dem Staub vermischte. Dann erstarb der letzte Akkord. Unwiderruflich.

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21. Oktober 2013

'Schottlands Wächter' von Katharina Gerlach

Ein Fantasy-Abenteuer für junge Leser und alle Freunde schottischer Sagen und Mythen.

Ein Gesicht ohne Nase sieht Bryanna aus einem Fenster eines Wohnhauses in Edinburgh an, und eine behaarte Hand winkt ihr. Ein Brownie! Sie blinzelt und schüttelt den Kopf. Unmöglich. Brownies gibt es nur in Büchern. Doch der Brownie ist nicht das einzige Fabelwesen, das ihr auf dem Heimweg begegnet. Vielleicht halluziniere ich, denkt sie und beschließt, mit ihrem Vater zu reden.

Doch der wird vor ihren Augen von einer Fremden entführt, deren Geruch Bryanna seltsam bekannt vorkommt. Ohne zu zögern folgt sie den beiden und landet Hals über Kopf im Abenteuer ihres Lebens. Die Welt, in die sie gerät, ist mörderisch gefährlich. Und falls sie die Reise überlebt, scheint sie dazu verdammt, ihren Vater wegen seines Geheimnisses töten zu müssen.

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Leseprobe:
An der Kreuzung zum Waverley Bahnhof reihte sich eine schwarze Kutsche vor dem Bus ein. Es war keiner der offenen Einspänner für Touristen, sondern ein geschlossener Vierspänner. Die Tür zierte ein Wappen, aber Bryanna hatte nicht genug Zeit, es genauer zu betrachten.
Wie schön, dass es noch immer Leute gibt, die mit Pferd und Wagen fahren. Sie stellte sich vor, wie es gewesen sein musste, als die Stadt noch mit Reitern, Karren und Kutschen verstopft war, nicht mit Autos. Sie ignorierte die Häuser auf der rechten Straßenseite mit ihren vielen Geschäften und den zahlreichen Fußgängern, und ließ ihren Blick träumerisch über die linke Straßenseite wandern.
Die gelblichen Steinfinger von Edinburgh Castle ragten aus den dunklen, steilen Basaltfelsen am Rande von Princess Street Gardens in den Himmel. Im Park, der sich vom Waverley Bahnhof mehrere hundert Meter nach Westen erstreckte, schoben die ersten Blumen ihre Köpfe durch die matschige Erde. So grau der Garten auch wirkte, der Frühling war unterwegs. Hoffentlich fährt Papa mit mir mal wieder in die Highlands, wenn das Wetter besser wird.
Als der Bus die Türen für weitere Fahrgäste öffnete, starrte sie auf den schmalen Garten zu Füßen des Schlosses und malte sich aus, was sie mit ihrem Vater in den Ferien alles tun würde. Das Gras der Parkanlage wirkte müde und blass. Nur einige Schneeglöckchen kämpften gegen die graue Nässe, die das Frühjahr in Edinburgh dominierte. Nicht weit von der Haltestelle saß ein gigantischer Vogel im Geäst eines kahlen Baumes und betrachtete die Tauben auf dem Weg darunter. Der feine Regen ließ sein schwarzes Gefieder glänzen wie Obsidian. Er war mindestens doppelt so groß wie ein Mensch. Sein Hakenschnabel klappte hungrig auf und zu, während die Krallen an seinen Schwimmfüßen tiefe Löcher in dem Ast hinterließen, auf dem er saß.
Ein Boobrie! Bryanna starrte den Sagenvogel mit offenem Mund an. Das Zischen der Türen ließ sie zusammenzucken. Sie sah zu den Menschen hinunter, die sich auf dem schmalen Bürgersteig an den wartenden Fahrgästen vorbei schoben. Keiner schien den Riesenvogel zu bemerken.
Bin ich denn die Einzige, die ihn sehen kann? Der Boobrie breitete seine gewaltigen Schwingen aus und flog höher und höher, bis er im Blau des Himmels kaum noch zu sehen war. Bryanna sah ihm zu, wie er über dem Schloss kreiste, das mit seinen massiven Wänden und Türmchen den Park und das Stadtzentrum überragte. Sie schüttelte den Kopf. Ich glaube, ich werde verrückt. Ein Boobrie! Da hat mir meine Fantasie wieder einen schönen Streich gespielt. Bryanna wendete sich vom Schloss ab. Und es war so unglaublich realistisch. Ich muss noch einmal mit Vater reden. Vielleicht sollte ich doch einen Psychiater aufsuchen.
Um sich abzulenken, betrachtete Bryanna die Läden und Häuser auf der anderen Straßenseite. Sie waren drei oder vier Stockwerke hoch und bis auf die Mündungen der Seitenstraßen lückenlos nebeneinander gebaut. Der Bus quälte sich von Ampel zu Ampel, so dass Bryanna genug Zeit hatte in die Fenster der Gebäude zu gucken. Da es sich überwiegend um Läden handelte, war das Spiel nicht so spannend wie in einer Wohngegend, aber es lenkte sie von der Frau mit den Schwimmhäuten und dem Boobrie ab.
Wieder hielt der Bus an einer Ampel. Ein braunes, faltiges Gesicht mit wilder, rotbrauner Löwenmähne und ohne erkennbare Nase sah aus einem Fenster und eine kleine, braune Hand winkte ihr zu. Es war eindeutig einer der helfenden Hausgeister, die Brownies genannt wurden. Bryanna schlug die Hände vor das Gesicht.
„Es gibt keine Fabelwesen“, flüsterte sie mehrmals. Es war wie ein Gebet oder ein Zauberspruch, und es half. Als sie die Hände wieder sinken ließ, war der Brownie verschwunden. Besorgt betrachtete sie die Fassaden der Häuser und die großen Schaufenster der Geschäfte, sah aber keinen weiteren Brownie. Sie atmete erleichtert auf, während sich der Bus durch den Feierabendverkehr schob, hin und wieder durch Bauarbeiten behindert. Geschäftig wie Ameisen eilten auf den Bürgersteigen Menschen verschiedenster Rassen hin und her. Als kein weiteres Fabelwesen auftauchte, entspannte sich Bryanna und sah auf den Monitor der Überwachungskameras. Er zeigte ihr die Fahrgäste auf den Sitzen hinter ihr. Viele waren bereits ausgestiegen, und so waren die meisten blauen Sitze mit dem rot-grün-weißen Tartanmuster leer. Ein Mann auf dem Bürgersteif betrachtete die Auslage eines Comic-Shops.
Nur noch wenige Haltestellen bis zu Bryannas Halt, und noch immer fuhr die schwarze Kutsche vor dem Bus durch den Regen. Bryanna fragte sich, wo sie wohl hin wollte. Sie war fast ein wenig enttäuscht, als der Bus zum Salisbury Place einbog und die Kutsche nicht. Ich wünschte, ich könnte sie Dad zeigen. Das würde ihm gefallen. Bryannas Magen knurrte. Gut, dass es bald Mittagessen gibt. Das gemeinsame Mittagessen in ihrem viktorianisch eingerichteten Speisezimmer war ein kleines Ritual. Sie liebte es, ihrem Vater von der Schule zu erzählen oder seiner tiefen Stimme zu lauschen, auch wenn sie seine neuesten Forschungsergebnisse nicht besonders interessierten. Ihr Vater gab ihr das Gefühl bereits erwachsen zu sein. Für ihn war sie jemand, mit dem er sich über alles unterhalten konnte.
Der Turm der Kapelle am Eingangstor des Friedhofs kam in Sicht. Bryanna nahm ihre Taschen und drückte den Knopf, der den Fahrer aufforderte, den Bus anzuhalten. Vorsichtig stieg sie die Treppe hinunter und verließ den Bus, kaum dass er hielt. Draußen zog sie die Kapuze des Regenmantels über ihre schwarzen Zöpfe und ging den schmalen Weg an der Friedhofsmauer entlang nach Hause.

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15. Oktober 2013

'Mit Kommissaren spielt man nicht' von Andrea Seidl

Uli ist Hauptkommissarin in Regensburg und seit eineinhalb Jahren mit ihrem Chef Daniel liiert. Doch der ist leider verheiratet. Aber das wird sich ändern, denkt Uli, und räumt im Geiste schon die Wohnung um, damit Daniel bei ihr einziehen kann. Natürlich kommt es ganz anders.

Daniel macht mit Uli Schluss und zwingt sie, sich nach München versetzen zu lassen. Bis dahin muss sie mit Daniel klarkommen, während sie beide in einem Mordfall ermitteln, dessen Hauptverdächtiger ausgerechnet ein gewisser Leo Lebowski ist, zu dem Uli sich schon zwei Jahre zuvor auf seltsame Weise hingezogen fühlte.

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Leseprobe:
„Erde an Knut. Erde an Knut. Hallo? Wie wäre es, wenn du den Sprayerbericht schreiben würdest, anstatt hier Löcher in die Luft zu starren? Immerhin sind wir hier im Kommissariat und nicht irgendwo in einer fernen Galaxie.“ Laut trommle ich mit den Fingern auf den Schreibtisch.
Knut deutet ein Gähnen an und streckt sich. „Uli, stör mich bitte nicht! Ich denke über unseren neuen Fall nach.“
„Dass ich nicht lache!“
„Lach nur, oder tu das, was Frauen am liebsten tun …“ Er sieht mich erwartungsvoll an. „Na? Schuhe kaufen.“
So ein Idiot.
Er steht auf und geht im Zimmer auf und ab. Mit erhobenem Zeigefinger. Wie ein Oberlehrer. Widerlich.
„Ich überlege nämlich, ob wir eine Frau als Täter ausschließen können.“
„Ganz toll, Knut. Das hat Ben heute früh schon überlegt und …“
Polternd wird die Tür aufgerissen, sodass ich innehalte. Daniel betritt den Raum.
„Also, Leute. Ich komme gerade vom alten Spitz und soll euch sein größtes Lob aussprechen. Der Alte ist hocherfreut darüber, dass ihr den Fall Schiller so schnell gelöst habt, vor allem weil die Presse schon Druck gemacht hat und Fakten, Fakten, Fakten will.“
Ich muss ein Schmunzeln unterdrücken, weil Daniel das Wort Fakten dreimal wiederholt, so wie es Dr. Spitz, unser Oberboss, gerne macht.
„Also noch mal ein herzliches Dankeschön von ganz oben für euren Einsatz und für die Überstunden – und natürlich auch von mir. Ihr habt wirklich tolle Arbeit geleistet.“
Mir wird ganz warm ums Herz. So ein dickes Lob aus seinem Munde. Ich lächle in mich hinein. Schließlich ist Daniel nicht nur mein Vorgesetzter, sondern auch noch mein Lover. Leider muss unsere Beziehung auch sehr geheim bleiben, zumindest so lange, bis Daniel sich von seiner Frau getrennt hat.
„Ich hab ja gleich gewusst, wie wichtig es ist, die Hersteller der Spraydosen zu überprüfen.“ Knut grinst mich selbstgefällig an, was bei ihm besonders doof aussieht, da er nur die linke Braue und den linken Mundwinkel nach oben zieht.
„Ach, hast du gleich gesagt, ja? Dann frage ich mich aber, warum du dich so im Hintergrund gehalten hast!“
„Meine Stärke ist nun mal die Kopfarbeit. Junge Frau, das nennt man Arbeitsteilung.“ Knut lehnt sich zurück und streicht sich mit der Hand durch seine strähnigen roten Haare. – Wie ich das hasse!
„Nenn mich nicht junge Frau. Ich bin zweiunddreißig, also nenn mich gefälligst bei meinem Namen. Oder weißt du was? Am besten sprichst du mich gar nicht an.“
„Uli! Knut! Jetzt reicht es aber“, mischt sich Daniel ein.
„Sag das dem da!“
„Jetzt reg dich doch nicht so auf …“ Beschwichtigend hebt Daniel die Hände.
Ich soll mich nicht aufregen? Männer! Wütend schnappe ich mir meine Handtasche von der Stuhllehne. – Ich muss einfach raus. Gerade will ich an Daniel vorbeigehen, als der mich fragt: „Stopp, wo willst du hin?“
„Feierabend. Schon seit einer Stunde.“
Daniel folgt mir bis zur Türe und flüstert so leise, dass ich es kaum hören kann: „Ich muss mit dir reden, um acht in der Villa Toscana?“
„Gern“, flüstere ich ebenso leise zurück und sage laut: „Bis morgen dann.“
Schlagartig ist meine Laune supergut. Vergnügt eile ich den langen Flur entlang und sprinte die Treppe hinunter. Während ich das Präsidium verlasse, beschließe ich, den ganzen Ärger mit Knut abzuschütteln. Daniel hat es also doch nicht vergessen. Heute ist unser Jahrestag, der dritte April, na ja, nicht ganz, eigentlich ist unser Jahrestag der dritte Oktober. Heute sind wir genau eineinhalb Jahre zusammen. Er will mit mir feiern. Und zu meiner allergrößten Freude bei unserem Lieblingsitaliener. Jetzt aber schnell nach Hause. Ich schwebe geradezu zum Ausgang, steige in meinen roten Mini, nehme mir nicht einmal die Zeit, bei diesem sonnigen Wetter das Verdeck zu öffnen, und düse quer durch die Stadt. Mist, die meisten Ampeln zeigen schon dunkelgelb. Mir doch egal. Darauf kann ich nun wirklich keine Rücksicht nehmen. Schließlich brauche ich genügend Zeit, um mich schick zu machen.

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10. Oktober 2013

'Westside-Blvd. - Entführung in L.A.' von Torsten Hoppe

Die junge Schauspielerin Heather Simms wird in L.A. auf dem Weg nach Hause entführt. Während die Polizei verzweifelt versucht Hinweise oder Spuren zu finden, verfolgt der Entführer seine ganz eigenen, ungewöhnlichen Pläne. Unter dem Deckmantel der Gerechtigkeit stellt er Forderungen, doch Lieutenant Steve Delaney vom LAPD muss schnell feststellen, dass dieser Fall nach keinem gängigen Schema abläuft.

Während die Polizei im Zuge der Ermittlungen zu unkonventionellen Mitteln greifen muss, spürt auch Heather bereits sehr bald, dass sie in den Händen eines unberechenbaren Psychopathen gelandet ist. Sie sieht sich gezwungen, einen gefährlichen Kampf um ihr Leben zu führen. Einen Kampf, für den ihr niemand ein fertig geschriebenes Drehbuch reichen kann und dessen Regeln sie erst erlernen muss ...

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Leseprobe:
Mein Kopf flog zur Seite, als seine Hand brutal gegen meine rechte Wange schlug. Die Augen meines Vaters funkelten aggressiv und nur mit sichtlicher Mühe gelang es ihm, nicht völlig die Beherrschung zu verlieren.
»Wage es nie wieder in diesem Ton mit mir zu sprechen!«, schrie er.
Ich wich einen Schritt zurück und starrte ihn hasserfüllt an.
»Warum? Verträgst du die Wahrheit nicht? Mum ist erst seit zwei Monaten tot und du amüsierst dich bereits mit irgendwelchen dahergelaufenen Schlampen! Du besitzt ja noch nicht mal den Anstand, mit ihnen in ein Motel zu fahren. Nein, Mr. Burton legt seine neuesten Errungenschaften lieber im eigenen Ehebett flach. Hast du wenigstens Mums Bild umgedreht oder musste sie dir bei deiner Morgengymnastik auch noch zusehen?«
Als Dads Hand urplötzlich vorschnellte und sich um meinen Hals legte, hatte ich nicht die geringste Chance auszuweichen. Mit einer ruckartigen Bewegung stieß er mich mit dem Rücken gegen den Türrahmen, ohne dass sein Griff sich dabei lockerte. Ich stöhnte vor Schmerzen auf.
»Vorsicht, junge Lady, oder ich vergesse mich. Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig; dir nicht und auch keinem anderen Menschen. Der Tod deiner Mutter hat mich genauso hart getroffen wie dich. Aber das Leben geht weiter. Ich brauche keine Ratschläge von einer neunmalklugen Sechzehnjährigen, deren einziges Talent darin liegt, mein Geld mit vollen Händen auszugeben.«
Ich spürte, wie mir die Luft wegblieb. Die Hand meines Vaters drückte unbarmherzig gegen meinen Hals und ich stieß ein leises Röcheln aus. Krampfhaft versuchte ich seine Finger zu lösen, doch ich war nicht mal annähernd kräftig genug, um gegen ihn anzukommen. Ich hörte auf mich gegen ihn zu wehren und hoffte inständig, dass sich sein Griff dadurch etwas lockern würde. Er zog mich mit einer langsamen Bewegung zu sich hin, blickte mir starr in die Augen und schleuderte mich anschließend mit einem kurzen, kräftigen Stoß gegen die Wand des Flures.
Für ein paar Sekunden stand er regungslos da, dann drehte er sich um und ging mit schnellen Schritten zur Eingangstür. Während er die Tür öffnete warf er mir noch einen wütenden Blick zu, dann verschwand er auf der Straße. Ich kauerte röchelnd an der Wand, massierte mit der rechten Hand meinen Hals und kämpfte gegen das Schwindelgefühl an. Mein ganzer Körper zitterte, als ich langsam an der Wand entlang zu Boden rutschte. Gierig sog ich die Luft in meine Lungen und spürte, wie das Leben allmählich wieder in meine Glieder zurückkehrte.
»Verdammtes Schwein«, murmelte ich und lehnte den Kopf gegen die Wand. Mit Tränen in den Augen starrte ich abwesend zur geschlossenen Eingangstür.
»Cut. Das war hervorragend, Leute. Wir machen zwanzig Minuten Pause.« Terry Gordon erhob sich von seinem Regiestuhl und kam auf mich zu. Er reichte mir die Hand und zog mich zu sich hoch.
»Für einen Moment hatte ich Angst, ihr beide würdet euch gegenseitig umbringen.«
Ich sah ihn mit meinem treuesten Blick an. »Da brauchst du dir keine Sorgen zu machen, Terry. Ich habe großen Respekt vor dem Alter und so gesehen ist Richard doch die absolute Respektsperson.«
»Hey, ich bin im besten Alter.« Richard Kent stand in der Tür und hatte den Kopf leicht schräg gelegt. »Ich bin wie ein guter Wein, der immer besser wird, je mehr Zeit er zum Reifen bekommt. Ich glaube, wenn du meine richtige Tochter wärst, hätte ich dich schon längst zur Adoption freigegeben.«
Ich ging mit einem Lächeln auf ihn zu und legte meine Hände auf seine riesigen Schultern.
»Ich könnte überhaupt nicht deine Tochter sein«, sagte ich. »Dafür bin ich nämlich viel zu hübsch und intelligent.«
Richard konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. »Du hast vergessen, deine einzigartige Bescheidenheit zu erwähnen.«
»Stimmt«, antwortete ich. »Aber die ist doch dermaßen bekannt, dass ich nicht mehr darüber sprechen muss, oder?«
Richard legte lachend den Arm um mich und drückte mit seinen Bärenpranken zu. »Du warst großartig, Honey. Ich hatte vorhin schon ein ganz schlechtes Gewissen bekommen, als du angefangen hast, so jämmerlich zu röcheln.«
»Davon habe ich aber nicht viel gemerkt. So irre wie du mich in der Szene angesehen hast, habe ich nur gedacht: mein Gott, hoffentlich begegnet dir dieser Typ nie im Dunkeln.«
»Hey«, protestierte Richard, »ich bin ein netter, harmloser Pazifist, der keiner Fliege etwas zu Leide tut. Ich bremse sogar für siebzehnjährige Schauspielerinnen.«
Ich gab ihm einen Stupser in die Seite. »Das will ich dir aber auch geraten haben. Denk immer daran: wenn meine Rolle gestrichen wird, dann musst du wieder zurück ins Heim.«
Richard drehte sich kopfschüttelnd um. »Sag mal Terry, gab es für diese Rolle eigentlich kein nettes, normales Mädchen?«

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8. Oktober 2013

'Oort-Infection Kolonie Zer0' von Mathias Warnke

Der zweite Band des dystopischen Romans über ein neues Europa.

Marc hat es geschafft die Krankheit zu stoppen und konnte den Patienten im Ark 2 Bunker helfen. Für Millionen Anderer kam seine Hilfe jedoch zu spät. Doch womit er, Victoria und Amber nicht gerechnet hatten, dass sich Affen angesteckt haben und in ihnen die Infektion mutiert ist. Marc und seine Freunde müssen sich nun zusammen mit anderen Überlebenden gegen eine neue Form der Bedrohung behaupten.

Eine Infektion unglaublichen Ausmaßes erschüttert das gepeinigte und geteilte Europa. Marc, der erst vor Kurzem die Krankheit beim Menschen heilen konnte, muss sich nun um die Mutation beim Affen kümmern. Diese greifen unentwegt die Kolonien im zerstörten Nord Europa an. Der Wettlauf gegen die Zeit hat begonnen.

Gleich lesen: Oort-Infection Kolonie Zer0

Leseprobe:
Amber und ich halfen der Gemeinde wieder alles auf Vordermann zu bringen. Das Haus über dem Bunker war durch die Meteoreinschläge so stark beschädigt, dass es nicht wieder repariert werden konnte. Der Rat, der sich hier noch immer um die Belange der Bewohner kümmert, beschloss es einzureißen und ein Neues zu errichten. In kleinen bewaffneten Gruppen gingen wir immer wieder in die Siedlung, um aus den zerstörten Häusern Baumaterial zu bergen. Bei jedem Außeneinsatz war immer einer dabei, der besondere Fähigkeiten bekommen hat. So konnten wir sicherstellen, dass uns niemand überrascht und die Ark stürmt. Wochenlang war jedoch niemand im Umkreis zu hören, zu riechen oder zu sehen. Dennoch war es wichtig, die Ark 2 zu schützen und alles wieder aufzubauen. Niemand konnte wissen, wie lange es dauern würde, bis eine geordnete und funktionierende Gesellschaft wieder in diesem Land erblühen würde. Aber gerade weil es niemand wissen konnte, ist der Schutz so wichtig.
Aus der Siedlung holten wir Türen, kaum oder gar nicht beschädigte Fenster, Dielenböden, Sanitärein-richtungen, einfach alles was verwertbar aussah. Es wurde sogar geplant ein zweites Gebäude zu errichten, um möglicherweise Flüchtlinge aufzunehmen.
Es wurde gebaut und gebaut, auf den Grünflächen wurden Äcker ausgehoben und Getreide gesät. Die Hühnerfarm wieder aufgebaut und aus der Umgebung Vieh zusammengetrieben, was frei vor den Mauern herumlief. Vic und Paul übernahmen das Lazarett, welches sie schnell in Krankenstation umbenannten, da ihnen der alte Begriff zu militärisch klang. Sie waren für eine kleine Ambulanz wirklich sehr gut ausgestattet. Von unserem ersten Ausflug zu meinem alten Forschungslabor konnten wir vieles retten, was jetzt von größtem Nutzen ist. Auch die Medikamente, die wir bei einem kleinen Raubzug ergatterten, machten sich schnell bezahlt. Den Weg über die Grenze jedoch hielt der Rat vorerst verschlossen, da nicht abschätzbar sei, ob es uns nicht schaden könnte.
Amber, Mathis, Karren und ich bewohnten das Abteil der Haiders im Bunker, für das Haus darüber wurde aber für Mathis und Karren ein eigenes Zimmer eingeplant. Amber und ich brauchen oben keines, da wir eh bald zu meinem Vater aufbrechen, und sollten wir zurückkehren, in das alte Ferienhaus meines Vaters ein paar Kilometer weiter von hier, ziehen.
Auch wenn es draußen vor den Mauern noch nicht nach einer neuen Zivilisation aussah, so konnten wir im Schutz der Ark von einem regelrechten Aufblühen der Gesellschaft sprechen. Oft nannten sie uns »Die Vier Helden«, was uns immer die Schamesröte ins Gesicht trieb. Durch unser gelingen, konnte sich die Gemeinschaft gut erholen und wieder zu alter Stärke zurückkehren.
Die Aufgaben und Belastungen sind wieder gerecht verteilt worden und jeder hat noch genügend Zeit für sich. Da es uns allen hier prächtig ging, begann ich abends im Wechsel mit Susi Haider, die Lesestunde wieder ins Leben zu rufen. Die Leute liebten es und mir bereitete es auch immer wieder Freude, die strahlenden Gesichter zu sehen.
Wir fühlten uns hier immer sicherer und begannen, die Ausflüge nach brauchbarem Material weiter auszudehnen. Einige der Solarmodule waren durch die Einschläge nicht mehr zu retten, um aber mehr Lebensfreude durch technische Geräte aufzubauen bedarf es mehr solcher Elemente. Die Stromversor-gung der Wasserturbine reichte gerade einmal für den Grundbedarf im Bunker. Die Windkraftanlagen wurden leider auch total zerstört. Die Erkundungstour wurde für morgen angesetzt. Mit dabei sind Vic mit ihrem starkem Riechorgan, Andreas Anderson mit seinem enormen Hörvermögen, der alte John mit seinem Adlerauge, Mathis, Paul und ich. Karren blieb da, damit die Krankenstation besetzt bleibt, auch wenn sie dieselben Adleraugen wie John hat.
Unter den Erkrankten hatten wir hier in der Ark zum Glück auch einen Automechaniker, der zumindest zwei der Fahrzeuge und einen Roller wieder flott bekommen hat. Dafür waren, entgegen der ersten Einschätzung nur ein paar Ersatzteile nötig, die wir mit Leichtigkeit in den kaputten Autos der Siedlung fanden. Der Roller wird für den Ackerbau verwendet, da er mehr Zugkraft als ein Rind hat. Liebevoll wird er der Zweirad Traktor genannt. Der benötigte Biotreibstoff wurde schon beim Bau der Ark 2 in Fässern gelagert. Die Menge reichte, um mit allen motorisierten Gefährten sicher ein Mal komplett um die Erde fahren zu können.
Wir überprüften abends den Pick-up auf Tauglichkeit und beluden ihn mit Waffen. Nur falls etwas schief läuft, denn irgendwann werden wir sicher wieder auf andere Menschen stoßen, und ob die dann Freund oder Feind sein werden, war schlecht vorher abzuschätzen. Anschließend legten wir uns alle schlafen, damit wir bei Tagesanbruch ausgeschlafen und in Topform aufbrechen können.

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Mehr über und von Mathias Warnke auf seiner Website.

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2. Oktober 2013

'Benutzt' von Mark Franley

Fassungslos müssen die beiden Kommissare Köstner und Groß dabei zusehen, wie tausende Menschen in den perfiden Plan eines Entführers hineingezogen werden. In seinem Spiel „Die Drei", nutzt er die abgestumpfte Sensationsgier der Medien gnadenlos aus und bringt Menschen wie dich und mich dazu, folgenschwere Entscheidungen zu treffen.

Im Laufe der Ermittlungen wird der Fall immer undurchsichtiger. Die Grenzen zwischen Opfern und Täter verschwimmen mehr und mehr, denn „Unschuld" ist nur noch ein leeres Wort!

„Benutzt" ist hart, quälend und hinterlässt Spuren!

Gleich lesen: BENUTZT: Psychothriller (Mike Köstner 2)

Leseprobe:
Eine große Wurzel, die quer über den zugewucherten Forstweg gewachsen war, brachte die Federung des alten Kastenwagens an ihre Grenzen. Die rostigen Metallspiralen wurden erst mit aller Gewalt zusammengedrückt, dann durften sie sich wieder entspannen, und der gesamte hintere Teil des Kastenwagens machte einen Satz nach oben. Wieder wurde Leons leblos wirkender Körper zum Spielball der auftretenden Kräfte, doch dieses Mal hatte es auch etwas Gutes. Das eiskalte Blech des Radkastens, an dem er mit der Stirn zum Liegen gekommen war, schaffte es bis in die Tiefen seines Geistes und wies diesem den Weg zurück in die Realität. Leon öffnete die sinnlos gewordenen Augen, drückte aber weiterhin die Stirn gegen das kalte Metall. Für einige gnädige Sekunden war er einfach nur froh, noch am Leben zu sein, dann waren sie wieder da. Im Geiste scannte er seinen Körper, fand aber keine Stelle, die nicht von Schmerzen gepeinigt wurde, und eine weitere Wunde schien hinzugekommen zu sein. Der brennende Schmerz kurz hinter dem Haaransatz wurde nur durch die gekühlte Stirn auf einem halbwegs erträglichen Maß gehalten.
Gerade als er vorsichtig danach tasten wollte, bremste das Fahrzeug. Leons Fingernägel kratzten über die Holzplatten der Ladefläche, fanden eine Mulde, in der man sonst Befestigungsgurte festmachte, und verhinderten damit, dass er gegen die Rückwand der Fahrerkabine geschleudert wurde. Das Motorengeräusch erstarb und machte einer fast schon schmerzhaften Stille Platz. Zusammen mit der undurchdringlichen Schwärze um ihn herum konnten seine Gedanken nicht anders, und das Bild eines geschlossenen Sarges blitzte in ihm auf.
Sein einzig noch verlässlicher Sinn meldete sich durch das Wahrnehmen leiser Schritte zurück. Er hielt die Luft an, um besser hören zu können, dann folgte das hässliche Quietschen zweier ungeölter Scharniere, das sich regelrecht in seinen Kopf zu bohren schien. Leon versuchte auf die geschundenen Beine zu kommen und war erstaunt, dass es ihm tatsächlich gelang.
Ungeachtet der möglichen Gefahr stolperte er dorthin, wo er den Ursprung des Geräusches vermutete. Trotz der Schmerzen in seinen verbrannten Fingerkuppen musste er sich an der rauen Wand entlangtasten, denn das letzte deutliche Bild, welches seine Augen wahrgenommen hatten, lag bereits einige Stunden zurück. Es hatte nur einige Millisekunden gedauert, doch der Lichtblitz hatte genügt, um seine Augen so weit zu verstümmeln, dass es nun nur noch sehr helles Licht hindurch schaffte.
Zwei Schritte später hatte er erneut den Radkasten erreicht und stieß schmerzhaft mit seinem angebrochenen Schienbein dagegen. Ein rauer Schrei verließ seine trockene Kehle, doch er konnte die erneut anfliegende Ohnmacht abwehren und sich langsam weiter vorantasten.
Frische, kalte Herbstluft wehte in das Innere des Wagens und weckte seine Lebensgeister, die sofort wieder von seinen Zweifeln zurückgedrängt wurden. Würde dieser Irre tatsächlich sein Versprechen halten und ihn gehen lassen? Er hatte keine andere Wahl, als daran zu glauben!
Endlich hatte er das Ende der Ladefläche erreicht, und noch immer wurde er nicht aufgehalten. Ein gutes Zeichen? Vorsichtig beließ er seine rechte Hand weiterhin an der Seitenwand und tastete mit der freien linken nach der Tür, doch da war nichts außer dem lebhaften Wind. Leon versuchte langsam in die Hocke zu gehen, was seine Beine nur bis zu einem bestimmten Punkt mitmachten. Es war nur ein weiterer Zentimeter, und doch war es die Grenze, an der seine Muskeln jede Kraft verließ, und er einfach umfiel. Ein weiterer Schrei, und einige hektische Atemzüge folgten, dann ging es ihm wieder besser, und er konnte erneut nach der Ladekante tasten. Leon wusste, dass er beobachtet wurde, er spürte, dass der Typ so nahe war, dass er ihn jederzeit erreichen konnte, aber noch immer passierte nichts.
Endlich hatte er sich so weit in Position gebracht, dass er auf der Kante saß, und die Beine frei herunterhingen. Leon nahm allen Mut zusammen und ließ sich mit dem halbwegs gesunden Bein zuerst heruntergleiten. Der Boden fühlte sich nass und matschig an. Leon hätte sich gewünscht, dass es regnet, aber außer ein paar Tropfen, die aus den Bäumen herabfielen, tat es das nicht. Er streckte den Kopf nach oben. Auch wenn er nun schon einige Zeit keine Kontrollmöglichkeit mehr gehabt hatte, glaubte er, dass er Sonnenlicht noch erkennen könnte. Aber es herrschte nichts als Dunkelheit vor seinen Augen.
»Und was jetzt?« Seine eigene Stimme erinnerte ihn an einen Mann, den er einmal kennengelernt hatte. Diesem Mann hatte der Krebs den Kehlkopf zerfressen, und man hatte ihm eine künstliche Stimme in den Hals gepflanzt.
Sekunden vergingen, ohne dass er eine Antwort bekam. Leon tat so, als würde er sich umsehen, und fragte erneut: »Was jetzt, du Arschloch?« Seine Stimme schnappte gemeinsam mit seiner misshandelten Psyche über: »War das etwa schon alles? Du hast vergessen, mir auch noch mein Leben zu nehmen!« Leon versuchte künstlich zu lachen, aber die Schmerzen in seinem Brustkorb nahmen ihm jede Luft. »Na gut ...«, presste er heraus und machte zwei wacklige Schritte nach vorne, »... dann gehe ich jetzt mal wieder. War schön mit Ihnen.« Früher war er für solche ironischen Sprüche bekannt, jetzt zeigten sie nur die Nähe zum Wahnsinn auf.

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