22. August 2017

'Ebola: Der Kongo - das schwarze Herz Afrikas' von D.W. Crusius

Der Kongo - das schwarze Herz Afrikas. Drei Menschen treffen in einem Urwaldkrankenhaus aufeinander, die unterschiedlicher kaum sein können. Lars Petersen will illegal geschürfte Diamanten kaufen. Dr. Eduard Dupré kam vor vielen Jahren als Missionar und Arzt an den Kongo. Jetzt ist er nur noch Arzt, seinen Glauben hat er längst verloren. Und da ist seine viel zu junge Frau Zola, trotz ihres afrikanischen Vornamens gebürtige Belgierin.

Das Krankenhaus liegt am Ebola, ein Seitenfluss des Kongo, der vor vielen Jahren der Ebola-Seuche den Namen gab. Eduard Dupré hat nicht nur mit Tropenkrankheiten zu kämpfen, sondern mit ausbleibenden Lieferungen der Hilfsorganisationen, gepanschten und längst verfallenen Medikamenten. Zur bitteren Erkenntnis, vielen Patienten nicht helfen zu können, kommen noch marodierende Regierungstruppen, Rebellen und Sklavenjägern aus dem Sudan. Da bricht erneut die Ebola-Seuche aus.

Gleich lesen: Ebola: Der Kongo - das schwarze Herz Afrikas

Leseprobe:
Kühler Nachtwind rüttelt an den Wänden der Hütte, Insekten und Geckos rascheln im Strohdach über mir. Ich höre Hyänen lachen und das heisere Grollen eines Löwen dröhnt gegen den harten Boden der Savanne. Ferne Trommeln warnen vor Elefantenherden und hungrigen Wildhunden, vor Sklavenjägern, vor Tod und Verderben. Ich schrecke hoch, taste suchend zur Seite, und schmerzhaft wird mir bewusst, dass es nur eine dumpf dröhnende Autotür war, vielleicht ein vorbeirasendes Motorrad auf dem nahen Highway.
Ich lausche und Erinnerungen überfallen mich. Eine verschlafene Stimme murmelt neben mir: »Comment ça va, mon chérie?«, und ein schwarzer Arm umfasst mich zärtlich.
Schweißnass falle ich zurück auf das Kissen, blicke zum Fenster. Diffuses Mondlicht dringt herein.
Lass die Toten ruhen, sagt man, aber nachts gelingt das nicht. Dann kriechen sie aus ihren Gräbern, stehen neben meinem Bett, kommen näher, wollen mich mitnehmen. Und die Trommeln dröhnen in meinen Ohren, tragen ihre blutige Warnung von Dorf zu Dorf.
Wäre das in den letzten Jahrhunderten vergossene Blut nicht in der Savanne versickert, ein blutiges Meer bedeckte den Schwarzen Kontinent.

Valencia, 2014

Sie fuhren weiter und nach einer Stunde tauchten Baumgruppen und niedriges Buschwerk vor ihnen auf. Eduard hielt darauf zu und stellte den Motor ab.
»Siehst du sie?«, fragte Zola und lachte verschmitzt.
»Sieh’ genau hin«, sagte sie und deutete auf das hohe, gelblich vertrocknete Gras. Er blickte angestrengt in die Richtung, bemerkte erst nichts. Doch, da bewegte sich etwas. Im hohen Gras lag ein Löwenrudel, nur die haarigen runden Ohren ragten ein wenig über das Gras hinaus. Fliegen umschwirrten sie und sie zuckten mit den Ohren. Kaum fünfzehn Meter waren sie von den Tieren entfernt.
»Wie viele sind es?«
»Kann ich nicht genau sehen. Vielleicht sechs oder acht.«
»Riechst du es?«, sagte Eduard. »Es stinkt verrottet, sie hatten letzte Nacht Beute und sind vollgefressen. Jetzt sind sie harmlos, wollen nur schlafen. Wenn ich aussteige und auf sie zugehe, laufen sie weg.«
»Lass das lieber. Wenn einer noch Hunger hat, muss ich mit Zola alleine zurück in die Station.«
Er sah Lars merkwürdig an, als wollte er etwas erwidern, zuckte dann nur die Achseln.
Sie fuhren weiter und ein ganzes Stück von den Löwen entfernt umrundete Eduard mehrmals in engen Kreisen eine Baumgruppe.
»Nichts, niemand da, der sich von uns gestört fühlen könnte. Wir rasten hier.«
Sie stiegen aus und Eduard ging vorsichtig stöbernd durch das Gras. Es stand hier nicht so hoch wie eben bei den Löwen.
»Keine Schlangen«, sagte er. »Setzen wir uns. Wenn einen von uns hier eine Mamba erwischt, dann war's das. Da käme jede Hilfe zu spät. Die Schwarzen haben fürchterliche Angst vor Schlangen. Sie erschlagen sie erst und sehen dann nach, ob es eine Giftschlange ist. Dabei gibt es sicher mehr Tote als Folge verschleppter Erkältungen als durch Schlangenbisse.«
Er holte die Klappstühle aus dem Jeep und den Korb. Sie setzten sich neben den Baum, den Korb zwischen sich auf dem Boden. Zola klappte ihn auf und nahm zwei große Dosen heraus, hielt ihm beide hin.
»Wildhuhn oder Antilope?«
»Wenn es die Antilope ist, die auch das Gulasch geliefert hat, dann nehme ich die.«
Sie öffnete die Dose und gab ihm einen Brocken Fleisch und einen dicken Kanten Brot. Dann nahm sie Becher aus dem Korb, eine Thermoskanne und schenkte Tee ein. Das Fleisch schmeckte wunderbar. Wildfleisch ist viel trockener, fettarmer als das der Stalltiere.
Eduard versuchte, aus seinem Becher zu trinken. Seine Hand zitterte erbärmlich. Schnell nahm er die andere zur Hilfe, hielt den Becher mit beiden Händen. Er bemerkte Lars’ forschenden Blick und sah ihn mit traurigen Augen irgendwie bittend an. Hoffentlich übersteht er die Rückfahrt, dachte Lars.
Es war angenehm im Schatten und je länger sie dort saßen, umso schläfriger fühlte sich Lars. Eduard fiel immer wieder das Kinn auf die Brust, wenn er weg nickte. Zola schien die Hitze nichts auszumachen, und mit ihrer Redseligkeit hielt sie Lars wach.
Jäh erstarrte sie und lauschte. Wie ein Tier, das Witterung von etwas Gefährlichem aufgenommen hat.
»Was ist?«, fragte Lars.
Sie legte den Finger auf die Lippen, schloss die Augen und senkte den Kopf. Dann hörte er es. Ein dumpfes rhythmisches Dröhnen. Trommeln. Es schien weit weg zu sein. Der Rhythmus war langsam, gleichmäßig und klang bedrohlich. Zola lauschte eine Weile, stand dann auf und schüttelte Eduard, sagte etwas auf Lingála zu ihm.
Eduard war sofort hellwach.
»Wir müssen zurück, schnell«, sagte er.
»Was ist los?«, wollte Lars wissen. Eduard gab keine Antwort.
Eilig trugen sie die Reste ihres Picknicks und die Stühle zum Wagen, stiegen ein und Eduard startete hastig den Motor. Minuten später waren sie auf dem Sandweg und fuhren so schnell, wie eben möglich, in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
»Was ist passiert?«, fragte Lars erneut.
»Sie haben ein Dorf überfallen«, sagte Eduard.
»Die Station?«
»Ein Dorf nicht weit entfernt von der Station.«
Er sah angestrengt auf den sandigen Weg vor ihnen. »Sie wollen zu mir, sie warten in der Station auf mich.«
Als Lars zurückblickte, sah er eine riesige Staubwolke hinter ihnen.
Nach etwa einer Stunde legte Zola Eduard eine Hand auf die Schulter und er hielt an. Er griff in die Tasche und zog den Flachmann hervor und nahm einen langen Zug. Lars wusste, dass er ihn bei sich hatte. Die dumpfe Trommel war jetzt sehr viel lauter. Zola stieg aus und setzte sich mit gekreuzten Beinen auf den sandigen Boden. Dabei schloss sie die Augen als wollte sie meditieren.


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Mehr über und von D.W. Crusius auf seiner Website.



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