25. Oktober 2019

'Rowan - Flucht ins Sumpfland' von Aileen O'Grian

Kindle (unlimited) | Tolino
Blog Aileen O'Grian
Das Magierreich wird von einer unheimlichen Macht bedroht, Echsenkrieger und Drachen besetzen das Land. Deshalb soll der junge Magier Rowan seine Freunde Ottgar, Thronfolger des Magierreichs, und Mardok, Enkel des königlichen Waffenmeisters, in Sicherheit bringen, damit die zukünftigen Führer des Landes die Invasion überleben. Er selbst soll, gemäß den Wünschen seines Großvaters Obermagier Bunduar, seine Magierausbildung im Sumpfland fortsetzen.

Die Aufgabe erweist sich als schwieriger als gedacht, da die Feinde überall lauern und Ottgar mit seinem ungestümen Wesen lieber an der Seite seines Vaters kämpfen will, statt zu fliehen. Auch Rowan sorgt sich um seine Freunde im Ostreich, wo sich der Aufstand gegen König Kustin ausbreitet. Vor allem liegt Rowan die junge Heilerin Haiwa am Herzen, die ihm viel bedeutet und deren Leben in Gefahr ist.

Band 4 der Reihe um den Magier Rowan.

Leseprobe:
Schon bald schienen die Wege unheilvoll. Egal, welche Richtung Rowan einschlug, überall spürte er diese gefährliche Gegenwart fremder Mächte. Auch Scharus, sein alter treuer Wallach, der übernatürliche Fähigkeiten hatte, weigerte sich immer wieder, weiterzulaufen.
„Wie lange willst du noch im Kreis reiten?“, murrte Ottgar schließlich verärgert.
„Ich weiß es nicht. Ich finde keinen sicheren Weg hinaus. Überall droht Gefahr.“
„Dann sei doch nicht so ängstlich, das Leben ist immer gefährlich. Vor allem, wenn man Ritter ist und erst recht als angehender König.“ Verächtlich fügte er hinzu: „Magier denken natürlich zuerst an die Sicherheit. Die kämpfen auch nicht in vorderster Reihe.“
Rowan schluckte, holte mehrmals tief Luft, um eine scharfe Erwiderung zurückzuhalten. „Könige sollten auch nicht an vorderster Front kämpfen“, sagte er nach einer Weile leise. „Sie sollten das ganze Schlachtfeld überblicken und kluge Anweisungen geben. Kopfloses Heldentum hat noch niemanden geholfen.“
Anschließend ritten sie schweigend weiter, bis sie in der Dunkelheit einen Felsüberhang fanden, unter dem sie geschützt übernachten konnten.
Am nächsten Morgen machte sich Rowan auf, um Nahrung für sie zu suchen. Es wuchsen viele Brombeeren und Nüsse hier und er sammelte eine ganze Weile, um auch für die nächsten Tage Vorräte zu haben. Er ärgerte sich, dass Ottgar ihm dabei nicht half. Noch größer war sein Entsetzen und Ärger, als er zum Lager zurückkehrte und Ottgar nicht mehr vorfand. Sein Pferd und seine Decke waren weg. Er hatte Rowan einfach im Stich gelassen.
Rowan fluchte laut. Warum hatte Bunduar ihm bloß mit dieser undankbaren Aufgabe betraut, Kindermädchen für den Thronfolger zu spielen? Was war aus ihrer engen, vertrauensvollen Kinderfreundschaft geworden?
Niedergeschlagen sattelte Rowan sein Pferd und suchte nach Spuren, um Ottgar zu folgen.
Er hatte Glück. Ohne um Hilfe gebeten zu haben, tauchte eine kleine Blumenfee auf einer Lichtung vor ihm auf.
„Du suchst diesen leichtsinnigen Jungen? Er ist nach Norden geritten.“ Sie zeigte mit der Hand zwischen hohen Laubbäumen hindurch. „Beeile dich, ihn einzuholen. Die Echsenkrieger lagern vor dem Moor.“
„Sind wir im Moor vor ihnen sicher?“, fragte Rowan.
„Ich befürchte nicht. Rettet euch in den Schnee. Kälte können sie nicht ab.“
Rowan sah sie irritiert an. So hoch waren die Berge im Magierreich nicht, als dass sie schneebedeckt waren. Trotzdem behielt er ihren Rat im Hinterkopf, als er sein Pferd antrieb, um Ottgar einzuholen.

Leider hatte Ottgar sein gesamtes Wissen, Spuren zu verwischen, eingesetzt, um Rowan die Verfolgung zu erschweren. Rowan fluchte leise, dafür langanhaltend. Warum hatte er Ottgar so viel beigebracht? Natürlich hätte er als Ritter und Jäger einiges über Spurenlesen und wie man sich heimlich bewegte auch von anderen Lehrern gelernt. Doch Rowan verstand erheblich mehr von der Natur, von den Geistern und Tieren und hatte Ottgar manches Geheimnis verraten. So musste Rowan immer wieder kostbare Zeit verschwenden, um die Spur seines Kameraden zu finden. An einem Bach kurz vor dem Moor verlor er sie. Sicher war Ottgar längs des Baches weitergeritten. Doch in welche Richtung  aufwärts oder abwärts? Bergab ging es Richtung Wanroe, wo König Wilhar residierte, also folgte Rowan dem Bachlauf. Doch als er nach einem halben Tag Ottgars Spur noch immer nicht gefunden hatte, wendete er und ritt bachaufwärts, Richtung Ostland. Das bereitete ihm Bauchschmerzen. Jetzt musste er nicht nur mit den Echsen rechnen, sondern auch noch mit Prinz Hrodwals Kriegern.
Am liebsten hätte er Sirii um Hilfe gerufen, doch das letzte Elfenfeuer musste er für einen wirklichen Notfall aufheben.
Endlich erkannte er die Stelle, an der Ottgar den steinigen Bachlauf verlassen hatte. Geschickt hatte er ein Felsplateau benutzt. Doch am Ende der Felsen hatte sein Pferd ein paar Zweige abgerissen. Jetzt konnte Rowan ihm schneller folgen. Obwohl es inzwischen dämmerte, ritt er weiter, da die Spur geradeaus wieder Richtung Wanroe wies. Mit dem Umweg hatte er also Rowan nur abschütteln wollen.
Kannte Ottgar sich hier nicht aus? Er würde bald auf das große Ostmoor stoßen.
Leider konnte Rowan die Nacht nicht durchreiten. Scharus war völlig erschöpft. Er rastete im Unterholz, band seinen Kameraden an Büschen fest und legte sich hin. Er würde eine leicht lesbare Spur hinterlassen, aber das spielte jetzt keine Rolle mehr. Ottgar einzuholen, war viel wichtiger.
Sobald es am Morgen dämmerte, sattelte er und nahm die Verfolgung wieder auf. Nach mehreren Stunden hielt er an einem Bach inne, aß die Brombeeren und ein paar Nüsse, ließ das Pferd weiden und saß erst wieder auf, nachdem sie sich erholt hatten.
Gegen Abend wurde der Untergrund weicher, er näherte sich dem Moor. Bald wuchsen Moorpflanzen und Ottgars Spur wurde immer deutlicher.
Scharus‘ Ohren bewegten sich unruhig. Rowan stockte, als er plötzlich Kampfgeräusche hörte.
Doch statt sein Pferd anzutreiben, lauschte er erst einmal. Er konnte mehrere Reittiere stampfen hören. Vorsichtig näherte er sich dem Kampfplatz.
Er sah Ottgar, der sich zu Fuß verzweifelt gegen vier Echsenwesen wehrte. Sie waren bestimmt einen Kopf größer und viel kräftiger als stattliche Ritter, liefen aufrecht und waren am ganzen Körper von ihren Schuppen geschützt.
Rowan überlegte kurz. Selbst wenn er sich einmischte, würden sie die Echsen nicht überwältigen können. Schade, dass ihre Elfenhaarmäntel in Wanroe geblieben waren. Jetzt könnten sie sie gebrauchen, um sich unsichtbar zu machen.
Er benötigte unbedingt Hilfe, daher saß er ab, setzte sich auf den Boden und versenkte sich in sein Inneres. Er brauchte länger, als ihm lieb war, um zur Ruhe zu kommen.
„Ehrwürdiger Moorgeist, hilf deinen Freunden“, rief er endlich, als er so weit war.
Tatsächlich erschien ein grauhaariges Männergesicht zwischen den Binsen. „Warum soll ich dir helfen, du Jungspund?“
„Weil du meinem Großvater, dem Obermagier Bunduar, Treue geschworen hast“, flüsterte er eindringlich.
Der Moorgeist verschwand, ohne zu antworten.
Rowan wurde schwer ums Herz. Nicht einmal die Naturgeister hielten zu ihm. Wie sollte er da Ottgar retten?
Er nahm seinen Bogen und legte einen Pfeil ein, dann näherte er sich den Kämpfern, spannte den Bogen und zielte auf den vom Ottgar entferntesten Feind. Er nahm sich Zeit, genau auf eine Spalte im Panzer zu zielen, bevor er losließ. Mit einem Aufschrei sackte der Mann zusammen, griff noch nach seinen Hals, dann blieb er regungslos liegen.
Rowan legte den zweiten Pfeil ein. Einer der Männer hatte sich von Ottgar abgewandt, als er seinen Kameraden schreien hörte, und Rowan entdeckt. Jetzt eilte er auf den jungen Magier zu. Bevor Rowan eine verwundbare Stelle mit dem Pfeil fixieren konnte, versank der Gegner im Moor.
„Danke, Moorgeist!“, murmelte Rowan und legte auf den dritten Mann an. Auch ihn traf er. Doch nicht so gut, dass er zusammenbrach. Der Kämpfer zog den Pfeil heraus, warf ihn weg und drang weiter auf Ottgar ein. Eilig lief Rowan durch das Moor zu seinem Freund. Er achtete sorgsam auf den Untergrund und betrat nur Stellen, die er als tragfähig erkannte. Während er sprang, zog er sein Messer aus der Scheide. Entsetzt bemerkte er, dass zwei weitere Echsenkrieger aus dem Wald kamen und ihren Kameraden zu Hilfe eilten.
Er duckte sich unter einem Schwertschlag, erreichte endlich Ottgar und sie stellten sich Rücken an Rücken auf, um sich gegenseitig zu decken. Mit einem kräftigen Hieb in eine seitliche Panzerfuge erschlug Ottgar einen Gegner, einem anderen konnte Rowan das Messer in den Brustpanzer rammen. Doch ihm gelang es nicht, es wieder herauszuziehen.
Und die beiden hinzueilenden Echsen hatten sie fast erreicht.
„Ins Moor“, rief Rowan und sprang auf den nächsten Binsenbüschel zu. Und dann weiter. Ottgar folgte ihm blind vertrauend. Als sie sich mitten im Moor befanden, stellten sie fest, dass die beiden Echsen ihnen nicht mehr folgten.
„Und jetzt?“, fragte Ottgar.
„Keine Ahnung, aber wir leben noch.“

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