4. April 2022

'Dunkle Schatten über Meadowfield' von Emilia Doyle

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Vor vier Jahren verließ Aiden die heimatliche Plantage seines reizbaren und despotischen Vaters wegen, nun kehrt er seinetwegen nach Meadowfield zurück. Jacob Pellham ist gesundheitlich schwer angeschlagen und Aiden muss die Geschäfte für ihn weiterführen.

Je tiefer er in diese Aufgabe eintaucht, desto mehr fallen ihm Missstände und Ungereimtheiten auf. Allen voran ist ihm der Aufseher Cutler ein Dorn im Auge. Mit ihm hat er noch eine Rechnung offen. Alte Wunden brechen auf, denn der Mann ist nicht sein einziger Gegner.

Mutters Heiratswünsche für Aiden machen sein Leben auch nicht leichter und als er zufällig ein streng gehütetes Geheimnis seines Erzeugers entdeckt, fällt er aus allen Wolken.

Anleser:
Aiden tat einen tiefen Atemzug, schloss die Augen und hielt sein Gesicht den wärmenden Strahlen der Sonne entgegen. Er saß auf einer kleinen Bank, die an zwei Ketten hing und sich auf der rückwärtigen Veranda hinter dem Küchentrakt befand. Sie wurde nur vom Haus- und Küchenpersonal benutzt, Aiden ausgenommen. Hier hatte er sich schon früher gern aufgehalten, wenn er allein und ungestört sein wollte. In Erinnerungen versunken schaukelte er sacht vor und zurück. An der Aufhängung, am Dach des Überstandes, verursachte die Bewegung ein stetes und gleichmäßiges Quietschen, das ihn langsam einlullte.
»Was machst du hier?«, fragte eine Kinderstimme.
Gereizt über die Störung öffnete er die Augen. Das Erste, was er sah, waren nackte, schmutzige Füßchen. Langsam glitt sein Blick aufwärts, erfasste den Saum eines Kleides und stoppte schließlich beim Gesicht. Vor ihm stand ein kleines Sklavenmädchen von etwa neun, zehn Jahren, das ihn aus unschuldigen braunen Augen anschaute.
»Was soll ich schon machen?«, entgegnete er flapsig. »Ich sitze hier!«
Die Kleine lachte unbekümmert, wobei sie ihren Oberkörper in scheuer Manier hin und her wiegte, während sie die Hände auf dem Rücken hielt. Angst schien sie aber nicht vor ihm zu haben, im Gegenteil, sie musterte ihn neugierig.
Ihre Hautfarbe war außergewöhnlich hell, ihr Erzeuger musste ein Weißer gewesen sein.
Auf fast jeder Plantage des Südens fand man Sklaven, deren Haut heller war als die der anderen. Ihre Mütter waren nicht selten Opfer von Vergewaltigungen geworden; durch Aufseher, Plantagenbesitzer und andere weiße Herrschaften. Ein paar von ihnen dienten ihren Besitzern auch freiwillig als Gespielin, wenn die eigene Gemahlin unpässlich war.
»Wie heißt du?«, fragte Aiden.
»Maliya, und du?«
»Weißt du denn nicht, wer ich bin?«, hakte er überrascht nach.
Heftig schüttelte Maliya den Kopf.
Der unbändige Zorn, den er eben noch in sich gespürt hatte, war wie durch Geisterhand verflogen. Er ließ sich zu einem Schmunzeln hinreißen. Da stand dieses kleine Mädchen vor ihm, sah ihm furchtlos entgegen und hatte keine Ahnung, wer er war.
»Ich heiße Aiden.«
»Warum hast du so traurig ausgesehen?«, fragte sie ungeniert weiter und setzte sich auf den Rand der Terrasseneinfassung.
»Weißt du, es gibt manchmal Situationen, da läuft im Leben nicht alles so, wie man es gern hätte«, erklärte er freundlich.
Verständnislos schaute Maliya zu ihm auf. »Aber du bist weiß. Meine Mutter sagt, Weiße können alles im Leben erreichen, weil sie frei sind. Für sie gibt es keine Grenzen.«
Ja, er war ein Weißer und er war frei, dennoch war das Leben mit einem Vater wie seinem alles andere als ein Honigschlecken.
»Um Himmelswillen, Maliya.« Eine junge Frau stürzte um die Hausecke herbei und das blanke Entsetzen stand in ihrem Gesicht. »Ich bitte vielmals um Verzeihung Master Aiden, wenn meine Tochter Sie belästigt hat. Sie ist noch ein Kind, bitte habt Erbarmen.« Stürmisch riss sie das Mädchen an sich und drückte es ganz fest. »Es wird nie wieder vorkommen.«
»Sie hat mich keineswegs belästigt«, beteuerte er, aber seine Worte verhallten, als hätte er sie nie ausgesprochen. Denn sie verbeugte sich mehrmals ängstlich und stammelte eine Entschuldigung nach der anderen, bevor sie davoneilte.
»Master Aiden, Master Aiden.« Jemand rüttelte ihn an der Schulter.
Verstört öffnete er die Augen. Als er aufsah, blickte er in das Gesicht von Hermela, der Köchin auf Meadowfield, die ihn als Säugling und Kleinkind betreut hatte.

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