31. März 2022

'Herbstfrühling' von Angelika Godau

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Website Angelika Godau
Sarah reicht‘s! Erst wird sie von ihrem Ehemann wegen einer Jüngeren verlassen, Pubertier Lara macht ihr täglich das Leben zur Hölle und nun auch noch das! Ihre Mutter hat mit 77 plötzlich einen viel jüngeren Freund und will mit dem nach Teneriffa ziehen.

Diesem Plan sagt sie energisch den Kampf an, rechnet aber nicht mit Tochter Lara. Jetzt wird’s richtig turbulent in der Familie ...

Anleser:
Inge Berger ist müde. Dabei hat sie kaum etwas getan, nur dagesessen, gefrühstückt und sich gelangweilt. Früher ist sie morgens fröhlich und unternehmungslustig aufgestanden, neugierig auf das, was der neue Tag ihr bringen wird. Heute ist sie nur noch neugierig auf das Ende, das endgültige, wenn die Zeit, die ein jeder zum Leben bekommt, abgelaufen ist. Ihr Herz scheint bereits zu wissen, dass dieser Moment nicht mehr fern ist, denn die Pausen zwischen zwei Schlägen werden immer länger. Sie fühlt das unangenehme Stolpern, wenn es seinen Dienst wieder aufnimmt. Sie hat zu viel Zeit. Daher lauscht sie ständig in sich hinein und hofft, ihre Pumpe möge begreifen, dass es die Anstrengung nicht lohnt. Dann wird sie dieses letzte Abenteuer er- aber nicht überleben. Diesen einen Augenblick zwischen Leben und Tod, bevor es vorbei ist. Sie stellt ihn sich interessant, zumindest aber tröstlich vor, schließlich hat sie Glück gehabt. Sie ist alt geworden. 77 Jahre, und das allein ist ein Wunder. Schließlich ist sie 1944 in Dresden zur Welt gekommen und hätte diese gleich nach ihrer Geburt wieder verlassen, wäre da nicht die Oma gewesen. Die hatte nicht gezögert, war in den Keller des in Flammen stehenden Hauses gerannt, um sie zu retten. Dafür musste sie ihr ein Leben lang dankbar sein, das war klar, aber sie hatte diese Geschichte zu oft gehört. Gefühlte tausend Mal und mehr und irgendwann nur noch gähnende Langeweile empfunden. Warum sie heute ihre Enkel ebenfalls mit alten Geschichten nervt, versteht sie selbst nicht. Besonders die 14-jährige Lara, die sie mit ihren altklugen Fragen und respektlosen Bemerkungen immer wieder aus der Fassung bringt. Sie scheinen nicht dieselbe Sprache zu sprechen. Chill mal, voll krass, strange und in jedem zweiten Satz dieses schreckliche Wort. Hätte sie früher jemals "geil" gesagt, ah Gott, die Mutter hätte ihr den Mund mit Kernseife ausgewaschen. Als sie das einmal Lara erzählt hat, zuckte die nur mit den Schultern und verzog verächtlich den Mund. Und, obwohl sie verstand, dass sich ein junges Mädchen nicht für das Geschwätz einer alten Frau interessiert, erzählte sie ihr oft solche Geschichten von früher.

Blick ins Buch (Leseprobe)

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