5. November 2021

'Roter Ozean - Im Fahrwasser der Macht' von U.T. Bareiss

Kindle | Tolino
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Ein Feuerball erhellt das Meer vor der Küste Sardiniens. Aus den Trümmern der explodierten Motorjacht rettet der Meeresbiologe Alex Martin einen Verletzten. Damit beginnt ein Kampf ums Überleben - denn der Gerettete ist Journalist und besitzt brisantes Material zu einem Mord in den höchsten Politkreisen Italiens. Ohne es zu wollen, gerät Alex in einen Strudel aus Macht und Intrigen. Bald wird er selbst von Polizei und skrupellosen Verbrechern verfolgt. Es bleibt nur ein Ausweg: Der Gejagte muss zum Jäger werden ...

"Ein extrem spannender Wettlauf um Leben und Tod." Kölner Rundschau

Anleser:
Etwas stimmte nicht.
Die Köchin richtete sich in ihren Kissen auf. Der Geruch nach verbranntem Fleisch hing in der Luft. Madre Mia! Die Reste des Saltimbocca alla Romana vom Vorabend standen abgedeckt auf dem Herd. Hatte sie etwa vergessen, das Gas abzuschalten? So etwas passierte ihr in letzter Zeit öfter.
Sie schüttelte den Kopf, strich sich die grauen Haarsträhnen aus dem Gesicht und stand auf. Ein Stechen fuhr durch ihre Glieder – die vermaledeite Arthritis. Zum Anziehen blieb keine Zeit, eine Wollstola musste ausreichen.
Der Flur lag ausgestorben da, nur in den Nischen lauerten schwarze Schatten.
Im Haus herrschte Stille.
Sie eilte in Richtung Küche, nur das Klappern ihrer Pantoffeln auf den Terrakotta-Fliesen übertönte das heftige Klopfen ihres Herzens. Ein ungutes Gefühl beschlich sie und verursachte ein Prickeln, das sich zwischen ihren Schulterblättern bis in den Nacken ausbreitete. Sie hielt inne. Mochte vieles nicht mehr so funktionieren wie früher, ihr Geruchs- und Geschmackssinn arbeiteten noch einwandfrei. Es roch eindeutig verbrannt.
In der Küche war kein Glimmen unter dem gusseisernen Topf auf dem Gasherd zu sehen, der wie eine Insel in der Küchenmitte thronte. Was für ein Glück, sie hatte nichts vergessen!
Doch durch die Gardine fiel ein Flackern, das die Konturen beinahe gespenstisch erhellte. Sie hastete zum Fenster und spähte hinaus. Auf die Entfernung konnte sie nur ein vage tanzendes Licht ausmachen. Hatte etwa einer der Olivenbäume Feuer gefangen? Der Sommer war bislang viel zu trocken gewesen. Kleine Schweißperlen traten auf ihre Oberlippe. Sollte sie Hilfe rufen?
Warum brachte Daniele ausgerechnet heute die Signora mit den beiden Bambini für die Sommerferien zu den Großeltern nach Terracina? Schließlich war er für die Bäume zuständig. Sollte sie den Signore wecken? Nein, sie würde selbst nachsehen, bevor sie falschen Alarm schlug.
Beim Öffnen der Hintertür schlug ihr der penetrante Geruch mit voller Wucht entgegen. Sie drückte sich ein Ende der Wollstola vor die Nase und zog sie enger um ihre Schultern. Trotz der lauen Nachtluft fröstelte sie. Sie musste sich zwingen, einen Fuß vor den anderen über die unebene Wiese in Richtung des Lichtscheins zu setzen. Eine Windböe blies ihr warme Luft zu. Warme, nach verbranntem Fleisch riechende Luft. Beißender Qualm trieb ihr Tränen in die Augen. Sie blinzelte. Blinzelte nochmals.
Dio mio!
Sie schrie, laut und gellend. Als ihre Kehle den Ton versagte, schrie sie stumm weiter. Der Anblick des Menschenkörpers, der an einem Holzkreuz hing, eingehüllt in einen Mantel aus Flammen, die ihm das Fleisch von den Knochen leckten, brannte sich in ihr Gedächtnis.

Blick ins Buch (Leseprobe)

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