17. Dezember 2021

'Wo Schnee nach Liebe riecht' von Lisa Torberg

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Website | Autorenseite
Stephen Winter muss dringend etwas gegen die aberwitzigen Versuche seiner achtjährigen Nichte Maisie unternehmen, ihn zu verheiraten. Sein Leben ist gut, so wie es ist. Er ist Arzt aus Leidenschaft, lebt für seine Patienten und seine Tochter July. Seine todgeweihte Frau hat er damals geheiratet, weil er sie liebte. Eine andere braucht er nicht.

Delaney Beaumont liebt ihre Heimatstadt Montreal und alles, was glitzert und funkelt. Als nach dem Tod eines Eigenbrötlers in einem Banksafe in Mount Pearl jahrhundertealter Schmuck gefunden wird, überwindet sie dafür sogar ihre Flugangst.

Aber warum hat ihr niemand gesagt, dass Neufundland so rückständig ist? Auf einer vereisten Straße ausgerechnet vor diesem Arzt zu stürzen, dessen Nähe trotz der Eiseskälte Hitzeschauer durch ihren Körper jagt, war nicht ihr Plan.

Ein bezaubernder Liebesroman mit Happy-End-Garantie aus dem verschneiten Kanada.

Anleser:
»Miss Woodman ist nicht nur nett, sie ist auch wirklich hübsch, Onkel Stephen.«
Maisie schaut in seine Richtung, während sie ein Stück Kartoffel in den Mund schiebt und zu kauen beginnt. Stephen umklammert Gabel und Messer fester, senkt den Blick und konzentriert sich auf das Fleisch auf seinem Teller. Er darf seine Nichte nicht ansehen, um ihr nicht unwirsch zu antworten. Sosehr er die Siebenjährige mit ihren weizenblonden Locken und den haselnussbraunen Augen liebt, sie nervt.
Hätte ihm vor zwei Jahren, bevor Liam nach Mount Pearl zurückkam, gesagt, dass er Scarlett doch noch heiraten würde, er hätte denjenigen wüst beschimpft. Obwohl Ausfälligkeiten ganz und gar nicht seine Art sind. In diesem Fall hätte er sich jedoch vergessen, denn Liam Cranford hatte ihre Heimatstadt im wahrsten Sinne des Wortes bei Nacht und Nebel dreizehn Jahre zuvor verlassen – ohne Erklärung. Wobei diese wiederum eigentlich auf der Hand lag. Doch Stephen hatte dem Jüngeren nie verziehen, dass er mit seinem Verschwinden das Leben seiner Schwester zerstört hatte.
Die beiden waren jahrelang das Traumpaar schlechthin gewesen. Sie siebzehn, er einundzwanzig und so verliebt, dass niemand daran zweifelte, dass sie spätestens nach dem Abschluss ihrer Studien heiraten würden. Doch dann war alles anders gekommen, und Stephen hatte versucht, damit fertigzuwerden, dass sich seine Schwester von einem glücklichen Teenager in eine melancholische junge Frau verwandelt hatte. Dabei hatte er zwar nie vergessen, dass an all dem einzig Liams Mutter schuld war, die eine große Zahl an Menschen um viel Geld betrogen hatte, sein Groll hatte sich jedoch gegen seinen Freund gerichtet. Bis dieser mit der kleinen Maisie zurückgekommen war und Stephen begriff, wie sehr Liam gelitten und wie umfassend das Verbrechen seiner Mutter sein Leben verändert hatte. Aber all das ist mittlerweile Vergangenheit – und seine Schwester mit ihrem Mann und den drei gemeinsamen Kindern so glücklich, wie Menschen nur sein können.
»Wieso ist es für dich wichtig, dass Miss Woodman hübsch ist, Maisie?« Scarlett wirft ihrer Tochter einen fragenden Blick zu. »Es ist doch egal, wie eine Klassenlehrerin aussieht. Das Entscheidende ist, dass sie euch so viel wie möglich beibringt und ihr gut mit ihr auskommt.«
Stephen schiebt sich ein Stück Fleisch in den Mund und mustert seine Nichte. Maisies Wangen röten sich.
July, seine vierzehnjährige Tochter, rammt ihrer Cousine den Ellenbogen in die Seite. »Jetzt sag es schon!«
Maisies Kopf ruckt herum. »Was denn? Es gibt nichts zu sagen.« Sie presst ihre Lippen aufeinander.
»Das denke ich auch«, murmelt Liam und wirft dabei einen Blick zu der Wippe auf der Bank, in der Noah mit weit aufgerissenen Augen das Gespräch zu verfolgen scheint. Der jüngste Cranford ist zwar erst fünf Monate alt, aber im Gegensatz zu dem knapp ein Jahr älteren Luke, der längst oben in seinem Bettchen liegt, schläft er nur selten, wenn die Familie um den Esstisch versammelt ist. Was wiederum so gut wie jeden Abend im Haus der Cranfords der Fall ist und nicht nur ihn und seine Tochter July, sondern auch die Hunde miteinbezieht. Orlando, der Neufundländer, den er vor drei Jahren für July gekauft hat, und sein jüngerer Bruder Phönix aus derselben Zucht, den Liam und Scarlett Maisie geschenkt haben. Die beiden riesigen schwarzen Wollknäuel liegen wie immer so eng nebeneinander vor dem Kamin, dass man nicht unterscheiden kann, wo der eine beginnt und der andere aufhört. Sie alle wundern sich jeden Abend, dass die beiden sich problemlos voneinander trennen, sobald er mit July und Phönix heimfährt.
»Das beantwortet nicht die Frage, Maisie.« Scarletts Stimme lässt keinen Zweifel daran, dass sie verärgert ist. Nicht weniger als er selbst, um ehrlich zu sein. Nur will er nicht der Grund für Missstimmigkeiten sein. Andererseits ...
»Schau mich bitte an«, fordert seine Schwester ihre Tochter im Befehlston auf. »Erkläre mir, weshalb das Aussehen deiner Klassenlehrerin von Bedeutung ist und warum du das ausgerechnet deinem Onkel sagst.«
Stephen senkt den Blick und verbeißt sich ein Grinsen. Es ist zwar überhaupt nicht lustig, dass seine Nichte ihn mindestens einmal pro Woche mit dem Namen irgendeiner Frau konfrontiert, aber der Grund dafür so offensichtlich, dass er sich fragt, wie Scarlett diesen ausdruckslosen Gesichtsausdruck beibehalten kann. Der ist es nämlich, der ihn zum Lachen reizt.
»Ich will ja nur ... ich meine ... also eigentlich ...« Nicht nur Maisies Wangen sind dunkelrot, mittlerweile zeichnen sich ebensolche Flecken auf ihrem Hals ab. Die Gabel rutscht aus ihrer Hand und schlägt klirrend auf den Rand des Tellers. Sie greift sich an den Rundausschnitt ihres Pullovers und zerrt daran, als ob sie keine Luft bekommen würde. Der Arzt in ihm will aufspringen, um sich zu versichern, dass es dem kleinen Mädchen gut geht. Wäre sie irgendein Kind, würde er das auch tun. Aber sie ist seit der Adoption vor knapp zwei Jahren seine Nichte – und er ist nicht der Einzige im Raum, der weiß, was sie im Schilde führt.
»Zieh den Pullover aus, falls dir heiß ist, Maisie.« Liam kommt seiner Frau zu Hilfe, die offenbar einen inneren Kampf ausficht, der Stephens nicht unähnlich ist. »Und dann beantworte die Frage.«
Maisie erstarrt, reißt ihre Augen weit auf und starrt ihren geliebten Daddy an. Stephen spießt ein Stück Fleisch auf die Gabel und schiebt es sich in den Mund, auf die Gefahr hin, dass er daran ersticken könnte. Denn es ist das erste Mal, dass Liam nicht beschwichtigend eingreift, wenn es um Maisie geht. Seit dem Tod seines Freundes Robert war er lange Zeit der einzige Rückhalt für das kleine Mädchen, dessen Mutter bei ihrer Geburt gestorben war – und sie für ihn. Doch offenbar hat Maisie mit ihren Versuchen, Stephen an die Frau zu bringen, auch bei Liam die Grenze des Erträglichen erreicht.
Maisie zerrt an ihrem Ärmel, prustet, schiebt den Pullover über ihren Kopf und schüttelt ihn von ihrem zweiten Arm. Er fällt von der Bank und sie hebt in einer theatralischen Geste beide Hände hoch, als ob sie jemand mit einer Waffe bedrohen würde.
»Ich will doch nur, dass Onkel Stephen auch endlich eine Frau und eine richtige Familie hat!« Große dicke Tränen rinnen über ihre Wangen.
Stephens Herz ballt sich zusammen und seine Kehle wird eng. Mühsam kämpft er gegen den Bissen an, der in seiner Speiseröhre steckt, greift nach dem Wasserglas, trinkt einen großen Schluck, räuspert sich.
»Maisie, ich habe doch euch alle. Eine bessere Familie könnte ich mir nicht wünschen!«
»Aber du brauchst eine Frau zum Küssen und Kuscheln und Liebhaben. Eine, mit der du ein Baby bekommst, damit July endlich auch ein Brüderchen oder ein Schwesterchen hat. Das wünscht sie sich nämlich!«

Blick ins Buch (Leseprobe)

Labels: ,

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite