'Die dritte Prinzessin' von J.R. Kron
Eine Kriminalgeschichte in einem mittelalterlichen Setting. Voller Spannung sieht Garvin den Aufnahmeritualen des Heerhaufens entgegen, denn in dieser besonderen Nacht soll er zum Mann werden. Doch stattdessen lässt sein Hauptmann ihn zu sich rufen. Als er unerwartet den Auftrag bekommt, die Prinzessin zu beschützen, weiß er noch nicht, dass er zum Spielball einer tödlichen Intrige wird.
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Behutsam streifte sich Libold das Kleid über. Dabei verzog er angewidert das Gesicht. Nicht dass an dem Kleid etwas auszusetzen gewesen wäre. Im Gegenteil, es war ein sehr schönes Kleid: weiß mit kleinen blauen Blumen darauf und Rüschen an den Ärmeln. Es hatte ihn und seine Kameraden eine Menge Geld gekostet. Der Anlass für seinen Gesichtsausdruck war, dass er ein Kleid anzog, das er lieber einem hübschen Mädchen ausgezogen hätte.
Neben der reinen Überwindung war das nächste Hindernis beim Ankleiden seine Statur. Das Kleid war offensichtlich für eine viel zierlichere Person gedacht. Gut, dann sollte es eben hinten offenbleiben. Es würde ja sowieso nur von vorne zu sehen sein. Ein Grinsen stahl sich in Libolds schmalwangiges Gesicht. Und je mehr er an die bald kommenden Ereignisse dachte, desto breiter wurde es. Bald war es so weit; das würde ein Spaß werden. Mit einem leichten Kribbeln durchströmte ihn die Vorfreude. Über diesen Streich würde der Heerhaufen noch monatelang reden und lachen. Hoffentlich nahm ihm Garvin das nicht allzu übel. Er mochte den Jungen. Das war auch der Grund, warum er sich dazu bereit erklärt hatte, in Frauenkleider zu schlüpfen. So konnte er Garvins Gesichtsausdruck im Augenblick der Erkenntnis aus erster Hand genießen.
Aber es gab noch einen Grund, warum er diese Rolle in dem Scherz übernahm: Mit seiner schlanken Figur und den langen blonden Haaren war er der Einzige im Heerhaufen, der im Dunklen auf den ersten Blick als Frau durchgehen konnte.
Rasch legte er noch den himmelblauen Umhang um und zog die Kapuze tief ins Gesicht. Wenn er sich im Schatten halten würde, hätte er die Chance, die Maskerade so lange aufrechtzuerhalten, bis er Garvin einen bärtigen Kuss gegeben hatte.
Er räusperte sich.
»Oh helft mir, ich bin ja so verzweifelt«, flötetet er mit seiner höchsten Stimme. »Ihr seid mein Held!«
Dann brach er in schallendes Lachen aus.
***
»Es liegt was in der Luft, das sag ich dir.« Der Greis presste seinen Hintern gegen die raue Steinmauer und kratze sich daran. In sein Gesicht trat ein zufriedener Ausdruck. »Hör auf meine Worte«, fuhr er fort, »ich kann das spüren. Das alles hat nichts Gutes zu bedeuten.«
»Was?«, antwortete der andere Mann, der dem Ersten an Alter kaum nachstand. Er fingerte einen Käfer aus seinem verfilzten Bart und schnickte ihn auf den Boden. »Denkst du, weil dir die Hämorrhoiden jucken, bricht das Königreich zusammen? Du bist ein Narr, Gastar. Warst du schon immer.«
»Ha, ein Narr bin ich also?« Er zog sich die Beinlinge hoch, die bei seiner Kratzaktion verrutscht waren. »Und was, mein junger Freund, denkst du, haben all die Gerüchte zu bedeuten? Wo Rauch ist, da ist auch Feuer, das sag ich dir.«
Der Andere warf einem Passanten, einem wohlgenährten Kaufmann, einen finsteren Blick zu, den er auch nicht aufhellte, als dieser ihm eine Münze in die Schale warf. Er fingerte das Geldstück heraus, biss darauf und ließ es unter den Lumpen verschwinden, die an seinem dürren Körper klebten.
»Alles nur Geschwätz«, sagte er und spuckte auf das Pflaster neben seinem Sitzplatz. »Wenn die Waschweiber nichts anderes zu tun haben, dann schwätzen sie eben.«
»Das ist kein Geschwätz. Wenn so viele Leute dasselbe sagen, dann ist da was dran. Ich hab es selbst von Müllers Leo gehört. Und der hat es von einem Freund bei der Burgwache. Ich sage dir, die Prinzessin ist nicht ganz bei Sinnen. Sie ist verrückt und krank vor Gier nach Macht.«
»Der Leo, ja? Der hat ja noch nicht mal genug Verstand, um sich selbst die Schuhe zu binden. Wenn der einen von der Wache kennt, dann nur, weil der ihn betrunken aus der Taverne geschleift hat. Pah, die Prinzessin ist schon ganz in Ordnung. Hat es ja auch nicht leicht gehabt, das arme Ding, seit unser alter König und seine Frau tot sind. Ich bin selbst bei meinem Oheim aufgewachsen, und schau, was es mir gebracht hat.«
»Und was denkst du, warum der Heerhaufen in der Stadt ist? Hauptmann Menos war ein guter Freund des Königs und nun unterstützt er eben dessen Tochter. Und die will auf den Thron, das sag ich dir. Es wird Blut in den Straßen von Wieseleck fließen, merk dir meine Worte.«
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Labels: Bücherbord, History, J.R. Kron, Krimi
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