'Tanz bei offenen Türen' von Marion Pletzer
Eine weitere Geschichte aus der Reihe "Quick, quick, slow - Tanzclub Lietzensee", einem Gemeinschaftsprojekt verschiedener Autoren rund um die Welt des Tanzes.
Marga Fischer arbeitet mit Leib und Seele als Bürokraft für ihren Tanzverein und leistet so manche unbezahlte Überstunde. Ihrem Mann Udo gefällt das gar nicht. Häufig gibt es deswegen Streit ...
Gerade als Marga eine Möglichkeit findet, ihrer Arbeit und Udo gerecht zu werden, kommt es im Verein zu einem Wasserrohrbruch. Und das kurz vor einem Turnier. Nun ist Margas ganzer Einsatz gefordert. Wie wirkt sich das auf ihre Ehe aus?
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Leseprobe:
Marga zog die leichte Jacke über. Am Abend, wenn sie nach Hause fuhr, hatte die Luft sich bestimmt abgekühlt.
„Hast du nicht Dienst an der Bar heute?“ Udo stand mit einem Mal in der Wohnzimmertür.
Marga nickte und kramte in ihrer Tasche nach dem Handy. Sie vergaß es oft, wenn sie es zum Aufladen hingelegt hatte.
„Und dann willst du schon los?“, fragte Udo und schaute auf die Uhr. „Dein Stundenkontingent hast du diesen Monat doch längst erfüllt.“
„Wie oft willst du mir das noch vorhalten? Du weißt genau, dass ein Verein ohne Ehrenamtliche nicht funktioniert. Jeder leistet seinen Beitrag.“
„Du bist aber angestellt. Minijobberin.“
„Udo, bitte.“ Marga küsste ihn leicht auf die Lippen. „Bis später. Das Essen steht auf dem Herd. Musst du nur warm machen.“
Die Haustür fiel hinter ihr ins Schloss. Wenig später stieg sie aus der U-Bahn, ging jedoch nicht gleich zum Tanzverein. Ihr erstes Ziel war ein Supermarkt. Dort kaufte sie verschiedene Säfte, Knabbereien und Obst ein. Außerdem landeten nach kurzer Überlegung zwei Tafeln dunkle Schokolade im Einkaufswagen. Der Abend würde lang werden. Besonders ohne Naschereien. Schließlich verließ sie den Laden mit vier Tüten. Viel mehr, als sie eigentlich hatte kaufen wollen. Das Vereinsgebäude war nicht weit entfernt. Dennoch musste sie die Tüten zweimal absetzen und verschnaufen, bis sie schließlich ächzend die Tür des Haupteingangs mit dem Ellenbogen aufdrückte.
Eine Tangomelodie schallte ihr aus einer offen stehenden Tür entgegen. Heute waren doch die Square Dancer dran. Dazu passte die Musik nicht. Im Vorübergehen warf sie einen Blick in den Tanzsaal. Ines Grube gab einem der Standardpaare Einzelunterricht.
„Warte, Marga, ich helfe dir!“ Lydia Aydemir eilte auf sie zu und nahm ihr zwei Tüten ab. „Alles an die Bar?“
Marga nickte erleichtert. „Danke dir. Die Säfte kannst du gleich in den Kühlschrank stellen.“ Mit einem tiefen Seufzen stellte sie die beiden anderen Tüten auf den Tresen. Ihr Herz begann heftig zu klopfen und sie spürte, wie ihr die Hitze in den Kopf stieg und sich über ihren Oberkörper ausbreitete.
„Puh!“ Marga zog die Jacke aus und legte sie zur Seite. Schweiß befeuchtete die Haare im Nacken und am Haaransatz. Sie strich sich mit dem Handrücken über die Stirn.
„Ich finde, so allmählich reicht es mit den Hitzewellen. Zwei Jahre plage ich mich bereits damit.“
Lydia lächelte mitfühlend, erwiderte jedoch nichts, sondern packte die Einkäufe in die Schränke. Dann richtete sie sich auf. Ein paar rote Haarsträhnen hatten sich aus dem locker gebundenen Knoten gelöst und lockten sich neben ihren Wangen.
„Warum bittest du nicht Hinnerk oder Robert, die Einkäufe zu erledigen? Die jungen Männer haben doch viel stärkere Arme“, sagte sie.
„Ich wollte gar nicht so viel einkaufen. Aber als ich im Laden stand, fiel mir ein, dass wir dies und das noch gebrauchen können.“ Die Hitzewelle ebbte ab. Zurück blieb ein feiner, feuchter Schweißfilm, so als wäre sie durch einen dichten Nebel gegangen. Er trocknete innerhalb von Sekunden.
Lydia hatte sich für das Square Dance Training bereits umgezogen. Flott sah sie aus in dem rot-weißen Rock über dem Petticoat, und der weißen Bluse. Marga beneidete sie um ihre Figur. Lydia war schlank und besaß trotzdem hübsche Kurven an den richtigen Stellen. Und sie bewunderte sie für ihren Mut, sich auch im Alltag flott zu kleiden und ständig ihre Haarfarbe oder die Frisur zu ändern. Lydia machte sich nichts daraus, was andere sagten. Hauptsache, ihr gefiel es. Marga strich mit der flachen Hand das schlichte, hellblaue T-Shirt glatt. Manchmal wünschte, sie könnte genauso denken.
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Labels: Marion Pletzer, Reihe Lietzensee, Tanz
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