7. März 2016

'Jamil - Zerrissene Seele' von Farina de Waard

Jamil und sein Bruder Balor sind die Herrschersöhne Kas'Tiels. Als die Handelsstadt im Krieg zerstört wird, gelingt nur wenigen die Flucht. Sie segeln aus dem brennenden Hafen und landen an einer fremden Küste. Jamil entdeckt, dass sie nicht allein in dieser Wildnis sind, doch als er ein erstes Treffen erwirken will, passiert das Unfassbare und er stürzt von der Klippe ins Meer. Als sein Körper angespült wird, stellen die Flüchtlinge mit Schrecken fest, dass er noch atmet. Jamil wird als Dämon verbannt und nur die wilde Jägerin Ashanee hat Mitleid mit dem schwerverletzten Fremden.

Sie schleppt ihn zur heiligen Stätte ihres Volkes und versorgt seine Wunden. Doch während er im Fieber liegt, beginnen seine Augen und Hände wie das Feuer eines Dämons zu glühen …

„Es heißt, vor vielen hundert Wintern erleuchteten unzählige Sterne den Nachthimmel taghell“, begann Ashanee und deutete hinauf in die Dunkelheit. „Doch etliche Sterne sehnten sich danach, der Welt Wärme und Wandel zu schenken und lösten sich daher vom Himmel. Begierig nach Macht, wollten manche so viel Einfluss wie die strahlende Sonne und vergaßen sich darüber selbst. Sie verglühten als Feuerregen und entstiegen den Flammen als Dämonen. Erfüllt von Hass, brachten sie Krieg und Mord über die Menschen. Die ruhigeren Sterne aber hüllten sich bei ihrer Ankunft in Wasser und Nebel. Sie verglühten nicht, sondern kühlten ab und wurden so zu Geistern des Mondes, die uns Schutz und Heilung gewähren, wenn wir ihrer würdig sind.“ Jamil starrte hinaus aufs Meer, während er der Legende lauschte. Er spürte die prickelnde Kraft des Mondes auf seiner Haut … doch in seinem Inneren tobte ein fremdes, brodelndes Feuer.

Der neue Fantasyroman von Farina de Waard, in dem ein junger Mann um sein Überleben - und um Frieden zwischen zwei Kulturen kämpft.

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Leseprobe:
Niemals hatte Jamil damit gerechnet, dass seine Verlobung mit Lezana ein Inferno solchen Ausmaßes auslösen würde.
Jetzt zerrte er seine Mutter aus dem beißenden Rauch und stolperte hustend mit ihr die Treppe hinunter. Sie verließen ihr brennendes Haus durch den Seiteneingang und stießen dort auf Jamils Bruder, den eine wild zusammengewürfelte Gruppe verängstigter Menschen umringte.
Als Balor einige der Männer anwies, wie sie ihre Armbrüste einsetzen sollten, wurde Jamil mit Schrecken klar, dass nicht einer von ihnen der Stadtwache angehörte. Balor war von der Mauer zurückgekehrt, ohne ernsthafte Verstärkung mitzubringen.
Schmerzensschreie und verzweifelte Rufe schallten über die Gebäude, hinter denen schwarze Rauchsäulen in den sternenklaren Nachthimmel aufstiegen.
Das Brüllen des angreifenden Heeres erfüllte die Luft und wurde mit dessen Nahen immer lauter. Weinende Frauen umklammerten ihre Kinder, flohen aus den Häusern, ohne zu wissen, wo sie vor der Verheerung Schutz finden sollten.
Die ganze Stadt versank vor ihren Augen in Chaos und Feuer.
Navenne strauchelte, vom Anblick der Zerstörung völlig übermannt, doch Jamil fing ihren Blick und holte sie ins Hier und Jetzt zurück.
Der funkenstiebende Himmel spiegelte sich in ihren glänzenden Augen, als sie ihm endlich wieder zuhörte.
»Mutter, du musst diesen Leuten helfen! Flieht zum Hafen und versteckt euch dort am Wasser! Notfalls klettert unter die Piers und seid ganz still. Wir versuchen, sie aufzuhalten!«
Navenne nickte zitternd, als er ihr ein Messer in die Hand drückte. Jamil wusste, dass sie als Schreiberin bisher noch nie eine Waffe eingesetzt hatte. »Ich werde Vater suchen. Du bist die Frau des Rätors, also führe diese Leute! Wir treffen uns am Hafen, hast du verstanden?«
Als sie nicht sofort reagierte, schloss er ihre Finger um den Messergriff. »Alles wird gut. Jetzt geht!«
Seine Mutter versteifte sich, dann rannte sie mit den anderen Frauen und Kindern die dunkle Allee entlang und verschwand über den Hügel, hinter dem der Hafen lag. Jamil wandte sich an seinen Bruder, der den zurückgebliebenen Männern weitere Anweisungen gab.
Ein Junge kam durch die rauchverhangene Straße auf sie zugestolpert, das Gesicht rußverschmiert und voller Schrammen. Er blieb keuchend vor ihnen stehen und deutete die Straße hinab. »Die Verteidigung ist gefallen. Die Grauen stürmen die Stadt und erschießen jeden mit ihren Gewehren!«
Tränen traten dem Jungen in die Augen. »Ich muss meine Eltern finden!«, flehte er und rannte Hals über Kopf in Richtung des Lärms.
»Warte!«, brüllte Jamil ihm hinterher, doch da verschwand der Junge schon um die Straßenecke – und Schüsse krachten durch die dunklen Gassen.
Jamil widerstand mühsam dem Impuls, dem Unglücklichen nachzueilen und half stattdessen seinem Bruder. Balor scharte die wenigen Bewaffneten um sich. »Wir brauchen Barrikaden! Die Karren da! Werft sie um!«
Im Augenwinkel sahen sie, dass am unteren Ende der Straße die ersten Feinde auftauchten. In ihren grauen Uniformen und mit den dunklen Metallplatten und Helmen glichen sie eher Geschöpfen aus Schreckensgeschichten als Menschen, denen man etwas entgegensetzen könnte.
Zum ersten Mal bereute Jamil es, dass ihre Handelsstadt sich nie auf die Weiterentwicklung von Schusswaffen spezialisiert hatte. Bisher hatten sie nur Armbrüste für die Jagd oder auf der Stadtmauer zur Abschreckung eingesetzt.
Er packte mit an und in ihrer Verzweiflung fanden sie gemeinsam die Kraft, die Wagen umzustürzen. Darauf geladene Fässer polterten die abschüssige Pflasterstraße hinab und prallten splitternd gegen die Soldaten, die gerade ihre Gewehre angelegt hatten.
Tausend Gedanken schossen Jamil durch den Kopf, während sie sich hinter den dicken Bohlen und Streben des Karrenbodens in Sicherheit brachten.
»Wo sind Lezana und ihre Familie?«, fragte er seinen Bruder, doch der bittere Ausdruck auf dessen Gesicht sprach Bände. Balor biss sich auf die Lippe und wirkte einen Moment so, als leide er mehr, als Jamil es jemals könnte.
»Sie … sie haben es nicht geschafft«, stammelte Balor und wurde dabei ganz blass. »Es tut mir leid! Die Soldaten waren auf einmal überall auf dem Handelsplatz beim Stadttor und überfielen die Wachen und …«
Jamil spürte eine eisige Kälte in seiner Brust, die rasch zu einem schmerzhaften Knoten wurde. Er hatte seine Verlobte zwar nicht geliebt, aber einer ausgehandelten Heirat so zu entgehen, hätte er sich niemals gewünscht. Er wollte immer alles tun, um seiner Familie und ihrem Stadtstaat zu dienen. Die Verlobung mit der Königstochter war eine Abmachung gewesen, die ihre Handelsbeziehung stärken sollte … und von ihren jetzigen Angreifern als folgenschwerer Bündnisbruch aufgefasst wurde.
Es wollte nicht zu ihm durchdringen, dass Lezana jetzt tot sein sollte. Einfach so? Ihr unschuldiges, sanftes Gesicht tauchte vor seinem inneren Auge auf, ihr Anblick, als sie mit ihren Eltern aus dem zerschlagenen Königreich zu ihnen floh und um Schutz bat. Die Grauen Soldaten hätten sie damals ohne zu zögern getötet. Die Flucht zu ihnen nach Kas’Tiel war ihr letzter Ausweg gewesen … und besiegelte ihr Schicksal ebenso wie das der Handelsstadt.
Als er sich endlich von den Erinnerungen losreißen konnte, war Balor schon nicht mehr neben ihm, sondern kommandierte die Verteidigung.
»Schießt!«, brüllte er über den Lärm des Schlachtengetümmels hinweg und schickte damit einen kleinen Schauer aus Bolzen auf die Angreifer. Rufe bellten durch die Straßen, die Grauen Soldaten hoben wie ein Mann ihre Schilde. Dennoch fielen einige getroffen zu Boden.

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Mehr über und von Farina de Waard auf ihrer Website.

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1 Kommentare:

Am/um 13. März 2016 um 19:02 , Anonymous Kawa Wolf meinte...

was für ein Buch!....ich war gefesselt und bis zum Schluss in dieser anderen Welt.....LESEN!!!!

 

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