6. August 2018

'Die Sternenvogelreisen' von Lenny Löwenstern

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Die Galaxis ist kein Ponyhof. Der jugendliche Außerirdische Imi wird auf der Suche nach Lebensunterhalt immer wieder ausgenutzt und gerät in schwierigste Umstände. Mit Glück und Geschick setzt er sich immer wieder durch und schlägt zurück ...

Der gefiederter Held des in sich abgeschlossenen Romans steckt in einem hellgelben Overall. Zwischen Gasplaneten und Kugelsternhaufen erlebt Imi auf seinen nicht immer freiwilligen Reisen Abenteuer in Raumschiffen und macht Bekanntschaft mit bizarren Wesen. Anfangs noch naiv und unbedarft lernt Imi, sich durchzusetzen und sein Geschick in die eigenen Hände – oder besser die eigenen zarten Krallen – zu nehmen.

Eine klassische Space Opera mit viel Humor, Fantasie und Spannung, aber auch einem Hauch Tragik und einer Portion Poesie. Und mit einem liebenswert-skurrilen Helden, den man einfach gern haben muss.

Leseprobe:
Imi als Raumschiffhüllenreiniger
Was hatte er nicht schon versucht. Fliegender Ersatzteilbote hatte er werden wollen, schnittiger Astrotaxler in Lederkluft zwischen den Monden. Auch als Gärtner hätte er sich gern probiert, in den überaus grünen Anlagen der huldvollen Präferenz auf einem saftigen Planeten nicht weit entfernt. Doch er hatte kein Händchen dafür, Leute wie er schätzen die Trockenheit. Als Liebhaber war er aufgetreten und glorios gescheitert in seiner fiebrigen Jugendlichkeit. Die herrschaftliche Schönheit mit dem flatterigen Herzen hatte ihn nicht einmal angesehen.
Imi war ein leichtgewichtiges dürres Bürschchen, dessen spärliches Federkleid unter einem hellgelben Overall Unterschlupf gefunden hatte. Er konnte einen kernigen Schnabel aufbieten und blickte aus runden schwarzen Augen in eine Welt, die ihn staunen machte. Während Imi übermütig ausschritt, versuchte er ein Bein höher als das andere zu heben. Auf diesen Stelzen ruhte seine Welt. Ans Fliegen war nicht zu denken. Er hätte auch Insekten aus Mauerritzen schnappen können, da wäre man nicht überrascht gewesen. Wenn es an diesem Ort Mauern gegeben hätte… Denn Imi hatte das Angebot erhalten, auf dem Raumhafen des Planeten Kubaba in einer subplanetaren Waschanlage als Raumschiffhüllenreiniger anzuheuern. Er hatte eingewilligt und arbeitete seitdem für einen kargen Lohn in der Tag- und Nachtschicht. Er nahm es mit Vehikeln aller Größenklassen auf. Die einen bürstete er, die anderen polierte er.
»Raumschiffe, was gibt es denn da schon groß sauberzumachen?«, hatte der Agent im Vorzimmer des Einstellungsbüros im Ton eines Kumpels gefragt.
»Ach weißt du«, hatte Imi erwidert, »dreckig sind sie alle. Der Weltraum ist ein schmutziger Ort.«
Natürlich gibt es Waschplätze und Maschinen, die Robotertechnik ist hier durchaus fortgeschritten. Doch die ausladenden Anlagen taugen nur fürs Grobe. Den Blechkollegen fehlt hingegen etwas Entscheidendes: die Lebendigkeit. Richtig zu reinigen ist nämlich eine Frage der Leidenschaft. Eine Kombination aus Gefühl und Erfahrung ist nötig, die man nicht programmieren kann.
Imi besaß das Gefühl. Er hatte darüber hinaus ein natürliches Gespür für den Glanz. Diese Gabe ermöglichte es ihm, den Zustand der Metalle zu lesen. Raumschiffe waren aus unterschiedlichen spezifischen Legierungen gefertigt. Schiffshäute bestanden niemals aus einem Stück, und sie besaßen keine Fenster. Nicht wenige von ihnen waren kostspielig. Wer hätte etwas anderes erwartet? Pflege tat also not. Eine Schweißnaht, an der selbst der gewissenhafteste Blick nichts auszusetzen fand, entpuppte sich dank Imis Talent als inwendig rissig. Flächen, an denen niemand etwas zu bemängeln hatte, empfahl er in die Werkstätte. Die Korrosion hatte keine Chance mehr. Ohne es zu ahnen, rettete Imi das Leben von Raumfahrern und auch so manchen Profit. Darüber hinaus erhöhte der Glanz einer professionellen Reinigung den Wert der Schiffe und sorgte nebenbei für selige Besatzungen. Ohne ein Finish von Hand ist noch nie eine Crew zufrieden ins All gestartet. Unpoliert zwischen den Sternen, das ging gar nicht.
Nachdem das gigantische Gestell der Waschanlage zurückgefahren war, huschte er flink auf einem balancierenden Aggregat hinauf. Imi war mit seinem Mindergewicht bestens dafür geeignet. Blitzschnell wich er pendelnden Schläuchen aus, mied versiegende Fontänen ätzender Reinigungslösung und manövrierte sich auf diese Weise durch den metallenen Wald aus gewaltigen Trägern.
Kein Schiff glich dem anderen. Konstruiert worden waren sie von verschiedenen Völkern zu unterschiedlichen Zwecken. Das wirkte sich auch auf den letzten Belag aus, jene Schicht, die Schiff und kosmische Leere voneinander trennte. Es gab energieabsorbierende Überzüge, weltraumfeste Speziallacke zur Erhöhung der Abriebfestigkeit, pompöse Kompositmaterialien, mit denen Eindruck geschunden wurde oder komplexe Tarnbeschichtungen, die bei Schmugglern beliebt waren. Man hatte es mit den persönlichen Vorlieben der Besitzer und Reeder zu tun. Das betraf Farben, Muster, Beschriftungen und sogar künstlerische Motive, auf die Rücksicht bei der Reinigung genommen werden musste. Die empfindlichsten Oberflächen wurden unter einer eigens konstruierten, hochenergetischen Abschirmung auf Vordermann gebracht.
Imi bearbeitete die Stellen, an die Maschinen nicht herankamen oder wo sich hartnäckig etwas festgesetzt hatte. Er verwendete einen Hightechmopp ebenso wie eine Vielzahl spezieller Reinigungstücher, -lappen und -feudel. Und wenn er sicher war, dass niemand hinsah und die raumhafeninterne Personal- und Gastüberwachung mit etwas anderem beschäftigt war, nutzte er das Material und setzte seinem Schnabel damit zu. So viel Glanz musste sein!
Winzige unentdeckte Meteoriteneinschläge dichtete er ab, größere rapportierte er. Wo es nötig war, ging er mit der Hochdruckspritze drüber und rieb alles blank. Fremdartige Materie entfernte er mit einer Spezialschere und deponierte sie in Sicherheitsbeuteln. Kosmische Strahlung hatte an dafür nicht vorgesehenen Stellen für radioaktive Belastung gesorgt. Dagegen hatte er mit Spezialreinigern vorzugehen. Mitunter kam es sogar vor, dass er Reste organischen Materials fand. Woher es stammte und wie es auf die Schiffshaut gelangt war, das mochte er sich lieber nicht vorstellen.
Imi hatte sich einer speziellen Ecke der Waschanlage eingerichtet, und zwar in einer halbwegs geräumigen Aussparung innerhalb eines beweglichen Auslegers. Von dort aus konnte die Vorrichtung im Notfall manuell bedient werden, doch der Fall war nie eingetreten. So hauste er ungestört oberhalb des Reinigungsdecks und sah die meisten Schiffe aus seiner bevorzugten Position, nämlich von oben. Den Rest der lautstarken Welt der professionellen Sauberkeit nahm er aus der Höhe kaum wahr.
»Wo soll ich anfangen?«, ließ sich eines Tages der Manager, der ein fieser Tintenfisch war, herab. Genmanipulationen seiner Vorfahren hatten ihn landtauglich und sauerstoffatmend gemacht. Eine schadhaft aufgebrachte Gefiederung bedeckte ihm die Arme wie ein Ausschlag. Kunstfedern galten als der letzte Schrei unter seinesgleichen. Der Tintenfisch hatte sich in die Behaglichkeit einer engen grünen Glasflasche zurückgezogen, die auf seinem Schreibtisch stand. Die beiden Tentakel ragten so eben noch zuckend heraus. Eine externe Schallmembran an der Decke des Verwaltungscontainers gab die Worte des Vielarmigen wieder ...

Im Kindle-Shop: Die Sternenvogelreisen: #SVR1.
Für Tolino: Buch bei Thalia
Mehr über und von Lenny Löwenstern auf seiner Website.



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