'Wintertöchter. Die Kinder' von Mignon Kleinbek
Kindle (unlimited) | Taschenbuch |
Das harmonische Verhältnis wird durch Annas Stiefvater Roman empfindlich gestört - durch seine Gier und Brutalität stiftet er steten Unfrieden. Selbst ein Gejagter und Gefangener seiner unglücklichen Kindheit und Jugend bei den Roma, bringt er Missgunst, Streit und Tod in die Familie. Und zwingt so jede auf ihre Weise zum Handeln...
Drei Frauen – drei Schicksale, untrennbar miteinander verbunden: Anna, Marie und Barbara wollen, ja müssen, ihr Schicksal annehmen. Während Marie sich fügt, geht Barbara einen eigenen Weg.
Der zweite Teil der ‚Forstau-Saga’ setzt kraftvoll fort, was der erste Band der Trilogie begonnen hat: Eine beeindruckende Geschichte mit immer wieder neuen, ungewöhnlichen Wendungen, Zeitsprüngen und Perspektivwechseln, die stets andere Blickwinkel öffnen, glaubhaft gezeichnete Personen, mit denen man beim Lesen Freundschaft schließt, Naturschilderungen vom Feinsten sowie sorgfältig recherchiertes naturheilkundliches und zeithistorisches Hintergrundwissen.
Leseprobe:
Prolog 2004
Mit der Teetasse in der Hand trat Anna vors Haus. Es war noch kühl und sie spürte, wie sich die Härchen an ihren Unterarmen aufstellten. Die Sonne schob sich gerade über den Berg. Auf dem Dach lag ein Hauch Raureif, der erste in diesem Jahr, doch die Wärme würde ihn rasch trocknen. Es versprach, wieder ein strahlender Tag zu werden, wie alle Tage in diesem Spätsommer schön gewesen waren.
Für eine Weile blieb sie stehen und hob das Gesicht in die Morgensonne. Genoss ihren Tee und die unendliche Ruhe. Die frühen Stunden waren ihr schon immer die liebsten gewesen; wenn noch alles still war und der Tag erst begann.
Anna schlug die hölzernen Fensterläden vor der Almhütte zurück, um das Licht in die niedrige Küche zu lassen. Dann ging sie ins Haus und ließ die Tür hinter sich offen, um den Geruch nach erkaltetem Feuer zu vertreiben.
Die ersten Handgriffe des Morgens waren immer dieselben – seit sie denken konnte. Die kalte Asche aus dem Herd fegen, Späne einschichten, ein Streichholz anreißen und gebückt vor dem Ofenloch warten, bis es knisterte. Die Herdklappe öffnen, um die Flämmchen zu belüften. Ein, zwei Scheite nachschieben. Die Asche hinausbringen und zum Schuppen hinübergehen, um den Holzkorb nachzufüllen. Jeder Morgen auf der Alm begann so, sommers wie winters. In diesen trägen Minuten legte sie sich in Gedanken den Tag zurecht.
Für heute gab es nichts zu tun. Anna lächelte ein wenig in sich hinein. Zumindest nicht auf dem Hof. Die betriebsamen Tage des Almsommers waren vorüber.
Ihre Aufgabe wartete auf dem blank polierten Zirbenholztisch. Ein Buch hatte sie schon vollgeschrieben. Das zweite lag daneben, die Seiten noch frisch und weiß.
Sie goss Tee nach und setzte sich, zog die Kladde zu sich her und schlug den schwarzen Pappdeckel zurück. Fuhr mit der Handfläche über den Mittelfalz und drückte ihn glatt. Der Reif an ihrem Ringfinger glänzte in einem schräg hereinfallenden Sonnenstrahl auf und Anna hob die Hand, bewegte sie hin und her, sodass das Licht mit ihm spielen konnte. Ein breites goldenes Band, das die Unendlichkeit der Liebe symbolisierte. Liebe bis über den Tod hinaus. Sie war nie vor Gott und Gesetz verheiratet gewesen und dennoch trug sie einen Ehering. Er war der Schlüssel in die Vergangenheit.
Mit einem Gefühl des Bedauerns schob Anna den runden Stein, das Silberauge, zur Seite und nahm den Stift zur Hand. Heute war nicht der Tag dafür.
Die Zungenspitze zwischen die Zähne geschoben, begann sie zu schreiben:
Ohne Mathis erschien mir alles unnütz.
Mit einem Schlag war alles aus den Angeln gehoben. Der Orkan war nicht nur über den Julianenhof hinweggefegt – nein, er hatte mein Leben mit sich gerissen und es vernichtet ...
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Labels: Frauen, Mignon Kleinbek, Roman, Sonar
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