'Die Liebe ist kein Rockkonzert' von M. W. Fischer
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Während einer Zugfahrt trifft die junge, schüchterne Schneiderin Stefanie auf den vorlauten Rocksänger Marco, der sie von ihrem Fensterplatz vertreiben will. Doch als Stefanie bemerkt, was für ein besonderer Charakter hinter seiner rebellischen Fassade steckt, ist sie von ihm fasziniert und fühlt sich zu ihm hingezogen. Nachdem er sie auch noch überraschend zu seinem nächsten Konzert einlädt, scheint alles perfekt zu sein, bis zu dem Moment, als Stefanie überstürzt den Konzertsaal verlässt. Hat ihre Liebe überhaupt eine Chance?
Marco hat gerade eine kurze Nacht nach einem Gig im Berner Lokal "Bierhübeli" hinter sich, als er im Zug nach Zürich einen freien Platz im Abteil mit einer schüchternen und bieder gekleideten Bücherwürmin findet. Sie sitzt am Fenster in Fahrtrichtung und er meint, es müsse doch ein Leichtes sein, sie von dem Platz zu vertreiben, um sich dort dem Komponieren eines neuen Songs zu widmen. Doch als er ihr das erste Mal in die Augen sieht, entdeckt er dort ein Feuer und eine innere Kraft, die ihn wie ein Projektil durchschlagen und nicht mehr loslassen. Aber sie kommen aus komplett unterschiedlichen Welten, und es braucht mehr als nur eine Einladung zu seinem nächsten Auftritt, bis er sich ihr endlich nähern kann. Als der Damm einmal gebrochen ist, und sich die unwahrscheinliche Liebe entwickelt, werden auch die Hindernisse immer höher.
Finden sie einen Weg zueinander, obwohl sich alles gegen sie verschworen hat?
Leseprobe:
Begegnung im Zug Es war ein ganz und gar gewöhnlicher Sonntag im November, als Stefanie nach einem ihrer Besuche in Düdingen nach Hause in die Ostschweiz reiste. Mit Hans, der ihren Koffer trug, auf der einen, und Agnès, die sich an ihren Arm klammerte und pausenlos auf sie einredete, auf der anderen Seite, setzte Stefanie am Bahnhof Fribourg alles daran, ihren Zug nach Zürich rechtzeitig zu erreichen.
»… und denk daran, lass dich nicht mit fremden Männern ein. Hörst du? Wenn dich jemand anspricht, reagiere am besten gar nicht darauf. Lies dein Buch und vermeide Augenkontakt. Du weißt, wie das enden kann. Wenn du umsteigen musst, gehe zügig zum nächsten Bahnsteig. Trödle nicht herum, hörst du? Und ruf mich an, wenn du zu Hause angekommen bist. Sonst mache ich mir die ganze Nacht Sorgen.«
Stefanie atmete tief durch. »Ja, Agnès. Ich passe schon auf mich auf.«
»Unterschätze die Gefahren nicht! So manches junge Mädchen ist schon Fremden auf den Leim gekrochen und hat als Leiche in einem Waldstück geendet.«
Hans gab ein undefinierbares Geräusch von sich, wechselte die Seite und legte den freien Arm um Agnès’ Schultern. »Komm jetzt, Liebes, übertreibe es doch nicht. Steffchen ist zwanzig Jahre alt und kein kleines Kind mehr.«
»Ja, aber … Ich muss doch auf sie acht geben. Was würde Marlène sagen, wenn ihrer Tochter etwas zustieße.«
Stefanie warf ihrer Tante einen Blick zu. Weshalb zog sie immer wieder die Marlène-Karte? »Ich passe auf mich auf, versprochen. Wir sollten uns jetzt beeilen, damit der Zug nicht ohne mich abfährt.«
Während sie die Rampe zum Bahnsteig hinaufstiegen, bemerkte Stefanie beiläufig die neugierigen Blicke, mit denen sie und ihre beiden Begleiter gemustert wurden. Obwohl sie es gewohnt war, hatte sie sich doch hin und wieder gefragt, ob diese Bekleidungsvorschriften nicht etwas überholt waren. Tatsächlich wirkten Tante Agnès und sie wie Schauspieler aus einem Film aus den vierziger Jahren. Beide hatten ihre Haare straff nach hinten gekämmt, die in einem streng wirkenden Dutt endeten, trugen altmodische Brillen, mausgraue Wintermäntel, kniedeckende Röcke, graue Baumwollstrümpfe und braune Halbschuhe. Das Einzige, was Agnès von Stefanie unterschied, war ihr Ehering als allein zulässiges Schmuckstück. Hans’ dunkelbrauner Dreiteiler mochte zwar als hipper Vintage-Anzug durchgehen, doch mit seinem schmucklosen Hut wirkte auch er wie ein Zeitreisender. Auf die übrigen Wartenden mussten sie wirken wie Angehörige einer Sekte. Dabei war dies in der Glaubensgemeinschaft von Agnès und Hans einfach die Art und Weise, wie man sich kleidete. Und Stefanie konnte sich kaum an die Zeit erinnern, als sie noch nicht in diesen Bekleidungszwang gepresst worden war.
Ein kalter Windstoß wirbelte Staub und dürre Blätter über den Bahnsteig. Eine Haarsträhne hatte sich gelöst und flatterte Stefanie vor dem Gesicht herum. Mit klammen Fingern versuchte sie, sie zurückzustecken. Doch in diesem Moment wurde die Einfahrt des Zuges angekündigt.
»Wann besuchst du uns wieder?«, fragte Agnès ihre Nichte.
»Vermutlich erst zu Weihnachten.«
Agnès jammerte: »Das ist noch über einen Monat hin. Geht es nicht früher? Ich mache mir Sorgen, dass du genügend isst.«
Der Zug hielt. Stefanie hängte sich die Handtasche über die Schulter und ergriff ihren Koffer. »Es geht mir gut. Leb wohl, Agnès.« Mit einer Hand umarmte sie sie und ließ sich auch von Hans umarmen.
»Gib auf dich acht«, mahnte auch er sie. »Wir haben dich lieb!«
»Ja, ich euch auch.« Dann stieg sie ein. Obwohl das Eisenbahnabteil gut besetzt war, hatte sie Glück und fand eine leere Vierergruppe. Sie legte ihre Handtasche ab und stellte den Koffer in die Gepäckablage. Den Mantel hängte sie an den Haken und setzte sich in Fahrtrichtung ans Fenster.
Draußen standen Agnès und Hans und blicken zu ihr hoch. Sie winkten und Hans warf ihr einen Luftkuss zu. Dann setzte sich der Zug in Bewegung.
***
Marco schlenderte am Bahnhof Bern zu seinem Bahnsteig und trank dabei Bier aus einer Dose. Mit seiner stattlichen Größe von einszweiundneunzig und seiner schwarzen Lederjacke wirkte er genügend einschüchternd, dass ihn niemand deswegen blöd anmachte.
Sein Handy klingelte. Er stellte den Gitarrenkoffer auf den Boden, fischte es aus seiner Hosentasche und blickte auf’s Display. Es war seine Mutter. Seufzend nahm er ab.
»Ja?«, bellte er.
»Hallo, Marco. Wo bist du?« Sie klang besorgt.
»In Bern.«
»Du solltest dich doch heute um Nicole kümmern.«
»Ich hab mit ihr Schluss gemacht.«
»Du weißt, dass du das nicht kannst. Ihre Mutter hat mich angerufen und darauf hingewiesen, dass wir eine Abmachung hätten. Wenn du deiner Verpflichtung nicht nachkommst, würde doch noch Anklage gegen dich erhoben.«
»Ist mir egal.«
»Hast du getrunken? Du fährst doch in diesem Zustand hoffentlich nicht mit deinem Wagen? Was treibst du überhaupt in Bern?«
»Mom, hör endlich auf, mich zu nerven. Wir hatten gestern Abend einen Auftritt im Bierhübeli, und weil wir noch feiern wollten, habe ich die Bahn genommen.«
»Oh, dann bin ich beruhigt. Bist du denn jetzt auf dem Bahnhof?«
»Ja-ha.«
»Aber reite dich nicht in Schwierigkeiten hinein. Sei anständig …«
»Wie ein angepasster Spießbürger?«
»Sei anständig zu den Mitreisenden und lass nicht den Rebellen raushängen. Das passt einfach nicht zu dir. Wir haben dich gut erzogen und du bist auch ein lieber Junge.«
»Mom, bitte!« Marco schnitt eine Grimasse und nahm einen weiteren Schluck Bier.
»Trinkst du auf dem Bahnhof?«
»Wenn du es so genau wissen willst: Ja.« Er grinste fies. »Ich sitze in einem Meer von leeren Bierdosen und bin sturzbesoffen.«
»Marco …« Seine Mutter schnappte hörbar nach Luft.
»War nur ein Witz«, feixte er. »Ich muss Schluss machen, mein Zug kommt.«
»Also denk daran, pass auf Nicole auf und mach die Probleme nicht noch größer, als sie schon sind.«
»Darauf kannst du dich verlassen«, gab er spöttisch zurück und legte auf. Er zerdrückte die leere Dose und sah sich vergeblich nach einem Abfalleimer um. Egal, er würde sie im Zug entsorgen.
Jetzt war die Melodie wieder weg, die heute Morgen in seinem Kopf wie ein Glühwürmchen herumgeschwirrt war. Wenn er sie aufschreiben könnte, würde sie ein Ohrwurm werden, davon war er überzeugt, und dann könnte er mit seiner Band das Album aufnehmen. Es fehlte nur noch dieses Etwas, dieser ganz spezielle Song, der ihnen den Weg in die Radiostudios öffnen würde. Vielleicht sogar auf eine Openair-Bühne, oder ins Zürcher Hallenstadion. Er seufzte. Träumen schadete ja nicht.
Der Zug hielt mit quietschenden Bremsen und er stieg ein. Ein Schwall abgestandener Luft schlug ihm entgegen. Soweit er erkennen konnte, war das Abteil mehr oder weniger voll belegt. Er kämpfte sich zwischen Reisekoffern und herumliegenden Rucksäcken durch.
Da! Eine Sitzgruppe mit nur einer Person darin. Die Frau – er sah nur einen honigblonden, straff gebundenen Haarknoten – saß in Fahrtrichtung am Fenster. Eigentlich wollte er dort sitzen, nun musste er rückwärts fahren. Neben sie zu sitzen, kam nicht infrage, denn auch er wollte einen Fensterplatz. Irgendwie würde er sie von dem Platz vertreiben. Ihm würde schon etwas einfallen. Dachte er.
***
Stefanie spürte, dass jemand sie ansah. Sie blickte von ihrem Buch auf, und schaute in zwei meerblaue Augen, die von einem dunkelbraunen Lockenschopf umrahmt wurden. Der Kerl mochte wie sie um die Zwanzig sein. Er trug eine schwarze Lederjacke mit baumelnden Schnallen, einen gelben Schal, modisch zerrissene Jeans und einen Rucksack, der aussah, als sei er drei Jahre durch den Amazonas geschleift worden. Seinen mit bunten Aufklebern verzierten Gitarrenkoffer stellte er auf den Platz schräg gegenüber.
Ohne dem Gebot der Höflichkeit Genüge zu tun und zu fragen, ob da noch frei sei, warf der Typ seinen Rucksack auf den Platz neben ihr und setzte sich ans Fenster, indem er seine Füße schräg ausstreckte. Sie zog ihre Beine noch etwas näher heran und presste ihre Knie gegen die Wand.
Jetzt spitzte er die Lippen und begann, eine undefinierbare Tonfolge zu pfeifen.
Sie schnupperte unauffällig. Er roch definitiv nach Bier. Sie unterdrückte ein Schaudern. An Lesen war nicht mehr zu denken. Ob er es darauf angelegt hatte, dass sie den Platz wechselte? Aber diesen Triumph würde sie ihm nicht gönnen. Verbissen starrte sie in ihr Buch und tat so, als sei sie in die Lektüre vertieft.
Im Kindle-Shop: Die Liebe ist kein Rockkonzert.
Mehr über und von M. W. Fischer auf seiner Website.
Labels: Jugend, Liebe, M. W. Fischer
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