6. April 2020

'ADAIN LIT: Im Schatten der Wolkenstadt' von E.M. Ascher

Kindle (unlimited) | Taschenbuch | Buchreihe
Website E.M.Ascher
„Mein ganzes Reich ist aus Grausamkeit entstanden. Grausamkeit und Tod ließen es gedeihen, ließen Wohlstand und Pracht erwachsen.“

Gefangen in den Abgründen ihrer eigenen Seelen drohen der Regent und die Hohe Priesterin der Wolkenstadt das gesamte Land ins Verderben zu stürzen.

Band 4 der High-Fantasy-Saga ADAIN LIT. Alle vier Teile enthalten in sich abgeschlossene Geschichten, die auch unabhängig voneinander gelesen werden können.

Anleser:
Nebelinsel
Der kleine Trupp Männer stand am Ufer des Sees und starrte über das Wasser zu der Silhouette aus Baumspitzen, die schwerelos und schwarz über dem weißen Nebelband schwebte. Noch schlief die Legende friedfertig inmitten der schützenden Weite des schwarzen Sees, noch lag die nebelverhangene Insel im Schatten der Hügel. Unaufhaltsam strömte das klare Morgenlicht die bewaldeten Hänge herab. Der Selach und seine Männer beobachteten den Einfall des Lichtes schweigend. Die Luft war eisig und die gespenstische Einsamkeit dieses Ortes brachte die Seele zum Frieren.
„Ich sehe sie. Es ist nicht zu glauben“, raunte sein Adlatus. „Als damals der Wanderer davon sprach, habe ich es nicht für möglich gehalten!“
Die Worte seines Ratgebers machten dem Selach bewusst, dass diese Insel tatsächlich existierte. Er verengte seine Augen zu Schlitzen, um besser sehen zu können. Die Insel schien sich gegen ihre Entdeckung zu sträuben. Seit dem Frühjahr suchten sie bereits danach, er hätte längst in die Wolkenstadt zurückkehren sollen. Als sie jedoch vor vielen Tagen diesen Wanderer getroffen hatten, einen Mann, der von einer Insel der Musik, von einer Nebelwelt gesprochen hatte, der außerdem den verborgenen Pfad in diese abgelegene Hochebene gekannt hatte, war das Ziel in greifbare Nähe gerückt und hatte alle Bedenken hinweggefegt.
Das Sonnenlicht erreichte die Insel und verwandelte den Nebel in eine strahlende weiße Wand. Geblendet hielten die Männer ihre Hände vor die Augen.
„Holt den Sänger!“, ordnete der Selach an. Sein Befehl riss die Männer aus ihrer Verzauberung.
Der Junge wurde vor ihn geführt. Der Selach musterte ihn. Ein unscheinbares Wesen, das aussah wie eine streunende Katze. Das struppige schwarze Haar stand wirr in alle Richtungen, die dunklen Augen in dem mageren Gesicht waren ängstlich aufgerissen. Der halbwüchsige Knabe verneigte sich tief, den rauen Wollstoff seines verschlissenen Umhangs hielt er dabei schützend um sich geschlagen.
Der Junge wartete, während der Selach auf ihn herabsah. Groß und mächtig stand er vor ihm, wie der Berg der Wolkenstadt, den Mund zusammengepresst, als ob er etwas darin verschließen würde.
‚Dein Blick ist kühl, kühl wie der See‘, dachte der Knabe. ‚Unnahbar wie der Nebel über dem Wasser.‘
„Deine Stunde ist gekommen“, sagte der Selach, „dafür haben wir dich gehegt, dich warm gehalten und genährt. Nun tu, was deine Bestimmung ist!“
Der Sänger Halfta verneigte sich erneut, huschte an dem großen Mann vorbei und stellte sich an das Ufer des Sees. Träumend ließ er für einen Moment seinen Blick über seine verzauberte Bühne schweifen. 'Lange Gräser wie Haare, im Erdreich verwurzelt, golden berührt von der Morgensonne. Tautropfen glänzen wie Edelsteine auf ihnen. Friedlich schlafen See und Insel in den bewaldeten Hügeln, wie in der offenen Hand einer Göttin, die den Zauber behütet ...'
„Du weißt, was geschieht, wen du nicht gehorchst?“, schnitt die Stimme des Selachs durch seine Bilder.
Halfta schöpfte die kühle Morgenluft in seine Lunge, erhob seine Stimme und reine Töne tanzten über die kräuselnden Wellen. Sie ergaben sich dem leichten Wind, vereinten sich mit der Kühle. Sie flogen in die Sonne, wanderten zu der verborgenen Insel. Das Lied erzählte von anderen Welten, von edleren Zeiten.

Blick ins Buch (Leseprobe)

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