'Die Wächter von Nimrhon: Ruf nach Freiheit' von M. Rose-Everly
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Als ihrer Familie großes Unglück widerfährt, macht sich Phelía entschlossen daran, ihr zu helfen, wobei sie nicht nur Unterstützung von ihren engsten Vertrauten, sondern auch von einem Scion erhält, der das Blut ihrer Feinde in sich trägt. Doch kann Phelía dem schönen Fremden vertrauen, zu dem sie sich unerklärlich hingezogen fühlt? Ganz offenbar verbirgt er nicht nur ein dunkles Geheimnis, sie kommen auch aus zwei völlig verschiedenen Welten.
Eine abenteuerliche Reise sowie der Kampf um Gefühle und Loyalität beginnen, inmitten derer sich Phelía zunehmend fragen muss, was Wahrheit und was Lüge ist …
Leseprobe:
Ich werde euch sagen, was ich wusste, bevor meine Reise begann.
Oder besser gesagt: Was ich glaubte, zu wissen.
Einst – vor langer Zeit – war die Erde nur das Zuhause der Menschen, Heimat verschiedener Völker und Rassen, die alle hier geboren worden waren. Doch in ihrem ständigen Wachstum und einer schier unstillbaren Gier nach Besitz und Annehmlichkeiten hatte die Menschheit sich selbst und ihrer Umwelt erheblich geschadet.
Sie hatte Wälder, Gewässer und Böden mutwillig ausgebeutet, ohne Rücksicht auf die Erhaltung von Ressourcen zu nehmen, und das Klima durch Nutzung fossiler Brennstoffe sowie etliche weitere Einflüsse nachhaltig verändert.
Infolge globaler Erwärmung war der Meeresspiegel so hoch angestiegen, dass ganze Landmassen darunter verschwanden, und alle halbherzigen Versuche, dem entgegenzuwirken, kamen jäh zu spät und scheiterten kläglich.
Gemeinschaften oder Familien gab es, trotz horrender Überbevölkerung, nur noch wenige. Die meisten Menschen lebten allein oder zu zweit, in engen Räumen und weitgehend isoliert von sozialen Strukturen, da sie fast nur noch über Geräte kommunizierten. Durch die flachen, spiegelartigen Fenster konnten sie zwar in die ganze Welt blicken, aber ihr technologischer Fortschritt hatte sie jeder natürlichen Lebensweise entfremdet und war der Beginn eines schleichenden Untergangs.
Bis die Antarer – eine Art, die sich in Aussehen und Lebensweise kaum von uns unterschied – unseren Planeten in den Weiten des Weltalls entdeckte.
Sie waren ein schönes und ästhetisches Volk, intellektuell ebenso stark entwickelt wie körperlich, das – ganz im Gegensatz zu unseren Ahnen, die durch ihre phlegmatische Lebensweise verwöhnt und verweichlicht geworden waren – überdies viele erstaunliche Dinge erschaffen konnte, wie man sie sonst nur aus Legenden oder Märchen kennt: unglaubliche Tiere, Pflanzen und neue Biotope, von denen auch die Menschen zunächst profitierten. Denn die Fremdlinge erwiesen sich als echte Koryphäen darin, natürliche Gegebenheiten zu ihrem Vorteil, aber schonend, und in jeder Hinsicht sinnvoll, zu nutzen.
Zunächst nannten sie uns freundschaftlich Hóarin, was so viel bedeutet wie Erdenwandler, ließen sich unter uns nieder und lernten sowohl unsere Gebräuche als auch unsere Sprachen. Und im Grunde hätte ihre Wertschätzung von Reinheit und Urbanität der Schritt zu einer besseren Zukunft für alle sein können. Doch ihre Verbundenheit zu den Menschen währte nicht lange …
Nicht nur unterschiedliche Ansichten verschlechterten das Verhältnis beider Seiten rapide und schon nach wenigen Jahren. Wie weit ihre Kultur auch entwickelt gewesen sein mag, mit der es ihnen gelang, sich diesen Planeten als neuen Lebensraum zu erschließen, einer Sache waren sie uns offenbar nicht überlegen: niederen Instinkten wie dem Verlangen nach Macht und Kontrolle. Denn als die Fremdlinge merkten, dass ihre Ansiedlung auf der Erde weit verbreitete Unfruchtbarkeit für sie mit sich brachte, begannen sie, Jungen und Mädchen aus unserem ganzen Land zu verschleppen und sie als Fortpflanzungstriebe zu nutzen, was große Feindschaft zwischen unseren Völkern entfachte. Und schon bald darauf brach ein Krieg aus, von solcher Gewalt und Heftigkeit, wie es die Menschheit nie zuvor erlebt hatte.
Die meisten unserer Ahnen starben im Kampf, verhungerten oder erfroren; einen anderen Teil rafften Verletzungen oder Krankheiten dahin. Und jene, die überlebten, flohen vor der Übermacht ihrer Feinde in entlegene, abgeschiedene Gebiete, wo sie versuchten, ihr Leben in Stille und Zurückgezogenheit weiter zu führen.
So erhielt unser Land seinen jetzigen Namen von den Heiligen Frauen, den Seherinnen: Nimrhon – das, was übrigblieb.
Seitdem hat sich das Gesicht der Erde gewaltig verändert. Inzwischen gibt es keine Erdausbeutung mehr, kein Fracking, keine Atommeiler oder nukleare Waffen. Unsere riesigen Metropolen und Lebenszentren wurden dem Erdboden gleichgemacht.
Die Antarer säuberten die Lebensräume der Menschen von jedweder Technologie, mit der sie sich selbst versklavt hatten. Und nach ein paar Dekaden hatte sich die Natur das zurückgeholt, was man ihr genommen hatte.
Strom findet man nur noch dort, wo es Leute gibt, die sich damit auskennen und er durch die Kraft der Sonne, des Windes oder des Wassers gewonnen werden kann.
Nur sehr wenige – etwa fünf Prozent, schätzungsweise – hatten unter ihren Vorfahren jemanden, der die erforderlichen Kenntnisse dafür an sie weitergab. Und wieder andere verfügen zwar über das Wissen, nicht jedoch über die notwendigen Materialien.
Meine Familie verzichtete stets auf die Annehmlichkeiten von Elektrizität. Nicht deshalb, weil wir im östlichen Teil Nimrhons leben, in bergigen, meist dicht bewaldeten Gebieten, wo es ohnehin eher schwierig wäre, große Mengen an Energie zu erzeugen.
Wir taten es freiwillig, während sich ansonsten kaum Menschen aus freien Stücken dazu entschieden.
Müsste ich unsere Gegenwart in wenigen Worten beschreiben, würde ich sagen, sie hat viele mittelalterliche Aspekte, da technische und moderne Errungenschaften weitgehend verloren gingen, während das Wissen und die Ideologien der Neuzeit erhalten blieben.
So kommt es, dass wir heute alle völlig unterschiedlich leben. Manche wohlhabend und im Überfluss, andere – der weitaus größere Teil – einfach und bescheiden.
Es ist eine Existenz zwischen Ursprünglichkeit und Entwicklung, dem Gestern und dem Morgen.
Denn, um es kurz zu fassen: alles Lebensnotwendige haben uns die Fremdlinge gelassen, seitdem sie über uns herrschen, unsere Freiheit dagegen genommen.
Wenn euch nun jemand von einer Prophezeiung erzählte, einem Wandel und einer besseren Zukunft, würdet ihr ihm glauben? Oder würdet ihr denken, das seien nur Worte, ja nicht mehr als eine Spielerei mit der Gutgläubigkeit der Menschen?
Unsere Art tut sich schwer damit, zu vertrauen und zu begreifen, erst recht, wenn Dinge auf den ersten Blick unglaublich erscheinen.
Und nicht weniger, wenn sie sich als Wahrheit entpuppen. Doch sollten wir sie gerade deshalb niemals verschweigen.
Ich bin Phelía, Phelía Revelle. Und dies ist meine Geschichte.
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Labels: Fantasy, M. Rose-Everly
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