19. April 2022

'Tod eines Haderlumpen' von Ruth M. Fuchs

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Die staade Zeit … hat’s in sich

Quirin Kammermeier, Hauptkommissar aus Straubing, freut sich auf sein erstes gemeinsames Weihnachten mit seinem Freund Kurt im schwäbischen Tuttlingen. Da schreckt ihn ein Anruf seines Kollegen Rolf auf: Sabine, Quirins langjährige Kollegin und gute Freundin, steht unter Mordverdacht. Und es sieht gar nicht gut für sie aus.

Sofort lässt Quirin alles stehen und liegen, um ihr zu Hilfe zu eilen. Aber das ist gar nicht so einfach, denn offiziell darf er nicht ermitteln. So muss er auf recht unkonventionelle Methoden zurückgreifen, um vielleicht doch noch herauszufinden, wer der wahre Mörder ist. Und das bedeutet, dass er auch bereit sein muss, ein großes Risiko eingehen.

Quirins Mordsfälle 3 - ein Niederbayernkrimi.

Anleser:
Fünf Stunden später saß Quirin bei Rolf im Wohnzimmer. Er war von Tuttlingen nach Straubing ohne Stopp durchgefahren und hatte sich noch nicht einmal damit aufgehalten, bei sich daheim vorbeizuschauen.
„Also, dann erzähl mal“, forderte er Rolf auf.
Rolfs Frau Resi hatte den beiden Männern Kaffee und einen selbstgebackenen Gugelhupf hingestellt und war dann diskret aus dem Zimmer gegangen. Rolf und Quirin waren allein.
„Sagt dir der Name Wolfgang Tressler ebbs?“ Rolf nahm einen Bissen Gugelhupf.
„Hm. Gehört hab ich von ihm. Hat seine Finger angeblich in so einigen zwielichtigen Geschäften.“
„Genau der. Ein echter Haderlump, dem man ois zutrauen kann. Erpressung, Einbruch, Drogen … such dir ebbs aus, der Tressler ist bestimmt dabei. Leider hamm wir eahm immer nur kloane Sach‘n nachweis‘n können. Aber dann haben wir Hinweise ‘kriagt, dass er was mit der Entführung von an‘m kloana Buam zu tun g‘habt hat.“
„Das habe ich mitbekommen. Sabine und du bekamen die Sache zugeteilt, weil der Schröder mir den Urlaub nicht verderben wollte. Deswegen weiß ich jetzt auch nichts Genaueres.“
„Genau, der Leon Fischer ist von seinen Eltern vermisst g‘meldt worden. Was du aber ned weißt, weil du da schon weg warst: Nach a paar Tag‘ hamm‘s den armen Wurm aus der Donau ‘zog‘n. Is erwürgt word‘n – und vorher missbraucht. Sabine war ganz fertig desweg‘n. Jetzt, wo sie selber a Kind kriegt, geht ihr des halt b‘sonders nah. Na ja, mir war‘s aa recht schlecht, als ich den Kloana g‘sehn hab.“ Rolf schluckte.
„An sowas gewöhnt man sich nie“, versicherte Quirin, der eine gewisse Erleichterung spürte, dass ihm derlei bisher erspart geblieben war.
„B‘sondere Spuren hamm wir nicht g‘habt. Das Wasser hat alles abg‘wasch‘n. Sperma wurde aa koans g‘fund‘n. Sabine und ich hab‘n schwarz g‘sehn, dass mir den Mistkerl derwisch‘n. Und dann hab‘n wir anonym Fotos zug‘schickt kriegt, auf dem der Tressler und eben der Bub … also … der Tressler hat den Buben ...“ Rolf brach ab. Auch nach Jahren bei der Polizei fiel es ihm schwer, so ein Verbrechen beim Namen zu nennen.
„Dann habt ihr den Tressler einkassiert?“
„Ja, aber wir mussten ihn wieder laufenlass‘n, weil sein Anwalt durchg‘setzt hat, dass die Buidl nicht als Beweismittel zug‘lassn werden. Frag mich nicht, wie er das g‘schafft hat …“ Rolf stand auf. „Entschuldige, aber ich brauch jetzt einen Schnaps. Für dich auch a Stamperl?“
Quirin bejahte. Er hatte ein ganz flaues Gefühl im Magen. Rolf ging zum Wohnzimmerschrank und kam mit einer Flasche Obstler und zwei Schnapsgläsern zurück, die er großzügig füllte.
„Prost.“ Er stürzte den Schnaps in einem Zug hinunter.
„Prost.“ Quirin nahm einen Schluck und stellte das Glas vor sich ab. „Wie ging es weiter? Hausdurchsuchung?“
„Freilich. Aber es war nix zum Finden. Und dann ist d‘ Sabine ausg‘rastet. Hat den Tressler o‘g‘schrien, dass sie ihn schon noch kriegen wird, und wenn nicht so, dann eben anders. Aber bevor i dazwisch‘n hätt gehn können, hat sie sich schon wieder beruhigt g‘habt ...“
„Der Tressler hat also noch gelebt, als ihr gegangen seid?“
„Logisch. Putzmunter wie a Fisch im Wasser und rotzfrech. Und bleed g‘grinst hat er aa. Sie ist halt kurz mal durchdreht, d‘Sabine. ‘S war ja aa zum Haarausrauf‘n ...“ Rolf hob die Schultern. „Na, jedenfalls, zwei Tag später kriegt sie eine Mail von der Freundin vom Tressler. Die hätt‘ Beweise, stand da, und die Sabine soll sie an der Wundermühle treff‘n.“
„Sag mir jetzt nicht, dass Sabine so dumm war, alleine hinzugehen!“
„Doch.“
„Oh Mann! Und dann?“
„Sie kommt hin und da liegt die Leiche vom Tressler. Und weit und breit keine Freundin oder sonstwer, der in Frage kommt!“
„Eine Falle.“
„Genau. Die Lydia Feldmann – das is die Freundin – behauptet steif und fest, dass sie koa Mail ned g‘schickt hat, und außerdem hat sie ein Alibi für die Zeit, wo‘s passiert sein muss.“
„Aber der Tressler hat doch bestimmt jede Menge Feinde.“
„Das kannst laut sag‘n. Aber Sabine ist halt ausg‘rast‘ bei der Hausdurchsuchung. Und dann hat sie die Leiche g‘funden und eben koa Alibi ...“
„Schöner Schlamassel.“
Rolf schenkte sich noch einmal nach und hielt dann fragend die Flasche über Quirins Glas. Doch Quirin schüttelte den Kopf.
„Wann war das?“, wollte er wissen.
„Vor ned ganz zwei Wochen.“
„Und da rufst du mich jetzt erst an?“
„Na ja, es hat nicht so schlimm für Sabine ausg’schaut. Keiner hat sie wirklich verdächtigt.“ Rolf blickte etwas betreten drein. „Außerdem hat mir die Sabine verboten, dir Bescheid zum sagen. Aber jetzt muss was passiert sein, was die Sabine arg in die Zwickmühl bringt.“
„Und was?“
„Woaß i ned. Sie müss’n ebbs g’funden haben, das d‘ Sabine belastet. Jedenfalls ist sie jetzt die Hauptverdächtige. Außerdem nimmt sie sich das alles furchtbar zu Herz’n“, fuhr Rolf fort. „Macht sich zum einen Vorwürf und wartet zum ander’n drauf, dass sie einer schief anschaut. Zum Glück hat die Presse noch nix von dem Verdacht mit’kriegt. Aber des is bloß a Frage der Zeit.“
Quirin gab ihm recht. Irgendwann sickerte der Verdacht durch, und dann begann für Sabine ein Spießrutenlaufen. Ob wirklich was dran war, war egal. Dass Tressler womöglich ein pädophiler Mörder war, war dabei ganz unerheblich. Argwohn war immer parteiisch.
„Wer ermittelt denn in dem Fall?“, wollte er wissen.
„Ich ned. Bin ja mit ihr befreundet und damit befangen. Sie hab‘n extra einen aus Regensburg kommen lassen. So ein aalglatter Besserwisser. Fritz Ellwenger heißt der. Die Christel assistiert ihm. Des geht, weil sie die Sabine praktisch nicht privat kennt.“
„Und was sagt Christel dazu?“
„Die druckst rum. Wenn du mich fragst, weiß sie ned so recht, wie sie damit umgeh‘n soll. Am liabsten hätt‘ sie abg‘lehnt. Aber der Schröder hat ihr zug‘redt. Der ist ja auch recht in der Zwickmühl‘. Er weiß, dass es die Sabine ned g‘wesen ist, aber er ist der Chef, und Vorschrift ist Vorschrift.“
„Blöde Sache, klar.“ Quirin drehte sein nun leeres Schnapsglas zwischen den Fingern.
„Mir können doch ned rumsitz‘n und zuschau‘n.“ Rolf schaute seinen Freund und Kollegen an, als erwarte er eine zündende Idee von ihm.
„Natürlich können wir das nicht.“ Quirin stellte das Glas entschieden auf den Tisch. „Ich werde mich mal mit Sabine unterhalten. Und wir müssen mit Christel reden. Dann sehen wir weiter.“
„Denkst du, die Christel macht da mit?“, fragte Rolf skeptisch. „Mir wollte sie jedenfalls nichts sagen. Und wenn sie dem Ellwenger was steckt ...“
„Wird sie nicht. Da bin ich ganz sicher. Außerdem ist sie uns was schuldig.“
„Hm. Na ja, stimmt schon. Vielleicht hätt ich sie dran erinnern sollen … ich war ja schließlich auch dabei.“
Quirin grinste. Er hatte vor ein paar Monaten mit Christel zusammengearbeitet. Damals hatten Rolf und er ihr so nebenbei auch aus einer ziemlich unangenehmen Situation geholfen und nie etwas darüber verlauten lassen. Aber auch ohne diesen Hintergrund war Quirin sicher, dass sie behilflich sein würde. Er hatte sie als ein wenig übereifrig kennengelernt, aber auch als zuverlässig und mit einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Sie würde helfen – vielleicht mit einem flauen Gefühl im Magen, aber trotzdem.
„Kannst du mit Christel was ausmachen – ohne dass der … wie heißt er gleich wieder?“
„Ellwenger.“
„Ohne dass der Ellwenger was davon mitbekommt? Sag ihr, ich möchte sie sehen. Wir müssen uns so treffen, dass es nicht auffällt. Offiziell bin ich ja noch in Tuttlingen, und vielleicht sollte das für’s Erste so bleiben.“
„Versuchen kann ich‘s ja mal.“
„Gut. Ruf mich an, wenn es geklappt hat. Ich werde mich derweil mit Sabine unterhalten. Die ist vermutlich freigestellt?“
„Logo.“
„Gut.“ Quirin nahm einen Schluck Kaffee und probierte den Kuchen. Zu seinem eigenen Erstaunen stellte er fest, dass er Hunger hatte. Und der Gugelhupf war ausgezeichnet.

Blick ins Buch (Leseprobe)

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