7. August 2020

'Sonne, Strand und Federwolken' von Eva Joachimsen

Kindle | Tolino
Blog Eva Joachimsen
Was gibt es Schöneres, als ein paar freie Tage an der See zu verbringen? Am Strand zu liegen und von der großen Liebe zu träumen. Bis man sie gefunden hat, lässt sich die Wartezeit herrlich mit Urlaubslektüre verkürzen.

Die Kurzgeschichtensammlung ist nicht nur für die Ferien geeignet. Vier der dreizehn Geschichten stammen aus dem Buch „Strandkorburlaub“.

Anleser:
Regen und Sturm statt Sonnenschein
Voller Vorfreude sprang Sophie aus dem Zug. Acht Tage Urlaub, Sonne und Strand. Herrlich. Auch wenn es für den Süden nicht gereicht hatte. Denn als Auszubildende hatte sie nicht sehr viel verdient und ihr Geld war für das Auto, mit dem sie zur Arbeit fuhr, draufgegangen. Aber eine Bude in der Stadt hätte erheblich mehr gekostet. Ihre Mutter konnte sie nicht unterstützen, sie hatte als Alleinerziehende nie richtig in einem Job Fuß fassen können, sondern sich immer nur mit Aushilfs- und Minijobs durchgeschlagen. Demnächst würde es besser werden. Vor Glück hüpfte Sophie singend am Zug entlang zum Bahnhofsausgang. In zwei Wochen fing sie ihre neue Stelle an. Ihr Chef hatte sie einem Bekannten empfohlen, der ihr tatsächlich einen Zweijahresvertrag gegeben hatte.
Sie würde dort genug Gehalt bekommen, sodass sie ihrer Mutter helfen konnte. Und sicher war zusätzlich eine kleine Wohnung oder wenigstens ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft drin. Fröhlich summend und tanzend lief sie die Hauptstraße Richtung Strand. Vor dem Fischrestaurant musste sie nach rechts abbiegen und weiter geradeaus laufen, bis sie die Neubausiedlung erreichte. Dann war die zweite Straße schon der Möwenweg.
Sie schaute sich die süßen alten Häuser der Bäderarchitektur an und achtete nicht auf den Weg. Mit Schmackes prallte sie gegen eine breite Männerbrust.
„Können Sie nicht aufpassen?“, knurrte der Mann. Sein XXL-Eis verteilte sich auf Sophies brünetten Haaren, ihrem Parka und seinem Polohemd. Natürlich ein Markenhemd, wie sie sofort erkannte.
„Oh, das tut mir leid, ich habe Sie nicht gesehen.“
Aus furchteinflößender Höhe funkelte er sie grimmig an. „Ich bin so winzig, dass man mich übersieht.“
Sophie schoss das Blut in den Kopf. „Entschuldigung. Ich kaufe Ihnen auch ein neues Eis“, stammelte sie.
„Das ist ja wohl das Mindeste“, brummte er.
„Wo haben Sie es her?“
Er zeigte auf die Eisdiele auf der anderen Straßenseite. Bevor Sophie losgehen konnte, hielt er sie fest und reinigte mit mehreren Papiertaschentüchern ihre Haare. Anschließend reichte er ihr die Packung und deutete auf ihre Brust. Sophie errötete noch stärker und wischte sich das Eis von der Bluse.
Sie musste stolze fünf Euro für eine Eistüte bezahlen. Ihr selbst war inzwischen der Appetit vergangen.
„Wollen Sie kein Eis essen?“, fragte er, schon etwas weniger grimmig.
„Nein, danke, ich mag es nicht“, log sie. „Kann ich Ihr Hemd waschen?“, bot sie an.
Entsetzt schüttelte er den Kopf. „Wer weiß, wie ich es zurückbekomme.“
Sophie entschuldigte sich erneut und flüchtete mit der Bemerkung, dass sie eine Verabredung hätte.
Ihre Hochstimmung war verschwunden. Hätte der Kerl nicht ein kleines Bisschen freundlicher reagieren können?
Sie bemühte sich, trotzdem den Tag zu genießen. Bewusst atmete sie ein und versuchte, die Seeluft wahrzunehmen. Doch das gelang ihr nicht. War der Strand noch zu weit entfernt? Die Strecke wurde immer länger und der Möwenweg tauchte nicht auf. Nach einer Ewigkeit hatte sie das Ende der Neubausiedlung erreicht. Es war gleichzeitig der Ortsausgang, dahinter lagen Felder. Erschöpft setzte Sophie die schwere Reisetasche ab.

Blick ins Buch (Leseprobe)

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