13. April 2022

'Mordsabend: Nordseekrimi' von Ulrike Busch

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Kimmo Hofinga, Hotelbesitzer in Greetsiel, lädt seine treuesten Mitarbeiter zu einem Arbeitsurlaub nach St. Peter-Ording ein. In einer Luxusherberge im Herzen des Nordseebades will der Ostfriese sein fünfundzwanzigjähriges Jubiläum als Hotelier begehen.

Zu vorgerückter Stunde überrascht Frido, der Onkel von Kommissar Anders, den Bekannten aus der alten Heimat mit einem Besuch. Beide schwelgen in Erinnerungen. Doch dann trübt ein Mord die Wiedersehensfreude.

Das mutmaßliche Tatmotiv ist klassisch. Zu klassisch, wie Tammo Anders und Fenna Stern befinden. Die Suche nach dem wahren Motiv veranlasst die Ermittler zu einem kurzen Abstecher an ihren früheren Wohnort Greetsiel.

Band 6 der Reihe "Anders und Stern ermitteln".

Anleser:
Im hinteren Bereich des Restaurants setzten Onno Katt, Egge Leptien und Femke Muus sich an einen Tisch, der außerhalb des Blickwinkels der Neugierigen lag. Zwei Stunden lag das Bekanntwerden des mysteriösen Todesfalles in dem schicken Hotel zurück. Noch immer versammelten sich viele Menschen vor dem Hoteleingang. Manche zogen nach einer Weile weiter, frustriert darüber, dass keine verlässliche Nachricht nach außen drang. Doch ständig rückten weitere Sensationshungrige nach.
»Wissen die da draußen alle von dem Mord?«, fragte Femke Muus. »Wollen die unbedingt die Leiche sehen?«
Onno Katt winkte ab. »Du weißt doch, wie das ist. Man muss gar nicht wissen, was passiert ist, um stehen zu bleiben. Es reicht, dass es so aussieht, als würde man was verpassen, wenn man einfach weiterginge. Deshalb stellt man sich vorsichtshalber dazu und wartet ab. Es könnte ja Uwe Seeler aus dem Hotel kommen oder Roberto Blanco.«
»Oder Sophia Loren«, setzte Femke die Aufzählung fort. Sie erinnerte sich daran, wie sie als junge Frau bei einem Italienurlaub vor einem Hoteleingang in Rom gewartet hatte, ganz so, wie die Leute da draußen es jetzt taten. Eine Frau, die neben ihr stand, ebenfalls eine Deutsche, erzählte ihr aufgeregt, dass Mario Adorf sich vor zwei Stunden in das Hotelrestaurant begeben hatte und dass er bestimmt bald rauskommen würde.
Sie hatte die Frau gefragt, warum sie nicht selbst in das Restaurant ginge, um ihn zu sehen und um ein Autogramm zu bitten. Daraufhin guckte die Frau sie erstaunt an und fragte, ob sie sich mal die Preise auf der Speisekarte angesehen hätte. Nein, das hatte Femke nicht getan. Sie holte es umgehend nach und verstand. Kurz darauf trat Mario Adorf wirklich auf die Straße. Und dann sah er bloß aus wie sein eigenes Double.
»Wo ist Diana eigentlich?«, fragte Femke. Sie erwartete nicht, dass ihre Kollegen antworteten. Jeder ahnte, mit wem die leitende Hausdame sich gerade die Zeit vertrieb. Aber die Frage musste mal gestellt werden.
»Stichel nicht rum«, ermahnte Egge sie.
»Ich stichel doch gar nicht.«
Egge rief seinen Kollegen, den Oberkellner, herbei und orderte Kaffee für sich und die anderen zwei aus Kimmos Team.
Seit sie sich im Foyer getroffen hatten und von der Nachricht von Amalies Tod überrascht worden waren, guckte Onno alle drei Minuten auf die Uhr.
»Nervös?«, foppte Egge ihn. »Willst du dem Zugriff der Kripo entfliehen?«
Femke beäugte Onno aus ihren mausgrauen Augen, die ihr selbst oft zu klein erschienen. Manchmal hatte sie das Gefühl, die schmalen Lider verstellten ihr den Blick auf das große Ganze, denn sie musste oft mehrmals hinsehen, um die Realität zu erfassen.
Aber heute entging ihr nicht, wie rappelig der sonst so ruhige, gelassene Portier war. Sie dachte an die Fragen, die die Kripo ihnen allen stellen würde. Einer von ihnen musste ja wohl der Täter sein. Hieß es nicht, dass der Mörder meist aus dem Umkreis des Opfers kam?
»Was glaubt ihr, wer war es?«, fragte sie. Es war ein Test. Sie wollte bloß wissen, wie die Kollegen reagierten. Wenn keiner der zwei verdächtig erschien, dann musste Diana herhalten. Sie, Femke, würde die Kripo schon auf die Spur bringen, wenn man sie danach fragen würde.
»Wer es war?«, wiederholte Onno ihre Frage. Er lehnte sich zurück und sah mit stierem Blick auf die sonnenbeschienene Terrasse, die menschenleer war, weil das Frühstücksbüfett für die Hotelgäste vorzeitig beendet worden war und niemand von außen die öffentlichen Räume und Plätze des Hauses betreten durfte.
Femke stellte sich vor, was in seinem Kopf vorging. Als Hotelportier mit jahrzehntelanger Erfahrung kannte Onno Gott und die Welt. Er war stärker vernetzt als jeder Greetsieler Krabbenkutter, und wenn Gerüchte geboren wurden, erfuhr er davon, lange bevor sie den Weg hinaus in die Welt antraten.
Wenn es einen Menschen auf Erden gab, der sich vorstellen konnte, wer Amalie Hofinga auf dem Gewissen hatte und aus welchem Grund die arme Frau hatte sterben müssen, dann war es Onno Katt.
Langsam wandte Onno ihr seinen großen, runden Kopf wieder zu. Der Wind wehte durch das schräggestellte Oberlicht herein und ließ die silbergrauen Locken tanzen, die Onnos Halbglatze umwucherten.
»Wer es war, der Amalie umgebracht hat?«, fragte der Portier, und sein Blick nahm einen finsteren Ausdruck an. »Immer der, der fragt, würde ich sagen.«

Blick ins Buch (Leseprobe)

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