19. März 2018

'Blutmoor: Kriminalroman' von Thomas Ehrenberger

Kindle (unlimited) | Tolino | Taschenbuch
Neuer Partner, neuer Fall: Sarah Spielmann ermittelt wieder in Wien

Zeit ist vergangen, seit Sarah Spielmann in ihrem letzten spektakulären Fall ihren damaligen Kollegen verloren hat. Nun liegt wieder ein heikler Fall auf ihrem Tisch: Als die Tochter des Innenministers entführt und deren Freund brutal ermordet wird, wird die erfolgreiche Ermittlerin auf Wunsch des Ministers mit ihrem neuen Kollegen Fred Heberstreit hinzugezogen. Tatsächlich scheint der Mörder immer einen Schritt voraus zu sein. Und als Sarah in ihrem Bett eine Moorleiche findet, ist klar, dass dieser Fall härter ist, als alles bisher Dagewesene …

Leseprobe:
Camping
Das Wetter war den ganzen Tag über perfekt gewesen. Eigentlich konnte sich Amelia den Auftakt des Sommers gar nicht besser vorstellen. Der Campingplatz hatte im ersten Moment nicht sehr einladend auf sie gewirkt, doch erst einmal angekommen, musste sie ihre Meinung revidieren. Der erste Sommer ohne ihren Vater, keine Kontrolle oder Belehrungen. Die Tatsache, dass auch ihr Freund diese Wochen mit ihr verbringen würde, machte es noch besser. Maximilian war ihre erste Beziehung und gleichzeitig die ganz große Liebe. Auch wenn sie noch gar nicht so lange zusammen waren, fühlte Amelia eine tiefe Vertrautheit. Selbstverständlich war ihrem Vater dies ganz und gar nicht recht gewesen. Doch mittlerweile war sie zweiundzwanzig Jahre alt, konnte also selbst über sich bestimmen. Andere junge Frauen hätten ihren ersten Urlaub ohne Eltern schon bei der obligatorischen Maturareise gehabt, doch damals vor drei Jahren war daran nicht zu denken gewesen. Sie musste sogar stolz auf sich sein, dass sie die Matura unter den damaligen Umständen überhaupt bestanden hatte. Nicht nur der Wahlkampf ihres Vaters hatte ihr viel Energie abverlangt. Die plötzlich erkannte Krebserkrankung ihrer Mutter hatte Amelia den Boden unter den Füßen weggezogen. Schon von klein auf war die Bindung zu ihrer Mutter innig und stark. Ihren Vater sah sie oft wochenlang nicht, und wenn er dann einmal zu Hause war, hatte er selten Zeit für sie. Genau genommen konnte sie mit Fug und Recht behaupten, ihr Erzeuger war der gefühlskältste Mensch, den sie kannte. Manchmal hatte sie das Gefühl, der Krebs kam ihm in erster Linie sehr ungelegen, weil nun von ihm auch Mitleid und Sorge um die Familie abverlangt wurde. Dinge, die ihr Vater höchstens aus dem Duden kannte. Es hinderte ihn aber nicht, das größte Drama im noch jungen Leben von Amelia dahingehend medial auszuschlachten. Wann auch immer es ging, war ein Pressefotograf anwesend, der den um seine Frau sorgenden Mann ins rechte Licht rücken sollte. Ohne Rücksicht auf die Schmerzen ihrer Mutter gab es Interviews, Fotos und Geldspenden an das Privatkrankenhaus. In der Zeit vor dem Krebs, wie Amelia es für sich selbst nannte, war dieser Mann fast ein Fremder gewesen, sie hatte keine großen Gefühle für ihn gehegt. Doch ab diesem Moment lernte sie ihn zu hassen. Alles außerhalb der luxuriösen Wohnung im neunzehnten Bezirk in Wien war im Wahlkampf gleichbedeutend mit Öffentlichkeitsarbeit. Ihr werter Vater war auf diesem Gebiet ein Meister, hatte er sich doch sein ganzes Leben auf diese Zeit vorbereitet. Zumindest war es Amelia immer so vorgekommen. Mutter und Tochter mussten tapfer in die Kameras lächeln. Alles geschah ein Jahr vor ihrer Matura. Sie war gerade achtzehn Jahre alt geworden und das Ende der Tourismusschule war nun fast zum Greifen nah. Anfangs waren sie alle optimistisch gestimmt, bis auf die Ärzte. Da ihre Mutter selten klagte und niemanden zur Last fallen wollte, hatte sie sich erst nach einer langen Zeit und endlosen Diskussionen mit ihrer Tochter zu einer Untersuchung überreden lassen. Ein Pankreaskarzinom wurde erkannt. Leider viel zu spät, denn der Tumor hatte schon gestreut und breitete sich wie ein Waldbrand im Körper ihrer Mutter aus. Selbstverständlich versuchten sie jede mögliche Therapie, klammerten sich an jeden Strohhalm. Nicht so ihr Vater. Sachlich und nüchtern wie er war, hatte er die Chancen auf eine erfolgreiche Therapie abgeschätzt. Freunde von ihm, ebenfalls Ärzte, hatten seine Meinung gefestigt und er bereitete sich und seine Familie auf den baldigen Tod seiner Frau vor. Damit meinte er die Finanzen, das Begräbnis und die Presse. So weit man einen natürlichen Tod eben planen konnte. Bedingt durch diese Herzlosigkeit hatte ihre Mutter auch schon bald den letzten Funken Hoffnung verloren und gab sich auf. Nur Amelia wollte es nicht wahrhaben und bekniete ihre Eltern, anderen Therapieformen eine Chance zu geben. Wenn sie heute über diese Zeit nachdachte, war sich Amelia sehr sicher zu wissen, wann der endgültige Bruch mit ihrem Vater begonnen hatte. Er war nämlich genau zu dieser Zeit im Wahlkampf und seine Partei hatte gute Chancen zu gewinnen, die Regierung zu bilden. Jetzt wollte er aber nicht etwa Kanzler werden. Sein Traum war es schon immer gewesen, den Posten des Innenministers zu bekleiden. Vielleicht hatte er schon deswegen damals in seiner Studienzeit die juristische Richtung gewählt. Auch dort konnte man Fälle nüchtern betrachten. Noch dazu war ihr Vater im ganzen Land als Hardliner bekannt. Doch ihre Mutter ging vor den Augen der Öffentlichkeit vor die Hunde. Es wurde von Tag zu Tag schlimmer und das ganze Land war live dabei, als sie bei einer Eröffnung bewusstlos zusammenbrach. Ihr Vater hatte einen dicken Scheck an eine Forschergruppe übergeben, die sich mit der Heilung von Krebs befasste. Medienwirksam wurde alles inszeniert und auch Amelia hatte anwesend zu sein. Ihre Vorbereitung auf die Matura war da nur eine unwichtige Nebensache. Es wurde aber trotzdem erwartet, dass sie diese mit Bestnoten absolvierte. Nachts weinte sie sich meistens in den Schlaf.
Ihre Mutter war also bewusstlos geworden und war von diesem Tag an auch nicht mehr aufgewacht. Drei Tage später war sie tot. Der aggressive Krebs hatte den Kampf in Rekordzeit gewonnen und ihr den einzigen Menschen genommen, den sie vor Maximilian wirklich geliebt hatte. Noch im Krankenhaus hatte ihr Vater als trauender Ehemann eine Pressekonferenz gegeben und vom Ableben seiner geliebten Frau berichtet. Amelia musste neben ihm stehen. Ab diesem Zeitpunkt gab es nicht nur einen tiefen Riss in der Beziehung zu ihrem Vater, es war ausgewachsener Hass.
Danach war ihr Vater wieder in seinen Alltag zurückgekehrt, zumindest erkannte Amelia in den seltenen Momenten, in denen er zu Hause war und sich dabei aber nicht um wichtige Geschäfte kümmern musste, keine Trauer in seinen Zügen. Sie selbst versuchte sich auf den Abschluss der Schule zu fokussieren, was sie auch schaffte. Nur nicht mit den erwarteten Noten. Damit hatte sie ihren Vater enttäuscht. Er war wütend geworden und sie durfte nicht an der Abschlussreise teilnehmen. Wobei sie sowieso herzlich wenig Lust darauf gehabt hatte. Sie trauerte nach wie vor um ihre Mutter. Die meiste Zeit sperrte sie sich in ihrem Zimmer ein, wollte mit niemandem reden oder auch nur etwas essen. So hatten die letzten Ferien ausgesehen, denn schon bald danach begann sie ihr Studium an der Wirtschaftsuniversität.
Doch im Nachhinein war es ihre beste Entscheidung gewesen, sich an dieser Universität einzuschreiben. Hier hatte sie Maximilian kennengelernt, obwohl die Universität ein riesiger Komplex war, mit vielen tausend Studenten. Er war ein eher schlaksiger junger Mann, mit wunderschönen braunen Naturlocken und verträumten Augen, die unglaublich blau waren. Dieses Blau hatte Amelia noch nie gesehen, es war klar und hell wie Eis, doch strahlten sie Liebe und Wärme aus. Schon bei dem ersten Treffen im Hörsaal, als er sich zu ihr setzte, war es um sie geschehen. Sie hatte ihn nur schüchtern angelächelt und danach die Vorlesung damit verbracht zu versuchen nicht rot anzulaufen. Noch am selben Nachmittag waren sie zu einem kleinen Kaffeehaus gegangen und hatten sich ganz in Gesprächen verloren. Es schien ihr so, als ob sie Maximilian schon immer gekannt hatte. Von diesem Zeitpunkt an waren beide unzertrennlich und auch ein Paar. Sehr zum Missfallen ihres Vaters natürlich.

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Für Tolino: Buch bei Thalia
Mehr über und von Thomas Ehrenberger auf seiner Facebook-Seite.



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