26. Februar 2019

'Blutparadies' von Claus Hammering

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Eine traumhaft schöne Insel inmitten der Karibik.

Für die Gäste des neu eröffneten Luxushotels sollen es die schönsten Tage des Jahres werden. Doch schnell wird aus der Idylle ein kollektiver Albtraum. Es scheint, als wären die Urlauber nicht allein auf der Insel ...

Leseprobe:
In all seinen Berufsjahren hat Luis Ortega so etwas noch nicht erlebt. Sicher, er ist zuweilen Gast in einigen durchaus fragwürdigen Etablissements und dort auch Zeuge von ein paar unschönen Auseinandersetzungen gewesen. Zähne sind herausgeschlagen und Blut ist vergossen worden, doch noch nie ist jemand zu Tode gekommen. Und schon gar nicht in einem der Sternehotels, die er in den letzten Jahren angeflogen hat. Die ganze Situation ist heikel. Durch den Job hat er eine gewisse Erfahrung mit amerikanischen und europäischen Touristen. Die lassen sich ziemlich schnell aus der Ruhe bringen, und so, wie die Dinge momentan liegen, wird es nicht mehr lange dauern, bis sämtliche Gäste des Martola Bay View auf dem Zahnfleisch gehen. Ihm bleibt nur ein kleines Zeitfenster, die Angelegenheit zu regeln, bevor ein Aufstand losbrechen wird. Zwar geht ihn das im Grunde genommen überhaupt nichts an, schließlich ist er ja nur der Pilot, doch fühlt er sich in gewisser Weise verantwortlich. Immerhin ist er in den letzten Wochen und Monaten so etwas wie Belchilds rechte Hand geworden, wenn auch unfreiwillig. Sie haben manches gemeinsam bewältigt, und nun fühlt er sich verpflichtet, diese Situation ordentlich abzuwickeln. Allerdings hat er keineswegs vor, die Insel auf direktem Wege zu verlassen, so wie er es den Urlaubern zugesichert hat. Luis hat sich bloß etwas Zeit verschaffen wollen, um zuallererst noch eine andere Sache zu erledigen. Außerdem muss er die Insel überhaupt nicht verlassen, um Hilfe zu holen. Er wird das Funkgerät benutzen. So einfach ist das. Er kann auch das Gerät an Bord seines Fliegers nehmen, doch dazu müsste er erst wieder ganz runter zum Strand laufen. Stattdessen führt ihn sein Weg direkt in den Ostflügel des Hotels, wo laut Clara Weinert der tote Hotelmanager liegt.
Ortega achtet darauf, niemandem über den Weg zu laufen, um keine lästigen Fragen beantworten zu müssen, als er den Hof quert. In der Ferne ist das gleichmäßige Brummen der Umwälzanlage zu hören, die beide Pools mit gechlortem Wasser versorgt. Ansonsten ist es still. Anscheinend sind alle auf ihren Zimmern. Gut so, denn so haben sie es besprochen.
Im ersten Stock angekommen, späht Luis rasch um die Ecke, bevor er seinen Weg fortsetzt. Niemand ist zu sehen, dafür markiert ein regelmäßiges »Pling« sein Ziel am Ende des Ganges. Eilig bringt er die kurze Strecke hinter sich und tritt, ohne zu zögern, in die rechteckige Kabine.
Zimperlich ist Luis nie gewesen. Zwar hat bisher noch niemand direkt vor seinen Augen den Löffel abgeben, doch hat er in seiner Zeit auf den Atollen schon ein paar Leichen zu Gesicht bekommen. Alle paar Jahre gibt es einen Tauchunfall oder jemand trinkt zu viel und landet kopfüber ihm Pool oder fällt von einer Klippe. Touristen sind einfach nicht für die Natur gemacht.
Als sein Blick auf das wächserne Gesicht Ethan Belchilds fällt, muss Luis dennoch kurz innehalten. Es ist etwas anderes, wenn man den Toten persönlich gekannt hat. Etwas völlig anderes. Er presst die Lippen fest aufeinander und nimmt seinen Hut ab. Einige Sekunden bleibt er so stehen. Er findet, dass sich das so gehört. Immerhin ist der Mann ihm fast schon so etwas wie ein Freund geworden. Sie haben sich oft unterhalten, auch über Dinge, die nichts mit dem Hotel zu tun hatten. Luis weiß, dass Ethan Belchild sein Herz an dieses Projekt gehängt hat. Für ihn ist es ein Privileg gewesen, hier zu arbeiten. Und nun hat er dafür mit dem Leben bezahlt.

Im Kindle-Shop: Blutparadies.
Mehr über und von Claus Hammering auf seiner Website.



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