'Verguckt' von Jutta Schönberg
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Das junge Ehepaar Kapf hat ein Geheimnis. Als Nachbarin Margarete Nessel es entdeckt, geht nicht nur eine Flasche Pepsinwein zu Bruch ...
In der Schule soll Max angeben, welchen Beruf seine Mutter hat. Doch wer ist eigentlich seine richtige Mutter? Der Vater kann sich auch nicht mehr so genau erinnern ...
Diese und weitere neun Kurzgeschichten zeigen die große Bandbreite der Autorin Jutta Schönberg: Texte mit Witz, Krimis, historische und gesellschaftspolitisch relevante Stücke sowie Alltagsgeschichten.
Verguckt – Gute Nachbarschaft – Moderne Zeiten – Der Lebensretter – Zerrissene Bilder (Originalbeitrag) – In der Puppenstube – Waldnutzung – Auf der Suche (Originalbeitrag) – Desintegration – Herr und Sklave – Der erste Arbeitstag – Eine neue Welt
Anleser:
Verguckt
Heinz Abele ärgerte sich noch, als sein Zug in den Bahnhof Wilhelmshöhe in Kassel einfuhr. Seit er im Ruhestand war, hatte er ein neues Hobby: Preisausschreiben. Mit Hingabe bastelte er aufwändige Karten, auf denen er in großer Schrift das Lösungswort vermerkte. Nun hatte er das erste Mal etwas gewonnen: zwei Übernachtungen für zwei Personen in Kassel. Aber dann hatte er mit seiner Frau unablässig gestritten, über alles, worüber man streiten kann, wenn man verreisen will. Schließlich weigerte sich seine Frau mitzufahren. Und so fuhr Heinz allein – und ärgerte sich über die Verschwendung.
Als er ausstieg, atmete er tief ein. Er roch die Luft einer fremden Stadt. Sofort ging es ihm besser, denn die Luft roch nach Currywurst und Pommes frites. Und Heinz meinte ebenso ein paar Tage Freiheit zu riechen. Der Duft leitete ihn zu einer Kneipe, in der er sich die ihm sonst von seiner Frau verbotene Speise leistete. Danach ging es ihm noch besser, denn er hatte Hunger gehabt, weil ihm das Bordrestaurant im ICE zu teuer gewesen war. Seine Frau hatte sich geweigert, ihm ein Vesper zuzubereiten.
Er studierte den Stadtplan und machte sich zu Fuß auf den Weg ins Hotel, denn wer wollte schon ein teures Taxi nehmen, wenn einem nach dem langen Sitzen im Zug sowieso nach Bewegung zumute war.
Im Foyer stand eine aparte Dame, die Heinz auf Mitte dreißig schätzte. Sie trug ein rostrotes Kostüm und eine cremefarbene Bluse mit großer Schleife. Ihre Stöckelschuhe hatten die gleiche Farbe wie das Kostüm, und auch ihre halblangen, braunen Haare glänzten rostrot. Perlen schimmerten an Hals und Ohren. Sie war gekonnt geschminkt. Nur die etwas dicken Waden schmälerten die Eleganz ihrer Erscheinung.
»Bitte, können Sie mir helfen?«, sprach sie Heinz an. Ihre Stimme war dunkel, ihre braunen Augen sahen ihn flehend an. Sie war groß, fast so groß wie er mit seinen einssechsundachtzig.
Heinz schaute kurz in den Spiegel an der Rezeption und überprüfte, ob sein weißes, aber immer noch volles Haar richtig saß, auf das er sehr stolz war.. »Was kann ich denn für Sie tun?«
»Ich würde gerne die beste Sehenswürdigkeit von Kassel besichtigen. Aber der Portier hat mir nur einen Stapel Prospekte in die Hand gedrückt und gemeint, das sei wohl Geschmackssache. Dann wurde er fortgerufen. Wie soll ich mich denn dabei zurechtfinden? Ich habe nur heute Zeit für Besichtigungen. Morgen treffe ich mich mit Freunden zum Feiern.«
»Nun, ich gehe jetzt ins Museum für Sepulkralkultur«, sagte Heinz.
Sie hob die Brauen. »Vielleicht bin ich ja dumm, aber was ist das?«
»Ein Museum für Bestattungskultur. Es zeigt, was mit Sterben, Tod, Bestatten und Trauern in Zusammenhang steht.«
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Labels: Jutta Schönberg, Kurzgeschichten
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