27. Juni 2012

'Flügelschlag der Angst' von Brigitte Tholen

Ein Kriminalroman: Uta Eyhusen ist dreißig Jahre alt – und Hobbyboxerin. Zusammen mit ihrer Freundin Karen führt sie einen Kiosk mit Stehcafé, allerdings mit wenig Erfolg. Uta hat finanzielle Probleme und steht kurz vor der Pleite. Hinzu kommen ihre privaten Schwierigkeiten. Sie leidet unter Panikanfällen, wenn sie nachts allein im Haus ist. Der Roman beginnt an dem Abend, an dem Uta auf ihre vier Jahre ältere Cousine Jana wartet. Doch Jana kommt nicht. Die schreckliche Nachricht lässt nicht lange auf sich warten: Jana ist ermordet worden, ihre Leiche wurde im Hochmoor gefunden. Neben ihren Füßen liegt eine Maske.

Zwei Tage nach der Beerdigung wird Uta von ihrem Onkel, Werner Kulmbach, gerufen. Als sie bei dem erfolgreichen Reeder eintrifft, sind ihr Cousin Arne und Derek, der Sohn eines Freundes von Kulmbach, ebenfalls dort. Allen dreien macht der Reeder ein Angebot: Wer den Mörder seiner Tochter findet, bekommt von ihm 100.000 Euro und erbt obendrein nach seinem Tod das gesamte Vermögen. Was Kulmbach den Dreien nicht sagt: Er plant selbst, den Mord an seiner einzigen Tochter zu rächen und hofft auf diese Weise, an den Namen des Mörders zu kommen. Der Gedanke, dass der Mörder nach seiner Festnahme mit einer Haftstrafe davon kommen könnte, ist für ihn nicht akzeptabel.

Ebenso wie Arne und Derek geht Uta auf das Angebot ihres Onkels ein. Sie braucht das Geld, und außerdem fühlt sich die durchtrainierte Hobbyboxerin stark genug, der Aufgabe gewachsen zu sein. Die folgenden Tage scheinen das Gegenteil zu beweisen. Während ihrer privaten Ermittlungen gerät sie durch falsche Spuren, die der Mörder geschickt legt, selbst in den Verdacht, Jana ermordet zu haben. Und auch ihr Gefühlsleben spielt verrückt. Ausgerechnet Kriminalhauptkommissar Kröger, zu dem sie sich mehr und mehr hingezogen fühlt, leitet die Ermittlungen.

Gleich lesen: Flügelschlag der Angst

Leseprobe:
  Sie schob die Maske über die Augen, um nicht erkannt zu werden, doch sie bot ihr viel mehr als nur Schutz. Wie immer, wenn sie hier wartete, spürte sie die Erregung, und sie malte sich aus, wie der Unbekannte nach ihr greifen würde, ohne ein Wort zu sagen. Gierig. Die Lust bohrte sich fast schmerzhaft zwischen ihre Schenkel. Wo blieb er nur?
    Die Nacht hatte die Hitze des Tages aufgesogen. Bis auf den Sommermantel, Dessous und Schuhen, trug sie nichts auf ihrer Haut.
    Modriger Geruch aus den Tiefen des Sumpfs stieg ihr in die Nase. Für  sie war es der süße Duft der Erregung. Der Kick, den sie brauchte. Das Gefühl zu leben, abzutauchen, kleine Tode zu sterben.
    Sie horchte in die Dunkelheit. Donnergrollen in der Ferne, die ersten Blitze. Der Boden unter den Schuhen federte und gab bei jedem Schritt nach. Außerhalb des Weges konnte sie schemenhaft das Binsenkraut und die hohen, speerförmigen Gräser erkennen. Auf einem Birkenstamm, der aussah wie ein hochgestreckter Arm, saß ein Steinadler. Bewegungslos. Bevor ihr Blick weiterglitt, schlug er mit den Flügeln und schwang sich in die Luft.
    Er schwebte genau über ihrem Kopf und stieß Warnrufe aus.
    Zum ersten Mal seit Beginn ihrer anonymen Treffen spürte sie ein Gefühl des Unbehagens. Einen Druck auf ihrer Brust. Am liebsten wäre sie umgekehrt, aber der Zwang der Lust war mächtiger.
    Das dünne Licht des Mondes erhellte die Moorlandschaft kaum. Sie hörte Schritte, zwischen den Polstern der Binsen gluckerte, blubberte und gurgelte es.
    Ein Mann kam näher. Der Wind bauschte seinen dunklen Umhang auf. Von seinem Gesicht erkannte sie lediglich die Kinnpartie, ein grobes, eckiges Kinn. Der Rest versteckte sich hinter der Maske.
    Sie beschleunigte ihren Schritt, um vor ihm in der alten Mühle zu sein. Die schwarzen High Heels sackten in den morastigen Boden. Noch einmal drehte sie sich um, rutschte aus. Bevor sie fallen konnte, war der Mann bei ihr. Arme hielten sie fest. Sie spürte seinen Atem, roch Parfüm. Sinnlichkeit, der Duft von Spirit of Stars. Wortlos glitt seine Hand unter ihren Mantel, spielte mit den Brustwarzen. Sie keuchte, schob den Umhang auseinander, um seine Haut zu spüren.
    In ihrer Erregtheit drohte sie, erneut im Morast auszurutschen, aber er hielt sie sicher. Sie ergriff seinen Hintern, der sich hart und fest anfühlte, und begann, mit den Lippen auf seinem Hals und seiner Brust zu spielen. Sie stöhnte laut, wollte nicht mehr warten.
    Ungestüm hob sie den Kopf, stieß dabei gegen seine Maske, die sich verschob. Das Mondlicht beleuchtete sein Gesicht. Sie starrte ihn an und erkannte im gleichen Augenblick, dass sie einen Fehler begangen hatte.

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