26. September 2012

'Lilly Höschen und ihr Gespür für Mord' von Helmut Exner

Ein komödiantischer Krimi. Sie ist eine liebenswerte, alte Dame und zugleich eine Nervensäge sondergleichen. Wer ihr dumm kommt, kann sich schon mal eine deftige Beleidigung einhandeln oder wird kurzerhand in den Brunnen geschubst. Ihr besonderes Talent allerdings ist ihr Gespür für Mord.

Lilly Höschen, die alte Dame aus dem Harz, reist nach Schleswig-Holstein und anschließend bis nach Australien, um die mysteriösen Mordfälle aufzuklären, die eigentlich ihre junge Freundin, Kommissarin Gisela Weniger, lösen müsste.

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Leseprobe:
Lilly kommt! Ach, wie ich mich freue, dachte Gisela, als sie den Telefonhörer aufgelegt hatte. Denn wo Lilly auftaucht, ist immer was los. Mal sitzt eine Leiche in ihrem Garten, mal verprügelt sie einen Mafioso. Ein andermal stutzt sie einen Staatsanwalt in einer Gerichtsverhandlung so zusammen, dass er in eine Hutschachtel passt. Aber bereits die ganz normale Konversation mit ihrer Freundin Lilly ist ein Vergnügen. Lilly Höschen (man spreche es aus wie Hö-schen mit kurzem »ö«, um Gottes Willen nicht wie Hös-chen), die mittlerweile dreiundachtzigjährige Oberstudienrätin a.D. ist ein Original der besonderen Art. Sie wünscht, mit Fräulein angeredet zu werden. Wer ihr dumm kommt, muss schon mal mit einer handfesten Beleidigung rechnen. In ihrer Heimat im Oberharz ist sie bekannt wie ein bunter Hund. Wer ihr nicht wohlgesonnen ist, wechselt schnell die Straßenseite, wenn er ihr begegnet. Ihr Haus in dem Bergstädtchen Lautenthal thront geradezu über dem Ort. Als Gisela das letzte Mal dort war, hatte Lilly gerade einen dringend gesuchten Mörder mit einer alten Standuhr unschädlich gemacht und ihn an einen Stuhl gefesselt. Man könnte meinen, dass sie Verbrechen geradezu riecht. Wie will man es sich sonst erklären, dass sie auf dem Grundstück, das jetzt Piet gehört, zwei Leichen ausgegraben hat? Gisela war ganz aufgeregt und erzählte Klaus die Neuigkeit, der ganz trocken antwortete: »Dann leg schon mal Pistole und Handschellen bereit. Bei Lilly muss man auf alles gefasst sein.«

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Gisela hatte abends einen Anruf von Lilly bekommen, dass sie heute auswärts übernachten würde. Auf ihre Nachfrage, wo, wie und warum, ging sie gar nicht ein. Naja, dachte sie, das ist halt Lilly. Am nächsten Morgen im Büro meldete sich Dennis:
»Sagen Sie mal, kennen Sie eine gewisse Lilly Höschen?«
»Natürlich, meine Freundin Lilly. Sie ist gerade bei mir zu Besuch.«
»Falsch, im Moment ist sie gerade bei mir zu Besuch. Sie sitzt im Verhörraum und ich bin am Überlegen, ob ich versuchen sollte, sie einzubuchten. Leider gibt es ja nicht mehr den Paragrafen des groben Unfugs.«
»Was, Lilly ist in Hamburg? Bei Ihnen? Warum denn das, um alles in der Welt?«
»Sie wurde letzte Nacht auf einer Sexparty festgenommen wegen Hausfriedensbruchs.«
»Um Gottes Willen, nun sprechen Sie doch nicht in Rätseln. Was ist passiert?«
»So genau kann ich Ihnen das jetzt nicht verklickern. Dazu kommt noch, dass sie mich beleidigt hat, wie es noch keinem Menschen vor ihr gelungen ist. Fetter Chauvinisten-Bulle, größter Hahn auf dem Misthaufen, Sie sehen nicht nur blöd aus, Sie sind tatsächlich blöd. Das sind nur ein paar Kostproben, wie sie mit mir geredet hat. Ach so, einen hinterasiatischen Hängebaucheunuchen hat sie mich auch noch genannt. Ach ja, und sie war nicht allein. Sie hatte noch ihren jungen Freund Freddy dabei, einen selten dämlichen Kerl. Ich hätte Lust, die beiden hier eine Weile schmoren zu lassen.«
Gisela war fassungslos. Sie beschloss, sofort nach Hamburg zu fahren, um die Sache vor Ort mit allen Beteiligten aufzuklären.
Als sie Dennis eine Stunde später zum ersten Mal sah, dachte sie ganz sacht im Hinterkopf: Hängebaucheunuch, naja, rein vom Äußeren her lag Lilly da gar nicht mal so falsch. Aber natürlich spricht man so etwas Gemeines nicht aus, es sei denn, man heißt Lilly und wird entsprechend gereizt. Als Gisela ihrem Hamburger Kollegen in dessen Büro gegenüber saß, hatte sie das Gefühl, eine winzig kleine graue Maus zu sein. Der Kerl war zwar bestimmt einsachtzig groß, machte aber den Eindruck, genauso breit zu sein. Sein Bauch war so dick, dass er im Stehen bestimmt nicht auf seine Schuhspitzen sehen konnte. Dabei war er nicht älter als sie selbst. Inzwischen hatte er sich wieder abgeregt und erzählte, was passiert war:
»Also, Ihre Freundin Lilly hatte offenbar auch herausgefunden, dass dieser Jochen Klüth in irgendeinem Verhältnis zu Piet steht. Dann machte sie sich auf den Weg zum Unternehmen des Herrn Klüth, einem Sexgroßhandel in Hamburg. Als Unterstützung nahm sie diesen komischen Freddy mit. Das Unternehmen befindet sich in einer alten Fabrikhalle. Die meisten der zwanzig Mitarbeiter hatten schon Feierabend. Irgendwie gelang es den beiden, den Laden zu betreten, ohne Aufsehen zu erregen. Sie durchsuchten alle Räumlichkeiten und fanden nichts. In der Haupthalle fand gestern Abend aber eine Verkaufsveranstaltung für gute Kunden statt. Eine Show stand auf dem Programm und natürlich das große Fressen und Saufen. Die Halle füllte sich allmählich. Von der Empore aus war eine große Rutsche in die Halle montiert worden, von der zu gegebener Zeit irgendwelche Sexhäschen in ein aufgestelltes Schwimmbecken rutschen sollten. Diese Rutsche war oben von einem Vorhang verdeckt. Um möglichst viel mitzubekommen, setzten sich Lilly und ihr junger Freund auf diese Rutsche. Da der Auftritt der Sexhäschen aber noch nicht dran war, hatte man auf das Schwimmbecken unten eine lange Tafel mit einem grandiosen Buffet gestellt. Dann passierte es, dass dieser Freddy sich nicht mehr halten konnte. Lilly, die hinter ihm saß, versuchte ihn festzuhalten. Und dann rutschten beide mit vollem Karacho in das Schwimmbecken und stießen die riesige Fresstafel um. Die Leute haben sich zu Tode erschreckt, bis das große Lachen anfing. Man stelle sich vor, wie eine alte Oma und ihr jugendlicher Freund aus dem Schwimmbecken herauskamen.«
Jetzt fing Dennis an zu lachen, während sein Bauch auf und nieder wippte. Gisela hielt sich die Hände vors Gesicht und versuchte, sich zu beherrschen.

Im Kindle-Shop: Lilly Höschen und ihr Gespür für Mord

Mehr über und von Helmut Exner auf seiner Autorenseite und bei Facebook.

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