5. September 2012

'Dämonenzirkus' von Marc Beck

Ein Fantasy-Abenteuer junge Leser ab 14: Zirkus Magnus ist dank sechs jugendlicher Artisten mit übernatürlichen Fähigkeiten der erfolgreichste Zirkus der Welt. Die Stars werden nachts jedoch von Albträumen geplagt. Als sich der achtzehnjährige Glenn auf die Suche nach der Ursache für diese Träume begibt, kommt er dem Geheimnis ihrer Superkräfte auf die Spur.

Doch damit fordert er einen mächtigen Feind heraus, der ihn und seine Freunde zwingt, eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen. Riskieren sie ihr Leben, um Unschuldige zu retten – oder verkaufen sie ihre Seele?

Gleich lesen: Dämonenzirkus

Leseprobe:
Ein Luftzug wehte die Karte vor seine Füße. Der Direktor starrte auf den gelben Schnipsel. Freier Eintritt. Frustriert bohrte er das Stück Papier mit der Fußspitze in den Sand. Sein Lebenswerk war ruiniert, morgen stand die letzte Vorstellung auf dem Programm, danach schloss sich der Vorhang für alle Zeiten.
„Was ist dir ein Wunder wert?“, raunte eine leise Stimme.
Der Direktor fuhr herum. Die Manege war menschenleer.
„Wer will das wissen?“, erkundigte er sich, erhielt aber keine Antwort. Irritiert schüttelte er den Kopf, offensichtlich hatte er sich die Worte eingebildet.
Was ist mir ein Wunder wert?, dachte er. Ein Wunder, das seinen Zirkus am Leben erhielte, wäre ihm alles wert. Einfach alles.
„Auch deine Seele?“ Das Flüstern ließ einen kalten Schauer über seinen Rücken laufen. Hastig ließ er seinen Blick über die Zuschauerreihen gleiten. Doch er war allein. Wer trieb diesen üblen Scherz mit ihm?
„Komm aus deinem Versteck!“, befahl er.
Verhöhnte ihn ein Clown, weil er seit Wochen keinen Lohn bezahlen konnte? Wie sie ihn deswegen behandelten! Vor allem die Clowns verspotteten ihn jeden Tag, in jeder Vorstellung.
„Komm heraus!“, brüllte er.
„Beantworte mir zuerst eine Frage.“
Wie konnte das Wispern so nah sein?
„Gibst du mir für den Ruhm, den du als Direktor des weltweit erfolgreichsten Zirkus erlangen wirst, deine Seele?“
Der Direktor überwand die Angst, die ihm die körperlose Stimme eingejagt hatte, denn die Worte versprachen eine Wendung zum Guten. In seinem Kopf tauchten die großen und bedeutenden Zirkusse auf.
„Ja“, flüsterte der Direktor. „Dafür würde ich meine Seele geben.“
Plötzlich stand eine Gestalt zwei Schritte neben ihm. Der Direktor zuckte zusammen. Der Mann hatte gelocktes, schulterlanges, pechschwarzes Haar, sein Gesicht war makellos schön. Er trug einen dunkelroten, maßgeschneiderten Anzug, ein schwarzes Hemd und schwarze Schuhe.
„Glaubst du an die Unsterblichkeit der Seele?“
Der Direktor nickte.
„Trotzdem willst du sie hergeben?“
„Ruhm ist genauso unsterblich.“
„Was ist mit der Seele deines Sohnes? Bist du bereit, auch sie zu opfern?“
Der Direktor dachte an seinen Sohn und an dessen Mutter, die sie vor zwei Jahren verlassen hatte, weil sie das Leben auf Reisen leid gewesen war, weil sie einen anderen Mann kennengelernt hatte, weil sie die finanziellen Engpässe nicht mehr ertragen hatte. Ausreichend Gründe, um Mann und Kind den Rücken zu kehren. Seitdem trug er die Bürde, einen Jungen aufziehen zu müssen, der ihm lästig war und ohne jedes Talent noch nicht einmal als Kinderartist taugte.
„Ja!“
„Papa“, erklang die hohe Stimme seines sechsjährigen Sohnes. „Wer ist der Mann?“
Der Direktor drehte sich zu seinem im Zelteingang stehenden Sohn um, der einen braunen Teddybären im Arm hielt und mit einem weißen Schlafanzug bekleidet war, auf dem sich Clowns bunte Bälle zuwarfen.
„Warum bist du nicht im Bett und schläfst, Gabriel?“, fuhr er ihn an.
Der Fremde lachte verächtlich.
„Gabriel? Was für ein abscheulicher Name. Auf diese niedere Seele verzichtet mein Herr.“
Unbändige Wut stieg im Direktor hoch.
„Verschwinde von hier!“, brüllte er seinen Sohn an. Er hatte Angst, Gabriels Name – den seine Mutter ausgewählt hatte – würde das Angebot zunichtemachen.
Tränen traten dem Jungen in die braunen Augen. Doch der Fremde hob die Hand, ehe Gabriel weglaufen konnte.
„Bleib ruhig hier. Du kannst mir helfen, deinem Vater meine Macht zu demonstrieren.“ Er legte zwei perfekt manikürte Finger auf seine Schläfe. „Was benötigt der erfolgreichste Zirkus der Welt?“, fragte er. „Die besten Artisten? Die spektakulärste Show? Wie lange dauert es, bis sich die Sensation in alle Länder der Welt verbreitet hat? Bis ein Zelt gefüllt ist, das erst mit fünftausend Menschen ausverkauft ist? Wahrscheinlich Jahrzehnte. Die Konkurrenz ist immens. Wenn die Artisten jedoch Kinder wären, die mit jedem Jahr besser werden, würde sich der Ruhm schneller einstellen, vorausgesetzt, sie vollführen Nummern, die kein Erwachsener beherrscht.“
„Kinderartisten beherrschen nichts Atemberaubendes“, entgegnete der Direktor abfällig.
„Normale Kinder nicht. Im Tausch mit einer Seele lässt sich das allerdings ändern.“
Mit dem rechten Zeigefinger deutete er auf Gabriel. Ein roter Nebel schoss aus dem Finger und verschwand in Gabriels offen stehendem Mund.
„Spiel mit dem Feuer!“, befahl der Fremde und breitete seine Arme aus.
Gabriel imitierte die Geste zögerlich. Zwei Feuerbälle lösten sich aus seinen Handflächen und schwebten wenige Zentimeter über der Haut. Der Direktor japste auf.
„Jongliere!“
Gabriel gehorchte. Inzwischen waren es fünf Feuerbälle, die er mit der rechten Hand in die Luft warf und mit der linken wieder auffing. Er strahlte vor Glück angesichts seines neuen Talents.
„Schick sie in den Himmel!“
Gabriel stieß die Feuerbälle Richtung Zeltkuppel. Dort explodierten sie wie Feuerwerksraketen und versprühten farbige Funken.

Im Kindle-Shop: Dämonenzirkus

Mehr über den Autoren Marc Beck und seine Veröffentlichungen auf seiner Website.

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1 Kommentare:

Am/um 15. September 2012 um 01:32 , Anonymous Anonym meinte...

Das ist und bleibt ein wirklich toller Post und ich bin erfreut die
Homepage durch Facebook gefunden zu haben. Kurz gesagt
dies ist ein neuer Blog und ich freue mich viel mehr zu lesen.

Danke dafür!
Bloggige Grüße
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