9. Dezember 2013

'Chronist: Der erste Kreuzzug' von Matthias Wenzel

Ein historischer Roman über die Erlebnisse des jungen Benediktiners Raimund von Aguilers, der den ersten Kreuzzug als Chronist begleitete. Es ist eine wahre Geschichte, die von Schrecken und Entbehrungen, von Gräueln und Hass genauso erzählt, wie von Liebe und Freude. Sie handelt von einfachen Menschen, die zu Figuren in einem Spiel aus Intrigen wurden, das vor über 900 Jahren stattfand und bis heute nachhallt.

Geplagt von seiner Vergangenheit und seiner Sehnsucht nach einer Welt außerhalb seiner Klostermauern, folgt der junge Benediktiner Raimund dem Aufruf Papst Urbans des Zweiten zum ersten Kreuzzug. Diese außergewöhnliche Pilgerfahrt führt ihn nicht nur über die Grenzen der damals bekannten Welt, sondern eröffnet ihm auch eine Erfahrung menschlicher Gefühle, von denen er in seinem behüteten Leben nie etwas geahnt hatte. Aus der hoffnungsvollen Reise zum Ruhm Gottes wird ein Alptraum ohne Ausweg und Raimund muss sich fragen, ob die Vergebung seiner Sünden es wert ist, sein Leben und seine Seele dafür zu opfern.
Wie viel Blut darf der Weg ins Paradies kosten?

Gleich lesen: Chronist: Der erste Kreuzzug. Roman

Leseprobe:
»Ich ... Ich sterbe.«
Er flüsterte, aber in seiner Stimme lag keine Angst mehr.
»Nein. Nein. Du stirbst nicht!«
Raimund zischte die Worte durch vor Anstrengung zusammengebissene Zähne.
Verzweifelt drückte er mit beiden Händen auf die Wunde. Immer wieder rutschte er von dem blutverschmierten Kettenhemd ab. Es nützte nichts. Unaufhaltsam quoll der Lebenssaft seines Freundes zwischen seinen Fingern hervor.
»Du kannst noch nicht sterben! Wir sind noch nicht am Ziel, es ist doch nicht mehr weit!«
Tränen hinterließen ihre Spuren auf seinen staubigen Wangen. Er schloss die Augen und kämpfte vergeblich gegen ein Schluchzen, das seine Kehle hinaufdrang. Er versuchte, tief Luft zu holen und sich zu beruhigen. Der allgegenwärtige Gestank stieg ihm dabei in die Nase. Sein Leben schien nur noch davon erfüllt zu sein, dem Geruch von metallischem Blut, scharfem Urin, Leder, Waffenfett, Pferden und Staub, Schweiß von Mensch und Tier.
Er blinzelte und sah sich verzweifelt um. Der Hügel sah aus wie ein verwundetes Tier. Auf seinem Rücken kämpften schreiende Menschen gegeneinander. Jedes Mal, wenn einer von ihnen zu Boden fiel, blutete es aus einer neuen Wunde.
»Es ist in Ordnung, Raimund. Ich spüre keinen Schmerz mehr. Mir ist nur kalt.«
Ein Lächeln lag auf den Lippen seines Freundes und er schien ruhiger zu werden. Das Sprudeln zwischen Raimunds Händen wurde zum Rinnsal. Dann schloss der Gefallene die Augen. Raimund spürte, wie sich die Brust unter seinen Fingern ein letztes Mal hob und senkte. Der letzte Atem entwich, dann wurde es still.
Er bemerkte kaum, wie er anfing zu schreien. Er schrie ohne Unterlass. Niemand schenkte ihm Aufmerksamkeit, seine Stimme ging unter im allgegenwärtigen Lärm. Klirrende Waffen, Menschen, die um Hilfe riefen, andere, die ihre Wut oder Befehle herausbrüllten.
Schreie, Blut und der Gestank schienen alles zu sein, was von Raimunds Welt noch übrig war. Benommen nahm er seine Hände von dem leblosen Körper und sackte in sich zusammen. Jeder Ausdruck wich aus seinem Gesicht, nur die Tränen liefen noch. Er hatte schon nicht mehr daran geglaubt, überhaupt noch welche in sich zu tragen. Seine Umwelt drang nur noch gedämpft an seine Sinne, als hätte jemand einen dichten Schleier über ihn gelegt.
Wie hatte es so weit kommen können? Drei Jahre des Wanderns und des Kämpfens und dann dies? So kurz vor ihrem Ziel ... Die Realität entglitt ihm immer weiter. Sein Verstand flüchtete sich in eine Erinnerung an vergangene Tage, bevor all dieser Wahnsinn begann.
Der Duft der Wiesen und die Ruhe von damals schienen ein ganzes Leben weit weg zu sein. Damals wollte er nur fort. Heute würde er einiges dafür geben, es noch einmal spüren zu können ...

* * *

Irgendjemand riss an seiner Schulter, zerrte ihn auf die Füße und trieb ihn vor sich her. Benommen ließ Raimund es geschehen. Sie ließen den zerstörten hölzernen Schutzwall hinter sich. Der Mann schob ihn den gleichen Weg hinab, auf dem sie alle erst vor Kurzem heraufgestiegen waren. Er brüllte Raimund irgendetwas ins Ohr, aber der verstand es nicht. Seine Augen blickten noch immer zurück, in eine Vergangenheit, so voller Hoffnung und Frieden.

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Mehr über und von Matthias Wenzel auf seiner Website.

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