25. März 2015

'Aber schön müssen sie sein' von Harald Schmidt

Die beschauliche Idylle des Sauerlandes nutzt der aus Kanada stammende Schriftsteller Patrick Schreiber, um Depression, Schreibblockaden und Alkoholprobleme wieder in den Griff zu bekommen. Der beschauliche Herbstwald offenbart ihm allerdings ein schreckliches Geheimnis und einen Gegner, der ihm weit überlegen scheint. Um ungewöhnlich brutale Frauenmorde aufzuklären, schaltet sich der bärbeißige LKA-Mann Franz Kalkove ein.

Fehlende Spuren lassen die Ermittlungen lange ins Leere laufen. Die Dorfgemeinschaft entpuppt sich als trügerische Fassade. Erst als sich diese beiden eigenwilligen Typen solidarisieren, scheint eine Lösung dieses Falles möglich. Dazu müssen aber Schreiber und eine alte Liebe erst durch die Hölle gehen.

Gleich lesen: Aber schön müssen sie sein

Leseprobe:
Ein Licht! Mehrere Lichter, tatsächlich. Ganz langsam und suchend näherten sich zwei Fahrzeuge meiner Position. Gott sei Dank besaß mein Handy eine Licht-App, die ich nun mit zittriger Hand aktivierte und ein erstaunlich starker Lichtstrahl zuckte durch den dämmrigen Wald. Zögernd bogen die beiden Fahrzeuge von der Strasse in den Feldweg ab und blieben in einer Entfernung stehen, die mir äußerst unpassend erschien. Einige Personen verteilten sich seitwärts im Wald, ständig nach Deckung suchend. War ich hier in einem schlechten Film als Hauptdarsteller? Was taten die denn da? Minuten vergingen. „Bleiben Sie genau da stehen, nehmen Sie langsam die Hände über den Kopf und bewegen keinen Finger!“
Das konnte ich nicht gehört haben. Das war eine Sinnestäuschung.
„Legen Sie nun beide Hände an den Baum und spreizen Sie ganz langsam die Beine!“ klang es jetzt von anderer Stelle.
„Einen Scheißdreck werde ich tun! Ich habe Angst. Helfen Sie mir!“ hörte ich mich trotzig sagen. War ich das, der da gerade noch verkatert durch den Wald stolperte und nun mit dem Mut eines in die Enge getriebenen Rattenweibchens den Aufstand gegen die Polizei probte? Zugegeben, es musste schon etwas seltsam anmuten, wenn ein Mann, nur mit Unterwäsche bekleidet, mitten im Wald stand ..... bei gefühlten zwölf Grad. Doch was vermuteten die da noch unter meiner Wäsche? Eine versteckte 44er Magnum? Ein kurzes Rascheln hinter mir, bevor sich zwei Hände um meine Handgelenke legten und versuchten, mir diese nach hinten zu drehen. Mit einem Ruck befreite ich mich aus diesem Griff, drehte mich um und sah in die zwei ängstlichsten Augen, die ich jemals zu Gesicht bekommen hatte. Ein Polizist, tatsächlich ein Polizist.
„Ralf, der lässt sich nicht festnehmen, was soll ich machen?“ schrie dieses Männchen in Uniform panisch zu einem Kollegen hinüber, bevor er vorsichtshalber einen Schritt zurück stolperte.
„Wer sind Sie? Was machen Sie hier?“
Wieder diese unangenehme Stimme vom Telefon.
„Da drüben liegt eine Leiche, verdammt noch mal, oder glauben Sie, dass nur ich so stinke?“ rutschte mir heraus.
Irritiert wandte sich nun der Angesprochene wieder an den Kollegen, der hinter mir stand und beorderte ihn zum beschriebenen Fundort, obwohl er selbst nur wenige Schritte bis dahin zu gehen gehabt hätte.
„Was siehst du? Hat der da Recht?“ Er ruckte mit der gezogenen Waffe in meine Richtung und erzeugte dadurch bei mir ein starkes Gefühl der Unsicherheit. War die Waffe bereits entsichert?
„Da liegt tatsächlich eine Leiche, zumindest Teile davon. Soll ich die Kripo rufen?“ Stolz präsentierte der Wicht in Uniform ein Ergebnis seiner Sichtkontrolle und lieferte gleichzeitig brauchbare Vorschläge. Das war präzise deutsche Polizeiarbeit.
„Haben S i e diese Person getötet?“ Mit eisigem Blick richtete Ralf Pieper, so hieß der Uniformierte, wie ich später erfuhr, diese Frage wie einen Pistolenschuss an mich. Diese Vorgehensweise musste er wohl aus einem Til Schweiger-Tatort übernommen haben.
„Was ist hier los mit euch? Ich habe die Leiche nur zufällig gefunden.“ stellte ich nochmals sachlich fest.
„Ruf die Kollegen von der Spurensicherung, wir warten hier.“ Er wandte sich ab und ließ mich in meiner Unterwäsche einfach an Ort und Stelle stehen.

Im Kindle-Shop: Aber schön müssen sie sein

Mehr über und von Harald Schmidt auf seiner Website.

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