1. April 2015

"Kossu & Ouzo" von Mikki H.

Ein Roman aus Lappland und Griechenland. Haben Sie schon einmal Lust verspürt einfach alles hinzuschmeißen, das Glück beim Schopf zu packen, die Heimat, den Alltagstrott und Ihre Probleme hinter sich zu lassen? Wie wäre es mit einem Tapetenwechsel auf Zeit? Zwei völlig unterschiedliche Charaktere, der wohlhabende griechische Hotelier Paris Kamakis und der Finne Kim Rantala, Hoteldiener, tauschen für ein Jahr das Leben, obwohl sie sich gerade erst begegnet sind. Doch kann ein so verrückter Tauschhandel, der alles mit einschließt - Bankkonten, Arbeitsplätze, Fortbewegungsmittel, soziale Kontakte - funktionieren?

Das Gewohnte, der Alltag, holt uns immer wieder ein. Doch ist das Fremde, vermeintlich Interessante, wirklich besser? Der Homosapiens ist nie zufrieden. Es ist ihm meist zu kalt oder zu warm. Die Arbeit zu eintönig oder zu verantwortungsvoll. Wie reagiert ein besser Gestellter auf das Leben eines Anspruchslosen und umgekehrt?
Ein spaßiger unterhaltsamer Entwicklungsroman zweier zielloser junger Männer, die ihr Glück suchen! Erleben Sie ›Efcharisto‹ in Finnisch-Lappland und ›Kiitos‹ auf der griechischen Insel Rhodos. Eine Geschichte für jene gehetzten Menschen unter uns, die auch mal gerne alles hinter sich lassen würden, um dann vielleicht festzustellen: »So schlecht geht es mir doch gar nicht ...«

Gleich lesen: Kossu & Ouzo

Leseprobe:
Helios lenkte, sehr zur Freude Paris, den Sonnenwagen über den strahlendblauen Himmel Kopenhagens. Für einen Griechen ist Dänemark wie für einen Berliner der Nordpol, daher war er unsicher, auf was er sich da einließ, als er die Reise in den Norden Europas buchte.
Seine dunkelbraunen Augen lagen hinter einer Ray Ban Brille verborgen. Mit einer Umhängetasche, einer Kamera und dem Erkennungszeichen machte er sich auf den Weg.
In der Stadt, aus der Paris Kamakis stammte, thronte einst der gewaltige Koloss von Rhodos, ein Standbild des Sonnengottes Helios. Die Dänen wären wohl erblasst vor Scham, hätten sie die monumentale Bronzestatue im Vergleich zu dieser eher unscheinbaren Skulptur der kleinen Meerjungfrau, Kopenhagens Wahrzeichen, gesehen.
Eine nackte Jungfrau war eine der ersten Dinge, welche die Harpune zu Gesicht bekam. Dem Nachnamen, Kamaki bedeutete Harpune, was man wiederum in etwa mit ›Frauen aufreißen‹ übersetzen konnte, wurde er gerecht, als er die Touristenmassen nach einer finnischen Schönheit absuchte. Er hatte Bedenken jetzt gleich das Erkennungszeichen raus zu holen, da auch Kinder herumwuselten. In aller Öffentlichkeit? Seine Manieren widersetzten sich dieser, vielleicht doch nicht so klugen Idee.
Da war eine große Gruppe japanischer oder koreanischer, Touristen, die, ganz klischeehaft, noch beim Einsteigen in den Bus die letzten Fotos knipsten. Ein paar Pärchen und Familien flanierten herum. Ebenso Paris nahm die Kamera und fotografierte die Statue. Gerade als er auf die eigenartig nach außen weisenden Brüste fokussierte, sprach ihn jemand Weibliches an. Verwundert, ohne sichtbares Erkennungszeichen, so schnell vom Blind Date gefunden worden zu sein, schob er die Sonnenbrille hoch und zwinkerte dem Gegenüber zu, als wollte er ihr mit den buschigen Wimpern Luft zuwedeln. »Kim?«, fragte er die etwa sechzehnjährige Jugendliche. War es möglich, dass er eine so junge Chatpartnerin im Internetforum hatte?
»Kannst du Foto von mir und meiner Freundin machen?«, fragte sie mit schlechtem Englisch.
»Oh. Sorry. Sure.«
»Efcharisto Sir!«, sagte die Schönheit.
Ihm war gar nicht bewusst, wie sehr er nach einem Griechen aussah. Schwarzes lockiges Haar, eher viereckiges Gesicht und eben die Augenlider mit langen dunkelbraunen Wimpern. Und was hatte ›Sir‹ zu bedeuten? Es fühlte sich alt an ›Sir‹ genannt zu werden und mit sechsunddreißig ist man keineswegs alt und schon gar kein ›Sir‹.
Paris nahm auf einer der Parkbänke Platz, die hier an der Uferpromenade standen, und wollte die Leute beobachten. Sollte er jemanden mit Erkennungszeichen sehen, würde er hingehen. Die Rolex, aufgrund des Herzmeridians im linken Handgelenk trug er sie rechts - er war ein wenig esoterisch veranlagt - sagte ihm, dass der vereinbarte Zeitpunkt gekommen war. Vier Uhr Nachmittag. Nur keine Nervosität. Frauen kamen bei ihm stets zum abgemachten Treffpunkt. Er schnappte das Komboloi und begann damit zu spielen und sich gedanklich auf das Treffen mit Kim vorzubereiten. Kim - was für ein Name. Als er ihn das erste Mal las, da tippte er ihn gleich in die Browserbildsuche ein. Was tauchten da für Bilder auf. Eine schöner als die andere. Nur mitten drinnen ein Foto von einem freundlich lächelnden Kim-Jong-Il, dem nordkoreanischen Diktator. Aber der war mittlerweile tot. Selbst die koreanischen Touristen wurden vom Bus weiter zum nächsten Fotospot gekarrt. So stand dem Blind Date mit einer hübschen, finnischen Grazie mit dem wundervollen Vornamen Kim nichts mehr im Wege.

»Da ist sie also«, dachte Kimmo. Er betrachtete die berühmte Statue. Eine nackte Frau hatte er nun bereits gesehen, doch wo war die südländische Schönheit? Niemand stach ihm ins Auge. Keine Liebe auf den ersten Blick. Auf sämtlichen Parkbänken saßen Pärchen, Kinder und alte Leute. Auf einer Bank hockte ein Typ mit einem Rosenkranz. Was machten diese religiösen Idioten bei jener unbekleideten Tussi am Meer? Kim erinnerte sich daran, dass die heilige Mutter Maria auch eine Jungfrau war. Jesus wurde ja unbefleckt geboren. Gab es da einen Zusammenhang? Die kleine Meerjungfrau - Kopenhagens Maria? Davon hatte er noch nie gehört und er glaubte kaum, dass das stimmte. Wahrscheinlich dauerte es nur mehr einen Augenblick und der Typ mit der Kette würde ihn anquatschen, die Tasche öffnen und ihm eine Bibel verkaufen wollen. Er war bestimmt irgendein Missionar, ein Priester.
Er nahm mangels einer freien Parkbank auf dem Steinboden am Geländer Platz, öffnete den Rucksack und holte eine Flasche Koskenkorva hervor. Sehnsuchtsvoll betrachteten die dunkelgrünen finnischen Augen jenen Glasbehälter, sandten Impulse zum Gehirn und weiter zu den Speicheldrüsen, die den Mund füllten. Ein kleiner Schluck nur, ging es durch seinen Kopf. Aber wie so oft widersprach der einen Stimme eine andere. Kimmos Vater sagte laut und deutlich, als warteten sie immer noch am Esstisch, dass man niemals anfing, bevor alle am Tisch saßen. Gleich einer Mutter, die ihr Baby anhimmelte, platzierte er vorsichtig den Schnaps neben sich. »Sie wird schon kommen! Und dann bist du dran.«

Kim - in erster Linie fiel ihm da Kim Basinger ein. Doch in der Bildersuche des Internets kamen da Frauen wie: Kim Kardashian, Kim Debkowski und auf Seite zwei Kim Jong-il, mitten unter den Bildern von eben jenen beiden Schönheiten. Die Damen der Internetrecherche sahen nicht gerade skandinavisch aus. Die finnischen Touristinnen jedoch, die bisher sein Herz und Männlichkeit höher schlagen ließen, wirkten ganz anders von Hautfarbe und Gesichtsform. Nun, wenn sie dann endlich auftauchte, würde er es sehen. Das Komboloi schwirrte in atemberaubender Geschwindigkeit durch die Finger, während er die Leute in der Umgebung betrachtete. Paris fand keine Einzige, die wie eine Kim aussah. Nun war sie schon eine Stunde zu spät. Ein paar Liebende saßen auf den Bänken, oder flanierten an der Promenade entlang. Niemand weiblicher, der alleine war. Doch was war das? Noch war nicht mit Sicherheit zu sagen, ob skandinavische Züge ihr Antlitz zierten. Eine Frau, enge Jeans und Kleidchen drüber, bewegte sich auf ihn zu. Sehr figurbetont. Erst jetzt registrierte er einen weiteren Mann schräg vor ihm am Boden unter dem Geländer sitzend, weil jener gleichfalls den Kopf zur herannahenden Schönheit drehte. Sie musste hochhackige Schuhe tragen, da sie, ihrer Grazie bewusst, schlenkerte. Selbst einige männliche Partner der anwesenden Pärchen sahen dem auffordernd wackelnden Hinterteil nach. Sie war blond. Wasserstoffblond. Paris richtete sich auf, fuhr durch seine Lockenpracht. Der heruntergekommene Typ rückte die neben ihm ruhende Flasche zurecht. Ebenso er nahm Haltung an. Unmittelbar vor ihm stoppte sie und kramte in der Handtasche. Der Penner stand auf und grinste. Aber die Frau reagierte gar nicht auf ihn, lediglich ein Mobiltelefon fischte sie aus dem Gepäck, drückte grinsend eine Taste, ließ prachtvolle, weiße Zahnreihen sehen und ging unbeeindruckt von der ihr erbotenen Ehre des stehenden Mannes weiter. Auf den Griechen zu, der ein Räuspern versuchte. Sie war es. Es war das Blind Date, denn sie blieb auch direkt vor ihm stehen. Um eine komische Sprache handelte es sich obendrein, mit der sie in das Telefon quasselte. Sie musste es sein. Ganz bestimmt. Sie blickte, so wie die der meisten hier Vorbeikommenden, über die nackte Statue am Wasser. Doch dann sah sie Paris an. Harpunengrinser aufgesetzt und das beliebte Fächern mit den Wimpern erreichte ein neues Hoch. Er öffnete die Tasche und hielt sie zu ihr hin. Das Lächeln der Frau erstarb, sie nahm das Handy vom Ohr, ließ die Hand sinken und der Ton der lieblichen Stimme wurde zu einem unfreundlichen, unverwechselbaren Schimpfen. Egal, in welcher der zirka 6500 Sprachen unserer Welt - Schelte klang überall gleich. Schnellen Schrittes watschelte sie erbost davon. Der verdutzte Grieche spürte die Röte, die in sein Gesicht schoss und er sah den komischen Typen grinsen. Das Komboloi half ihm beim Nachdenken, warum sie das Erkennungszeichen nicht als jenes wahrgenommen hatte und weshalb sie so in Rage geriet.

Im Kindle-Shop: Kossu & Ouzo

Mehr über und von Mikki H. auf seiner Website.

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