10. August 2015

"Der blaue Club" von Claudia Kuhn

Zu Unrecht gerät Peter Fechter, ein Polizist einer Spezialeinheit, ins Visier der Frauen des „Blauen Clubs“, die in Stuttgart ein ganz bestimmtes Ziel verfolgen: Sexualstraftäter mit einer Kastration unschädlich machen! In letzter Sekunde rettet ihn die junge Krankenschwester Valeria Aydin, ausgerechnet die Frau, deren Hund Peter bei einem früheren Polizeieinsatz versehentlich erschossen hat.

Peter beginnt, auf eigene Faust gegen den Blauen Club zu ermitteln, Valeria hilft ihm widerwillig. Gemeinsam kommen sie den Täterinnen auf die Spur …

„Der hat morgen sicher Rückenschmerzen“, schnaufte Vier.
„Das dürfte sein kleinstes Problem sein, elendes Vergewaltiger-Schwein."
Sieben packte ein Bein des Bewusstlosen und schleuderte es in den Laderaum.

Gleich lesen: Der blaue Club: Kriminalroman

Leseprobe:
Von einem Schrei wurde er wach. Ruckartig fuhr sein Kopf hoch. Unglaublich, aber er hatte tatsächlich am Esstisch geschlafen. Die Arme als Kissen auf der Holzplatte verschränkt, war er wie ein Halbstarker in der Schulpause eingenickt. Valeria starrte ihn mit bestürzter Miene von der Tür aus an. Sie war es auch, die den Schreckenslaut von sich gegeben hatte. Kein Wunder. Er in diesem Raum. Und das schlafend. Wo war Leo?
Peter wusste beim besten Willen nicht, was er sagen sollte. Am liebsten wäre er vom Erdboden verschluckt worden. Leo musste die Sache klarstellen. Wo war der verdammte Kerl nur?
Als hätte sie seine Gedanken erraten, trat Valeria einen Schritt zurück in den Flur und rief nach der Person, die für diese Situation verantwortlich war. Keine Antwort. Scheiße! Dann fiel ihm wieder ein, was Leonhard ihm im Krankenhaus erzählt hatte.
Valeria war zwischenzeitlich mit gerunzelter Stirn ins Esszimmer zurückgekommen und fixierte ihn fragend.
„Er hat irgendwas erzählt, dass er mit einem Simon essen möchte“, krächzte Peter unbehaglich. Wie konnte der Idiot ihn hier nur allein lassen?
„Du meinst Sven?“
„Ja, stimmt.“ Er stütze die Arme auf und schirmte seine Augen mit den Händen ab. So eine beknackte Situation. Und jetzt bekam er auch noch Kopfschmerzen. Sollte er Max anrufen? Sein Handy lag noch vor ihm auf der Tischplatte. Er sah unmöglich aus mit seinen blauen Haaren! Hatte Valeria auch Angst vor ihm wie die Frau im Aufzug?
„Was machst du hier?“, riss Valeria ihn mit der alles entscheidenden Frage aus seinen Gedanken.
Sein Blick tat anschaulich kund, dass er das selbst nicht so genau wusste. Sie beharrte nicht auf einer Antwort, sondern bemerkte entschieden: „Du gehörst ins Krankenhaus.“
Peter begann langsam zu glauben, dass sie recht hatte. Er blinzelte und sah wieder nach unten.
„Ich weiß genau, dass ‚zur Beobachtung‘ in der Patientenakte stand. Frau Dr. Franke macht so etwas nicht zum Spaß …“
Die Frage, woher sie wusste, was diese Ärztin angeordnet hatte, und die Tatsache, dass sie auch in diesem Hospital arbeitete, ließ das Pochen in seinem Schädel stärker werden. Hatte Valeria ihn etwa im Krankenhaus gesehen?
Das Geräusch des Türschlosses unterbrach den unangenehmen Gedanken. Valeria hatte es auch gehört und eilte in den Flur. Peter entschied sich, Max anzurufen und griff nach seinem Handy. Während er im Telefonbuch die eingespeicherte Nummer seines Kollegen suchte, hörte er von nebenan Bruchstücke aus der Unterhaltung zwischen Valeria und Leo. Aus dem Themenkomplex diverser Geisteskrankheiten waren von der Frau, die deutlich Temperament zeigte, zahlreiche Begriffe zu hören. Unter Max‘ Nummer meldete sich nur die Mailbox. Mist!
Gerade als Peter dabei war, bei seinem Kumpel zu Hause anzurufen, vernahm er die Worte „… die spinnt doch!“. Dann tauchte die Sprecherin im Türrahmen auf und steuerte, ohne auf Peter zu achten, die Verbindungstreppe im angrenzenden Wohnzimmer an. Mit offenem Mund verfolgte er, wie die Frau barfuß die Stufen erklomm und sich oben erfolglos gegen die Klappe stemmte.
„Ja, Münzinger“, meldete sich eine weibliche Stimme am Apparat.
„Hi! Ich bin’s, Peter …“ Den Blick noch immer an Valeria geheftet, stammelte er weiter: „Kann ich bitte Max sprechen? Ich bin sein Kollege, Pe.“
Unkonzentriert lauschte er der Antwort der Frau, die angab, Max sei im Einsatz. Während Valeria wieder zur Tür rauschte, murmelte er: „Danke, vielleicht versuche ich es später noch mal auf dem Handy. Ist nicht so wichtig. Tschüss.“ Aufstöhnend ließ er den Kopf auf die Tischplatte sinken. Nicht so wichtig. Es ging ja bloß um sein Leben.
Draußen war inzwischen eine neue Stimme hinzugekommen. Karo. Es wurde Zeit, dass er von hier wegkam. Peter erhob sich und tappte zum Flur. Die drei Bewohner standen beim Eingang und sahen in seine Richtung. „Mensch, Peter.“ „Wo willst du hin?“ „Jetzt sieh ihn dir doch mal an.“ Alle sprachen durcheinander.
„Es ist wohl besser, wenn ich verschwinde“, murmelte er und versuchte, sich an dem Grüppchen vorbeizudrücken.
„Wo willst du denn hin?“, fragte Leo nochmals und stoppte ihn mit seiner Hand. „Hast du einen Kumpel gefunden, zu dem du gehen kannst?“
„Ich probier‘s nachher nochmal bei einem Freund …“
„Und was machst du bis dahin?“
Peter trat einen Schritt zur Seite, um an dem schmächtigen Kerl vorbeizukommen. „Vielleicht ein Hotel …“ Die Idee klang nicht gerade überzeugend. Unter einer Brücke oder in seinem Auto zu nächtigen, kam eher in Betracht. Dort würde ihn wenigstens niemand sehen. Immerhin besaß Peter mindestens zwei Kapuzenjacken und mehrere Kapuzenpullis. Bei fast dreißig Grad im Schatten war diese Kleidung zwar nicht unbedingt ideal, würde ihm aber trotzdem helfen.
„Valeria, jetzt sag du mal etwas. So kann er doch unmöglich rumlaufen.“
„Die Leute werden einen Herzkasper bekommen“, prophezeite Karo.
„Ich sage schon die ganze Zeit, dass er ins Krankenhaus gehört“, brachte Valeria knapp hervor.
„Die schicken ihn doch schon morgen wieder heim. Damit ist auch nichts gewonnen“, ereiferte sich Leo. „Peter, du kannst bei mir bleiben.“
Überrascht stellte Peter einen Moment das Atmen ein. Leonhard, der die skeptische Miene seines Gegenübers sah, erklärte mit wenigen Worten, dass er vorübergehend bei seinem Freund wohnen könne, er habe das vorhin beim Essen geklärt.
„Du spinnst wohl!“ Das kam von Valeria.
Auch Karo sah unsicher zu ihrer Mitbewohnerin hinüber, die rot anlief.
Leo sagte: „Jetzt sei nicht so! Gestern riskierst du deine Haut für ihn und jetzt lässt du ihn hängen … Sieh ihn dir doch an! So werden sie ihn lynchen. Mir ist auch klar, dass wir die Sache mit dem Blauen Club noch klären müssen.“
Peters Verwirrung nahm zu. „Was meinst du damit?“
„Die Mädels müssen schon wissen, warum der Blaue Club dich für einen Vergewaltiger hält.“
Peter sah von Leo zu Valeria und machte noch einen Schritt Richtung Wand. „Ich versteh nicht …“
„Ich glaub, er weiß gar nicht, was gestern Nacht hier los war“, mutmaßte Karo.
„Ich dachte, du hättest den Krankenwagen gerufen, Karo …“, stotterte Peter.
„Valeria hat mitbekommen, dass bei dir oben was nicht stimmt. Wegen der lauten Musik. Eigentlich wollte sie hochgehen, um dir den Kopf abzureißen …“ Karo überlegte kurz und lächelte dann: „Wenn man‘s genau nimmt, hat sie dir die Eier gerettet.“
Während Peter noch bemüht war, den Sinn dieser Worte zu verarbeiten, stieß er mit dem Rücken gegen die Wand.
„Mensch Karo!“, stieß Leo vorwurfsvoll aus.
„Er sollte wenigstens die Möglichkeit haben sich zu bedanken“, gab seine Mitbewohnerin patzig zurück.
Peter wurde schwindlig. Halt suchend presste er sich gegen den Rauputz. Hunderte von Fragen blockierten sein Gehirn und er stammelte das einzige Wort, das ihm einfiel.
„Danke.“

Im Kindle-Shop: Der blaue Club: Kriminalroman

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