23. November 2015

"Wenn einer eine Reise tut" von Ulla Schmid

In ihren humorvollen Anekdoten berichtet Ulla Schmid von ihren Reiseerlebnissen aus Griechenland, Spanien, Hawaii, Israel und Italien. Angereichert mit vielen geschichtlichen Hintergrundinformationen beschreibt die Autorin ihre Erfahrungen mit der Ironie, die man benötigt, um manche Reisestrapaze erfolgreich zu bestreiten. „Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt. Sieh sie dir an“, sagte einst Kurt Tucholsky. Zumindest in seiner Zeit, war es sicher nicht leicht, einfach so zu verreisen und sich die Welt anzusehen. Einem großen Teil der Menschen seiner Zeit war es nicht vergönnt, auf Reisen zu gehen. Heute steht es doch vielen Menschen offen, zu verreisen – im eigenen Land oder im Ausland – oder aber seinen Urlaub auf Balkonien zu verbringen – jeder so wie er mag.

Er kann mit einem Rucksack auf dem Rücken wandern, Rad fahren, sich mit einem Buch an einen See legen und sich ausruhen oder in diesem See ein paar Bahnen schwimmen, sich bilden, ein Museum oder eine Kirche besuchen, in der Disco abtanzen, auf einen Berg steigen oder sich an einem Strand braune Hautfarbe zulegen, im Meer Wassersport über und unter Wasser betreiben oder sich in einer Großstadt umsehen. Vielleicht fährt auch lieber jemand Schi oder wandert im Schnee. Zur Ruhe kommen, Seele baumeln lassen oder sich in Aktivitäten stürzen – auch jeder so wie er mag. Er kann alleine oder in einer Gruppe verreisen. Er kann in ein Flugzeug, in einen Zug oder in einen Bus steigen, je nach dem, wo es ihn hinzieht oder eine Kreuzfahrt machen. Es gibt der Möglichkeiten viele. Ich habe einige dieser Möglichkeiten ausprobiert.

Warum verreise ich? Ist es die Tristesse und der Alltagstrott, das „Ich muss meine vier Wände verlassen und was anderes sehen?“ Bekommt man, bei seinen Problemen eine andere Sichtweise, wenn man mal wegfährt und dann wieder nach Hause kommt? Ja, auch. Bekommt man überhaupt eine andere Sichtweise? Mit Sicherheit. Oder das Gefühl im Urlaub doch keinen Urlaub zu haben, weil der Alltagstrott zu Hause eben doch nicht unterbrochen wird?

Noch schöner als das Abfahren ist allerdings das Nach-Hause- Kommen – zu wissen, dass ich immer wieder auf Reisen gehen und immer wieder heim kommen konnte.

Gleich lesen: Wenn einer eine Reise tut - Reiseanekdoten>

Leseprobe aus "Es fährt ein Zug nach Griechenland"
Schon in der Schule war ich an Ländern wie Griechenland, Italien, Israel sehr interessiert, hauptsächlich der Geschichte und der Kultur wegen. Nur hatte ich damals nicht daran gedacht, dass ich in diese Länder auch mal reisen könnte und meine erste Reise nach Griechenland ging mit dem Zug. Es war Mitte Mai und das ist eine ideale Zeit für Griechenland. Was die Zugreise betraf wurde es ein Horrortrip. Von Donnerstagmorgen bis Sonntagmorgen sah ich mit 35 Mitreisenden, darunter mit mir 27 Mädels und Frauen im Alter zwischen 18 und 33 Jahren, nichts als den Akropolis-Express, der erstens mal so langsam fuhr, dass ich unterwegs noch locker hätte Blumen pflücken können und zweitens in Jugoslawien auf freier Strecke sehr oft angehalten hatte, auch hier gab es öfter Gelegenheit, Blumen zu pflücken – und immer wieder gab es Passkontrollen. Wir waren erst an der österreichisch-jugoslawischen Grenze, als ich schon erste Unlust verspürte, noch länger in diesem Zug zu bleiben. Allerdings wurde ich durch schöne Landschaften entschädigt, die ich aber auch nicht immer mitbekam, da ich immer wieder einnickte. Man konnte noch lesen, Kartenspielen oder Handarbeiten, aber nicht drei Tage lang. In der Nacht von Samstag auf Sonntag, um Mitternacht, passierten wir die jugoslawisch/griechische Grenze und es dauerte immer noch vier Stunden bis wir wie erschlagen in Athen mit unserem Gepäck am Bahnhof standen. Wie wir in unser Hotel im Athener Stadtteil Kerameikos gekommen sind, wusste ich nicht mehr und vom 1. Tag in Athen weiß ich auch nicht mehr so viel.
Wir blieben 6 Tage in Athen, von wo wir Ausflüge unternahmen. Nach einem kurzen Ausruhen fühlten wir uns alle so weit fit, dass wir an einem ausgiebigen Besichtigungsprogramm teilnehmen konnten. Wir besichtigten die Akropolis, was in Athen ein unbedingtes Muss ist, besuchten den Syntagma- und den Omonia-Platz und sahen vor dem griechischen Parlament die Wachablösung. Wir gingen tagsüber in die Plaka, das ist die Altstadt, und wir besuchten diese auch nachts. Irgendwie wirkte die Plaka bei Nacht ganz anders. Hier tobte das Leben.
Mit einem Stadtplan von Athen ausgestattet machte eine der vier mitreisenden Brigittes und ich mich auf eigene Faust auf den Weg in die Innenstadt. Da wir die kyrillische Schrift nicht kannten, hätten wir diesen Stadtplan wegwerfen können, wann wir gewollt hätten. So umrundeten wir mehrmals den Omoniaplatz und verpassten immer die Abzweigung in unser Hotel. Leichte Panik stieg in uns hoch, und wir mussten uns sehr an die Kandare nehmen und zur Ruhe mahnen. Wir waren schon nahe dran, uns ein Taxi zu nehmen, was aber bei mir zu einem Problem geführt hätte: Mir fiel der Name unseres Hotels nicht mehr ein. Die Häuser sahen alle gleich aus, aber irgendwann ein Mal war es geschafft: Wir waren im Hotel. Athen ist eine faszinierende Stadt.
Auf einem Schiff fuhren wir zur Insel Aegina, wo wir noch das typische Griechenland zu sehen bekamen. Hier ging alles viel weniger hektisch zu als in Athen. In einem Straßencafe hätte ich mich gerne noch länger aufgehalten.
Eines Abends bat uns der Besitzer des Hotels darum, deutsche Volkslieder zu singen. Mit Liederbüchern und Getränken ausgestattet, er hielt uns den ganzen Abend frei, sangen wir bis uns der Hals wehtat – und das war drei Stunden lang. Es war die einzige Nacht dieses Urlaubs, in der ich vor Mitternacht ins Bett kam.
Von Athen aus fuhren wir nach Kap Sounion, dem südlichsten Punkt auf dem griechischen Festland, um einen Sonnenuntergang zu erleben. Schon die Fahrt dorthin war ein Erlebnis. Die Landschaft war einmalig und wir fuhren an der attischen Küste lang mit Ferienhäusern, Pensionen, Villen, Hotels und einer Pflanzenpracht, die einen immer wieder in Begeisterungsrufe ausbrechen ließ. Hier sah ich zum ersten Mal Bouganvillea. An den weißen Häusern mit den blauen Fensterläden sah das fantastisch aus. Wir hatten noch ein wenig Zeit bis die Dämmerung hereinbrach und sich die letzten Sonnenstrahlen zwischen den Säulen des Poseidon-Tempels brachen.
Poseidon, der Meeresgott, und Athene, die Zeus-Tochter, Göttin der Weisheit, traten in einen Wettstreit: Wer von ihnen sollte von den Menschen mehr verehrt werden? Poseidon ließ eine Wasserquelle sprudeln – allerdings war das Salzwasser. Damit konnten die Griechen nichts anfangen. Athene dagegen brachte den Griechen die Olive. Sie wurde deswegen sehr verehrt und sie wurde auch immer mit dem Olivenzweig dargestellt.
Ein längerer Ausflug führte uns in den alten griechischen Kulturlandschaften zu den Städten Mykene, Korinth, Nauplia, Epidaurus und Delphi. Die Namen dieser Städte weckten meine Neugier. Wir hatten eine erstklassige Reiseleiterin in dieser Zeit, die uns sehr ausführlich über die griechische Mythologie aufklärte. Da ich an dieser sehr interessiert war und immer noch bin, hatte ich das Gefühl jeden Stein und jedes alte Gemäuer genau anschauen zu müssen. Begierig hing ich an den Lippen der Reiseleiterin um ja nicht ihre ausführlichen Erklärungen über die griechische Mythologie und Geschichte zu verpassen, auch wenn ich das alles schon gewusst habe.
Der Legende nach soll Perseus Mykene gegründet haben. Hier herrschte Agamemnon mit seiner Klytamenestra bevor sich Agamemnon als Anführer der Griechen zum Kampf gegen Troja aufmachte. Der trojanische Prinz Paris hatte die Schwägerin Helena des Agamemnon, sie war die Frau seines Bruders Menelaus, geraubt, soll heißen Helena ging freiwillig mit. Bevor die griechischen Krieger nach Troja absegelten, mussten sie unter dem mykenischen Löwentor durchschreiten – sonst gäbe es keinen Sieg für die Griechen. Wir marschierten auch unter dem Löwentor durch, aber in friedlicher Absicht. Wir zogen in keinen Krieg. Es gab noch einige andere Bedingungen, die die Griechen erfüllen mussten um mit einem Sieg rechnen zu können. Bis es soweit war, mussten die Griechen nach Verbündeten suchen und auch die Trojaner konnten, nachdem die Griechen an der Küste der heutigen Westtürkei gelandet waren, starke Verbündete auftreiben. Allerdings war der Untergang Trojas schon beschlossen und anscheinend hatte die Zwillingsschwester des Paris, Kassandra, die Trojaner immer wieder gewarnt – niemand glaubte ihr.
Auch könnte der Krieg gegen Troja einen anderen Grund gehabt haben als eine schöne Frau. Troja war unwahrscheinlich reich und die trojanischen Könige, von denen der letzte Priamos war, waren nicht sehr diplomatisch. So heißt es auch in der Mythologie, dass der Meeresgott Poseidon beim Aufbau der Stadtmauer Trojas mitgearbeitet und der damalige König ihm den Lohn vorenthalten habe. Und ausgerechnet diesem Poseidon mussten sich nach dem Sieg der Griechen überlebende Trojaner unter ihrem Anführer Aeneas, dem Sohn der Göttin Aphrodite und Zeusenkel, anvertrauen. Aber Zeus mahnte Götter und Göttinnen, die die Trojaner hassten, zur Ruhe. Seine Gattin Hera war die ärgste Feindin der Trojaner und sie griff immer wieder entgegen des Befehls ihres Gatten in das Geschehen ein um den Trojanern zu schaden. Es war vorgesehen, dass die Nachkommen der überlebenden Trojaner in Italien Rom gründen sollten. Es sollte sehr lange dauern, bis sich Hera mit den Nachkommen des Aenas, den Römern, ausgesöhnt hatte.
Dazu war Frauenraub in dieser Zeit normal, auch von Seiten der Griechen. Aber auch mit Diplomatie wäre Troja nicht mehr zu retten gewesen. Von Nauplia aus sollen die Griechen in See gestochen sein.

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