7. Januar 2016

"Das Buch mit 7 Siegeln" von Julian Fröhlich

Dieses Buch hat keinen Namen.
Es hat sieben Siegel
und sie dürfen sich nicht öffnen.

Hältst du es in den Händen,
ohne daran zu verbrennen,
hat es dich ausgesucht.

Dein Weg wird sich ändern.
Du wirst alles verlieren
und das Grauen erleben.

Mach dich dann bereit.
Für eine Reise
in die ewige Hölle.

In Steffens Leben läuft gerade alles hervorragend, bis ihm ein ärmlich gekleideter Mann vor die Füße läuft, der ihm ein altes Buch schenken will. Steffen lehnt ab, aber als der Mann kurz darauf bei einem Unfall stirbt, nimmt er das seltsame Buch mit den sieben Siegeln dann doch in die Hand. Von diesem Zeitpunkt an ändert sich Steffens Leben schlagartig …

Gleich lesen: Das Buch mit 7 Siegeln: Fantasy Thriller

Leseprobe:
… Mit dem Strom der Menschen setzte ich mich in Bewegung. Den Mann, der sich mir entgegen durch die Menge drängte, bemerkte ich viel zu spät. Er sah zerrissen aus, sein Hemd hing aus der Hose, die Schuhe waren schmutzig, die Haare ohne Glanz und völlig zerzaust. Sein Gesicht sah gequält aus, er schaute sich ständig um – als würde ihn jemand verfolgen. Nicht zum ersten Mal rempelte er Leute an, und als er auf mich traf, begegneten sich unsere Blicke.
»Nehmen Sie das!«, keuchte er. »Bitte! «
Er streckte mir ein altes Buch entgegen, das noch schäbiger aussah als sein Mantel. Seine Hände zitterten, sie waren mit Striemen übersät und blutverschmiert. Überrascht wich ich einen Schritt zurück. Er blieb jedoch hartnäckig und versuchte, das Buch in meine freie Hand zu drücken. Als ich es berührte, zuckte ich zurück. Ich hatte einen Stromschlag bekommen oder etwas in der Art. Für einen Moment hatte ich tatsächlich geglaubt, meine Hände würden verbrennen.
»Bitte, helfen Sie mir, ich schenke es Ihnen!«, rief er mit vor Schreck aufgerissenen Augen.
Entschlossen wehrte ich ab. »He – lassen Sie mich in Ruhe!«
Wollte der Mann mir vielleicht Hehlerware andrehen? Offensichtlich gehörte er zu den Typen, die in der Nähe des Bahnhofs herumlungerten. Schnell tastete ich nach meinem Portemonnaie in der Hosentasche. Zum Glück war es noch da. Diesen Verbrechern traue ich zu, absichtlich Leute anzurempeln, um unbemerkt an deren Geld zu kommen. Anschließend würden sie sich davon Schnaps holen und später in den Ecken der Bahnhofshalle ihren Rausch ausschlafen.
Der Obdachlose ließ von mir ab. Drängte sich an mir vorbei, noch immer mit diesem verzweifelten Ausdruck in den Augen. Als ich ihm nachschaute, schlug er sich durch die Menge, als wäre jemand hinter ihm her. Unwillkürlich schaute ich wieder nach vorn. Tatsächlich, zwei schwarz gekleidete Männer kämpften sich ebenso hastig durch die Menge. Als wollten sie den Typen erwischen – vielleicht waren sie Polizisten, die ihn schon lange beobachtet hatten und auf frischer Tat ertappen wollten? Oder andersherum, der Mann floh vor Verbrechern?
Ich kam nicht dazu, die beiden näher in Augenschein zu nehmen. Hinter mir quietschte es fürchterlich, der Fahrer eines ziemlich großen Fahrzeugs stieg gerade voll in die Eisen. Noch während ich mich umdrehte, schrie ich laut auf vor Schreck: Nur wenige Schritte von mir entfernt ratterte ein Laster vorbei. Im selben Augenblick schlug etwas dumpf gegen Blech und mit einem schrillen Quietschen kam der Wagen endlich zum Stehen. Menschen schrien und rannten durcheinander.
»Der hat den totgefahren!«, kreischte eine Frau auf der anderen Seite.
Unschlüssig schaute ich mich um. Eine Sekunde lang kämpfte ich mit mir, ob ich einfach weitergehen sollte, um noch rechtzeitig den Bus zu bekommen. Es standen viele Leute herum, manche gingen bereits eilig davon, aber andere gafften unverhohlen oder quatschten in ihr Handy. Ich hörte jemanden ins Telefon brüllen: »Unfall! Ja, hier, direkt am Bahnhof! Ein Laster hat einen Typen erwischt ... Nein, ich weiß nicht, ob er verletzt ist ...«
Die Fußgängerampel sprang auf Rot um. Niemanden kümmerte es. Mir kam der Gedanke, dass dieser Unfall eine gute Entschuldigung für meine verspätete Ankunft in der Firma gäbe. Ich schämte mich aber gleich für diesen Gedanken, hechtete zur anderen Seite des Lastwagens, wo das Opfer liegen musste. Ein kurzer Blick durch die Frontscheibe des Unfallwagens – der Fahrer saß wie erstarrt auf dem Sitz, kalkweiß im Gesicht und rührte sich nicht. Dann sah ich das Opfer. Der Mann, der mir vorhin erst das Buch hatte geben wollen, war überrollt worden. Seine Beine waren ab dem Unterleib nur noch Brei.
Es hatte sich bereits eine Traube von Menschen gebildet. Sie standen um ihn herum, entsetzt, denn es gab nichts mehr zu tun. Der Schock stand allen ins Gesicht geschrieben, ich war wie gelähmt, zumindest im ersten Augenblick. Doch ich beschloss, wenigstens noch mit ihm zu reden.
Der Verletzte war bei Bewusstsein, aber es konnte nicht mehr lange dauern, ehe er … Den Ekel hinunterwürgend kniete ich mich zu ihm nieder. Konnte nichts sagen. Betrachtete sein hageres Gesicht. Dann das vor sich hinsickernde Blut. Es glitzerte im Morgenlicht, rann in schmalen Bächen die Straße entlang, vorbei an dem Buch, welches der Typ mir hatte aufzwingen wollen.
Es war aufgeschlagen, die Seiten schimmerten gelb, wurden vom Wind bewegt. Offensichtlich hatte es auch schon einige Spritzer Blut abbekommen. Ich entdeckte schön verzierte Buchstaben am Kapitelanfang und sorgfältig gemalte Buchstaben im Text. Ohne dass ich viel von antiken Büchern verstand, war ich mir doch sicher: Dieses Buch war zu wertvoll, um es in einer Blutlache enden zu lassen. Vorsichtig hob ich es vom Boden auf, damit ich nicht mit dem Blut des Verletzten in Berührung kam.
Ich blätterte in den Seiten und betrachtete die schöne Handschrift. Das Buch war nicht komplett beschrieben, am Ende waren noch einige Seiten frei. Da meine Neugier nun doch recht groß war, überflog ich die letzten Sätze: Und auch dieser Mensch erliegt nun seinen Sünden. Er wird verdammt und mir bedingungslos ergeben sein. Der sechste Teufel ist erschaffen, auf immerdar!
»Sie … müssen das nehmen!«, flüsterte der Mann. Sein Atem ging pfeifend und seine blutverschmierte Hand zeigte zitternd auf das Buch. »Ich … ich habe es nicht geschafft. Aber Sie … Sie müssen sich wehren … der Welt steht Entsetzliches bevor, wenn Sie nicht …«
Er brach ab. Seine Augen waren erstarrt, sie schienen mich anzusehen, wieder mit dem flehenden Blick. Schnell schloss ich seine Augenlider. Für ihn war das Leben vorbei, endgültig. Wie hatte es nur zu diesem schrecklichen Unfall kommen können? War es die Angst vor den beiden Männern, die ihn verfolgt hatten?

Im Kindle-Shop: Das Buch mit 7 Siegeln: Fantasy Thriller

Mehr über und von Julian Fröhlich beim VA-Verlag.

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