11. Oktober 2016

'Schmitts Hölle - Countdown' von Joachim Widmann

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Der Entführer ihrer Tochter lockt die Berliner Polizistin Sibel Schmitt nach Franken. Dort sind drei Journalisten ermordet worden, doch an der Aufklärung der Taten scheint niemand interessiert zu sein. Selbst die örtliche Zeitung, bei der alle Opfer arbeiten, behindert die Ermittlungen - obwohl schließlich noch ihr Chefredakteur entführt wird.

Der Mörder hat eine Botschaft, die um jeden Preis unterdrückt werden soll - wer ist es, den sogar die Staatsanwaltschaft vor Entdeckung schützt? Und was ist sein Geheimnis? Schmitt ermittelt auf eigene Faust und kämpft mit hohem persönlichen Einsatz um eine Frau, die unschuldig im Gefängnis sitzt.

Auf der Suche nach ihrer Tochter gerät Schmitt in einen Deal, den die Bundesregierung mit einem Gangster schließen möchte, um sich mit dem Terroristen Abu Nar auf einen Friedenspakt zu einigen. Vor mehreren Wahlen ist der Druck der Rechtspopulisten auf die Regierung extrem hoch, so nimmt sie dunkle Geschäfte eines rachsüchtigen Greises in Kauf. Es ist sein Countdown, und Schmitt muss schließlich entscheiden, ob sie das Leben ihrer Tochter rettet - oder den Weltfrieden.

"Schmitts Hölle - Countdown" ist der dritte abgeschlossene Thriller der Sibel Schmitt Reihe.

Leseprobe:
Berlin-Schöneberg

Schmitt parkt den Audi in der zweiten Reihe. Lehnt sich zurück, schließt die Augen. Die Stille dröhnt in ihren Ohren. Jemand öffnet die Beifahrertür. Schmitt schreckt hoch. „Verdammt“, sagt sie. „Was wollt ihr hier?“ Sie steigt aus.
„Wir sorgen uns um dich“, antwortet Carla.
Anselm wirft die Beifahrertür wieder ins Schloss „Du folgst deinem Aggressionsmuster“, sagt er. „Du ziehst in den Krieg, also brauchst du deinen Bo-Stick und die kugelsichere Weste. Mir wäre deutlich wohler, wenn du nicht hier aufgetaucht wärst. Wenn du den Bo holst, ist es ernst.“
Schmitt unterdrückt ein Lächeln, als sie mit langen Schritten zur Haustür geht.
„Was ist ein Bo-Stick?“, fragt Carla leise.
„Ein zwei Meter langer Hartholz-Stab, mit dem sie Schädel spalten kann“, brummt Anselm. „Hast du sie noch nie damit trainieren sehen?“

Thor, auf Ausguck im Haus gegenüber, kann es nicht fassen. Beide Frauen! Die Türkenzecke und die andere Zeugin in dem Prozess gegen die Kameraden.
Ein Glücksfall.
Ein Coup, über den alle reden werden.
Er schiebt den Vorhang beiseite. Sieht, wie Schmitt an den Treppenhausfenstern vorbei steigt, auf dem Weg zu ihrer Wohnung im dritten Stock. Als sie oben ist, zückt Thor sein Mobiltelefon. Streicht über die Nummerntasten.

An ihrer Wohnungstür dreht Schmitt sich zu Carla und Anselm um, die mit einigem Abstand folgen. „Ihr könnt gern reinkommen, aber ich gehe gleich wieder.“
„Du bist völlig am Ende, schau dich nur an“, sagt Carla hinter Atem. „Du siehst nicht so aus, als hättest du geschlafen. Und das Blut auf deinem T-Shirt …“
„Ich denke auch, wir sollten uns ein wenig Zeit zum Reden nehmen“, assistiert Anselm.
Schmitt schließt auf und schaltet das Licht ein.

Thor sieht das Licht. Aktiviert den einzigen Kontakt, der auf dieser SIM gespeichert ist. Es klingelt dreimal. Dann ist ein Rauschen zu hören. Thor startet die Stoppuhr-App. Sie ist auf einen Countdown von drei Minuten programmiert.
00:02:57

Schmitt lässt die Jacke fallen, greift T-Shirt und Unterhemd in einem, zieht sie im Gehen aus.
„Mein Gott“, sagt Carla, die Schmitts Rücken im Licht der Halogenspots sieht, die entlang der Wand an einer Schiene hängen. „Was ist mit deinem Rücken?“
Schmitt wirft einen Blick auf die fleckigen Oberteile in ihrer Hand, in den Spiegel neben der Badezimmertür. Dreht sich. Die entzündeten Wunden nässen, es sieht aus wie schwere Akne. Einen Moment lang spürt sie das Brennen, die pochende Hitze.
„Lange Geschichte.“
„Du musst behandelt werden.“
„Kann warten.“
„Mensch, Schmitt.“ Carla legt ihre Hand sanft auf den Oberarm der anderen.
Schmitt entzieht sich, schlägt die Badezimmertür zu und schließt ab. Dreht das Wasser auf, nimmt eine Handvoll Seife aus dem Spender, seift sich Brust, Hals, Gesicht und Achselhöhlen ein, hält ihr Handtuch unter den Wasserstrahl, wischt mit dem feuchten Stoff den Schaum ab.
Kommt aus dem Bad, schiebt Carla beiseite. Öffnet den Wandschrank.
Anselm: „Sei nicht so verflucht unerbittlich. Du wirst doch ein paar Minuten haben. Es gibt sicher vernünftige Alternativen zu … zu dem, was du vorhast.“
„Ich sehe nichts, was zu besprechen wäre, Lieber.“
Sie wendet sich ab, nimmt ein T-Shirt vom Stapel.
Rotes Licht. Sie sieht den Widerschein oben im Schrankfach.
Schmitt zieht das T-Shirt an und nimmt den Stapel ganz aus dem Schrank.
Das Display zeigt 00:00:43.
00:00:42
00:00:41
Sie stellt fest: „Ihr müsst gehen.“
Anselms Stimme verliert die antrainierte Psychologen-Ruhe. „Scheiße, Sibel, du musst deine Fixierung lösen, wenigstens einen Moment lang einen Perspektivenwechsel zulassen.“
Das Paket ist sehr schwer. Schmitt hebt es aus dem Schrank. Präsentiert es Anselm. „Hier. Perspektivenwechsel. Ihr müsst gehen. Gleich fliegt alles in die Luft.“
00:00:36
Carla und Anselm stehen wie gebannt, starren Schmitt an, das Paket mit dem Display.
00:00:35
00:00:34
Schmitt kalkuliert: Alle Wohnungen sind gleich geschnitten. Das Bad. Um diese Zeit sitzen die Nachbarn noch vor der Glotze oder liegen schon im Bett.
„Was machst du?“, fragt Anselm.
00:00:32
Schmitt schreit: „Verpisst euch, verdammte Scheiße! Ich komme nach. Raus jetzt!“
Die beiden kommen in Bewegung.
Schmitt nimmt das Paket. Legt es in die Wanne. Nicht bombensicher. Stahlblech, emailliert: besser als nichts.
00:00:25
Schmitt lässt die Tür zum Bad offen. Eilt zur Wohnungstür. Greift die Jacke vom Boden, nimmt Bo und Weste aus der Garderobenecke.
Zieht die Wohnungstür zu.
Runter. Vier Stufen jeder Schritt.

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