4. Mai 2017

'Fincasterne' von Eva-Maria Farohi

Emely hat sich nach einer hässlichen Scheidung auf Mallorca eine neue Heimat geschaffen. Sie ist zufrieden mit ihrem Leben als selbständige Friseurin. Marika und Lisa, ihre beiden Freundinnen, sowie deren Ehemänner, betrachtet sie als ihre Familie. Auf die große Liebe hofft sie nicht mehr.

Daher freut es sie auch, ihren ehemaligen Schulfreund Heinz wiederzutreffen. Hilfsbereit wie immer, unterstützt sie ihn bei seiner Existenzgründung auf Mallorca. Aus der alten Freundschaft wird bald mehr. Auch Salvatore, Emelys Vermieter, ist Heinz behilflich.

Doch dann verliebt sich Heinz in eine andere Frau. Als dann auch noch Emelys Exmann auftaucht, laufen die Dinge aus dem Ruder …

Der dritte Teil der Mallorca-Trilogie, der auch ohne Kenntnis der beiden anderen Bände gelesen werden kann.

Gleich lesen: Fincasterne

Leseprobe:
Emely fuhr die Kurven der Garagenausfahrt hinunter, steckte die Parkkarte in das Lesegerät und sah zu, wie sich die rot-weiß gestreifte Schranke öffnete. Gewohnheitsmäßig schaltete sie das Abblendlicht aus, folgte dann den Bodenmarkierungen, die den Weg zur Autobahn kennzeichneten.
Es war ein wunderschöner Tag – mit Sonnenschein und einem beinahe kitschig blauen Himmel. Vor dem Flughafengebäude raschelten die Blätter der hohen Palmen im Wind und schimmerten dabei silbrig.
Auch heute wieder hatte sie Heinz zur Maschine nach Deutschland gebracht – wie so oft in den letzten Monaten.
„War schön mit ihm, wie immer“, dachte Emily ein wenig bedauernd und drehte das Radio lauter.
Gleich darauf konzentrierte sie sich auf den dichten Morgenverkehr, fuhr von der Autobahn wieder ab, passierte einen Kreisverkehr und ordnete sich in die Kolonne zur Schnellstraße ein, die sie heimwärts bringen würde.
Der Verkehr wurde schwächer, je weiter sie die Hauptstadt hinter sich ließ, und Emely gestattete sich den einen oder anderen Blick auf die Landschaft.
Windmühlen säumten den Weg, manche schon baufällig, die einst prächtigen Flügel rostig oder abgebrochen. Wie einsame Gerippe standen sie da, wirkten irgendwie traurig und verloren.
Andere wiederum waren liebevoll restauriert worden. Die Räder in bunten Farben gestrichen, präsentierten sie sich als stolze Wahrzeichen der Insel. Von Blau über Weiß und Rot bis hin zu einem kräftigen Grün reichte die Farbskala.
Das Land in diesem Abschnitt war flach – breite Felder, einzelne Gehöfte, Tiere, ab und zu ein kleines Dorf. Weit im Hintergrund konnte man die hohen Berge der Serra de Tramuntana, der Bergkette im Norden der Insel, erkennen.
Emely erreichte die leichte Anhöhe mit dem Wasserturm, der die gesamte Ebene bis hin nach Palma zu überblicken schien. Sein blau-weißer Anstrich verlieh ihm eine Art mediterrane Heiterkeit, kein Wunder, dass er inzwischen weithin als Wahrzeichen bekannt war, ein stummer Wächter, der alle Vorbeiziehenden grüßte.
Emely winkte dem Turm zu, wie sie es immer tat, wenn sie an ihm vorbeifuhr. Dabei dachte sie an die letzten Monate zurück.
So vieles hatte sich verändert.
Ihre Freundin Marika war verheiratet und auf Hochzeitsreise, und Lisa, ihre andere Freundin, hatte ein Kind.
Kurz nur erinnerte sich Emely an den Silvesterabend vor zwei Jahren.
„Vielleicht sollte ich doch lieber Wahrsagerin werden“, murmelte sie.
Lisa würde heiraten, hatte sie beim Bleigießen orakelt, Marika hingegen eine Kreuzfahrt unternehmen.
Beides war eingetroffen.
Steile Falten bildeten sich über Emelys Nasenwurzel, als sie sich an ihren eigenen Gießversuch erinnerte: eine Unzahl funkelnder Körnchen, die sie in der Laune der Silvesternacht als Geldmünzen gedeutet hatte.
Seither beharrten die Freundinnen hartnäckig darauf, dass Emely ein Lottogewinn winkte.
Unwillig versuchte sie, ihren Gedanken eine andere Richtung zu geben. In ihrem Leben sah es nach nichts weniger aus als nach einem Lottogewinn. Abgesehen davon, dass sie nicht einmal spielte.
Doch das kümmerte weder Lisa noch Marika.
„Vielleicht gibt es einen Onkel in Amerika, von dem du nichts weißt, den du beerbst“, hatte Lisa erst vor Kurzem gemeint. „Sicher ist, dass du eine Menge Goldmünzen gegossen hast – wo genau sie herkommen, steht noch nicht fest.“
Lisa war eben eine unverbesserliche Romantikerin! Überhaupt war sie die sanfteste und verträumteste von ihnen dreien.
Marika war da schon etwas praktischer veranlagt. Obwohl - seit sie in Dean, einem erfolgreichen Schriftsteller, die Liebe ihres Lebens gefunden hatte, war auch Marika deutlich weniger rational.
Blieb zum Glück noch sie selbst als vernunftbegabte Person übrig.
Mit viel Einsatz hatte Emely sich auf Mallorca eine neue Existenz geschaffen. Zuvor war ihre Ehe gescheitert, und sie hatte alles verloren. Jeglicher Illusion beraubt, hatte sie den Neuanfang gewagt und es geschafft. Jetzt war sie Mitte dreißig, und für Männer gab es in ihrem Leben keinen Platz.
Zögerlich nur war sie bereit gewesen, Dean zu vertrauen. Inzwischen hatte sie ihn ebenso in ihr Herz geschlossen wie Lisas Ehemann Juan.
Diese vier Menschen betrachtete sie als ihre Familie.
Sie wusste, das Band der Freundschaft war fest geknüpft und stark genug, um auch in schlechten Zeiten zu bestehen. Darüber hinaus verließ sie sich am liebsten auf sich selbst.
Beruflich war sie jedenfalls ihr eigener Chef. Der Kosmetik- und Friseursalon in dem beliebten Badeort an der Küste gehörte ihr, und auch in der hübschen Wohnung, von deren Terrasse aus man einen wundervollen Blick auf das nahe gelegene Meer hatte, konnte sie tun und lassen, was sie wollte. Ihr Einkommen ermöglichte zwar keine großen Sprünge, aber es reichte aus, um ein angenehmes Leben zu führen. Was also wollte sie mehr?
Mit der Zeit hatte sie sich einen netten Freundeskreis aufgebaut. Menschen, mit denen sie sich gerne traf, zwanglos plaudern konnte und die sie akzeptierten, wie sie war, ohne mehr zu fordern, als sie zu geben bereit war.
Wieder warf sie einen Blick auf die vorbeiziehende Landschaft.

Im Kindle-Shop: Fincasterne

Mehr über und von Eva-Maria Farohi auf ihrer Website.

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