19. Juli 2018

'Tod in Alepochori' von Claudia Konrad

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Eigentlich will der aus dem Ländle stammende, kürzlich pensionierte Sonderermittler Wellendorf-Renz einen gemütlichen Urlaub in Griechenland verbringen und endlich seine Zeit als Kommissar hinter sich lassen, da geht es auch schon wieder los: Denn kaum in Alepochori angekommen, spürt die feine Nase seines Hundes „Trollinger“ einen toten Taucher in einem verbrannten Waldstück auf.

„Welles“ guter Ruf als Polizist eilt ihm voraus und die griechischen Behörden bitten ihn um Unterstützung bei der Aufklärung des Falles. Fortan begleitet er die griechischen Kollegen und begibt sich mit ihnen auf die Suche nach dem Mörder. Die griechischen Ermittler tappsen rum und Welle in die Arme einer charmanten Griechin. Was anfangs wie ein merkwürdiger Badeunfall aussieht, tut sich auf als Fall von Korruption und Intrige – bis in die höchsten Kreise von Staat und Kirche. Die finden sich nicht etwa in Athen. Nein, Welle macht Wellen im Vatikan.

Das Buch bietet eine wunderbare Mischung aus Leichtigkeit, Spannung und griechischen Impressionen. Wellendorf-Renz ist eine ausgereifte Figur, ein wenig schrullig-eigenbrödlerisch, man liest mit Spannung und Vergnügen.

Leseprobe:
Prolog
Geisterwald. Knarrende Baumstämme, vom warmen Wind umspielt. Ein Heer bizarrer Pinien, verbrannt bis in die Wipfel. Rußgeschwärzte Hänge, Verwesungsgeruch.
Welle sah die Feuersbrunst vor sich. Hörte das gellende Todesblöken der Schafe, deren Stall von Flammen umzüngelt war. Hubschrauberlärm mischte sich unter das Feuer-Gefauche. Gierig sogen die Flammen erste Wasserbretter auf, die tonnen-schwer auf den Wald prasselten – und doch nur wie Tropfen auf dem heißen Stein wirkten. Klägliche Versuche, das Inferno unter Kontrolle zu bekom-men. Ein weiterer Lösch-Hubschrauber näherte sich. Der Kampf gegen die Naturgewalt hatte begonnen.
Nichts für Zartbesaitete, wenn das Kopfkino des Pforzheimers ansprang. Trollingers aufdringliches Gebell durchbrach seine Vorstellungen und holte ihn in das Jetzt zurück. Der Unterton im Bellen gefiel dem pensionierten Hauptkommissar gar nicht. Er versuchte, seinen Vierbeiner auszumachen. »Trollinger!«, schrie er. »Bei Fuß!«
Der Rüde erschien kurz, knurrte seinen Herrn an, um gleich wieder im Schwarz zu verschwinden.
»Sack Zement, was ist jetzt wieder?« Grantig stiefelte er hinterher. Nach ein paar Metern hatte er ihn eingeholt.
»Beruhig dich, was ist denn los mit dir?«
Welle schaute sich um, sah aber nichts.
»Hör doch mit der blöden Kläfferei auf. Aus jetzt!«
Mit gefletschten Zähnen rannte Trollinger hin und her, verharrte dann und schaute gen Himmel. Der Pensionär folgte dem Blick seines Hundes.
»Deifel nomol … Ha noi, so ebbes gebts jo gar ned. I glab, i spinn. En Daucher. Da hangt en Daucher im Bom!«

Kapitel Eins
»Wann war i sletschmol so besoffe?« Trollinger musste das wissen. Der saß neben ihm … nein, der lag …
»Trollinger!« Es wuffte matt. Unter der Bank. Bank? Bushäuschen. Ahhhh, Bushäuschen. Er saß auf der Bank, es nieselte, daher Bushäuschen. Warum nieselte es immer an seinem Geburtstag, wo es doch in Pforzheim nie nieselte. Er musste grinsen. Nie nieseln, komisch.
»Trollinger, findest du nie nieseln auch komisch?« Trollinger wuffte. Alles gut.
»Also, Trollinger, wann war ich das letzte Mal so betrunken?«
Warum saß er hier? Wo war Erika?
»Trollinger, wie alt bin ich jetzt, und wo ist Frauchen?«
Und was, Himmel-Schdugert-Sackzement!, hatten die ihm da geschenkt? Die von seinem Club. Die Alten Hasen. Fünfundsechzig, das war es. Fünfundsechzig Kerzen hatte er ausblasen müssen. Heidenei! Und dann der Wein, zehn Schoppen? Ramazzotti, vier? Grappa? Auch egal.
»Wieso sprang mir jetzt Griechenland ins Hirn? Wir waren doch im ›Al Bacio‹, eindeutig Italien.«
Er griff in die Tasche des Trenchcoats, streifte über Reste von Tiramisu auf seinem Jackett, Trollinger musste ablecken. Ein Umschlag, DIN-A4-Blatt, ein Bild von einem Schiff, noch ein Bild, Markusplatz, Venedig.
»Trollinger, soll ich das mal vorlesen, willst du es hören, oder sollen wir warten, bis Frauchen ...«
Jetzt spürte er Tränen. Ist ja nicht mehr, die Erika. Scheiß LKW! Seit mehr als acht Jahren nicht mehr. Fünfundfünfzig Jahre waren sie ... Zum die Wänd hochgrabble!
»Ich les es dir vor, Trollinger. Also … Lieber Welle, damit du mal wieder richtig Welle machen kannst … Trollinger, das ist doch ein mieser Scherz, oder? Also, damit du Welle machen kannst, schenken wir dir ein Fährticket von Venedig nach Griechenland auf der Anke Lines … Wer ist denn jetzt Anke? Trollinger, wollen die, dass ich mit der Anke … ach so, die Reederei heißt so … Kabine mit Sondergenehmigung für Trollinger in allen Bordbereichen. Wahlweise Igoumenitsa, Korfu oder Patras.«
Jetzt kam die Erinnerung zurück.
»Wer hat sich das denn ausgedacht?«
»Ist doch egal«, hatte Holger Kuhlmann gesagt. »Du wolltest dir alte Steine anschauen und da eignen sich die der alten Griechen am besten. Genieße deinen Urlaub, schließlich hast du dich seit Erikas Tod nicht mehr aus Pforzheim herausbewegt. Außer vielleicht mal bis zum Titisee und in die Schweiz zu deinem Kumpel. Wir freuen uns jedenfalls auf deinen Urlaubsbericht.«
»Aber ich habe gar keinen runden Geburtstag! Das kann ich nicht annehmen«, hatte er gesagt.
»Ha so ebbes!« Hans Häberles Bassstimme dröhnte im tiefsten Badisch. »Mir hen des älle gwellt, und jetzt hälsd dei Gosch. Proschd!«
»Ja, dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig. Nochmals vielen, vielen Dank!«

Er stand auf. Es hatte aufgehört zu nieseln. Welle hielt sich an der Strebe des Bushäuschens fest, schob Manschette und Trenchcoat-Ärmel zurück, griff mit der anderen Hand in die immer noch beschmierte Jacketttasche und setzte sich erneut die Lesebrille auf.
»Herrschaft, Trollinger, halber drei gleich. Schaffen wir den Berg noch?« Wieder so ein kurzer Moment, in dem Welle es bereute, hoch über Pforzheim zu wohnen.
Der Staffordshire blickte nach oben, als wollte er sagen: Stell dich nicht so an, Alter, du auf zwei, ich auf vier Beinen. Ich will in den Korb, und wenn du bitte noch einen Klecks Tiramisu ...
»Ja, braver Hund, hörst mir immer zu. Dir armen Teufel bleibt auch nichts anderes übrig.« Welle bückte sich, streichelte ihn und lächelte.
Er torkelte sich auf den Heimweg ein.
Ein weiteres Stück Erinnerung kam zurück, gerade mal neun Stunden war das her.
Er war mit Trollinger die Bahnhofstraße hinuntergelaufen, vorbei am Polizeirevier. Holger Kuhlmann und Igmar Keller waren herausgekommen.
»Da ist ja unser Geburtstagskind.« Das war Kuhlmann.
»Kind? ›Alter Sack‹ wolltest du wohl sagen. Wo geht’s hin?«
»Na, deinen Geburtstag feiern, wohin denn sonst?«
»Damit hast du nicht gerechnet, gell?« Keller war den ganzen Abend über bester Laune gewesen. »Kommt, wir müssen uns beeilen, die anderen werden sicher schon warten. Schau nicht so belämmert, du wirst heute noch einige Überraschungen erleben.«
Wirt Andreas hatte gerade ein Tablett mit Sektgläsern hinter der Theke hervorbalanciert, als die drei eintraten. Und jetzt war der Film wieder da, Echtzeit, live und in Farbe mit Ton. Als sei es gestern ... nein, war ja eben erst alles, vor der Sache mit der Anke … nein, mit dem Schiff. Hatte er das richtig verstanden, eine eigene Kabine für Trollinger?

Im Kindle-Shop: Tod in Alepochori.
Mehr über und von Claudia Konrad beim pinguletta Verlag.



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