'Metal ist nicht genug: Change Your Color 2' von Sontje Beermann
Kindle | Tolino | Taschenbuch |
Freundinnen im Heiratswahn und ein Vater, von dem sie nie gewusst hat, dass er überhaupt existiert – Sabrinas Welt steht Kopf, als sie auf einer Hochzeit Ben begegnet. Er könnte der Mann fürs Leben sein, doch ihre verschiedenen Lebensweisen lassen den Kontakt einschlafen. Bis sie sich auf der Metal Cruise erneut begegnen und keiner von ihnen die Anziehungskraft zwischen ihnen mehr leugnen kann.
Leseprobe:
Im Nachhinein fragte sie sich gelegentlich, ob ihr absonderlicher Gefühlszustand dafür verantwortlich war, dass sie den Brief anfangs nicht verkraften konnte, der sie am nächsten Tag erreichte.
Sabrina kehrte gegen Mitternacht von ihrer Schicht im Hurricane zurück, der Szene-Bar, in der sie als Barkeeperin angestellt war. Es war ein relaxter Abend gewesen, wie so oft am Mittwoch, und ihr Kollege Jens hatte sich bereiterklärt, den Kehraus allein zu machen.
In ihrem Briefkasten fand sie eine Handvoll Post, die sie in ihren Rucksack stopfte, um schnellstmöglich die drei Etagen zu ihrem offenen Dachgeschossapartment hochzulaufen. Sie öffnete die Wohnungstür und prallte vor der stickigen Hitze zurück. Das Haus war zwar vor einigen Jahren saniert und neu gedämmt worden, aber einer Hitzewelle hatte es nichts entgegenzusetzen. Sabrina riss alle Fenster auf, ging zum Kühlschrank und nahm eine Flasche Bier heraus, die sie in einem Zug zur Hälfte leerte.
Sie kickte die Boots in die Garderobe, ging mit Flasche und Post zur Couch und warf sich darauf, schaltete die Stehlampe ein. Die Beine drapierte sie über der Rückenlehne, dann nahm sie noch einen Schluck und klemmte die Flasche zwischen Hüfte und Leder.
Bei den ersten drei Briefen handelte es sich um Werbung und Rechnungen, unspektakulärer Alltag. Der durch Brief Nummer vier in Stücke gerissen wurde.
Ein Umschlag in der Größe DIN A5, der Absender war eine Künstleragentur.
Sabrina runzelte die Stirn. Weder kannte sie diese Agentur, noch wusste sie, warum sie ihr Post schickten. Sie fuhr mit dem Finger unter die Lasche und riss sie auf. Darin kam ein kleinerer Umschlag zum Vorschein, cremefarben, auf dem in schwungvollen Großbuchstaben ihr Name stand.
Sonst nichts.
Sie drehte ihn hin und her und grübelte. Was sollte das werden?
Diesmal ließ sie beim Öffnen mehr Vorsicht walten, wollte nichts beschädigen. Sie fand zwei Bögen Papier, passend zum Umschlag. Dicht mit Kugelschreiber beschrieben, in einer nach links geneigten, ausladenden Schrift mit Schnörkeln. Im ersten Moment konnte sie nur die Unterschrift entziffern.
Chris.
Sie zog die Augenbrauen zusammen. Wer, zum Teufel, war dieser Chris?
Und warum schrieb er ihr einen Brief?
Sabrina veränderte ihre Position so weit, dass das warme Licht aus den fünf von innen goldfarbenen Lampenschirmen auf das Papier fiel. Zu ihrer Verwunderung fiel es ihr nicht schwer, die Schrift zu lesen. Der Inhalt ließ sie nach wenigen Sätzen aufkeuchen.
Meine liebe Sabrina,
ich weiß, ich bringe dein Leben mit diesem Brief gewaltig durcheinander, aber ich kann und will nicht länger schweigen. Ich habe es, aus Rücksicht, viel zu lange getan.
War der Schatten, der dich all die Jahre nur beobachten durfte.
Am besten sage ich es gerade heraus – ich bin dein Vater.
Stell dir jetzt bloß nicht Darth Vader vor! Auch wenn meine Stimme vielleicht ähnlich klingt, ich sehe auf jeden Fall wesentlich besser aus.
„Was?“ Voller Ungläubigkeit las sie den Abschnitt noch einmal, stieß ein „Pah!“ hervor.
Wollte der Kerl sie verarschen?
Ich kann mir vorstellen, wie unecht das alles für dich klingt. Du bist mit Mutter, Vater und Schwester aufgewachsen, aber Rita und Wolfgang waren noch kein Paar, als wir uns kennenlernten.
Es war eine wunderbar wilde Zeit, die wir miteinander verbrachten. Ich war mit meiner Band in Hamburg, wir wandelten auf den Spuren der Beatles. Rita war … nein, davon erzähle ich dir persönlich.
Ich möchte endlich mit dir reden, dich wirklich kennenlernen.
Welche Musik hörst du?
Spielst du vielleicht sogar selbst?
Wie sieht dein Leben aus?
Ich weiß, dass du Barkeeperin bist, aber nicht, ob es dir Spaß macht.
Welche Zukunftspläne hast du?
Hast du Familie? Ich konnte bisher niemanden entdecken.
Scheiße, du denkst jetzt bestimmt, ich sei ein Stalker.
Es tut mir leid, ich wollte dich nicht überfallen.
Bevor wir auf Asientour gingen, im letzten Jahr, habe ich erfahren, dass dein Stiefvater verstorben ist. Seitdem ringe ich mit mir. Ob ich dir schreibe oder nicht.
Wie du siehst, habe ich mich zu einer Entscheidung aufgerafft, auch wenn ich sie nur aus purem Egoismus gefällt habe.
Deine Mutter und ich sind immer in Kontakt geblieben, weil sie mir nicht verwehren wollte, dich wenigstens sehen zu können.
Sie hat mir deine Adresse nur unter dem Versprechen gegeben, dass ich nicht gleich vor deiner Tür auftauche, und daran werde ich mich halten.
Wenn du gleichfalls Kontakt mit mir haben willst – und das hoffe ich sehr! -, dann frag deine Mutter. Sie hat meine private Handynummer und die meines Agenten.
Vielleicht darf ich dich bald in den Arm nehmen? Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen.
Ich warte auf deinen Anruf.
In Liebe,
Chris
Hatte der sie nicht mehr alle?
Sie überflog die Seiten ein weiteres Mal und blieb an einzelnen Worten hängen, die nicht in ihren Kopf wollten. Nein, nein, nein. Das war ein übler Scherz, den sich jemand mit ihr erlaubte. Wem hatte sie dermaßen auf die Füße getreten?
Ein winziger Teil von ihr protestierte gegen die Gedanken. Der Teil, der diesem Chris sofort glaubte. Alles.
Sabrina schleuderte den Brief von sich und schlug die Hände vors Gesicht. In ihr tobte ein solcher Aufruhr, dass sie nicht wusste, ob sie heulen oder schreien sollte.
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Für Tolino: Buch bei Thalia
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Labels: Liebe, Sontje Beermann
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