24. September 2018

'Restsüße' von Claudia Meimberg

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
„Und ich? Werde ich dir fehlen?“

Während ihrer Reise durch Neuseeland lernt die Kölnerin Sarah den Winzer Josh kennen. Aus ihrer unerwarteten Romanze wird schnell mehr - obwohl sie wissen, dass Sarah in wenigen Wochen zurück nach Deutschland muss.

Dann trennen sie Kontinente, Zeitzonen und das ganz normale Leben. Aber wenn guter Wein Zeit braucht, um zu reifen - wie viele Jahre braucht dann die Liebe?

Leseprobe:
Das Tropenhaus dampfte. Es war stickig, die Luft machte das Atmen schwer und legte sich feucht auf die sattgrün glänzenden Blätter und den hölzernen Steg, der durch die Anlage führte. Sarah blieb stehen und wischte sich über die Stirn. Die Hitze in diesem Bereich des Zoos machte sie träge. Ihre Augen wanderten über die exotischen Pflanzen, die sich dem gläsernen Dach entgegenstreckten. Sie entdeckten bunte Vögel, die laut rufend durch die Halle flogen und erstaunlich große Schmetterlinge, die an einer Schale mit Nektar tranken und dabei langsam ihre pudrigen Flügel schlugen. Unter ihr, am Ufer eines trüben Wassertümpels, lagen Kaimane. Sarah betrachtete die Tiere, die mit halb geöffneten Mäulern am Ufer auf Beute lauerten. Völlig regungslos, nur der Glanz ihrer Augen zeugte von ihrer Echtheit.
»Pass auf!«, rief die Stimme, als sie plötzlich nach vorn gestoßen wurde und stolperte. Sie versuchte noch, sich am Geländer festzuhalten, als im gleichen Moment zwei starke Hände sie festhielten. Ihr Herz raste, aber sie riss sich zusammen, während sie sich zu ihm umdrehte.
»Dennis! Du hast mich erschreckt!« Sie schlug ihm mit der Hand auf die Brust, und er grinste.
»Tut mir leid.« Dann zog er sie an sich und küsste sie auf die Nasenspitze. »Na, komm. Da vorne ist das Nachthaus.«
Hand in Hand ließen sie die Hitze hinter sich und traten in das rötliche Dämmerlicht der künstlichen Nacht. Die Wände waren einem Felsen nachempfunden und die Gehege der Bewohner darin hinter Glas eingelassen. Sarah und Dennis schlenderten von einem zum nächsten, nur gerade so leise flüsternd, wie es von den Besuchern erwartet wurde. Manche Tiere entdeckten sie erst auf den zweiten oder dritten Blick, bei anderen überraschte sie deren Giftigkeit. Schließlich erreichten sie ein recht großes Tiergehege und blieben vor der Trennscheibe aus Plexiglas stehen.
Dennis beugte sich zum Informationsschild und las mit zusammengekniffenen Augen vor: »Das ist ein …«
»Possum«, unterbrach Sarah ihn lächelnd. Sie konnte den Blick kaum von dem kleinen Fellknäuel abwenden, das vorsichtig auf allen vieren einen Ast hinab balancierte. Die rosa Nase schnuppernd in die Luft haltend, folgte es einer Duftspur, bis es unter einem Stein ein verstecktes Bananenstück fand und es gierig in sein Maul stopfte. Trotz der Dunkelheit erkannte Sarah die Zähne des Tieres, sein kleines, kräftiges Raubtiergebiss. Unvermittelt strich sie mit ihrem Daumen über die Narbe an ihrer Hand.
Es war jetzt fast fünf Jahre her, seit ein deutlich wilderes Possum sie dort gebissen hatte. Seit diesem Wochenende. Dem letzten Wochenende mit ihm, Josh. Bilder flackerten in ihr auf, sie sah das Zelt vor sich, ihr Kanu auf dem smaragdgrünen Wasser, sein Gesicht. Eine längst verdrängte Wehmut schlich sich in ihre Gedanken, als Dennis’ Stimme sie aus ihren Erinnerungen riss.
»Hier steht aber, dass es ein Fuchskusu ist. Das heißt, warte, du hast recht …«, er las nuschelnd weiter, »… bezeichnet als Possum, gilt in Neuseeland als Plage und wird bejagt.« Er lachte amüsiert auf und trommelte mit den Fingerspitzen an die Scheibe. »Na, da hast du ja Glück gehabt, dass du hier wohnen darfst, nicht wahr?«
Das Tier reagierte nicht auf ihn und suchte unbeeindruckt weiter nach Essbarem. Dennis klopfte etwas lauter. »Die Neuseeländer schießen Viecher wie dich über den Haufen, hörst du?« Er hielt Daumen und Zeigefinger wie einen Revolver auf das Possum gerichtet und kicherte. »Peng, peng, peng!«
»Nicht alle Neuseeländer«, murmelte sie leise.
»Was hast du gesagt, Liebes?« Er sah sie so aufrichtig interessiert an, dass sie einen Moment lang versucht war, ihm die Geschichte hinter ihrem Kommentar zu erklären.
Ihm diesen Abend zu schildern, der am anderen Ende der Welt, irgendwo auf einer neuseeländischen Küstenstraße eine abenteuerliche Wendung genommen und ihr im Nachhinein so viel bedeutet hatte. Damals, an diesem Abend, war ihr plötzlich alles so klar geworden. Aber etwas in ihr wehrte sich dagegen, Dennis davon zu erzählen. Sie mochte dieses Erlebnis nicht als lustige Anekdote darbieten. Dafür war es zu wichtig gewesen, zumindest für sie selbst. Nein, sie würde jetzt nicht darüber reden. Außerdem kannte sie Dennis ja kaum. Heute war eines ihrer ersten Dates, wer hörte da schon gerne Geschichten von vergangenen Liebschaften?
»Ach, nichts. Das erzähle ich dir ein anderes Mal.«
Sein prüfender Blick wurde schnell weich, dann lächelte er sie liebevoll an.
»Okay.« Er legte den Arm um sie und zog sie mit sich. »Lass uns weitergehen. Es gibt hier noch viel zu entdecken.

Im Kindle-Shop: Restsüße.
Mehr über und von Claudia Meimberg auf ihrer Facebook-Seite.



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