16. Januar 2019

'Das wilde Herz des Westens' von Alexandra Fischer

Kindle (unlimited) | Thalia | Taschenbuch
Zwei Frauen, zwei Banditen und ihr langer Weg nach Montana

Baltimore, 1865: Die junge Phoebe Ann Harrington träumt seit ihrer Kindheit davon, einen Cowboy zu heiraten. Mit dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs sieht sie endlich ihre Chance gekommen und antwortet auf eine Heiratsannonce. Gemeinsam mit ihrer Freundin Briana Magee reist sie nach Missouri, um einen Fremden zu ehelichen.

Was sie nicht weiß, ist, dass ihr Bräutigam Silas Kennedy und sein Bruder Jesse gesuchte Banditen sind. Und so beginnt ein langer Weg quer durch die Prärie, auf dem alle Beteiligten nicht nur an ihre körperlichen Grenzen geraten, sondern auch ihren Geheimnissen auf die Spur kommen. Denn nicht nur die Kennedy-Brüder haben etwas zu verbergen, sondern auch Phoebes Freundin Briana, die von ihrer Vergangenheit verfolgt wird und damit alle in Gefahr bringt.

Leseprobe:
Blut, überall war Blut. Briana Magee starrte in die toten Augen ihres Onkels Caiden, der mit einem Loch in der Brust vor ihr auf dem Holzfußboden lag. Sein Blick wirkte überrascht, so als ob er nicht glauben könnte, was mit ihm geschehen war. Briana bekam kaum Luft. Sie roch den Tod. Das metallische Aroma des Blutes legte sich auf ihre Schleimhäute und sie würgte trocken.
»Geh Pilze sammeln«, hatte Caiden zu ihr gesagt. Sie war nur eine Stunde fort gewesen.
Langsam öffnete Briana die Haustür ein Sckchen weiter. Sie ahnte bereits, was sie als Nächstes sehen würde. Der Korb mit den Pilzen fiel zu Boden und die Champignons und Lacktrichterlinge rollten in die Blutlache zu ihren Füßen. Ein heiserer Schrei entrang sich ihrer Kehle. Biddy!
Ihre Tante saß in dem Schaukelstuhl, den sie so geliebt hatte, aber sie lächelte nicht dabei. Vielmehr hing ihr Kopf in einem eigenartigen Winkel zur Seite und die bleichen Lippen enthüllten ihre Zunge. Ihre Brust war ebenfalls zerfetzt, das Blut hinter ihr an der Wand verteilt. Briana ging zu ihr. Fassungslos berührte sie die roten Locken ihrer Tante und strich ihr über die schmalen Schultern. Biddys Herz schlug nicht mehr, und für eine Sekunde setzte auch Brianas aus. Sie krallte sich in Biddys grünes Leinenkleid. »Wach auf!«
Der Kopf ihrer Tante rollte herum und Briana sprang zurück. Panik erfasste sie. Biddy und Caiden hatten ihr versprochen, sie niemals zu verlassen. Sie hatten Briana versichert, dass in Amerika ein neues, besseres Leben auf sie wartete. Doch nach nur einem Jahr war dieses Leben vorbei. Ausgelöscht. Das Versprechen versickerte mit ihrem Blut im Holzfußboden und ließ sie einsam zurück. Briana zitterte. Sie zerrte an ihren Haaren, keuchte und spürte heiße Tränen auf ihren Wangen. Obwohl sie es nicht wollte, konnte sie nicht anders als auf ihre toten Verwandten zu starren. Heute Morgen waren sie noch alle gemeinsam am Frühstückstisch gesessen. Tante Biddy hatte Pfannkuchen gemacht und Onkel Caiden geschimpft, weil er unanständige irische Lieder gesungen hatte. Briana lachte und weinte gleichzeitig bei der Erinnerung daran. Ihr Schluchzen wurde immer hysterischer. Sie schlug sich ins Gesicht und wusste nicht, warum sie das tat. Vielleicht, weil sie sich von dem tauben Gefühl in ihrem Inneren ablenken wollte, vielleicht aber auch nur, um etwas zu tun. Irgendetwas.
Ihre Wangen glühten von ihren eigenen Schlägen, als sie mit einem Mal Stimmen hörte.
»Warum hast du das getan?«, fragte eine aufgebrachte Männerstimme.
»Ich schwöre, dass er etwas mit den Überfällen auf die Züge zu tun hat. Er hat’s geleugnet, aber ich wusste, dass er lügt. Diese verdammten irischen Katholiken nehmen uns nicht nur unsere Jobs weg, sondern bestehlen auch noch unseren Arbeitgeber! Du bist der Bahnhofsvorsteher, Elkanah, du musst verstehen, dass mir keine Wahl blieb. Der Vorarbeiter hat ihn mit diesem blauäugigen Iren aus Boston gesehen, diesem Henricks. Der holt seine Landsleute schiffeweise hierher und setzt sie für seine Zwecke ein!«
Briana lugte aus dem rückwärtigen Fenster mit der gesprungenen Scheibe. Sie sah zwei Männer, die die Gleise entlanggingen und auf ihre Hütte zuhielten. Einer war klein und stämmig, sein Gesicht wirkte zornig. Der andere überragte seinen Kameraden um mindestens zwei Köpfe. Er rieb sich aufgebracht sein bärtiges Kinn.
»Und wenn schon!« Briana hörte die Besorgnis in der Stimme des größeren Mannes. »Das ist Selbstjustiz!«
»Genau das ist es!« Der Kleinere ballte seine Hände zu Fäusten. »Liest du keine Zeitung? New York leidet unter dem irischen Mob! Sie tyrannisieren die Bevölkerung. Raubüberfälle, Taschendiebstähle, Schlägereien mit rivalisierenden Gangs. All das geht auf das Konto der verfluchten Iren. Wir brauchen dieses Gesindel hier nicht, Elkanah. Wir wissen doch alle selbst kaum, wie wir in Ellicott’s Mills überleben sollen! Eine Sägemühle nach der anderen stellt ihren Betrieb ein.«
»Seit wir die Bahnstation haben, geht es uns besser.«
Der Riss in der Scheibe zog sich durch die zwei sich nähernden Männer. Er schien sie zu trennen und ihre unterschiedlichen Ansichten zu untermalen. Ängstlich trat Briana einen Schritt zurück.
»Es ging uns gut, bis die B&O Railroad damit begann, Iren einzustellen. Dieser Henricks bringt einen stinkenden Paddy nach dem anderen in den Verladestationen unter. Ich sage dir, Elkanah, der Mob wird diese Stadt eines Tages überrennen, und dann gnade uns Gott!«
Der Angesprochene blieb stehen und packte seinen Kameraden am Hemdkragen. »Und deshalb bringst du eine Einwandererfamilie um? Sie haben uns nichts getan! Die Frau war Wäscherin im Patapsco Hotel.«
»Sie war eine dreckige Irin! Und ihr feiner Ehemann trug die Anstecknadel des Mobs.« Angewidert hielt der Kleine seinem Begleiter etwas unter die Nase. »Die teuflischen Kartoffelfresser machen bei allem gemeinsame Sache. Glaubst du etwa, sie hätten nur eine Sekunde gezögert, uns dasselbe anzutun? Dieser Henricks ist eine hinterhältige Ratte. Ich schwöre dir, dass er Stokes und Vaughn auf dem Gewissen hat.«
»Niemand kann beweisen, dass Henricks etwas mit den verschwundenen Kohlelieferungen zu tun hat.«
»Unsere Kollegen wurden hinterhältig erschlagen! Wann begreifst du das endlich? Denkst du, es ist Zufall, dass nur die Züge überfallen werden, die von den Iren beladen wurden? Die verschließen die Türen nicht richtig. Ich schwöre dir, Elkanah, da ist etwas im Gange, und ich werde mir das nicht länger mitansehen!«
Der groß gewachsene Mann schüttelte unwirsch den Kopf. Er betrachtete den Gegenstand, der ihm vors Gesicht gehalten wurde, und erwiderte: »All das rechtfertigt keinen Mord, Dave!«
»Es war kein Mord! Ich habe unsere Stadt beschützt. Und unsere Familien.«
»Willst du das jetzt mit jedem Iren in Ellicott’s Mills tun?«
»Wenn’s sein muss.« Der Mann namens Dave spuckte aus und warf den Gegenstand ins Gras. »Und du wirst mir dabei helfen, Elkanah! Du bist mein Schwager, und ich erwarte, dass du alles daransetzt, um meine Schwester und das Kind zu beschützen, das ihr noch geblieben ist. Iren haben in Ellicott’s Mills nichts verloren. Ebenso wenig wie Nigger.«
Elkanah blickte zur Hütte und Briana duckte sich instinktiv. »Sie hatten eine Tochter, weißt du das?«, hörte sie seine Stimme.
»Ich habe kein Kind gesehen. Und jetzt hilf mir, die Leichen der Kartoffelfresser wegzuschaffen.« Die Schritte kamen näher.
Briana sah sich um. Würden die beiden ihr dasselbe antun wie Biddy und Caiden?

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