23. Juli 2019

'Tod auf Terschelling: DE ROBBENJAGER' von Axel Berger

Kindle (unlimited)
Eine grausam zugerichtete Frauenleiche wird am Strand von Terschelling aufgefunden. Der Fall scheint klar, wird der mutmaßliche Täter doch blutverschmiert und mit der Tatwaffe in der Hand direkt neben dem Opfer aufgefunden.

Doch Hoofdinspecteur Jan de Vries und Wijkagent Theo van Duivenbode von der niederländischen Kriminalpolizei glauben nicht, dass der junge Mann der Täter ist. Als sich die Beweise doch erhärten, wendet sich plötzlich das Blatt, und eine zweite Frau wird ermordet. Nun steht fest, der Mann in ihrem Gewahrsam ist nicht der Gesuchte. Es wird ernst für die beiden Ermittler.

Doch wer ist dann der Täter? Ist DE ROBBENJAGER, ein ehemaliger Serienkiller, der vor einigen Jahren die westfriesischen Insel unsicher gemacht hat und nie gefasst wurde, plötzlich wieder aktiv? Oder war es jemand aus dem direkten Umfeld der Opfer?

Und welches Motiv steckt hinter den grausamen Taten?

'Tod auf Terschelling' ist ein Spin-off aus der erfolgreichen Krimiserie um die drei Oldenburger Kommissare Werner Vollmers, Anke Frerichs und Enno Melchert und der dritte Teil einer Reihe um die beiden Inselermittler Jan de Vries und Theo van Duivenbode.

Weitere Bücher von Axel Berger auf seiner Autorenseite.

Leseprobe:
Der Tod zeigt sein hässliches Gesicht auch an schönen Tagen, dachte Hoofdinspecteur Jan de Vries und ließ seinen Blick über den zu dieser Zeit fast menschenleeren Strand streifen.
Das Wetter zeigte sich heute von seiner besten Seite. Die Sonne schickte ihre letzten wärmenden Strahlen auf das niederländische, zwischen Vlieland und Ameland gelegene Eiland hinab. Eine seichte Brise strich übers Meer in Richtung der Dünen. In weniger als zwei Stunden würde es dunkel werden.
Er sog die salzige Luft tief in seine Lungen und bog sein Kreuz durch. Sein Rücken schmerzte. Ein deutliches Signal dafür, dass es eigentlich genug für heute war. Mehr würde er nicht ertragen … aber wohl müssen. Doch danach fragte hier niemand. Der Kommissar musste tun, was getan werden musste. Als Spezialist für Todesfälle auf den friesischen Inseln hatte man ihn vor Kurzem hierher beordert.
Noch vor wenigen Stunden hatte er sich auf der Fähre von Texel nach Den Helder befunden, als unerwartet und plötzlich sein Handy geklingelt hatte; seine Dienststelle hatte einen neuen Auftrag für ihn.
Nachdem er auf der nördlichsten der niederländischen Inseln einen Mord an einem deutschen Urlauber aufgeklärt hatte, hatte er sich auf ein paar erholsame Stunden in seiner Dienstwohnung in der belebten Hafenstadt der Provinz Nordholland gefreut. Sein Freund und Kollege, Rechtsmediziner Jan van Helsing, hatte bereit einen Tisch in einem der angesagten neuen Restaurants im Hafenviertel von Den Helder reserviert. Der Kommissar hatte sich auf einen saftigen Lamm-Burger gefreut und auf das ein oder andere leckere Helderse Triple; eines der vor Ort gebrauten Biere. Doch Fehlanzeige. Der Tod hatte ihm mal wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht und seine Abendplanung hinfällig werden lassen.
Das Leben spielte doch ein merkwürdiges Spiel. Statt in einem gemütlichen Restaurant zu sitzen, war er nun hier und blickte erneut dem Tod in seine trüben Augen.
Diesmal war es der grausam zugerichtete Leichnam einer jungen Frau, er schätzte sie auf den ersten Blick auf höchstens Anfang bis Mitte zwanzig, der ihm heute Nacht und in vielen folgenden Nächte den Schlaf rauben, ihn verfolgen und sich unruhig hin und her wälzen lassen würde. Ihr Leichnam bildete einen traurigen Rekord. Dieser Anblick hier war mit nichts zu vergleichen, was er in seiner bisherigen Karriere als Polizist hatte erleiden müssen.
Den Anblick von Blut, verwesendem Fleisch oder sinnloser Zerstörung war er mittlerweile fast schon gewöhnt, doch das, was sich ihm hier darbot, war nicht mehr in Worte zu fassen.
Sie musste einmal eine Schönheit gewesen sein. Gewesen sein. Gewesen sein. Gewesen sein, hallten die Gedanken durch seinen Kopf und erzeugten ein Karussell des Grauens vor seinem inneren Auge.
Er wandte sich ab, konnte dem Gesehenen aber nicht mehr entrinnen. Für immer gespeichert in seinem fotografischen Gedächtnis würde er sie nie wieder vergessen.
Ihr Körper war … regelrecht zerstückelt worden, sah aus, als ob er in einen Häcksler oder etwas Ähnliches gekommen und einfach in Stücke gerissen worden war. Das Bild von einem Körper, der sich in einer Schiffsschraube verfangen hatte, stieg vor seinem inneren Auge auf und verfing sich in seinen Gehirnwindungen. Weiches, zartes, junges Fleisch, das dem kalten Stahl nicht gewachsen war. Ein nautischer Fleischwolf. Zerstörung. Tod.
Er kannte den Anblick von durch Schiffsschrauben zerstückelten Walen, die regelmäßig an die Strände der Nederlandse Waddeneilanden, den sogenannten Wattinseln, angeschwemmt wurden, seit seiner Kindheit. Als Inselkind gewöhnte man sich daran. An tote Wale ja, aber an einen zerstückelten Frauenkörper – niemals.
Fragen trieben an die Oberfläche seines malträtierten Verstandes. Fragen, die gestellt – und beantwortet werden mussten. Was war hier geschehen? Ein Unfall? Ein Bade- oder Bootsunfall vielleicht? Möglicherweise, nein, hoffentlich war es einfach nur ein Unfall gewesen. Die Alternative? Der blanke Horror. Leugnen. Verleugnen. Verdrängen. Die Wahrheit nicht in den Bereich des Möglichen gelangen lassen. Doch die Fakten waren leider mehr als eindeutig, die Indizien unwiderlegbar. Mord.
Sein immer arbeitender Verstand weigerte sich zu akzeptieren, was sich ihm hier am Strand unmissverständlich und nachdrücklich präsentierte. Das war kein tragischer Unfall gewesen. Es war Mord. Ein Mord, so bestialisch, so unmenschlich, so brutal … wie er es noch nie zuvor gesehen hatte. Sein Verstand hatte es leugnen wollen, hätte lieber einen tragischen Todesfall konstruieren wollen … wäre da nicht dieses eine verflixte, unwiderrufliche, teuflische Detail gewesen, das alles andere als ein Verbrechen ausschloss.
Er wandte seinen Blick endgültig von dem Körper der Frau ab, ließ sich Zeit, wollte dem Unvermeidbaren keine Aufmerksamkeit zuwenden. Weigerte sich. Überwand sich. Blickte dem Leibhaftigen in die Augen. Sah dem jungen Mann in die Augen. Sah ihn an. Sah das Blut. Sah den nackten Körper. Sah das Messer. Sah die Hände des Mannes. Sah ihm in die Augen. Leere. Sah nichts.
Was um Gottes Willen war hier geschehen? Sein Blick verfing sich an einem Kruzifix am Hals des Mannes. Das Kreuz. Christus. Gottes Wille. Die Frau. Was hatte das alles mit Gott zu tun? Nichts! Wenn es einen Gott gab, konnte, nein, durfte das alles nicht wahr sein. Das Mädchen, das Blut, der Junge, das Blut.
Warum war er hier? Warum hatte man ihn gerufen? Die Leiche. Der Täter. Die Tatwaffe. Alles, was für den Fall wichtig sein könnte. Die Leiche. Die Tatwaffe. Den Täter?! Warum hatte man ihm diesen Anblick nicht erspart? Welch grausamer Wink des Schicksals hatte ihn hierher verschlagen?
Er wandte sich ab und blickte hinaus auf das Meer. Versuchte, seine Seele durch einen Blick in die Unendlichkeit des Ozeans zu reinigen, versuchte, das Grauen durch das zu ersetzen, was ihm immer schon Frieden und Ruhe geschenkt hatte – die unendliche Weite des Ozeans.
Er versuchte es. Er versuchte es von ganzem Herzen. Doch der Versuch misslang kläglich.
Eine Möwe kreischte über ihm. Sein Blick wanderte nach oben, versuchte den Vogel mit den Augen einzufangen. Er wünschte sich, mit ihm davonfliegen zu können. Einfach nur weg. Er ging ein paar Schritte, taumelte und musste sich an einem der Markierungspfähle, die in regelmäßigen Abständen den Strand vermaßen, festhalten, um nicht zu straucheln.
Ein weiteres Kreischen riss ihn zurück in die ungeliebte Wirklichkeit. Sein Blick fing etwas Schwarzes ein. Ein gigantischer Kolkrabe war neben ihm gelandet. Der Bote des Todes macht ihm seine Aufwartung. Jan de Vries begrüßte ihn mit einem schiefen Grinsen:
»Sei gegrüßt, Corvus corax. Du willst mich also aufs Neue herausfordern?«
Er schnaufte und straffte sich. Der Rabe schaute ihn mit schiefgelegtem Kopf an und krächzte. De Vries nickte stumm, sog einen kräftigen Zug Meeresluft in seine Lungen, sein Brustkorb weitete sich, er straffte den Rücken, baute sich vor dem Vogel zu seiner vollen Größe von fast zwei Metern auf, zitierte eine altes niederländisches Sprichwort:
»De een z'n dood, is een ander z'n brood – des einen Tod ist des anderen Brot" …
… und machte sich an die Arbeit …

Im Kindle-Shop: Tod auf Terschelling: DE ROBBENJAGER (Mordwestfriesische Inselkrimis 3).
Mehr über und von Axel Berger auf seiner Website.

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