17. September 2019

'Synne - Entfesseltes Herz' von Cat Taylor

Kindle (unlimited)
Sie gilt als schönste Frau der Normandie …

Kein Wunder, dass Synne de Fécamp mitunter ein wenig zu hochmütig und ein wenig zu selbstbewusst ist. Voller Ambitionen reist die schöne Grafentochter an den Hof des Herzogs der Normandie, mit einem klaren Ziel vor Augen: Herzog William soll ihrer Schönheit verfallen und sie zu seiner Herzogin machen.

Als Synne endlich Williams Bekanntschaft macht, verläuft es jedoch ganz und gar nicht so, wie sie es sich ausgemalt hat. Und zu allem Überfluss begegnet ihr immer wieder der ebenso attraktive wie mysteriöse Alan, der eine fast magische Anziehung auf sie ausübt … und Sehnsüchte in Synne weckt, die sie niemals zulassen wollte …

Stur versucht Synne weiterhin, die Gunst des Herzogs zu gewinnen. Doch wird es am Ende ihr eigenes Herz sein, dass ihr einen Strich durch die Rechnung macht?

Leseprobe:
Kapitel 1
Rouen, die Hauptstadt der Normandie – Im Jahre 1047 n.Chr.

Der Markt von Rouen bot alles, was das Herz einer jungen Frau höher schlagen ließ.
Buntgestreifte Markisen und leuchtende Banner verwandelten den Platz vor der Kathedrale in ein Meer aus Farben. Üppig waren die Auslagen, kostbare Waren von nah und fern, Seide, Duftöle, schillernde Schmucksteine. Synne de Fécamp schlenderte zwischen den Ständen umher, ließ hier und da ihre Finger über Tuchballen wandern, streichelte über weiches Leder und noch weichere Pelze, musterte Bernsteinfibeln und silberne Armreife.
Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte sie beim Anblick all der hübschen Preziosen vor Entzücken gejubelt und sicherlich wäre bis zum Abend kein Denier mehr im Geldsäckchen an ihrem Gürtel gewesen. Synne liebte es, sich mit schönen Dingen zu umgeben. Sich nach der neuesten Mode zu kleiden, sich kostbaren Schmuck ins Haar zu flechten und ihre Haut mit fremdländischen Ölen und Salben zu pflegen. Heute jedoch stand ihr nicht der Sinn nach Feilschen und stundenlangem Grübeln, ob es grüne Seide sein sollte oder blaue oder doch lieber fliederfarbenes Leinen, aus dem sie sich das nächste ihrer zahllosen Kleider würde schneidern lassen.
Ich habe nicht die beschwerliche Reise nach Rouen auf mich genommen, um meine Zeit an Marktständen zu vertrödeln, dachte sie. Ich bin hier, um Herzog William zu treffen – damit er endlich um meine Hand anhält!
Ungeduldig warf sie einen Blick über die Schulter, hin zu ihren Brüdern Fiz und Adrien. Seit einer gefühlten Ewigkeit trieben sich die beiden am Stand eines Waffenschmieds herum. Begutachteten sein Angebot an Dolchen, prüften scheinbar jede einzelne Klinge auf ihre Schärfe und konnten nicht genug davon bekommen sich mit der Verkäuferin – die Tochter des Schmieds oder gar seine Ehefrau – über Stahl und seine Beschaffenheit und die Vorzüge verschiedener Wetztechniken auszutauschen. Die junge Frau strahlte über das ganze rotwangige Gesicht und war unverkennbar von dem großgewachsenen Fiz angetan. Synne wusste um die Wirkung, die ihr Bruder auf Frauen hatte, der Nichtsnutz brauchte nur sein verwünschtes Grinsen aufzusetzen, und sämtliche Maiden, ob jung oder alt, brachen in Kichern und Seufzen aus.
Einfältige Dinger, urteilte Synne hochmütig. Eine Frau, die es zu etwas bringen will, fällt nicht auf den erstbesten Kerl herein, nur weil er einigermaßen stattlich ist und ihr Komplimente macht. Eine Frau – besonders eine, die mit solcher Schönheit gesegnet ist wie ich – muss wissen, wie sie ihre Vorzüge geschickt einsetzt. Nur so kann sie eine Stellung in dieser Welt erringen.
An einem Stand mit Lederwaren hing eine polierte Scheibe, in der sie ihr Spiegelbild auffing. Sofort nutzte sie die Gelegenheit, betrachtete sich ausgiebig, und ein zufriedenes Lächeln zuckte um ihre Mundwinkel. Die Strahlen der Herbstsonne fielen schräg über die reetgedeckten Dächer der Stadt und ließen ihr silberblondes Haar strahlen. Ihre türkisfarbenen Augen leuchteten wie Edelsteine. Ja, Synne wusste, dass sie betörend aussah. Den halben Morgen hatte sie damit verbracht das Haar zu waschen, zu kämmen und in weiche Locken zu legen. Die Lippen hatte sie über Nacht mit Honig betupft, sodass sie sich zart wie Blütenblätter anfühlten, und immer wieder biss sie verstohlen darauf, damit sie rot und prall blieben. Mehr als ein Marktbesucher hatte sich bereits bewundernd nach ihr umgedreht, die Händler musterten sie, als sei sie selbst eine kostbare Auslage, während die Frauen der Stadt ihr neidische Blicke zuwarfen. Stolz ignorierte Synne sie – sog die Schmeicheleien gleichzeitig jedoch auf wie eine Rose den Sonnenschein. Wie eine Perle das Salzwasser.
Zuhause auf der windumtosten Burg von Étretat wurde ihr Vater niemals müde zu behaupten, Synne sei nicht nur die Schönste seiner Töchter, sondern ganz gewiss auch die schönste Frau der Normandie. Die Küchenmägde und die Muschelweiber des Ortes erzählten noch eine andere Geschichte. Die Jarlstochter Saga, Synnes viel zu früh verstorbene Mutter, war den abergläubischen Weibern zufolge eine Zauberin gewesen. Sie habe nicht nur einen Liebeszauber über Graf Robert geworfen, damit er sie aus dem wilden Norden mit in seine normannische Heimat brachte. Als sie mit Synne schwanger war, sollte sie einen weiteren Zauber gewirkt haben, indem sie Nacht für Nacht am Meeresstrand spazieren ging, dort das Silberlicht des Mondes einfing, es mit Hilfe von Runenmagie in ihre ungeborene Tochter strömen ließ und Synne so ihre unvergleichliche Schönheit bescherte.
Synne selbst hielt nichts von derlei abergläubischem Gewäsch. Um Himmels willen, ihre Mutter war ganz gewiss keine Zauberin gewesen! Eine Märchenerzählerin vielleicht, die die Köpfe ihrer Töchter mit Träumen von der wahren Liebe anzufüllen versucht hatte. Noch heute glaubte Synne bisweilen, Sagas Stimme in ihren Gedanken flüstern zu hören: Folge stets deinem Herzen, Synne. Dein Herz wird stets die Wahrheit kennen.
Doch Synne, stur und stolz, schlug die ungebetenen Ratschläge in den Wind. Oh nein, sie war keine solche Träumerin wie ihre Mutter. Synne wusste, was wirklich zählte im Leben – und wie sie es erreichen konnte.
Ich werde Herzog Williams Braut sein. Ich werde neben ihm auf dem Thron sitzen als Fürstin der Normandie. Nicht mehr lange und ich werde ihn kennenlernen. Und sobald William mich zu Gesicht bekommen hat, wird er meiner Schönheit nicht widerstehen können … Wenn er doch nur endlich nach Rouen zurückkehrt!
Gedankenverloren musterte Synne die Ware, die unter der Spiegelscheibe aufgereiht lag. Es waren hübsche Pelze dabei, Polarfuchs und Schneehase aus dem hohen Norden. Daneben Beutel, Gürtel und Täschchen aus feinstem Leder, manche davon in schillernden Farben. Ein Paar Handschuhe erregte ihre Aufmerksamkeit, und interessiert stupste Synne sie mit dem Zeigefinger an.
»Ihr beweist exquisiten Geschmack, Madame«, erklärte der Mann hinter der Auslage. »Dieses Paar Handschuhe ist gewiss eines der edelsten Stücke auf diesem Markt.«
Synne beachtete den Mann nicht, sondern versank völlig in der Betrachtung der Handschuhe. Sie waren ausgezeichnet verarbeitet, im Inneren mit Lammwolle gefüttert, außen weiches Hirschleder. Der Schnitt war so zierlich, dass sie sich gewiss wie eine zweite Haut an ihre sorgsam manikürten Finger anschmiegen würden. Vor allem anderen war es jedoch die Farbe, die Synne lockte.
Denn die Handschuhe waren rot. Rot wie die Sünde.
Sicherlich sind sie auch sündhaft teuer, sinnierte sie und überschlug im Geiste, wie viele silberne Deniers ihr Vater ihr mitgegeben hatte, um sich für ihren Besuch am Hof des Herzogs standesgemäß auszustatten. Es waren nicht wenige, immerhin war ihr Vater, der Graf de Fécamp, ein wohlhabender Mann.
Diese Handschuhe wären ein hübsches Geschenk von einem Verehrer. Bestimmt wird mir der Herzog bald so etwas schenken …
»Das Rot schmeichelt Eurer hellen Haut, Madame«, fuhr der Händler derweil fort. »Ein Rot so verlockend wie Eure Lippen. Eine Schönheit wie Ihr wird dadurch noch anziehender. Noch … begehrenswerter.«
Synne sah scharf auf. Was nahm sich der Kerl heraus? Ein einfacher Straßenhändler durfte es nicht wagen, in solch schamloser Weise zu einer Edelfrau zu sprechen, mochte er auch noch so feine Waren verkaufen.
Überrascht stellte sie da fest, dass der Händler recht ansehnlich war. Lässig stand er da, ein Lächeln auf den Zügen. Überaus ansehnlichen Zügen! Eine dunkle Haarsträhne war ihm in die Stirn gefallen. Und ein Glitzern lag in seinen Augen, das ein seltsames Prickeln in Synnes Magen auslöste.
Sie schluckte die garstige Antwort hinunter, die ihr auf den gepriesenen Lippen lag, und erklärte stattdessen kühl: »Ich weiß recht genau um meine Vorzüge und brauche weder dich noch deine Handschuhe, um mir meines Werts bewusst zu sein.«
Er war wirklich ein äußerst attraktiver Mann, großgewachsen, schlank und noch dazu gut gekleidet, besser als es von einem Händler zu erwarten wäre. Da er mit solch edlen Lederwaren handelte, mochte er zu einem kleinen Vermögen gekommen sein. Jedenfalls besaß er genug Selbstvertrauen, um sich nicht abschrecken zu lassen. »Eine schöne Frau wie Ihr sollte stets reich beschenkt werden. Mit hübschen Dingen, die ihrer Schönheit schmeicheln. Und vor allem mit Komplimenten, die ihre Schönheit preisen.«
Synne ließ sich nicht anmerken, dass ihr seine Antwort gefiel. »Wenn du glaubst, deine frechen Komplimente könnten mich dazu verleiten, etwas zu kaufen, dann irrst du gewaltig. Im Übrigen erscheinen mir diese Handschuhe auf den zweiten Blick doch recht gewöhnlich.«
»Oh, Ihr irrt Euch, Madame.« Mit unverhohlenem Interesse musterte er Synnes Gesicht. »Diese Handschuhe sind einer Königin würdig.«
»Und woher willst du wissen, dass ich keine Königin bin?«, entfuhr es ihr schnippisch. Eigentlich hätte sie sich umdrehen und hoch erhobenen Hauptes davonschreiten sollen. Komplimente von halbwegs gutaussehenden Fremden anzunehmen, das war nichts, zu dem sich eine Frau wie Synne de Fécamp herabließ. Aber etwas an seinem unverschämten Lächeln gefiel ihr und ließ sie – merkwürdigerweise – verharren …
Das Lächeln wurde noch unverschämter. »Ich habe nicht behauptet, dass Ihr keine Königin seid, Madame.«
Und als sich der Händler vorlehnte und seine Augen begehrlich an ihr auf- und abwanderten, wurde das Prickeln in Synnes Magen immer stärker. Es war ein angenehmes Gefühl, dieses Prickeln, so als ob sie ein Glas schäumenden Cidres in einem Zug geleert hätte.
(…)

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