21. April 2020

'Shitstorm: Ein Thriller mit Sibel Schmitt' von Joachim Widmann

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Sibel Schmitt, Ermittlerin beim Bundeskriminalamt, übernimmt mit ihrem neuen Job als Profilerin die Fahndung nach dem Serienkiller, der mitten in Berlin auf eine Weise Kinder ermordet, die an einen jahrzehntealten Fall erinnert.

Verschwörungsgerüchte verbreiten sich, werden durch Fake News verstärkt. Eine Journalistin, die der Sache nachgeht, kommt durch eine Art Militärschlag ums Leben. „Welche fremde Macht steckt dahinter, und warum?“, ist die entscheidende Frage, die Sibel Schmitt wegen strikter Geheimhaltung und politischer Rücksichten offiziell nicht stellen darf. Der Shitstorm eskaliert zu Gewalt auf Berlins Straßen.

Als Schmitt das Ausmaß der Abgründe dieses Falls endlich abschätzen kann, gibt es kein Halten mehr. Killer, die sich für Retter halten, sind schon losgezogen ...

Anleser:
Berlin, im Tiergarten
Der Leichensack ist zu groß für den kleinen Körper, der Blechsarg der Gerichtsmedizin ebenfalls.
Es ist ein bizarres Missverhältnis.
Alle sind still, konzentriert.
Wenn das Opfer ein Kind ist, ist es nicht dieselbe geschäftige Stille wie sonst.
Schmitt steht rauchend abseits, wo die Dämmerung nicht von den Scheinwerfern am Fundort überstrahlt wird.
»Hast du eine für mich?« Der Mann trägt noch den Einweg-Plastikoverall der Tatortermittler.
»Klar.« Sie holt die Zigaretten aus ihrer Jackentasche, schüttelt eine aus der Packung. »Hilf mir mit deinem Namen. Ich …«
»Du hast mich immer Müller-Bindestrich genannt.« Seine Feuerzeugflamme wirft zuckendes Licht auf sein schmales, von feinen Falten überzogenes Gesicht.
Schmitt lacht. »So viel weiß ich noch.«
»Müller-Mausburg. Du bist jetzt bei der Operativen Fallanalyse, höre ich?«
Sie nickt. »Bundeskriminalamt.«
»Was denkst du?«
»Sag mir, was du denkst.«
»Wenn das LKA euch an einen Tatort ruft, wird es ernst und eilig. Normalerweise reichen Fallanalytikern die Akten.«
Schmitt nickt. »Die Tatfrequenz steigt, der Täter wird unvorsichtig. Dieser Tatort ist von dem Hochhaus dort einsehbar, liegt direkt an diesem Trampelpfad, der Sichtschutz durch das Gestrüpp da vorn ist dürftig. Wir stufen den Täter als intelligent und sorgfältig ein …«
»Er würde sonst weit mehr Spuren hinterlassen«, bestätigt Müller-Mausburg.
Schmitt: »Bisher hat er sehr auf Tarnung und Schutz geachtet. Dunkelheit, eine gewisse Abgeschiedenheit, obwohl er mitten in der Stadt mordet und im Prinzip eine hohe Risikobereitschaft zeigt. Wenn ein so ein Typ am hellen Tag an einem solchen Ort zuschlägt, steht er unter erheblichem Druck. Und er ist offensichtlich gestört worden.«
»Nur drei Stiche vor dem Erwürgen. Die Frau, deren Hund die Leiche fand, sah einen Mann weglaufen.«
»Das war für ihn nicht befriedigend.« Schmitt lässt die Kippe fallen, stellt ihren Stiefel darauf. »Ich bin sicher: Er ist schon wieder auf der Jagd. Es wird keine 24 Stunden dauern, bis wir das nächste Opfer finden.«
»Es sei denn, wir finden den Täter«, sagt Müller-Mausburg.
Stefan Held, sein dünner Körper seltsam verloren in Wollmantel und Schal, tritt hinzu. Er wendet sich direkt an Schmitt. »Ich hatte gehofft, Sie hier zu erwischen.«
»Chef, das ist Tatortermittler Müller-Mausburg vom LKA. Stefan Held, BKA-Vizepräsident«, stellt sie vor, bietet Held ihre Zigaretten an und nimmt nach ihm selbst noch eine. »Wir reden gerade über den Serienkiller. Wir sind uns einig, dass wir es nun mit einer Eskalation zu tun bekommen. Was meinen Sie?«
»Warum reagieren Sie nicht auf meine SMS?«, fragt Held Schmitt.
»Warum reagieren Sie nicht auf meine Voicemail?«, fragt sie zurück. »Sie sehen doch, dass es dringlich ist. Und sagen Sie mir nicht wieder, dass Sie die Herkunft des Projektils nicht kennen.«
Held beugt sich vor, spricht nah an ihrer Schulter, so leise, dass nur sie es hören kann: »Ich darf Ihnen nur so viel sagen, dass es hochproblematisch wäre, wenn zum jetzigen Zeitpunkt bekannt würde, was wir derzeit über Merboom wissen. Viel ist es sowieso nicht. Dass dies eine Frage der nationalen Sicherheit ist, liegt doch auf der Hand.«
Sie lässt sich auf das Flüstern ein. »Geben Sie mir Informationen, überzeugen Sie mich. Wenn Sie mich einweihen, bin ich genauso Geheimnisträger wie Sie. Ich wandere in den Knast, wenn es durch mich rauskommt. Der Islamische Staat, wie diese Fake-Idioten schreiben, hat das Ding jedenfalls nicht abgeschossen. Denken Sie, ich bin dämlich?«
Er spricht nun so nah an ihrem Ohr, dass sie seinen Atem spürt. »Ganz im Gegenteil. Ich, beziehungsweise wir denken, dass Sie der Lösung so nahe sind, dass uns der Fall um die Ohren zu fliegen droht. Sie wissen selbst, dass die Öffentlichkeit uns grillen würde, wenn wir Informationen zurückhalten, die weitere Morde verhindern helfen könnten. In diesem Fall bleibt uns aber aus Gründen der Diplomatie nichts anderes übrig. Also: Folgen Sie Ihren klaren Anweisungen, machen Sie Ihren Job, konzentrieren Sie sich auf den Killer. Wir sind gehalten, alles zu tun, damit diese Sache nicht noch mehr aus dem Ruder läuft. Von jetzt an steht Ihr Handy auf Empfang. Merbooms Cloudspeicher, soweit er nicht ihren Fall betrifft, und die Information, wo diese Scheißrakete herkam, sind für Sie tabu.« Er richtet sich auf, steckt sich die Zigarette zwischen die Lippen. »Und jetzt geben Sie mir endlich Feuer.«
Sie zündet seine, dann ihre Zigarette an, sagt nichts.
»Haben Sie mich verstanden?«, insistiert er.
»Klar.«
»Und?«
Sie hebt den Mundwinkel, sagt rau: »Wir teilen die Zeche: Tote Kinder gehen auf Sie, nationale Sicherheit auf mich.«
»Schmitt, ich …«
»Fuck it!«, unterbricht sie, zieht fröstelnd die Jacke zusammen. »Damit Sie über unseren Killer im Klaren sind: An diesem Tatort gibt es alle Indizien; er war es. Seine Nummer sechs. Das Kind wurde gefesselt, gewürgt, mit dem Messer gequält, wieder gewürgt. Ich erspare Ihnen Details, aber alle Tatmerkmale sind da, auch die, von denen die Öffentlichkeit nichts weiß. Das Intervall seit dem letzten Mord ist viel zu kurz, und der Tatort ist offensichtlich ungeeignet – er dreht also auf, verliert die Selbstkontrolle. Wenn das sein neues Muster ist, finden wir morgen irgendwo die nächste Leiche. Er wird unter erhöhtem Druck schlampig, spontan. Das macht ihn noch gefährlicher.«
»Tut mir leid.«
»Mir auch. Falls Sie mir doch noch Informationen geben wollen, die die Ermittlungen eventuell rasch weiterbringen, wissen Sie, wo Sie mich finden.«

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