17. Juni 2020

'Zeitläufer: Der Verborgene Raum' von Mairi Carlsson

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
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Ein altes Familiengeheimnis, ein mysteriöser Geheimbund und die Jagd nach einem Menschheitstraum …

Jonas Loring ist unsterblich. Eine Tatsache, die er seit Jahrhunderten erfolgreich vor der Welt verbirgt. Bis ihn ein alter Feind aufspürt, der ihn nicht allein wegen seiner Unsterblichkeit jagt. Denn Jonas kennt das Geheimnis der Kammer des Wissens. Ein Wissen, das nicht nur für ihn und seine Verbündeten eine Gefahr darstellt, sondern den Lauf der Geschichte verändern kann. Und der Schlüssel dazu liegt ausgerechnet in den Händen der jungen Lia Strindberg, die von ihrem brisanten Erbe nichts ahnt.

Ein finsterer Geheimbund hat bereits ihre Witterung aufgenommen. Um zu verhindern, dass Lia in die Gewalt seiner Feinde gerät, beginnt Jonas ein gefährliches Katz-und-Maus-Spiel, das ihn mit seiner eigenen dunklen Vergangenheit konfrontiert und Lia ihrer wahren Herkunft näherbringt. Doch ihre Verfolger scheinen ihnen immer einen Schritt voraus zu sein.

Ein packender Mix aus Urban Fantasy und Mystery, der den Leser von London über Heidelberg bis hin zu den Pyramiden von Gizeh führt und selbst die Grenzen von Raum und Zeit überschreitet.

Anleser:
Hamburg, Oktober 1944
Der Junge weint. Es ist ein stummes Weinen. Leo sieht die Angst in seinen Augen. Sein Vater hält ihn dicht an sich gepresst, aber es ist keine beschützende Umarmung, sie gibt weder Wärme noch Geborgenheit. Seine Hand umschließt mit hartem Griff das Kinn des Jungen. Gegenüber steht mit blassem Gesicht die Mutter, einzelne Strähnen ihres Haares haben sich gelöst und umtanzen in goldenen Fäden das Tuch um ihren Hals, dessen leuchtendes Rot in den kalten Betonwänden des Bunkers wie eine züngelnde Flamme aufscheint. Gebannt hängt Leos Blick an diesem intensiven Spiel der Farben, scheint es doch das einzig Greifbare, das einzig Wahrhaftige in diesem Raum zu sein.
Sie hält das Kästchen in ihren zitternden Händen, so als könne der kleine Gegenstand ihr Trost und Schutz spenden. Doch nichts an diesem Tag verspricht Schutz. Leo hört das nervenzerreißende Heulen der Sirenen, das von den Wänden nur schwach gedämpft wird. Ein Luftangriff steht bevor. Angstvolles Rufen und das Trampeln unzähliger Schritte dringen durch die dicken Mauern in den abgeschlossenen Raum hinein.
Furcht kriecht in ihm empor. Er hat sich in eine Ecke gedrängt. Die feuchte Wand jagt ihm Schauer über den Rücken, aber er wagt nicht, sich zu rühren. Zwei Männer umrahmen die Szenerie wie Schatten, als hätten sie keinen Teil an dem Drama, das sich vor ihren Augen abspielt. Doch jeder von ihnen ist darin verstrickt. Sie alle sind Beute einer gigantischen Spinne, die mit ihrem Netz alles Lebendige einhüllt.
Einer von ihnen ist Clemens Strindberg. Leo kennt ihn. Er mag ihn. Der junge Mann ist immer freundlich zu ihm gewesen, immer höflich, genau wie die gnädige Frau Agnes, die Mutter des Jungen, die jetzt vor seinen Augen um das Leben ihres Sohnes zittert. Er hat nie böse Worte ihm gegenüber gefunden, ihn auch nie verscheucht wie einen allzu anhänglichen jungen Hund. Clemens ist sehr klug, er findet immer eine Lösung. Und er ist tapfer. Er hat noch nie Angst gezeigt, auch nicht vor dem Herrn Baron. Aber heute sieht er sehr blass aus in seiner Leutnantsuniform, noch immer nicht genesen von der Verwundung, die der Krieg ihm zugefügt hat. Sein Arm steckt in einer Schlinge, weiß, so abweisend wie die Wände um sie herum. Er wirkt unentschlossen, als sei ihm nicht klar, warum er hier ist. Die Pistole hängt schlaff in seiner Hand. Seine Finger krampfen sich immer wieder um den Griff wie ein Automat, bei dem erst der richtige Knopf gedrückt werden muss.
Der andere Mann ist Leo fremd. Er trägt eine SS-Uniform und hält eine Waffe in der Hand. Etwas an ihm ist unheimlich, kündet von einer unterschwelligen Drohung, die nicht allein von dem bläulich schimmernden Eisen der Schusswaffe ausgeht. Es sind seine Augen, denkt Leo. Sie funkeln in dem kalten Licht hart und klar wie Diamanten. Aber gleichzeitig sind sie in weite Ferne gerichtet, als sähen sie Dinge, die sonst niemand sehen kann. Das rote Band mit dem Eisernen Kreuz an seiner Brust spiegelt das Rot des Tuches am Hals der Mutter. Wie Bänder aus Blut. Er schaudert. Seltsamerweise scheint der SS-Offizier die Frau mit dem Kästchen in ihrem Arm für die größere Gefahr zu halten als den Mann, der seinen eigenen Sohn als Geisel hält. Seine Waffe ist unverwandt auf die gnädige Frau Agnes gerichtet. Leo zuckt zusammen, als er sie sprechen hört.
»Bitte, Konrad! Tu ihm nicht weh!«

Blick ins Buch (Leseprobe)

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