'Blut und Harz - Der Orden erwacht' von Timo Leibig
Thriller mit einem erfrischenden Mix aus Mystery und Fantasy. Ein verheerender Tornado fegt über die deutsche Hauptstadt, Großbritannien versinkt im Schneechaos und die spanische Küste wird von einem gewaltigen Tsunami überflutet. Doch den Hotelbesitzer und Investor Erik Ritter plagen ganz andere Sorgen: Ein kleines Kloster in Mittelfranken stellt sich seinem neuesten Hotelprojekt in den Weg, ein alter Bekannter taucht nach Jahrzehnten plötzlich wieder auf und Eriks Sohn Elias wird bei einem Autounfall lebensgefährlich verletzt.
Als dann auch noch ein osteuropäischer Auftragskiller nach Eriks Leben trachtet, gerät seine Welt aus den Fugen.
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Leseprobe:
Dichtes Blattwerk verbarg den Mönch vor neugierigen Blicken.
Mit seinem erdbraunen Überwurf und dem moosgrünen Untergewand war er hinter den Blättern nicht zu erkennen. Auf einem Schotterweg, nur wenige Meter entfernt, schlenderten Menschen an ihm vorbei, während die Sonnenstrahlen, die schräg durch das herbstliche Blätterdach fielen, bizarre Muster auf den Boden zeichneten. Kinder spielten auf der Wiese des Tiergartens Fangen. Ihre Eltern genossen die letzten Tage des lauen Herbstes und ließen sich von der Sonne kitzeln.
Doch all diese belanglosen Menschlichkeiten interessierten den Klosterbruder nicht, der seinen Blick ohne Hast von den Leuten abwandte und zielstrebig gen azurblauen Himmel wandern ließ. Kein Wölkchen war zu sehen. Der Mann schloss seine Augen.
Minuten vergingen.
Hunde bellten, das neckende Lachen eines jugendlichen Liebespaares drang zu ihm hindurch und für einen Moment hing der intensive Geruch nach Currywurst und Fritierfett in der Luft. Die Sonne fühlte sich warm auf seiner Haut an.
Als ein Windhauch die schlaffen Blätter wispern ließ, öffnete der Mann seine Augen und starrte erneut in den Himmel.
Wieder vergingen Minuten.
Schweigend beobachtete er im Schutz der Bäume und Büsche den Berliner Himmel. Nach einer scheinbaren Ewigkeit entdeckte er sie, die erste Kumuluswolke, ein weißer Wattebausch am Firmament. Er musste lächeln. Zärtlich berührte er nun mit der Linken die raue Rinde einer Buche, die sich hinter ihm in die Lüfte streckte. Die Borke war warm, als pulsiere Leben hindurch. Leise intonierte er Worte, Worte einer uralten Sprache, die fast niemand mehr kannte. Andächtig hob er seinen rechten Arm und deutete mit dem Zeigefinger auf das kleine, einsame Wölkchen. Langsam begann sein Finger zu kreisen. Einer Spirale folgend wurde der Weg immer länger, bis der Mann anfing, auch das Handgelenk mitkreisen zu lassen. Sein Blick war starr in den Himmel gerichtet, an dem sich mittlerweile mehrere weiße Fetzen sammelten. Sie vereinigten sich, wurden mächtiger, wuchsen an, wurden zu ersten Wolken. Leichter Wind kam auf und ließ die Blätter um ihn herum rascheln. Der entfernte Horizont verfärbte sich in ein milchiges Weiß.
Mittlerweile bewegte er den ganzen Arm und die Spiralbahn wuchs unaufhaltsam an. Eine Windböe streifte durch die Äste, ließ sie auf und ab wogen, und brachte den Geruch nach Regen mit sich. Wenige Sekunden später folgte die zweite - merklich stärker - und intensivierte den Geruch des nahenden Sturms. Als die dritte Böe die Äste wanken ließ, kauerte sich die Sonne hinter die sich auftürmenden Wolkenburgen. Damit erlosch die Wärme auf seiner Haut. Die Welt wurde schlagartig in Grau getaucht. Es wurde diesig, fast neblig anmutend nach dem blendenden Sonnenschein.
Der Mann bewegte mittlerweile den ganzen Arm und begann sogar mit dem Oberkörper die Kreise zu vergrößern. Der Radius wurde immer weiter. Sein Blick war immer noch auf die Wolkenmasse gerichtet, die immer dunkler wurde als mischte ein Maler beständig Schwarz hinzu. Als der Mönch mit seinen Bewegungen den größtmöglichen Durchmesser erreicht hatte, hielt er inne. Wie erstarrt, einer Momentaufnahme einer Kamera gleich. Er schloss die Augen. Seine gemurmelten Worte verstummten. Der Wind peitschte ihm die spärlichen, grauen Haare ums Gesicht.
Ein Herzschlag verging.
Andächtig nahm der Mann seine Linke vom Stamm des Baumes und öffnete wieder die Augen. Er wusste, was ihn erwartete: ein bleifarbener Wolkenhimmel, mehr schiefergrau, dessen unterer, wogender Rand bereits die Spitzen der höchsten Häuser Berlins streifte. Die Luft strotzte vor Feuchtigkeit und hinterließ einen ungesunden Geschmack von saurem Regen auf seiner Zunge. Schweiß stand ihm auf der Stirn.
Für einen letzten Moment genoss der Mann in der waldfarbenen Robe die Ruhe vor dem Sturm. Dann riss er beide Arme in die Höhe. Er ballte die Hände zu Fäusten, als packe er einen Gegner am Kragen. Seine Muskeln spannten sich unter dem wallenden Gewand. Mit einem Ruck ließ er sich auf die Knie fallen und wuchtete seine Fäuste in die noch warme Erde. Altes Laub wirbelte auf und Erdkrumen spritzten davon. Seine Hände rissen dabei den Himmel nach unten. Ein Wolkenfetzen löste sich und wirbelte als dunkler Sog dem Boden entgegen.
Noch bevor ein weiterer Atemzug seine Lungen füllte, brach der Tornado mitten auf der Straße des 17. Juni los.
Mit dem Tosen des Sturms setzten Schreie ein, klagende Rufe von Menschen, die sich plötzlich einem tödlichen Tornado gegenüber sahen. Kreischend stoben Besucher des Tiergartens in alle Richtungen davon, suchten ihr Heil in der Flucht. Mütter rissen ihre Kinder mit sich. Viele starrten paralysiert in den Himmel. Sie konnten nicht glauben, was sich abspielte. Ein Tornado in Berlin! Handys wurden gezückt, Kameras aus Hosentaschen genestelt, und alles in der Gier, das grausige Naturschauspiel zu dokumentieren.
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Labels: Mystery, Thriller, Timo Leibig
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