3. März 2017

'Schattengeflüster' von Selena M.

Unerklärliches geschieht in Keshenja, angefangen mit einem mysteriösen Schreiben an Travnéel persönlich, Ratsmitglied des Hohen Rates, Schüler der Magierin Meddjn, und ebenfalls Sohn des Headan über Oshándea. Mit Malesh, ebenso im Hohen Rat für die Schattenwesen sprechend, als auch Diplomat und Schattenkrieger, macht er sich auf in den hohen Norden, um dem Schreiben auf den Grund zu gehen. Kompliziert wird die Abreise durch Meddjn, der Großen Shijien, Geliebte von beiden und schwanger. Doch dem Schicksal will nachgeholfen werden, und so zieht Malesh seine Fäden in eine Richtung, die durch Streit und Ärgernisse hindurch den größten Schaden von Keshenja abwendet, dem sich das Land je gegenübersah.

In diesem Buch erzählt Malesh seine Geschichte, die ihn auf eine Reise führt, die sein bisheriges Leben von Grund auf verändern wird. Es ist die Geschichte eines Geliebten, eines Ratgebers, eines Diplomaten und Kriegers. Die Geschichte ist eine Undurchsichtigere als die beiden bisherigen Bücher. Auf der einen Seite einfühlsam und sanft, dann wieder kühl und frostig wie die Umgebung der Eislande. Um der Geschichte die Schwere zu nehmen, finden sich einige neue Charaktere ein, die für etwas Auflockerung sorgen. Wie auch zuvor findet man hier Liebe, Abenteuer, Magie, sowie dieses Mal etwas mehr Schatten und Geheimnisse, die es zu lüften gilt. Für Malesh, dem Volk der Schattenwesen angehörig, somit genau das Richtige, um als verdeckter Ermittler zu arbeiten.

Teil 3 der Aneth-Chroniken. Neben Magie, einem Abenteuer und eine ungewöhnliche Liebe finden sich ein Magier in der Ausbildung, ein Diplomat und Krieger, sowie der Hüter eines magischen Schwertes unvermittelt mit undurchsichtigen Verwicklungen im hohen Norden des Landes konfrontiert. Um der Sache auf den Grund zu gehen, beginnt eine Reise gegen einen Feind, mit deren Fähigkeit keiner gerechnet hat.

Gleich lesen: Schattengeflüster (Die Chroniken aus Aneth 3)

Leseprobe:
Das große dreistöckige Gebäude in der Mitte des Innenhofs musste der Sitz des Herrn Allean sein. Umgeben von einem beeindruckenden Kreuzgang, dessen runde Stützsäulen das Dachgewölbe trugen, führte er nach fünfzig Schritt zu wuchtigen Torflügeln, die weit nach innen geöffnet waren. Je links und rechts standen zwei Zierbäume in klobigen Steintöpfen, die allmählich ihre Blätter aufgrund der nahenden Kalten Jahreszeit ablegten. Kaum etwas in diesen Gemäuern war verspielt oder mit hübsch angelegten Gärten und idyllischen Parkanlagen angereichert. Stattdessen wirkte die Umgebung kalt, als hätte man den Sitz des Headan dem rauen Seeklima angepasst. Obwohl Säulen und Stützpfeiler durchaus mit fragilen Ornamenten versehen worden waren, blieben sie dennoch seltsam nüchtern in Erscheinungsbild und Ausstrahlung.
Sobald wir das Innere des Hauptgebäudes betreten hatten, befanden wir uns in einer riesigen Mittelhalle wieder. Eine breite Treppe führte in die oberen Etagen. Vier manns- hohe Kerzenständer zu je beiden Seiten flankierten den Weg dorthin. Mehr als fünfzig Kerzen mussten es sein, die entfacht die gesamte Halle mit ihrem sanften Schein erhellten.
Der ältere Mann gebot uns zu warten, bis er den Headan verständigt hatte. Langsam mühte er sich die Stufen hoch, wobei der Verdacht aufkam, ob er nicht womöglich bereits an altersschwachen Knochen litt.
Travnéel hatte mittlerweile Franthesh Stimmbänder wieder gelöst. Verärgert griff sich dieser an den Hals und starrte zu seinem Dienstherrn hoch: „Das war vollkommen unnötig. Ich wollte den Mehedan lediglich berichtigen. Sicherlich war es ein Versehen von ihm, mich mit dem Titel eines Herrn vorzustellen.“
„Das war kein Versehen,“ schmunzelte Noál, “man hätte Euch nicht vorgelassen, hätte ich Euch lediglich als Franthesh, den Händler, vorgestellt. Nun, da ihr mit uns reist, solltet Ihr an den wichtigen Gesprächen allerdings teilhaben. Somit hat Euch Travnéel einen Gefallen getan.“
„Einen Gefallen nennt Ihr das also! Mich räuspernd und gurgelnd herumstehen zu lassen, sieht wohl kaum nach dem souveränen Auftritt eines Herrn aus. Ihr hättet mich wenigstens warnen können.“
„Hätten wir, aber die beiden älteren Herren hätten unsere Gedanken gelesen und gewusst, dass ich nicht ganz ehrlich war. Verzeiht bitte, Franthesh, doch es ist nicht leicht, mit einem Mehedan, einem Krieger und einem Magier unterwegs zu sein. Ihr werdet Euch sicher noch daran gewöhnen.“
„Kann ich mir so leider gar nicht vorstellen. Ich muss verrückt gewesen sein, mich auf so etwas einzulassen. Unzurechnungsfähigkeit, die ich einzig meiner Liebe zu flauschigen, weichen Pelzen zuzuschreiben habe.“
„Alles hat seinen Preis,“ grinste Travnéel, wurde jedoch sogleich wieder ernst, als der ältere Herr oben am Treppenabsatz erschien und uns zu sich winkte.
Während Noál und Travnéel vorangingen, folgte ich mit dem Reijiesh hintennach. Die mehr als zwanzig Stufen nach oben waren für den Kleinwüchsigen nicht gerade einfach zu bewältigen, doch wie so oft benutzte man bei schwierigerem Gelände die geringere Anziehungskraft unseres Planeten.
Die Geländer waren aus reinem Mehdorn-Holz gezimmert und so fragil geschnitzt, dass sie allein der Verschönerung dienten. Zum Festhalten eigneten sie sich weniger, falls man sich ernsthaft darauf stützen wollte. Die Re~Heresh waren für ihre Schnitzereien bekannt. Es war ihre Art, Häuser und Möbel in der rauen Landschaft einen Hauch von kunstvoller Ästhetik zu verleihen. Selbst die Dach und Stützsparren der Wohnhäuser wiesen zahl- reiche Ornamente auf. Ob Spielzeug für Kinder oder Holzrahmen für Stühle, alles wurde in liebevoller Handarbeit hergestellt.
Im oberen Stockwerk angekommen, wandten wir uns nach rechts, liefen einen breiten Gang entlang und kamen schließlich vor einer mit Holz verkleideten Doppeltür an. Der ältere Herr legte seine Hände an die Türgriffe und öffnete sie nach innen. Anschließend ließ er uns vortreten und schloss die Tür hinter uns. Dass es hier so zahlreiche Türen überhaupt gab, lag an dem immerwährenden Luftzug, der über die Häuser strich oder sich durch die Fenster stahl. An sich mochten wir keine geschlossenen Räume, obgleich es in bestimmten Gegenden unerlässlich war, sie aufgrund der vorherrschenden Witterung bisweilen geschlossen zu halten. Der Raum, in dem wir uns befanden, war im Gegensatz zu dem, was ich bisher gesehen hatte, regelrecht heimelig gestaltet. Sogar einen Kamin hatte man in die Wand einge-lassen; eine Konstruktion, die es erst seit etwa dreihundert Jahren bei uns gab und von Mr. Dawson, dem vorletzten Raumwanderer, eingeführt worden war. Ruhig und besänftigend prasselte das wärmende Feuer darin, davor lag ein Schwarzbären-Fell ungeheuren Ausmaßes. Der Headan Allean hatte es sich in einem Lehnsessel bequem gemacht. Neben ihm stand ein Tisch, auf dem sich zwei Karaffen und einige Kelche befanden. Da es in dem Zimmer nur noch einen weiteren Lehnsessel gab, hatte man Wolldecken und Felle zum Sitzen auf dem kalten Steinboden ausgelegt. Ansonsten wurde das Zimmer nur noch von fünf Kerzen in einem Ständer erhellt, der etwas abseits stand.
Der Headan, der mit dem Rücken zu uns saß, erhob sich, wandte sich um und nickte uns zu: „Eine friedliche Nacht und einen klaren Sternhimmel wünsche ich euch. Nehmt Platz und verzeiht meine Nachlässigkeit, euch keinen würdigeren Empfang bereitet zu haben. Doch auch wenn unerwartet, so seid willkommen.“
„Herr Allean aus dem Hause Fathnijiell, seid gegrüßt,“ verneigte sich Noál und sprach weiter: „Es ist an uns, Euch um Verzeihung für diesen späten Besuch zu bitten und wären wir nicht in Eile, so hätten wir bis zum Morgen gewartet. Allerdings wird unser Aufenthalt ohnehin einige Tage in Anspruch nehmen. Wir hofften, morgen früh bereits mit den Vorbereitungen beginnen zu können. Wir müssen nach Oshándea zum Headan der Eislande in dringlicher Angelegenheit. Der Seeweg ginge schneller, als sich durch das Gebirge der Aĵid~Nadesh zu schlagen.“
„Bei des Schöpfers Weisheit! Der Weg durch das Gebirge wird rasch unpassierbar im Nahen der Kalten Jahreszeit. - Nun, ich sehe hier den Herrn Travnéel, der Vertreter der Che~Oshán im Hohen Rat. Was treibt Euch zu Eurem Vater? Verzeiht, wenn ich so offen spreche, doch Ihr habt ihn lange nicht mehr gesehen.“
„Zu lange, das ist wahr,“ trat Travnéel hervor, “ein Brief erreichte mich vor knapp einem halben Mond. Er erbittet Hilfe.“
„Ah, ich sehe schon, Ihr glaubt nicht recht daran, sonst wäret Ihr nicht nur zu viert, sondern mit einer kleinen Truppe angereist. - Setzt euch. Nehmt Platz und trinkt einen Schluck Wein mit mir. Meine Frau ist vor zwei Jahren verstorben. Es ist einsam geworden in diesen kühlen Gemäuern.“
Langsam traten wir vor und setzen uns auf die Decken und Felle. Der Headan nahm uns gegenüber auf dem Boden Platz. Franthesh, der sich mit seinem neuen Stand als Herr offenbar nicht recht anfreunden konnte, wollte uns allen gerade einen Kelch Wein einschenken. Rasch nahm ich ihm die Karaffe aus der Hand und ließ ihn in Gedanken wissen, sich nicht wie ein Bediensteter aufzuführen. Nachdem ich fünf Kelche gefüllt hatte, reichte ich sie jedem reihum und setzte mich hinzu.
Erst jetzt betrachtete ich den Headan Allean eingehender. Vorsichtig trank ich einen Schluck und wölbte anerkennend ob des mundigen Geschmacks eine Braue. Ein Rotwein aus den Anbaugebieten in ChanDe, der Provinz der Enedeth. Ich lugte über den Rand des Kelches hinweg zu dem hageren Gesicht, in dem traurige, blaue Augen von Sorge umschattet hervorstachen. Dennoch strahlten seine Züge Freundlichkeit und Wärme aus, und einmal mehr fragte ich mich, was mit seinem ältesten Sohn Majieanáll in der Erziehung schiefgelaufen war.

Im Kindle-Shop: Schattengeflüster (Die Chroniken aus Aneth 3)

Mehr über und von Selena M. auf ihrer Facebook-Seite.

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