25. September 2017

'Das Spiel des Schicksals I: Schattenklinge' von K.A. Weiss

"Wehe dem, der die Macht des Schicksalsgottes leugnet! Selbst die Unsterblichen müssen sich seiner Weisung beugen …"

Seit Jahrhunderten streiten die zwei mächtigsten Reiche Telluriens um die Vorherrschaft im Westen. Wieder und wieder wehrt die kleine Republik die Angriffe des Purpurthrons ab, doch ihre Macht beruht einzig und allein auf uralten Geheimnissen, die nicht in die Hände des Feindes fallen dürfen.

Das Straßenmädchen Cara wächst in Arathor, der Hauptstadt der Republik, auf und lernt, sich in der Unterwelt zwischen Huren und Dieben zu behaupten. Als Markon, Mitglied des sagenumwobenen Wächterrates, auf sie aufmerksam wird, beginnt für Cara ein gefährliches Spiel zwischen zwei Welten. Denn Markon bildet Cara im Geheimen als Spionin aus, obwohl Frauen in der Republik keinerlei Rechte besitzen. Caras einzigartige Eigenschaften machen sie für Markon jedoch wertvoll und so verschreibt sie sich dem Schutz von Arathors Geheimnissen und dem Kampf gegen den alten Erzfeind. Doch neue, bisher unbekannte Mächte treten plötzlich auf den Plan und drohen, das politische Gleichgewicht Telluriens ins Wanken zu bringen. Cara wird gezwungen, ein Zweckbündnis mit Kyrian, einem feindlichen Spion des Purpurthrons, einzugehen. Als sie ihm das Leben rettet, gewinnt sie seine Dankbarkeit und damit einen unschätzbaren Vorteil. Denn er ist kein Mensch, sondern gehört dem uralten Volk der Achaier an, und noch ahnt sie nicht, was das wirklich bedeutet. Sie wird in einen Sumpf aus Intrigen, dunkler Magie und hoher Politik hineingezogen, der nicht nur den Wächterrat und die Republik gefährdet, sondern ihre eigene Treue auf die Probe stellt. Denn Kyrian könnte ihr die Hilfe bieten, die Arathor so dringend benötigt, doch Cara kann niemandem trauen, vor allem sich selbst nicht. Sie ist wider Willen von ihrem Gegenspieler fasziniert. Teilen sie doch ein gemeinsames Schicksal – die Verachtung der Herren, denen sie dienen. Keiner von beiden ahnt, dass sie Teil eines viel größeren Geschehens sind.

Die Augen der Götter ruhen beunruhigt auf den Sterblichen, wohl wissend, dass ein Spiel begonnen hat, das selbst die Unsterblichen fürchten müssen und von dessen Ausgang das Schicksal der gesamten Welt abhängen wird. Das Spiel des Schicksalsgottes.

Gleich lesen: Das Spiel des Schicksals I: Schattenklinge

Leseprobe:
Memorion, Legenden und Mythen, MP, Bl. 107
Die Neevi erzählen, dass die Zeit alle 999 Zyklen für einen Augenblick stillsteht, wenn die ERSTE GÖTTIN einen Atemzug beendet hat. Die Sphären halten in der Bewegung inne und ein neues Zeitalter wird geboren. Uralte Legenden sagen auch, dass sich das Los des Zeitalters in diesem winzigen Moment entscheidet, wenn im ewigen Spiel des Schicksals der letzte Zug der alten Zeit gemacht wird und der Sieger die Herrschaft über die neue Ära einfordert. Die Götter fürchten den Ausgang des Spiels, denn ihr Schicksal wird darin festgeschrieben. Doch keiner der Unsterblichen hat darauf Einfluss, denn mit dem Schicksal spielt allein der Zweigesichtige und die Sterblichen sind seine Spieler…
(Sommer des 5. Zyklus im Phönixhalb, persönliche Hand der Hochmeisterin Maathul von Athreris, Blatt XIX, übersetzt durch die Hand der hohen Eminenz Markon Pantheris)


Markon schritt in seinem Gemach auf und ab. Der Wächter dachte nach, denn er war zutiefst beunruhigt. Er hatte wie üblich Wissen, das er für wichtig erachtete in sein Memorion übertragen, sein persönliches Magiebuch, wie alle Magier es besaßen, aber er konnte sich nicht konzentrieren. Schon gar nicht auf irgendeine alte Neevilegende! Er konnte förmlich spüren, dass sich Dinge veränderten, aber alles war verborgen, nicht greifbar, wie Dunst in der Morgensonne. Und der Feind im Westen handelte ebenfalls unberechenbar. Gerade war eine Senatssitzung zu Ende gegangen und der Wächter hatte erfahren, dass tatsächlich ein Angebot zur erneuten Unterredung von Seiten des Purpurkönigs vorlag. So wie Cara es gesagt hatte, als sie berichtete, dass sie Hinweise darauf erhalten hatte, dass die Offiziellen des Throns keine Ahnung von den Bestechungen hatten. Scheinbar hatte sie Recht behalten und das war ebenfalls ein Grund zur Sorge. Wie hatte sie davon erfahren können? Sie hatte sich sehr vage ausgedrückt, offenbar einen Gardisten belauscht, der den verräterischen Granen ebenfalls beobachtete. Wie auch immer, es waren große Dinge im Gange und Markon würde jede Information nutzen müssen, die er erlangen konnte. Der Wächter sah auf das große Stundenglas und seufzte. Es war alsbald Zeit, herauszugehen und sich mit seinem Gewährsmann aus den östlichen Provinzen zu treffen. Er hatte Markon viele interessante Neuigkeiten in Aussicht gestellt, aber der Wächter würde sein Gemach verlassen müssen, etwas, was ihm nicht behagte. Doch er hatte keine Wahl. Doch was konnte ihm schon gefährlich werden, seit der eine, der ihn hätte herausfordern können, fort war ...?

Zwei Männer, aufrecht, kampfbereit. Markon, jünger, unerfahrener, doch autoritär. Seine Stimme, ruhig, entschlossen. „Du musst gehen. Hier ist kein Platz für Dich.“ Der Andere, groß, verächtlich. „Du brauchst mich, Ihr braucht mich alle. Eure Feinde sind stark, ich bin Eure einzige Hoffnung!“ Markons Zögern, denn er ist eine mächtige Waffe, ohne Zweifel. „Nein. Du brichst göttliches Gebot, Frevler. Daraus kann keine Hoffnung erwachsen.“ Ein Lachen, eisige Verachtung. „Ich hätte Dich für größer gehalten. Und klüger. Jetzt muss ich Dich töten, die anderen werden mir dann gewiss folgen. Ich bin überzeugend.“ Ein Augenblick, kürzer als ein Lidschlag. Sein Instinkt und der Zusammenprall ungeheurer Kräfte. Schmerz, Schweiß, ein tödliches Duell der Magie, ein Kampf zwischen Feuer und Eis, Schmerz und Stärke. Dann, plötzlich, der Triumph, als der Andere in die Knie bricht. Seine eigene Stimme, kalt und scharf. „Geh. Komm niemals zurück. Sonst werde ich Dich töten.“

Markon seufzte. Er dachte nach und trat dann an eines seiner Regale. Vielleicht konnten ihm die Neevi trotzdem helfen. Die Dinge in seinem Gemach waren akribisch geordnet, jede Zutat, jede Schriftrolle sorgfältig beschriftet, denn ein Irrtum konnte den Tod bedeuten, jedenfalls in der Stufe der magischen Praxis, die er erreicht hatte. Der Wächter hob die Hand und summte einen Ton. Er suchte das magische Gewebe und sprach dann das Wort, einen Rufzauber, der eine beinerne Schatulle von der obersten Ebene herbeischweben ließ. Er hörte, dass die Aussprache ihm schwerfiel, spürte, wie unwillig sich das Gewebe fügte, einem Unkundigen der Alten Magie. Markon kannte nur wenige Sprüche dieser Magierichtung und als Mensch war es ihm naturgegebenermaßen nicht bestimmt, diese Magieform in solch vollendeter Weise zu praktizieren, wie er seine eigene, die Wahre Magie, be-herrschte. Dennoch hatte er stets versucht, alles Wissen aufzusaugen, was er irgend-wie erlangen konnte. Sprüche wie diesen Zauber, dessen Feinheiten sich einfach sei-nem Verstehen entzogen. Auch das, was er jetzt vorhatte, hatte ihn ein Neevi gelehrt, einst, als Markon als junger, heißblütiger Magier solche Wagnisse eingegangen war, wie das, das sagenumwobene Wolkenvolk zu suchen und um Unterweisung zu bit-ten. Markon schüttelte sein Unbehagen ab und öffnete die Schatulle. Die Kristallscheibe darin sah genauso aus, wie er sie in Erinnerung hatte. Eng beschrieben mit den Worten des Spruches. Neben der Scheibe lagen winzige Edelsteinsplitter, sorgfältig gebildet zu winzigen Symbolen. Zeichen des zweigesichtigen Schicksalsgottes, der Gestirne und der Götter. Er schüttete den Inhalt in eine große, sehr flache Schale aus tiefblauem Nachtquarz. Einen Augenblick lang starrte er einfach darauf, dann gab er sich einen Ruck. Mehr als versagen, kann ich nicht. Besser als einen dieser Seher zu kaufen, die darin kundig sind, denn dann wüsste der um Geheimnisse, die er nicht kennen sollte. Und ihn danach einfach zu töten, das wäre tatsächlich Mord und nicht im Sinne der Götter…
Er legte die Hände zusammen und konzentrierte sich auf die Worte des Spruches und die Fragen. Was plant der Feind? Woher droht der Republik Gefahr? Als sie sich in seinem Geist zu einer Einheit geformt hatten, fühlte er nach dem Gewebe, dessen Geschmack ihm der Neevi nahezubringen versucht hatte, hielt es fest, krampfhaft. Mit reiner Willenskraft wob er den Zauber, fühlte, wie er Gestalt annahm und sich ausbreitete …
Keuchend öffnete er die Augen, während die fremde Magie ihn frösteln ließ und unangenehm prickelte. Doch die Zeichen in der Schale gerieten in Bewegung, formten sich zu Worten, wiesen die Zukunft, nach der er gefragt hatte. Markon notierte jede Regung in seinem Memorion, rasch, bevor der Zauber verblasste. Er wusste schon jetzt, dass er keine Antworten erhalten hatte, sondern lediglich Hinweise, die weitere Fragen aufwarfen. Die Deutung der Symbole war schwierig. Die Juwelen, die sich bewegt hatten, lagen teils übereinander oder so dicht beieinander, dass sich Kombinationen lesen ließen. Die Zeichen für Feind und Schatten waren miteinander verwoben. Dann eine weitere, große Gruppe, der Spieler zusammen mit dem Schicksal, die Hure unmittelbar neben dem sehenden Auge und der Magier, neben dem die Fackel lag. Dann eine letzte Gruppe, drei Götterembleme, Rivan, Rohaja, Sivana, kombiniert mit dem Krieg.
Markon stieß einen lautlosen Fluch aus und schlug das ledergebundene Memorion zu, das all seine Geheimnisse enthielt. Das half nicht weiter. Die Kunst des Wahrsagens war ungeheuer schwierig und unpräzise, selbst wenn man sie be-herrschte und das tat er nicht. Er konnte nur spekulieren und das war er nicht ge-wohnt. Aber eines zeichnete sich hier ab. Die Republik war bedroht und eine zentrale Rolle spielten die beiden Figuren, die der Zauber ihm enthüllt hatte. Er konnte sich denken, wer der Magier war. Er selbst wahrscheinlich. Er konnte nur hoffen, dass die Hure nicht das war, was er dachte. Cara war in einem Hurenhaus aufgewachsen und er hatte ihr Macht gegeben. Er konnte nur zu den Göttern beten, dass diese Interpre-tation nicht stimmte. Was immer da auf uns zukommt. Ich werde sie jedenfalls noch besser überwachen lassen als bisher!

Im Kindle-Shop: Das Spiel des Schicksals I: Schattenklinge

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