28. Mai 2018

'Auf einmal war alles falsch' von Joachim Schnur, Emilie Nayos und Sabire

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Liebesroman, basierend auf einer Romanidee von Denis Geier.

Wenn du unglücklich bist, in dem Leben, das du führst, gibt es nur eine Möglichkeit, dieses zu ändern. Du musst handeln. Eine mitreißende Geschichte über Liebe, Zweifel, Begierde und Veränderung.

Einfach idyllisch - anders lässt sich Dianas Leben mit Mitte 50 nicht beschreiben. Die Kinder sind aus dem Haus, das Meer rund um Holy Island bleibt seinem Rhythmus treu und ihre Ehe ist von Harmonie bestimmt. Doch Diana fehlt etwas - auf der kleinen Insel, die bisher ihr Leben absteckte, fühlt sie sich zunehmends eingeengt. Eine interessante Begegnung eröffnet ihr ungeahnte Möglichkeiten und weckt in ihr den Wunsch, das Leben und die Liebe neu zu entdecken. Diana wagt es, sich auf neue Menschen einzulassen und beginnt zusammen mit ihrem neuen Begleiter eine einmalige Reise. Dabei erkundet sie nicht nur zauberhafte Orte, sondern findet letztendlich auch sich selbst.

Joachim Schnur, Emelie Nayos und Sabire verleihen der Hauptfigur in ihrem romantischen Roman eine wundervolle Gabe zur Reflexion ihrer Umwelt. Die Protagonistin Diana entwickelt sich im Laufe der drei Akte der Erzählung zur wahren Heldin fernab von ihrem erdrückenden Alltag. Der Leser begleitet Diana auf ihrer Suche nach Glück und gerät schnell selbst ins Träumen.

Leseprobe:
Aus dem Bauch heraus
Es ist schon später Nachmittag, als Diana einen Entschluss fasst.
Ihre beiden Töchter, Chrystal und Jane, sind zu Besuch. Sie rumoren in der Küche, spülen das Geschirr ab: Teetassen, Teekanne, Teller, Kuchenplatte, das Besteck. Die kleinen Blaubeerkuchen sind wie immer ratzeputz aufgegessen. Dianas Ehemann, George, hat sich nach dem gemeinsamen Teetrinken in seinen Sessel zurückgezogen und raucht ein Pfeifchen. Ein wenig ist sich Diana gerade überflüssig vorgekommen. Jetzt steht sie vor dem Bücherregal, ihr Blick gleitet über die Bände darin, und sie sinniert. Da kommt ihr diese Idee, von der sie zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen kann, dass sie zu einer weitreichenden Veränderung ihres Lebens führen wird. Als die „Mädchen“, beide noch junge, aber erwachsene Frauen, ins Wohnzimmer zurückkommen, fragt sie:
„Wie wär’s, wenn wir etwas zu dem Basar zugunsten des Hallenneubaus beitragen würden? Wir haben so viele Bücher, die niemand mehr liest, und von früher, als ihr noch klein wart, ist jede Menge Spielzeug übriggeblieben, das bei näherem Hinsehen auch keinen von uns mehr interessiert. In einem Fenster der Crossman Hall hängt seit Tagen ein Plakat, dass solche Sachen gesammelt und versteigert werden sollen. Warum räumen wir nicht auf und trennen uns von einigem Ballast? Wir könnten hier Luft und Platz für Neues schaffen, und vielleicht würde ja ein bisschen was für den Hallenbau dabei rausschauen?“
Chrystal und Jane sehen sich kurz in die Augen, überlegen offenbar. Bestimmt kommen irgendwann Kinder. Beide sind noch ledig, aber Chrystal ist immerhin mit einem Mann befreundet, den sie hoffentlich heiraten wird. Da wäre es natürlich nett, wenn bei Gelegenheit Spielzeug vorhanden wäre. Andererseits ist es vermutlich noch einige Zeit bis dahin, und die Dinge, die sich im Laufe von Jahrzehnten angesammelt haben, sind auch schon furchtbar alt. Erinnerungen, sicher … Beide scheinen dasselbe zu denken. Nach kurzem Zögern streicht sich Chrystal eine Haarlocke aus der Stirn und sagt dabei: „Warum nicht?“ Sie könnte noch hinzufügen: Es sind ohnehin eure Sachen. Beide Töchter wohnen schon länger nicht mehr bei ihren Eltern. Die Besuche zum Tee sind eine liebevoll gepflegte Routine. Leider ergibt sich nicht jeden Tag die Gelegenheit dazu. George beobachtet die Szene amüsiert. Sein Interesse hat nie Büchern oder Spielsachen gegolten. Er hat sich, nachdem er als junger Mann viel gereist war, längst mehr auf sein typisch englisches Gardening konzentriert, das Gärtnern, dem er sich seit Jahren mit einer Inbrunst widmet, die selbst für englische Verhältnisse stark ausgeprägt ist. George schmunzelt: „Solange ihr nicht die ‚Lindisfarne Gospels‘ verhökert, soll’s mir recht sein.“ Natürlich ist das ein Scherz: Von dem berühmten Evangeliar aus dem siebten oder achten Jahrhundert gibt es ein einziges Exemplar, und das liegt in der British Library in London.
Diana ist, innerlich zuerst noch hin- und hergerissen, zuletzt von sich selbst begeistert. Begeistert darüber, dass sie in der Lage ist, einen handfesten Entschluss zu fassen. „Wenn ihr Lust habt – warum gehen wir’s nicht jetzt gleich an? Ich hole Kartons aus dem Keller, dann sehen wir alles durch. Morgen bringe ich, was wir zusammengetragen haben, rüber ins Oasis Cafe. Aus dem Bauch heraus fühle ich, dass wir das Richtige machen.“ So kommt es, und ungefähr zwei Stunden später ist die Vergangenheit durchforstet, und drei Kartons sind mit Sachen gefüllt, die längst nicht mehr benutzt wurden, mit Büchern, die seit Ewigkeiten nicht mehr gelesen worden sind. Nicht zuletzt sind bei der Aktion Regalbretter und Schubladen gesäubert und entstaubt worden.
Georges Anspielung auf die ‚Lindisfarne Gospels‘, jenes außergewöhnliche Evangeliar noch aus keltischer Zeit, hat einen speziellen Grund: Diana, George, Jane und Chrystal, eine typisch englische Familie, wohnen auf Lindisfarne, jener Insel im Nordosten Englands, in dessen heute nur noch als Ruine vorhandenem Kloster dieses unersetzliche Meisterwerk klösterlicher Schreib- und Illustrationskunst entstanden ist. Lindisfarne ist der Geburtsort des Christentums in England. Von hier aus wurde das Land missioniert und der katholischen Kirche zugeführt. Lindisfarne war außerdem ein Bollwerk gegen die Wikinger einerseits und später gegen die Einfälle der Schotten andererseits. Irgendwann setzten sich die Normannen in der Gegend fest. Vor Jahrhunderten war die Insel samt dem Kloster ein wichtiger politischer, kultureller und religiöser Stützpunkt der frühen englischen Zivilisation. Die Wikinger zerstörten, die Normannen bauten wieder auf. Heute ist Lindisfarne, eine Gezeiten-Insel, in der Bedeutungslosigkeit versunken, wenn man davon absieht, dass der Ort Anziehungspunkt für viele Touristen ist, die zumeist im Sommer und zumeist an den Wochenenden hier einfallen, um das einzig Sehenswerte zu bestaunen, was es auf dem schmalbrüstigen Eiland noch gibt: Lindisfarne Castle, knapp einen Kilometer außerhalb der Ortschaft. Die Burg aus dem 16. Jahrhundert ist noch völlig intakt, anders als das Kloster am Südrand des Dorfes. Einzig ein fragiler Torbogen des Klosters kann sich ernsthaft bewundernswert nennen. Es ist ohnehin nicht das Original der irischen Mönche, sondern der Rest einer Neugründung der Benediktiner aus dem 11. Jahrhundert. Die Burg dagegen ist immer noch interessant genug, um Neugierige anzuziehen. Ihre Räume sind sogar noch komplett eingerichtet, bis hin zu einem Cello, das einer der letzten Bewohnerinnen gehört hat. Manchmal kommen ganze Schulklassen, manchmal Reisebusse, oft mit Senioren, manchmal einzelne Familien, auch mit Wohnmobilen.
Lindisfarne ist mal Insel, mal Festland: Je nach Tide ist der Flecken nahe der Grenze zu Schottland vom Meer umschlossen oder durch eine enge Straße mit dem Land verbunden. Wer hierherkommt, sollte den Tidenkalender im Kopf haben, um nicht zu riskieren, bei Flut dableiben und in dem Dörfchen übernachten zu müssen. Kundige Reiseführer wissen dieses Risiko zu vermeiden und sorgen im Allgemeinen dafür, dass sich die Gäste rechtzeitig auf den Rückweg machen. Hin und wieder kommt es trotzdem vor, dass das eine oder andere Fahrzeug gerade noch mit nassen Reifen über die schmale Verbindungsstraße zum Festland gelangt, aber ernste Unfälle sind selten. Es gibt mehrere Hotels im Dorf, aber einem größeren Ansturm von Gästen würden sie kaum standhalten.
Lindisfarne ist heute nach seiner Jahrhunderte zurückliegenden glorreichen Vergangenheit eine unbedeutende Ecke, etwa zwölf Kilometer von der nördlichsten Stadt Englands entfernt. Um eine lange Geschichte kurz zu machen: Das Dörfchen ist nur noch ein Touristenziel und darüber hinaus von Interesse bestenfalls für Ornithologen und Leute, die sich am Anblick der sich an der Nordküste aalenden Kegelrobben erfreuen. Anders ausgedrückt: Lindisfarne ist – ohne unhöflich sein zu wollen – langweilig. Das entspricht auch ziemlich genau der Gemütslage, in der sich Diana befindet, und das seit vielen Jahren. Sie ist hier geboren, ist hier aufgewachsen. Hier hat sie gelebt, ohne Probleme, ohne nennenswerte Konflikte, sei es mit sich selbst oder mit anderen. Ihr Leben ist angenehm, wenn auch ohne Höhepunkte. Die Insel hat sie selten verlassen. Sie hat sich in die allgemeine Langeweile eingefügt. Nicht dass sie sich dabei jemals unwohl gefühlt hätte, im Gegenteil. Ihr Leben verläuft ruhig, beschaulich, angenehm. Das Gefühl, es würde ihr etwas fehlen, hat sie nie oder jedenfalls kaum einmal. Hier hat sie ihren George kennengelernt, damals ein sportiver und leidenschaftlicher Mann, dem sie sich, inzwischen fünfundfünfzig Jahre alt, von Anfang an mit zärtlicher Zuneigung hingegeben hat. Sie hatten bald die Kinder bekommen, die beiden Töchter. George bringt von seiner Arbeit ein nicht allzu üppiges, aber ordentliches Einkommen nach Hause. Die Rente rückt näher. Alles ist bestens. Sie fühlt sich glücklich. Was sollte ihre Ruhe stören?
Dass eine beunruhigende Störung eintritt, wird ihr in dem Augenblick, als es beginnt, nicht bewusst. Am nächsten Morgen lädt sie in der Mitte des Dorfes im Oasis Cafe ihre Kartons ab, plaudert mit den beiden älteren Frauen, die die Aktion betreuen, winkt dem einen oder anderen Bekannten zu, freut sich, etwas Nützliches zu tun. Die Rekonstruktion der früheren Village Hall, maßgeblich gefördert durch Lady Rose, liegt ihr sehr am Herzen. Sie nimmt es zuerst nicht wirklich zur Kenntnis, als neben ihr ein junger Mann, vielleicht fünfundzwanzig Jahre alt, in den zum Verkaufen präsentierten Sachen herumstöbert. Es ist nichts Ungewöhnliches, allenfalls, dass der junge Mann erkennbar nicht von hier ist, ein Ausflügler vermutlich. Seltsam ist allerdings, dass er schon an einem Freitag aufkreuzt. Sie schenkt ihm keine weitere Beachtung.

Im Kindle-Shop: Auf einmal war alles falsch.
Mehr über und vom Herausgeber Denis Geier auf seiner Website.



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