'Tod eines Bierdimpfls: ein Niederbayernkrimi' von Ruth M. Fuchs
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Doch damit nicht genug! Quirin muss sich auch noch mit einer neuen Kollegin abplagen, die ihn nicht ausstehen kann und daraus kein Hehl macht. Aber liegt das wirklich nur an Quirin? Oder ist es vielleicht doch eher das abscheuliche Problem, das die Neue mit sich herumträgt und unbedingt vor aller Welt verbergen will?
Leseprobe:
Jeden Freitagabend traf sich der Stammtisch. Es waren immer dieselben sieben Männer am selben Tisch: Anderl, Poldi, Franz, Sepp, Hans, Wastl und Georg, genannt Schosl. Sie gehörten weder einem Verein an noch einer bestimmten Berufsgruppe. Gemeinsam hatten sie eigentlich nur ihre Liebe zum Bier und zum gelegentlichen Schafkopfen und die Tatsache, dass sie an den Freitagen nichts Besseres zu tun hatten.
Hin und wieder standen Hans und Sepp auf, um eine rauchen zu gehen. Leider durfte man das im Lokal ja nicht mehr. Ein Umstand, der jedes Mal entsprechend abfällig kommentiert wurde.
„Mit dem Raucherg'setz hat mir die CSU recht as Kraut ausg'schütt“, beschwerte sich der Wastl, als er mal wieder aufstand. Hans erhob sich ebenfalls.
„Richtig. Ich glaube, ich wähle das nächste mal die Grünen“, erklärte er. Eigentlich wählte er ohnehin die Grünen, aber das erwähnte er nie. Zurecht, denn er erntete heftigen Widerspruch bei seinen Stammtischbrüdern.
„Die CSU hat scho mein Vatern g'wählt. Und mein Großvatern!“
„Ja. Was soll ma aa sonst wähl'n?“
„Aber ausg'rechnet der Söder? Hätt'ns da net an andern nehma kenna?“
„Ja, der Söder ...“
„Den hob ich amol kennag'lernt“, verkündete Poldi. „In Nürnberg. Da war er no a junger Hupfer ...“
„Eahm schaug o!“, feixte der Sepp. „Den Söder kennt er aa.“
„War des vor oder nachdem der Keiler dich o'ganga hat?“, witzelte Anderl prompt.
„A geh. Die Wuidsau, des war doch beim Schwammerlbrock‘n im Bayrischen Wald!“, winkte Poldi ab. „Wart amoi, i hob da a Buidl vom Markus ...“ Er kramte seine Brieftasche heraus und öffnete sie. Darin befand sich ein ganzer Stapel von Bildern, die er gewissenhaft durchging.
„Kennt's ihr den: Treffen sich zwoa Jäger – beide tot.“
Verblüfftes Schweigen, dann brüllten alle vor Lachen los. Selbst Franz, der sonst nur höflich lächelte, konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Sepp, der Witzeerzähler, grinste zufrieden.
„Aber a Hund is' er fei scho, der Söder“, kam er dann wieder auf die Politik zurück. „Apropos: Wisst‘s ihr eigentlich, warum a Hund sich die Eier abschleckt? Weil er‘s ko ...“
„Ein Windhund, sonst nichts!“, winkte Hans aber nur ab, ohne auf Sepps Witz einzugehen. Er folgte Wastl nach draußen, um auch eine zu rauchen.
„Immer noch besser als der Aiwanger.“
„Der Opflsoft? Mit dem konnst mi jag'n! Der soll dahoam bleib'n. So viel Bier konn i gar net trink'n, dass i den ertrag'!“
„Dies Jahr kommt a Europaabgeordneter aus Niederbayern.“
„Net der Aiwanger? Des is recht.“
„So schlecht is der Aiwanger aa wieder net!“
Franz seufzte. Er hielt nicht viel von Politik. Eigentlich hielt er auch von den Stammtischbrüdern nicht allzu viel. Abgesehen von Hans gab es hier nur einen, wegen dem er jeden Freitag kam.
„Schreibst du bald mal wieder ein neues Buch?“, wandte er sich an Georg. „Ich hätte da eine Idee zu einem Mord mit einem Häcksler ...“
„Mein nächster Thriller, der hat noch Zeit“, winkte der Schosl aber nur ab. Das Thema Söder schien ihn viel mehr zu interessieren. „Kommt der Söder dieses Jahr auch wieder zum Anstich?“, fragte er nämlich in die Runde.
„Anstich? Was für ein Anstich?“ Poldi war klar, was Georg meinte, doch er gab sich ahnungslos.
„Oh mei, Schosl, man merkt halt gleich, dass du a Zuagroaster bist!“, erbarmte sich der Anderl und prostete Georg gutmütig zu. „Bist ja erst drei Jahr da. Aber so langsam soll'tst trotzdem scho wiss'n, dass es auf dem Gäubodenfest keinen Anstich net gibt. Mir sind da net auf der Wiesn.“
„Und mir hab‘n auch koan Trachteneinzug wie die Mingerer, sondern an Auszug“, fiel dem Sepp ein.
„Das hab ich auch noch nie verstanden“, gab Georg zu, der immerhin inzwischen wusste, dass mit ‚Mingerer‘ Münchner gemeint waren.
„Na, weil‘s aus der Stadt ausse geht – und nunter auf den Hag‘n!“
„Aber genaugenommen stimmt das doch schon lange nicht mehr ...“
„Des is uns wurscht. Des is Tradition.“
„Oh, ja, na klar.“ Georg wusste aus leidiger Erfahrung, dass es besser war, nichts mehr zu sagen, wenn die Tradition ins Spiel kam. Das berühmte ‚Schuhplatteln‘ war noch keine hundert Jahre alt, aber bereits festgemauerte Tradition. Ein Messer zur Lederhosen zu tragen – Tradition, host mi! Obwohl inzwischen viele in der Tasche für den ‚Hirschfänger‘, die so eine Lederhose meistens aufwies, lieber ihr Handy unterbrachten. Der historische Teil auf dem Gäubodenfest war auch Tradition, obwohl es den eigentlich erst seit ein paar Jahren gab. Das hatte Georg schnell lernen müssen, als er unvorsichtigerweise meinte, dass die Straubinger da wohl die Münchner mit ihrem Oktoberfest nachahmten. Er hatte zwei Runden Bier spendieren müssen, bis ihm die Stammtischbrüder diesen Ausrutscher verziehen.
Denn die Wiesn, also das Oktoberfest in München, wurde von allen sieben mit Verachtung gestraft. Zu groß, zu teuer, zu kommerziell und viel zu viele Ausländer, lautete die einhellige Meinung. Selbst Franz stimmte dem aus vollem Herzen zu. Da war das Straubinger Gäubodenfest schon etwas ganz anderes. Obwohl es das zweitgrößte Volksfest in Bayern war, hatte es dennoch den Ruf der bayerischen Gemütlichkeit behalten. So traf man dort in erster Linie einheimische Besucher auf dem Festplatz Am Hagen. Anfang des 19. Jahrhunderts als landwirtschaftliches Vereinsfest von König Maximilian I. Joseph ins Leben gerufen, standen ursprünglich Zuchtschauen und landwirtschaftliche Anbaumethoden im Vordergrund. Die spielten heutzutage, mit der Ostbayernschau, eher eine Nebenrolle, zumindest für die meisten der Besucher. Die interessierten sich mehr für die sieben Festzelte, die zahlreichen Essens- und Losbuden und die vielen Fahrbetriebe, bei denen vom Kinderkarussell über Achterbahn und Riesenrad bis hin zu den neuesten Fahrgeschäften alles vertreten war. Beliebt waren auch die Lampionfahrt mit Niederfeuerwerk auf der nahen Donau und natürlich das Großfeuerwerk am letzten Montag.
Das Gäubodenvolksfest begann immer am Freitag vor dem zweiten Samstag im August und dauerte elf Tage. Morgen sollte es nun mal wieder soweit sein – ein Pflichttermin für die Stammtischbrüder.
Da kamen Wastl und Hans wieder zurück und setzten sich auf ihre Stammplätze.
„Kennt's ihr den von dem Madl, das zum Tätowierer geht und möcht, dass er ihr eine Muschel innen auf den Oberschenkel tätowiert ...“, begann Sepp einen neuen Witz, wurde aber unterbrochen.
Labels: Krimi, Ruth M. Fuchs
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