'Eine Prise Inselglück' von Maria Resco
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Damit hatte Sarah nicht gerechnet. Noch nicht ganz über die Trennung von ihrem Ex hinweg, verliebt sie sich schon wieder. Als Lennard, ihre Neueroberung, sie bittet, mit ihm nach Sylt zu gehen, kann sie ihr Glück kaum fassen. Sie liebt die Nordseeinsel und kann sich nichts Schöneres vorstellen, als mit ihm dort zu leben.
Doch die anfängliche Begeisterung weicht nach und nach der bedrückenden Erkenntnis, dass Lennard eine Vergangenheit in seiner alten Heimat hat, Ereignisse, die ihn einholen, ihn gefangen nehmen und die ihre junge Liebe auf eine harte Probe stellen. Immer häufiger stellt Sarah sich die Frage, ob die Entscheidung, mit ihm zu gehen, richtig war.
Anleser:
Nichts an diesem Mann stimmte mit seinem Profil auf der Partnerbörse überein. Absolut gar nichts.
Sarah beobachtete ihn heimlich, während er die Eiskarte studierte. Sein Haar war nicht dunkelblond, sondern haselnussbraun mit einer leichten Tendenz zu grauen Schläfen, die Augen nicht blau, sondern graugrün, und auch bei der Größe hatte er so einige Zentimeter dazu geschummelt. Von wegen eins neunzig! Eins zweiundachtzig, schätzte sie. Als Modedesignerin hatte sie ein Auge für Körpergrößen und das war das erste gewesen, was ihr aufgefallen war, als er mit sage und schreibe fünfzehn Minuten Verspätung den Innenhof des Eiscafés betreten hatte. Eins zweiundachtzig! Höchstens! Sie hatte darüber hinweggesehen, schließlich tat es jeder. Und jeder wusste es. Auf Partnerbörsen wurde geschummelt, das gehörte nun mal dazu. Auch Sarah wusste es, natürlich, sie tat es schließlich auch. Notgedrungen. Sonst wäre sie ja im Nachteil gegenüber der Konkurrenz.
Jetzt aber, da sie ihrem Eins-zweiundachtzig-Mann mit den grauen Schläfen im Eiscafé gegenübersaß, fragte sie sich, warum sie sein Profil nicht kritischer durchleuchtet, warum sie dennoch jedes Wort geglaubt hatte. Sie hatte sich sogar hinreißen lassen, sich ein bisschen in sein Profilbild zu verlieben, und als sie seinen geistreichen, gefühlvollen Begrüßungstext gelesen hatte, waren ihr vor Rührung fast die Tränen gekommen. Wer dachte bei solch schönen Worten schon an aufgemotzte Profile? Dieser Mann mit dem reizenden Lächeln und den blauen Augen konnte doch nicht lügen. Er war genau der Typ, auf den sie gewartet hatte, ein Mann von Format, er war der Mann, mit dem sie ihrem untreuen Ex so richtig eins auswischen konnte! Sie hatte sich vorgestellt, dass er sie zum Gartenfest von Geros Eltern begleiten würde und hatte prompt Geros konsterniertes Gesicht vor sich gesehen. Was für ein herrliches Gefühl der Genugtuung!
Und jetzt das! Enttäuschende eins zweiundachtzig und graue Schläfen. Statt des konsternierten Gesichts sah sie nun Geros mitleidiges Lächeln vor sich, ganz so, als wollte er sagen: Dieser Kerl soll mich ersetzen? Und er hätte sogar ein bisschen recht damit.
War es in dieser verzwickten Situation nicht besser, gar nicht erst zum Gartenfest ihrer Ex-Schwiegereltern in spe zu erscheinen und sich mit einer Sommergrippe, einem Todesfall oder sonst wie herauszureden? Nein, das würde sie nicht über sich bringen. Sie wären maßlos enttäuscht. Außerdem war es nicht einzusehen, dass sie ihnen die Freundschaft aufkündigte, nur weil ihr Sohn sich eine andere geangelt hatte. Und überhaupt. Sie wollte Gero unter allen Umständen und schnellstmöglich einen neuen Mann an ihrer Seite präsentieren, und eine bessere Gelegenheit als der Geburtstag seiner Mutter würde so schnell nicht wieder kommen.
Ein Luftzug streifte ihr Gesicht und riss sie aus ihren Gedanken. Ihr Gegenüber hatte die Karte zugeklappt und blickte sie an. Jetzt sah sie es ganz deutlich: Graugrün. Seine Augen waren graugrün.
»Du weißt schon, was du nimmst?«, fragte er.
»Spaghettieis natürlich.«
Amüsiert zog er die Augenbrauen hoch.
»Sorry, kannst du ja nicht wissen. Das ist mein Lieblingseis. Das nehme ich immer.«
»Dann bist du also eine von denen, die auf Nummer sicher gehen und lieber immer dasselbe wählen, bevor sie das Risiko eingehen hereinzufallen?«
Zugegeben, er hatte eine gepflegte Art, sich auszudrücken, aber inhaltlich war es ja wohl das Letzte! »Nein«, antwortete sie mit süffisantem Lächeln, »ich bin eine von denen, die die Gelegenheit nutzen, die Karte zu studieren, während sich die Verabredung verspätet.« Das war natürlich komplett unlogisch, denn sie hatte ihn gerade erst wissen lassen, dass sie ohnehin immer dasselbe nahm. Vielleicht bemerkte er es nicht.
Blick ins Buch (Leseprobe)
Labels: Liebe, Maria Resco
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