'Die Wahrheit der Verbannten' von Nicole Weber
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Zudem geschehen einige schreckliche Dinge, die Nadine daran zweifeln lassen, ob es wirklich so klug wäre, die Mauern einzureißen, hinter denen die Wahrheit verborgen liegt. Das Schicksal lässt ihr jedoch keine Wahl und zwingt sie gnadenlos in den Kampf um die Wahrheit und zur Entscheidung über das Schicksal der verbliebenen Menschen, den Verbannten.
Anleser:
Carsdag, 10.Dedaelus, Jahr 615
Der große Tag war endlich da. Auf gewisse Weise empfand ich an jenem Morgen eine größere Aufregung als vor der Schlacht am Jilbal. Amal, der neben mir durch den Park auf die Kathedrale zuschritt, sah in seinem perfekt geschnittenen Maßanzug und dem Vollbart, den er sich in den letzten Wochen hatte stehen lassen, außerordentlich stattlich aus. Doch auch ich musste mich bestimmt nicht verstecken. Ich trug ein cremeweißes, mit Perlen besticktes Kleid und einen grünen Überwurf, der besonders gut zu meinen Augen passte. In meine Haare hatten Mägde Fäden aus purem Silber und Gold eingeflochten und sie kunstvoll mit einem silbernen Diadem verflochten aufgesteckt.
Die Sonne schien angenehm warm von einem wolkenlosen Himmel und ich fühlte mich seltsam beschwingt, fast als wäre all dies nur ein Traum, durch den ich wanderte. Den gesamten Weg von der Gilde bis zur Kathedrale säumten hunderte von Menschen die Straßen und jubelten uns zu. Ich fragte mich, was man ihnen wohl erzählt hatte und bemerkte, wie meine Hand anfing zu schwitzen, die wie einstudiert leicht wie eine Feder auf Amals angewinkeltem Arm ruhte. Anianuel hatte uns ermahnt, ein möglichst freundliches Gesicht zu machen und in die Menge zu lächeln, aber bereits nach wenigen Metern begannen die vielen Gesichter, vor mir zu verschwimmen und eine leichte Übelkeit drückte mir auf den Magen, sodass ich schon Mühe hatte, mein Gesicht nicht zu einer leidenden Grimasse zu verziehen, geschweige denn, diese vielen Fremden auch noch anzulächeln. Amal hingegen hatte sich mal wieder glänzend unter Kontrolle.
Das, vor dem es mir am meisten graute, sollte allerdings noch folgen, denn vor der Kathedrale erwartete uns die kaiserliche Garde, die für ihr neues Herrscherpaar bis zum Portal hinauf Spalier stand. Nun wagte ich es erst recht nicht mehr nach links und rechts zu blicken, aus Angst dabei direkt in Sebastians anklagende, verletzte Augen zu schauen. Trotzdem spürte ich die Blicke der Gardisten heiß und kalt und stechend in meinem Rücken. Immerhin erkannten mich vermutlich die meisten von ihnen wieder. Dankbar über Amals starken Arm, der mich führte, schritt ich dennoch erhobenen Hauptes durch sie hindurch und atmete erst wieder auf als endlich das schwere Portal vor uns geöffnet wurde.
Im Innern durchfuhr mich ein kurzer Schreck, denn dort wurden wir von niemand anderem als dem Obersten Rat Albert begrüßt, sowie dem Kommandanten der kaiserlichen Garde Esbenus persönlich. Kein Zucken in seinem Gesicht wies jedoch darauf hin, dass er mich wiedererkannte und so bedachte ich ihn nach seiner Verbeugung mit keinem allzu gequälten Lächeln.
Anschließend ging es weiter den Gang der Kathedrale entlang. Albert und Esbenus folgten uns dabei mit jeweils vier Schritten Abstand. Die Bänke des Gotteshauses quollen beinahe über vor Menschen und ich staunte, dass es trotz dieser Masse von Leuten so still in der Kirche war, dass man jeden einzelnen unserer Schritte wie einen Trommelschlag auf dem Marmorboden aufschlagen hörte. Der Gang bis zum Altar kam mir beinahe endlos vor und am liebsten wäre ich schneller gelaufen, aber Anianuel hatte uns den Takt unserer Schritte tags zuvor genau ein studieren lassen und ich wagte es weder ihn zu enttäuschen noch wollte ich mich vor so vielen Menschen der Lächerlichkeit preisgeben und so biss ich die Zähne zusammen und schritt so würdevoll ich konnte neben Amal her zum Traualtar.
Blick ins Buch (Leseprobe)
Labels: Fantasy, Nicole Weber
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