'Ein Herz aus Marmelade' von Heidi Hensges
Ein heiterer Sommerroman, gewürzt mit einer Prise Melancholie, über Liebe, Freundschaft, Beziehungen und die wirklich wichtigen Dinge des Lebens und des Herzens.
Martina steht kurz vor ihrem vierzigsten Geburtstag und findet das gar nicht gut. Zwei Jahre nach ihrer Scheidung von einem Rechtsanwalt, der inzwischen auf Bali lebt, sehnt sie sich nach einer neuen Beziehung. Pragmatisch, wie sie ist, hat sie schon das ideale Zielobjekt ausgewählt: Dr. Alexander Böhm, ein alter Freund aus Studienzeiten und ihr neuer Zahnarzt. Nach dem ersten Termin bei ihm verlässt sie seine Praxis mit einem Weisheitszahn weniger, dafür aber mit der Einladung zu einem Date. Läuft!
Ihre Hochstimmung hält nicht lange an. Als sie zurück nach Hause fährt, trudelt eine Mail ihres Ex-Gatten ein. Er kommt zurück nach Deutschland und will sich mit ihr treffen. Für Martina kommt das überhaupt nicht infrage. Was soll das überhaupt heißen, er kommt zurück? Doch nicht etwa für immer?
Nach einem heftigen Streit mit ihrer Mutter Sophia, einer bauchtanzenden Ex-Hippiebraut, trifft sie eine spontane Entscheidung. Sie fährt in das Ferienhaus ihrer Freundin Emma, um dort eine Zeitlang in Ruhe arbeiten zu können. Das ist zu Hause gerade nicht möglich, denn Sophias Dauerfreund Hans-Josef baut seit Wochen lautstark den Dachboden aus. Anschließend will er auch noch dort einziehen, erfährt Martina mal eben so nebenbei.
Mit der Ruhe in der Eifel ist es schnell vorbei. Schon am ersten Tag klettert das neunjährige Mädchen Mie vom Nachbargrundstück aus über den Zaun und macht es sich auf Martinas Rasen gemütlich. Mie stellt freche Fragen und erzählt seltsame Dinge: Ihre Mutter sei angeblich mit einem Flugzeug abgestürzt. Wie geht man denn mit so was um? Martina kann diese Geschichte nicht richtig glauben, ist aber vorsichtig. Ihrer Meinung nach schwindeln alle Kinder, dass sich die Balken biegen. Trotzdem tut sie so, als wenn sie dem Mädchen glaubt. Ein heulendes Kind im Garten, das ist echt das Letzte, was sie haben will.
Kurz darauf trifft Martina das erste Mal auf Mies Vater Malte, einem Zeichner mit Vorliebe für Katzencomics. Ein Künstler! In Holzclogs! Mit albernen T-Shirts! Dr. Böhm lässt Charme und Muskeln spielen, hat aber Angst vor Hunden. Verwicklungen entstehen, mit denen niemand rechnen konnte.
Und was hat eigentlich eine Fee in der Geschichte zu suchen?
Gleich lesen: Ein Herz aus Marmelade: Ein heiterer Liebesroman
Leseprobe:
Alexander schaltete das Radio ein. Helene Fischer.
„Oh nein!“, riefen beide lachend aus. „So atemlos, wie die Dame ständig ist, braucht sie längst ein Sauerstoffgerät“, grinste Alexander und betätigte postwendend den Sendersuchlauf. Red Hot Chili Peppers. „Kann bleiben, oder?“
„Klar. Die sind klasse. Ich muss mir dringend endlich eine CD von denen kaufen. Ist schon lustig, früher sind die völlig an mir vorbeigegangen.“
„Wann denn früher? Im Studium? Da habe ich Nirvana gehört. Supertramp. Green Day. Ach ja, und Oasis. Wobei ich die alle heute immer noch mag. Und du? Du warst Michael-Jackson-Fan, wenn ich mich recht erinnere. Ja, du hast als einzige Frau den Moonwalk beherrscht! Ist dir eigentlich klar, dass du dadurch etliche Typen verschreckt hast, weil sie nicht mit dir mithalten konnten?“
„Und wenn schon. Wem das Angst gemacht hat, der hätte mich sowieso nicht verdient.“ Martina zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Aber stell dir das Gesicht meiner Mutter vor, als ich mit dem Thriller-Album ankam. Wäre es nach ihr gegangen ... Sie hat mich schon in meiner Kindheit von morgens bis abends mit Janis Joplin und Bob Dylan beschallt.“ Sie schüttelte sich wie ein nasser Hund.
Alexander verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen. „Klingt nach alter Hippie-Braut. Ich frage mich gerade, ob mir das lieber gewesen wäre als unser Spießbürgertum. Meine Eltern hörten grundsätzlich nur Klassik. Das steigere die Intelligenz, haben sie immer gesagt. Da mag ja tatsächlich ein bisschen was dran sein, aber du ahnst nicht, wie schnell ich mir vom Taschengeld einen Kopfhörer zusammengespart habe, als mir bewusstgeworden ist, dass es auch andere Musik auf diesem Planeten gibt.“
Während er sprach, legte er beiläufig die linke Hand auf Martinas Oberschenkel, auf nackte Haut knapp oberhalb des Knies. Prompt löste sich die Antwort, die sie ihm eigentlich geben wollte, in Luft auf.
Die unerwartete Berührung ließ sie zusammenzucken. Dort, wo seine Hand ruhte, wurde es heiß, glühend heiß, als würde die Haut jeden Moment Blasen schlagen.
Wie gut, dass ich Shorts und keinen kurzen Rock angezogen habe ... Verdammt, Alex, lass die Hand wenigstens genau da, wo sie jetzt ist. Keinen Zentimeter höher!
Wenige Sekunden lang verschwamm der Straßenbelag vor Martinas Augen, so wie bei extremer Mittagshitze mit flirrender Luft. Alexander sah derweil zum Seitenfenster hinaus, sodass sie seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen konnte.
„Du zitterst ja“, sagte er. „So schlimm?“
„Ja. Ziemlich. Ich muss mich konzentrieren.“ Sie drosselte das Tempo und bog von der Landstraße aus in die Zufahrtsstraße zum Talkessel ein, in dem das Dorf Meerfeld und das Meerfelder Maar lagen. „Wir sind gleich da. Ich versuche, direkt am Freibad zu parken.“
„Warum sind wir überhaupt hierhin gefahren? In der Nähe deines Domizils gibt es doch genügend andere Maare“, fragte er.
„Kindheitserinnerungen. Ich war lange nicht mehr hier.“ Den wahren Grund verschwieg sie vor ihm: den bevorstehenden Ausflug mit Mie und Malte zum Pulvermaar. Die Dauner Maare könnten sie bei der Gelegenheit ebenfalls besuchen. Deshalb hatte sie für heute absichtlich ein anderes Ziel gewählt. Jede der Unternehmungen sollte für sich alleine stehen und ganz eigene Eindrücke hinterlassen dürfen.
Alexander lächelte sie von der Seite an. Immer noch lag seine Hand auf ihrer Haut. „Da drüben wird eine Lücke frei, die fahren gleich raus! Du bist ein echtes Glückskind!“
„Yes!“, rief Martina erleichtert aus. Es war ein Kombi, den Alexander entdeckt hatte. Der erstaunlich junge Vater der vierköpfigen Familie wuchtete schwitzend einen Zwillingsbuggy in den Kofferraum. Seine Frau bugsierte zwei kleine, komplett in Rosa gekleidete Mädchen in die Kindersitze.
„Seltsam, dass die jetzt schon aufbrechen, es ist noch nicht mal elf Uhr. Sieht stressig aus“, kommentierte Alexander murmelnd das Geschehen. „Meine Schwester und ihr Mann haben oft genug darüber gestöhnt, wie anstrengend das in den ersten Jahren mit deren Zwillingen war.“
Er nahm die Hand von Martinas Oberschenkel und kratzte sich hinter dem Ohr. „Willst du eigentlich noch Kinder haben, Tina?“
Martina blinzelte. Das war nun seit ihrem ersten Wiedersehen in seiner Praxis bereits das zweite Mal, dass er sie nach Kindern fragte. Dafür musste er einen wichtigen Grund haben. Aber welchen?
Vielleicht ist er unentschlossen und will das von seiner Partnerin abhängig machen. Also im Zweifelsfall von mir!
„Ich weiß es nicht“, antwortete sie gedehnt. „Denk dran, dass ich vierzig geworden bin. Ob ich mich mit Mitte fünfzig oder gar später noch mit einem Teenager herumschlagen will ... Hm. Frag mich was Leichteres.“
Der Familienvater schloss den Kofferraum und stieg ein. Sie wartete geduldig, bis er ausgeparkt hatte, und fuhr auf den Stellplatz zu. Alexander reagierte nicht auf ihre Antwort. Sie hoffte, dass er dieses Thema vorläufig nicht mehr ansprach. Denn wenn sie es sich recht überlegte, ging es ihr selbst so, wie sie es bei ihm vermutete: Hätte sie jemanden an ihrer Seite, mit dem sie sich das ernsthaft vorstellen könnte, dann ... ja dann ... eventuell ...
„Ich wünsche mir einen Sohn. Vorsicht, Tina, der Pöller!“
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Labels: Bücherbord, Heidi Hensges, Humor, Liebe
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